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Reiche Würstchen: Der Imbiss boomt

Neues Lokal Hans Wurzt am Frankfurter Paulsplatz

 

Und andere Adressen für den schnellen Happen

 

Die Sternerestaurants müssen um Gäste kämpfen, vor den Wurstständen stehen sie Schlange. Bei Schreiber in der Frankfurter Kleinmarkthalle ist das jeden Mittag so, aber auch auf der Freßgass, wo man bei Schlemmermeyer Rauchzipfel ergattern kann. Jetzt hat am Paulsplatz in bester Touristenlage ein neues und überraschend schickes Wurst-Lokal eröffnet: Hans Wurtz. Außerdem gibt es im Caricatura-Museum eine Ausstellung zum Thema mit amüsanten Bildern von Nikolaus Heidelbach. In Frankfurt geht es mehr denn je um die Wurst.

Imbiss Hans Wurzt am Paulsplatz

Eigentlich sollte das neue Lokal Hans Wurst heißen, doch gab es urheberrechtliche Probleme. Es ist die schönste Imbissbude der Stadt, mit zwei Etagen und Blick auf die Paulskirche und den belebten Platz. Bei der Inneneinrichtung hat man mit großen Holztischen, großformatigen Bildern und wuchtigen Lampen viel Witz hinbekommen. Das Angebot will sich etwas abheben, was in Berlin schon seit Jahrzehnten funktioniert, soll auch in Frankfurt Liebhaber finden: Curry-Wurst und Champagner. Unter dem Namen „Champions League“ gibt es Kalbsbratwurst mit Pommes frites und ein Glas Moet Chandon (für 14,80 €). Wer „Eigentor“ bestellt bekommt eine Tofowurst. Sonst trifft man die guten alten Bekannten: Bratwurst, Thüringer, Currywurst, Kalbsbratwurst, Rindswurst (2,40 – 5,20 €). Das alles ist im Grunde gut und schön, die Grundprodukte sind auch keineswegs schlecht, doch die Zubereitung stimmt leider (noch) nicht. Auch so etwas Einfaches wie Würstchen oder Grillen will gelernt sein. Die Würste bei Hans Wurzt sehen schon optisch zu clean und nach Plastik aus, wobei deren Haut dann auch tatsächlich fast künstlich wirkt. Die Würste werden nur an der Oberfläche angegrillt und sind in der Mitte von der Temperatur her eher lau. Es fehlen ihnen jedenfalls alle wichtigen Geschmacksmerkmale einer guten Grillwurst: Röst-Aromen, Hitze, Knackigkeit, Saftigkeit. Besonders wichtig bei Grillwürsten sind ihr Duft, der oft schon von Weitem lockt. Bei Hans Wurzt riecht man gar nichts.  Da hilft nur eins: Sofort den Grill wechseln. Betreiber des neuen Wurst-Lokals ist Lior Ehrlich (Bar 54, Gorky Park, Amici, Pizza Pasta Factory), der noch weitere Imbiss-Stationen dieser Art plant.

Hans Wurzt

Von wegen armes Würstchen. Wir lieben es doch heiß und innig in all seinen Erscheinungsformen: als Curry- und Bratwurst, als Thüringer und natürlich als Frankfurter. Doch die Qualitätsunterschiede sind von Zipfel zu Zipfel enorm.   Die Deutschen sind so wurstverrückt, wie die Queen Hütchen- und Handtaschen-crazy ist. Dennoch hat gerade sie kein Verständnis für unsere ausgeprägte Liebhaberei und meinte mahnend, wir würden viel zu viele Würste verputzen und dadurch Schaden nehmen. Ihr Gemahl, Prinz Philip, nennt sie aber immerhin „Sausage“ und krönt sie damit zum Würstchen. Nun denn, gerade wir Frankfurter haben ein intensives Wurstverhältnis, wie übrigens auch unser vielessender Großdichter Goethe. Bei uns steht die Wiege der legendären Frankfurter Würstchen und just hier waren zwischen Dom und Römerberg jene Schirne genannten Metzgerstände zuhause, die für Victor Hugo „heitere Gefräßigkeit“ offenbarten.

Wien hat eine sehr lebendige Wurstkultur, die auch noch in der Nacht Debreziner, Krainer, Bosner und Wiener beschert. In Weimar bekommt man an jeder Ecke Thüringer. Und in Berlin gibt es mit „Konnopkes“ eine der interessantesten Wurstbuden der Welt – dort soll auch Ex-Kanzler Schröder seinen gelegentlich aufkommenden Currywurst-Heißhunger gestillt haben. Frankfurt hat zwar kein Worschtquartier mehr, doch existieren immerhin noch einige gute Adressen, wo man das Glück am Zipfel packen kann. Dazu gehört die kleine Grillstation der Metzgerei Schlemmermeyer auf der Freßgass´, an dessen Theke man die leckeren Rauchzipfel bekommt. In der Kleinmarkthalle packen bei Schreiber flinke Damenhände beste Fleisch- und Gelbwurst in Zeitungspapier.  Die Fleischwurst ist klasse, man kann sie auch mit Knoblauch haben.

Eine Imbissbude von hohem Unterhaltungswert ist der Snack Point am Grüneburgweg. Blaumann und  Nadelstreifen mampfen friedlich vereint, die Wurst wird zum Verbindungskabel. Der Familienbetrieb hat sich vor allem durch seine immerwährende Freundlichkeit einen guten Ruf gemacht und gönnt uns eine der letzten echten Currywurstbuden der Stadt. Bei Gref-Völsing auf der Hanauer Landstraße kann es zu Stoßzeiten schon mal etwas ruppiger zugehen. Auch hier bringt die Gästemischung einen Schuss Würze mit, die laschen Frankfurter können es vertragen. Die Rindswurst ist nach wie vor das Aushängeschild.

Die Frankfurter Würstchen mutierten wahrscheinlich erst Mitte des 19. Jahrhunderts von der Brat- zur Siedewurst, weshalb Goethe wohl nicht die echte kennengelernt haben dürfte. Einer alten Rezeptur nach, wurde sie einst sogar mit einem Schuss Rotwein verfeinert, was heute nicht mehr geschieht. Doch ihre leichte Räuchernote sowie alle anderen wesentlichen Ingredienzien sind geblieben: Schweinefleisch, Salz, Pfeffer, Koriander, Muskatblüte. Es gibt nicht einmal mehr eine Handvoll Produzenten, die „original“ Frankfurter Würstchen herstellen. So darf man sie nur nennen, wenn sie im so genannten Wirtschaftsgebiet Frankfurt erzeugt werden, das zudem Neu-Isenburg und Dreieich umfasst. Der Begriff „echt“ hingegen besagt nur „nach Art“ der Frankfurter Würstchen, was vor allem Traditionalisten im Magen liegen könnte. Aber Qualität lässt sich messen, beispielsweise am Fettgehalt. Und man kann sie auch schmecken.

Das Unternehmen G.A. Müller in Neu-Isenburg fertigt seit 1860 original Frankfurter Würstchen und ist damit der älteste Hersteller dieser Spezies. Ihnen gebührt die goldene Wurstzipfelmütze, weil sie fleischig, prall und saftig sind, durch ihre zart-feste Haut Biss haben und mit einer feinen Räuchernote angenehm würzig schmecken. Man bekommt sie unter anderem in der Frankfurter Kleinmarkthalle.

Frankfurts lustigste Wurstbude steht nahe am Rathaus auf dem Römerberg und nennt sich wie das dazugehörige Lokal ganz der historischen Adresse entsprechend „Alten Limpurg“. Dort isst man die Worscht aus der Hand im Stehen an alten Weinfässern, gemeinsam mit Besuchern aus Taipeh, Tallahassee, Tutzing und dem Rest der Welt. Uns gefällt dort die Bockwurst am besten. Der Blick auf den Römerberg und den Dom ist gratis.

Unsere Lieblingsbratwurst hört auf den Namen 11te Generation und kommt aus der kulinarischen Werkstatt der Consortium Gastronomie in Wiesbaden, die der ehemalige Sternekoch Egbert Engelhardt mit einem talentierten Team führt.  Man schmeckt die Qualität,  das gute Ausgangsprodukt. Die Wurst ist saftig und wird durch  Gartenkräuter und frisch gemahlene Gewürze zum Leckerbissen. Außerdem ist sie gluten- und lactosefrei und wird ohne künstliche Zusatzmittel und Geschmacksverstärker hergestellt. Man kann sie auch zur Currywurst machen, die ebenfalls anders als gewohnt ausfällt. Sie wird aus Strauchtomaten, einem Hauch Ingwer, Apfelsinen, Apfelmus und Meersalz erzeugt.

Muss eigentlich noch erwähnt werden, dass auch die beste Bulette der Welt zur 11ten Generation gehört? Kaum, doch wir wiederholen es einfach zu gerne: Die Gourmet-Frikadelle aus regionalem Fleisch und frischen Zutaten ist wie keine andere und würde sich sogar mit schwarzem Trüffel vertragen.  Die Edelimbiss-Produkte der 11ten Generation gibt es in den Rheingauer Lokalen von Egbert Engelhardt, dem Gutsausschank Baiken und dem Anleger 511 in Eltville. Und jetzt auch beim pfiffigen Scheck-in-Center in Frankfurt, wo man während der Fußball-EM eine Grillstation vor der Tür aufgebaut hat.

Ludwig Fienhold

 

Caricatura Museum, Frankfurt, Weckmarkt 17, Tel. 069 212 30161. www.caricatura-museum.de  Die „Wurst-Ausstellung geht bis 29. Juli.

Photo Credit: Caricatura Museum,  Barbara Fienhold

 




Gastro News Rhein-Main

Des eigenen Glückes Schmied

Neue Weinstube

 

Nein, nicht schon wieder eine Lounge oder Weinbar, einfach nur eine Weinstube. Mehr will das neue Lokal von Chris Hörle nicht sein. Und in Zeiten der unbedingten gleichmachenden Moderne ist das ja immerhin eine Ansage: Weinstube. Genau das ist auch daraus geworden, in aller Gemütlichkeit, bei aller Bescheidenheit, die auf manches verzichtet, aber nicht auf Persönlichkeit und ordentliche Weine. Man fühlt sich ein bisschen wie im Schwarzwald oder mehr noch wie in einer Straußwirtschaft. Die Alte Schmiede im Stadtteil Nied (unweit vom Frischeparadies) bietet jedenfalls eine Stube, wie man sie so in der Stadt nicht mehr kennt, inklusive Sommergarten.

Chris Hörle

Bei den Weinen stehen drei Güter im Mittelpunkt: Petry/Lindenhof (Rheingau), Lergenmüller (Pfalz), Juliusspital (Franken). Hausmarke ist „Der Chris ihrn Schoppe“, ein süffiger Riesling aus der Hochheimer Hölle (1,90 € 0,1l, 3,50 € 0,2l, 16 € Flasche). Zu essen gibt es auch etwas, kalte Deftigkeiten: Hausgemachten Wurstsalat, Vesperplatte mit gemischter Wurst, Käseplatte mit Feigensenf, Brot und Butter oder Handkäs mit Musik (3,50 – 9,90 €). Zudem werden ständig wechselnde Tagesempfehlungen angeboten. Chris Hörle arbeitete bislang viele Jahre an der Seite ihres Lebenspartners Harry H. Hochheimer in der Wein- und Gastronomieberatung und will sich jetzt vor allem ihrer eigenen Weinstube widmen.

Weinschänke zur Alten Schmiede, Frankfurt-Nied, Beunestraße 4-6, in den Sommermonaten geöffnet Mittwoch bis Samstag ab 17 Uhr, Sonn- und Feiertage ab 14 Uhr. Tel. 069 33 35 76 77.  www.alte-schmiede-nied.de

 


Süffiges Wein-Schiff

Flüssiges auf dem Main

 

Monsieur Delescot in bester Laune

Das gibt’s sonst auf keinem Schiff: Eine Weinprobe auf dem Main. Der Champagner perlt, der Wein flitzt über die Zunge und die Stimmung schlägt sanfte Wellen. Veronique und Julien Donadel, die in Frankfurt mit Weinen und Delikatessen handeln, luden zum zweiten Mal aufs Schiff der KD-Flotte. Man traf in Form von Menschen und Flaschen viele gute Bekannte, konnte aber auch manche Neuentdeckung machen. Die Weine vom Winzerhof Stahl aus Franken gehören zu den Entdeckungen. Edelstahl heißt sinnigerweise der trockene Riesling, der ebenso mit kühler Frische und dezenter Frucht überzeugt, wie der Silvaner. Der preiswerteste Tropfen von Christian Stahl heißt trocken „Nachschlag“ und ist wegen seiner schlanken Art ein besonders guter Spaßwein für den Sommer. Bemerkenswert: Amaral Sauvignon Blanc von De Gras aus Chile, mit typischem, aber nicht lautem Aroma von Stachelbeeren, Melone und frisch gemähtem Gras sowie einer delikaten salzigen Frische.

Marco Zanetti

Mit von der Partie war auch Marco Zanetti, der sich als Winepunk und Sommelier des Restaurants Parkstraße Neun in Bad Nauheim bekannt gemacht hat. Er ist ein Charakter, wie man ihn eher selten in der glattgebügelten Welt der Sommeliers sieht, und hatte unter anderem einen wunderbar trockenen Lambrusco von Lini mitgebracht, der ausgezeichnet zu pikanter Wurst und Parmesan passt und sehr kühl getrunken werden sollte. Rainolf Kirsch präsentierte Weine aus dem Friaul, die vor allem durch ihre ungewöhnlichen und an Portwein erinnernden Flaschenformate auffielen und sich an Szenelokale wenden. Mit im Gepäck hatte er aber auch den besonders erfolgreichen portugiesischen Fabelhaft Tinto, von dem allein 100 000 Flaschen an die Lufthansa gehen.

Erfrischung auf sehr hohem Niveau bieten die Champagner aus der Kellerei Edouard Brun (1898), die im Besitz der Familie Delescot ist. Sie besitzt acht Hektar eigene Weinberge in der Grand Cru Lage Aŷ und anderen Orten um Reims. Die Prestige-Cuveés l´Elegante und l´Elegante Rosé in der auffälligen Jugendstilflasche sind von geschliffener Präsenz und subtiler Aromatik. Die Assemblage beider besteht aus Chardonnay und Pinot Noir, wobei der Rosé einen höheren Pinot-Anteil hat, während die Cuvée Brut stärker auf Chardonnay setzt. Fazit: Viel Gutes auf dem Main und die Frage: Warum nur kann ein solches Weinschiff nicht als feste Einrichtung am Eisernen Steg in Frankfurt vor Anker gehen?

www.donadel-fils.de

 

Auf dem Dach Frankfurts

Zypern im Fleming´s

 

Es gehört zu den schönsten Unternehmungen in Frankfurt: Mit dem Pater Noster auf die Dachterrasse des Hotels Fleming´s zu reisen. Die Aussicht bietet eine völlig andere Stadtperspektive, so nah kommt man dem historischen Eschenheimer Turm sonst nicht, hinter dem sich mächtig das Jumeirah mit Einkaufscenter aufbäumt. Dieses Panorama nutzte die Fremdenverkehrszentrale Zypern für einen kulinarischen Abend, der angenehm locker inszeniert wurde. Die Weine kann man höflich übergehen, beim Essen gefielen gefüllte Calamari mit Couscous, Grillwürstchen mit Petersilie und Minze sowie Spanferkelrücken. Die nächsten Tage wird das sonst mit Grillgerichten und Seafood hantierende Hausrestaurant beim Essen auf Zypern setzen. Interessant ist auch der Name des Hotels: Der 2007 verstorbene Eigentümer der Hotelgruppe Fleming´s, Ignaz Blodinger, bewunderte den Autoren Ian Fleming, den Erfinder von James Bond.

 

Neue Küche im Grünen Wald

Vincent Orosco ist wieder in Kronberg

 

Stefan Allgaier führte das Restaurant 13 Jahre und übergab es nun an Vincent Orosco, der bereits zwischen 2007 und 2009 als Chefkoch im Grünen Wald verantwortlich war (14 Punkte im Gault Millau). Für den Gast wird sich nicht allzu viel ändern, denn Vincent Orosco wird Teile des seit Jahren bestehenden Teams übernehmen. Sonnenschein Daniele Miglietta wird nach wie vor für den Service verantwortlich sein und Frank Fischer die Gäste weiterhin als Sommelier in Sachen Wein beraten. Stefan Allgaier wird, wie am 24. März in BISS berichtet, im Frankfurter Westend in der Liebigstrasse 47 das Restaurant „Allgaiers“ im Juli eröffnen, wo einst die Lokale Gargantua und Le Midi zu Hause waren. Frische deutsch-französische Küche und eine Weinkarte mit rund 300 Positionen sowie ein moderat kalkuliertes Lunch-Angebot sollen Gäste gewinnen. Das Restaurant wird von Montag bis Freitag geöffnet haben (am Wochenende schwächelt das Westend bekanntermaßen), am Wochenende ist das Lokal nur für Veranstaltungen, Familienfeiern oder Geburtstage buchbar. Auch spezielle „Weinabende“ werden am Wochenende stattfinden

www.zum-gruenen-wald.com                      www.allgaiers-restaurants.com

 

 

Photo Credit: Barbara Fienhold