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Beim Zeus! Griechenland ist noch nicht gegessen

Rettet die Griechen

Und geht griechisch essen

 

Beim Zeus! Griechenland steht nicht nur für Euro-Schulden und Fußball. Auch die Küche hat ihren Wert. Nicht immer und überall, aber an bestimmten Stellen. Etwa im Parthenon in Frankfurt, wo gezeigt wird, wie frisch und gut griechische Küche sein kann.

Das griechische Lokal Parthenon ist weder Taverne noch Tempel. Gutbürgerlich, hieß Derartiges früher, bevor dieser Begriff ins Schwammige entgleitete. Abseits spröder Spießigkeit erlebt man hier eine eher muntere Atmosphäre, was nicht zuletzt an Stelios Kokkinoplitis liegt, der in seinem Olymp mit dionysischer Lebensfreude herrscht. Es gibt gewiss schönere Lokale, auch wirkt mancher im Service so gelangweilt, als müsste man mit ihm erst einen Fiskalpakt schließen. Doch beim Essen offenbart sich das Besondere. Unter den Backwaren fällt das Gerstenbrötchen „Paximadi“ aus Kreta auf. Es wurde aus Gerstenvollkornmehl, Olivenöl, Sauerteig, Hefe, Salz und Wasser nach alter Sitte geknetet und im Ofen steinhart getrocknet. Auf diese Weise ist es ein Jahr haltbar und wird erst durch ein wenig Wasser und Olivenöl zu neuem Leben erweckt. Gemeinsam mit Tomaten, Oliven, Kapern oder Käse schmeckt dieses Urbrot anders- und einzigartig. Es sind solch authentische Regionalrelikte, die einem Lokal Identität geben. Dazu zählen auch die vielen Vorspeisen, die für gute kulinarische Unterhaltung sorgen. Etwa feinwürziges Fawa-Erbsenpüree, Zucchinischeiben mit schwarzer Olivenpaste, frittierte Sardinen und köstlich derbe Gigantes – dicke Bohnen aus Kastoria. Die hausgemachte Fischroggencreme Tarama leuchtet zwar in fiesem Pink, ist aber lecker. Auch der obligatorische Tsatsiki ist hier besser angerührt als vielfach andernorts und eignet sich in seiner leichten und erfrischenden Art als Puffer zwischen Vorspeisen und Hauptgericht.

Stelios

In der griechischen Küche spielt weit weniger die Phantasie bei der Zubereitung eine Rolle, sondern viel mehr die Frische und Qualität der Zutaten. Gutes Olivenöl und ein paar Spritzer Zitronensaft statt schwerer Saucen mag mancher als zu einfaches Küchenwerk verstehen, entspricht aber der griechischen Essphilosophie und dem Hang zu Schlichtheit und Natürlichkeit. Fisch wird nur gebacken oder gegrillt, doch im Parthenon bringt er den Duft des Mittelmeeres an die Tische. Der Oktopus hat keine ihn glättende Schönheits-OP hinter sich bringen müssen und wird noch mit Saugnäpfen serviert, wobei er von saftiger Geschmeidigkeit ist. Auffällig gut gerät auch der Stockfisch mit Kartoffel-Knoblauch-Mousseline. Ob Fisch, Meeresfrüchte, würziges Hackfleisch oder klassische Kalbsleber, die Küche belässt den Produkten ihren Charakter und weiß deren Geschmack mit gut balancierter Würze hervorzuheben. Zicklein aus dem Ofen und wunderbar aromatischer Stifado-Eintopf sind Spezialitäten, die nicht immer zu haben sind, aber auch vorbestellt werden können. Ganz wichtig sind die in Olivenöl leicht frittierten Kartoffelscheiben aus jungen Zypern-Kartoffeln, die man sich am liebsten zu jedem Gericht wünscht, vor allem aber zu

Lammkoteletts und geschmortes Lamm. Stelios steht zwar nicht selbst am Herd, ist aber kreativer Koch der Küche und geht für sein Restaurant noch selbst auf den Märkten einkaufen. Sein Qualitätsbewusstsein beschert den Gästen von der Tomate bis zum Fisch beste Ware. Ob Salat, Sardellen, Hackfleisch-Biftéki oder Okra, hier ist alles von Geschmack und Frische. Es gibt auch mehr als den üblichen Feta, man probiere einmal den leicht geräucherten Dorfkäse aus Metzovo.

Parthenon ohne Stelios

Nicht nur im Winter, gibt es kaum etwas Schöneres als Schmorgerichte, die im Parthenon besonders gut gelingen. Die marinierten und lange in Rotwein gegarten Fleischgerichte sind von großer Delikatesse. Das Rindfleisch ist zart und wird gut gewürzt, wobei meist eine Prise Zimt die Pointe setzt. Die traditionellen Kokkinisto-Eintopf-Gerichte können mit Huhn, Lamm, Schwein, Rind und auch Kaninchen sein. Dazu passen  die genannten speziellen griechischen Pommes frites oder Kritharáki, wie Risotto wirkenden „Reis“-Nudeln. Mehr als nur Beilagencharakter haben zudem die sehr leckeren, an Kartoffelpuffer erinnernden Zucchini-Fladen, die von Köchin Ecaterina Trufu zubereitet werden. Hausherr Stelios kann sich auf einige altgediente Mitarbeiter/innen stützen. Dazu gehört auch Jelka, der man nicht ansieht, dass sie schon 30 Jahre dabei ist. Es gibt nur wenige Griechen in Deutschland und auch im Heimatland selbst, die einen solchen guten Standard erreicht haben, wie das Lokal Parthenon in Frankfurt. Ebenfalls gut ist das Restaurant Dorade in Frankfurt, das Stelios Bruder Georgios Kokkinoplitis führt.

Berufsenthusiast Stelios, der um die Ecke auch ein Geschäft mit Wein und Olivenöl betreibt, ist ein Qualitätssucher. Das merkt man schon beim Ouzo Plomari, einem hochwertigen Erzeugnis von der Insel Lesbos, beim Olivenöl (z.B. Mylopotamos und Nemea) und den Weinen. Unter vielen empfehlenswerten Weißweinen überzeugt ein leichter und duftiger Tropfen aus der autochthonen Rebsorte Assyrtiko von der Domaine Evharis aus den Gerania-Bergen bei Athen. Der Name setzt sich aus den Weingutsbesitzern Haris Antoniou und Eva Boehme zusammen, die aus einer Winzerfamilie in Rheinhessen stammt.

Wer erinnert sich noch an die Drachme?

Ungewöhnlich auch der nach exotischen Früchten duftende Sigalas sowie der rauchige Gaia Thalassitis von der Vulkan-Insel Santorin. Gut auch der Syrah von Christos Kokkalis und der Nemea von der Halbinsel Peloponnes. Der Dyo Elies vom Weingut Kir-Yianni aus dem Jahr 2005 beschert mit seiner Cuvée aus Syrah, Merlot und der autochthonen griechischen Rebsorte  Xynomavro einen kraftvollen, nach roten Beeren, Leder und Tabak duftenden Roten, der wunderbar zu den Grillgerichten des Lokals passt. Einen Kelch sollte man bei einem Besuch im Parthenon auch nicht an sich vorübergehen lassen: Der elegante und wildbeerige Cabernet Sauvignon Trilogia aus der Nähe von Olympia gehört zum Besten, was Griechenland derzeit zu bieten hat. Erzeugt wird er vom Mönchengladbacher Apotheker Christos Kokkalis, der damit für eine ganz besondere Medizin sorgt.

Ludwig Fienhold

 

Parthenon, Frankfurt, Kennedyallee 34, Tel. 069 63 54 19. Geöffnet von Montag bis Sonntag 12 – 15 und 18 – 24 Uhr, sonntags durchgehend. Sommerterrasse.

 

 

 




Reiche Würstchen: Der Imbiss boomt

Neues Lokal Hans Wurzt am Frankfurter Paulsplatz

 

Und andere Adressen für den schnellen Happen

 

Die Sternerestaurants müssen um Gäste kämpfen, vor den Wurstständen stehen sie Schlange. Bei Schreiber in der Frankfurter Kleinmarkthalle ist das jeden Mittag so, aber auch auf der Freßgass, wo man bei Schlemmermeyer Rauchzipfel ergattern kann. Jetzt hat am Paulsplatz in bester Touristenlage ein neues und überraschend schickes Wurst-Lokal eröffnet: Hans Wurtz. Außerdem gibt es im Caricatura-Museum eine Ausstellung zum Thema mit amüsanten Bildern von Nikolaus Heidelbach. In Frankfurt geht es mehr denn je um die Wurst.

Imbiss Hans Wurzt am Paulsplatz

Eigentlich sollte das neue Lokal Hans Wurst heißen, doch gab es urheberrechtliche Probleme. Es ist die schönste Imbissbude der Stadt, mit zwei Etagen und Blick auf die Paulskirche und den belebten Platz. Bei der Inneneinrichtung hat man mit großen Holztischen, großformatigen Bildern und wuchtigen Lampen viel Witz hinbekommen. Das Angebot will sich etwas abheben, was in Berlin schon seit Jahrzehnten funktioniert, soll auch in Frankfurt Liebhaber finden: Curry-Wurst und Champagner. Unter dem Namen „Champions League“ gibt es Kalbsbratwurst mit Pommes frites und ein Glas Moet Chandon (für 14,80 €). Wer „Eigentor“ bestellt bekommt eine Tofowurst. Sonst trifft man die guten alten Bekannten: Bratwurst, Thüringer, Currywurst, Kalbsbratwurst, Rindswurst (2,40 – 5,20 €). Das alles ist im Grunde gut und schön, die Grundprodukte sind auch keineswegs schlecht, doch die Zubereitung stimmt leider (noch) nicht. Auch so etwas Einfaches wie Würstchen oder Grillen will gelernt sein. Die Würste bei Hans Wurzt sehen schon optisch zu clean und nach Plastik aus, wobei deren Haut dann auch tatsächlich fast künstlich wirkt. Die Würste werden nur an der Oberfläche angegrillt und sind in der Mitte von der Temperatur her eher lau. Es fehlen ihnen jedenfalls alle wichtigen Geschmacksmerkmale einer guten Grillwurst: Röst-Aromen, Hitze, Knackigkeit, Saftigkeit. Besonders wichtig bei Grillwürsten sind ihr Duft, der oft schon von Weitem lockt. Bei Hans Wurzt riecht man gar nichts.  Da hilft nur eins: Sofort den Grill wechseln. Betreiber des neuen Wurst-Lokals ist Lior Ehrlich (Bar 54, Gorky Park, Amici, Pizza Pasta Factory), der noch weitere Imbiss-Stationen dieser Art plant.

Hans Wurzt

Von wegen armes Würstchen. Wir lieben es doch heiß und innig in all seinen Erscheinungsformen: als Curry- und Bratwurst, als Thüringer und natürlich als Frankfurter. Doch die Qualitätsunterschiede sind von Zipfel zu Zipfel enorm.   Die Deutschen sind so wurstverrückt, wie die Queen Hütchen- und Handtaschen-crazy ist. Dennoch hat gerade sie kein Verständnis für unsere ausgeprägte Liebhaberei und meinte mahnend, wir würden viel zu viele Würste verputzen und dadurch Schaden nehmen. Ihr Gemahl, Prinz Philip, nennt sie aber immerhin „Sausage“ und krönt sie damit zum Würstchen. Nun denn, gerade wir Frankfurter haben ein intensives Wurstverhältnis, wie übrigens auch unser vielessender Großdichter Goethe. Bei uns steht die Wiege der legendären Frankfurter Würstchen und just hier waren zwischen Dom und Römerberg jene Schirne genannten Metzgerstände zuhause, die für Victor Hugo „heitere Gefräßigkeit“ offenbarten.

Wien hat eine sehr lebendige Wurstkultur, die auch noch in der Nacht Debreziner, Krainer, Bosner und Wiener beschert. In Weimar bekommt man an jeder Ecke Thüringer. Und in Berlin gibt es mit „Konnopkes“ eine der interessantesten Wurstbuden der Welt – dort soll auch Ex-Kanzler Schröder seinen gelegentlich aufkommenden Currywurst-Heißhunger gestillt haben. Frankfurt hat zwar kein Worschtquartier mehr, doch existieren immerhin noch einige gute Adressen, wo man das Glück am Zipfel packen kann. Dazu gehört die kleine Grillstation der Metzgerei Schlemmermeyer auf der Freßgass´, an dessen Theke man die leckeren Rauchzipfel bekommt. In der Kleinmarkthalle packen bei Schreiber flinke Damenhände beste Fleisch- und Gelbwurst in Zeitungspapier.  Die Fleischwurst ist klasse, man kann sie auch mit Knoblauch haben.

Eine Imbissbude von hohem Unterhaltungswert ist der Snack Point am Grüneburgweg. Blaumann und  Nadelstreifen mampfen friedlich vereint, die Wurst wird zum Verbindungskabel. Der Familienbetrieb hat sich vor allem durch seine immerwährende Freundlichkeit einen guten Ruf gemacht und gönnt uns eine der letzten echten Currywurstbuden der Stadt. Bei Gref-Völsing auf der Hanauer Landstraße kann es zu Stoßzeiten schon mal etwas ruppiger zugehen. Auch hier bringt die Gästemischung einen Schuss Würze mit, die laschen Frankfurter können es vertragen. Die Rindswurst ist nach wie vor das Aushängeschild.

Die Frankfurter Würstchen mutierten wahrscheinlich erst Mitte des 19. Jahrhunderts von der Brat- zur Siedewurst, weshalb Goethe wohl nicht die echte kennengelernt haben dürfte. Einer alten Rezeptur nach, wurde sie einst sogar mit einem Schuss Rotwein verfeinert, was heute nicht mehr geschieht. Doch ihre leichte Räuchernote sowie alle anderen wesentlichen Ingredienzien sind geblieben: Schweinefleisch, Salz, Pfeffer, Koriander, Muskatblüte. Es gibt nicht einmal mehr eine Handvoll Produzenten, die „original“ Frankfurter Würstchen herstellen. So darf man sie nur nennen, wenn sie im so genannten Wirtschaftsgebiet Frankfurt erzeugt werden, das zudem Neu-Isenburg und Dreieich umfasst. Der Begriff „echt“ hingegen besagt nur „nach Art“ der Frankfurter Würstchen, was vor allem Traditionalisten im Magen liegen könnte. Aber Qualität lässt sich messen, beispielsweise am Fettgehalt. Und man kann sie auch schmecken.

Das Unternehmen G.A. Müller in Neu-Isenburg fertigt seit 1860 original Frankfurter Würstchen und ist damit der älteste Hersteller dieser Spezies. Ihnen gebührt die goldene Wurstzipfelmütze, weil sie fleischig, prall und saftig sind, durch ihre zart-feste Haut Biss haben und mit einer feinen Räuchernote angenehm würzig schmecken. Man bekommt sie unter anderem in der Frankfurter Kleinmarkthalle.

Frankfurts lustigste Wurstbude steht nahe am Rathaus auf dem Römerberg und nennt sich wie das dazugehörige Lokal ganz der historischen Adresse entsprechend „Alten Limpurg“. Dort isst man die Worscht aus der Hand im Stehen an alten Weinfässern, gemeinsam mit Besuchern aus Taipeh, Tallahassee, Tutzing und dem Rest der Welt. Uns gefällt dort die Bockwurst am besten. Der Blick auf den Römerberg und den Dom ist gratis.

Unsere Lieblingsbratwurst hört auf den Namen 11te Generation und kommt aus der kulinarischen Werkstatt der Consortium Gastronomie in Wiesbaden, die der ehemalige Sternekoch Egbert Engelhardt mit einem talentierten Team führt.  Man schmeckt die Qualität,  das gute Ausgangsprodukt. Die Wurst ist saftig und wird durch  Gartenkräuter und frisch gemahlene Gewürze zum Leckerbissen. Außerdem ist sie gluten- und lactosefrei und wird ohne künstliche Zusatzmittel und Geschmacksverstärker hergestellt. Man kann sie auch zur Currywurst machen, die ebenfalls anders als gewohnt ausfällt. Sie wird aus Strauchtomaten, einem Hauch Ingwer, Apfelsinen, Apfelmus und Meersalz erzeugt.

Muss eigentlich noch erwähnt werden, dass auch die beste Bulette der Welt zur 11ten Generation gehört? Kaum, doch wir wiederholen es einfach zu gerne: Die Gourmet-Frikadelle aus regionalem Fleisch und frischen Zutaten ist wie keine andere und würde sich sogar mit schwarzem Trüffel vertragen.  Die Edelimbiss-Produkte der 11ten Generation gibt es in den Rheingauer Lokalen von Egbert Engelhardt, dem Gutsausschank Baiken und dem Anleger 511 in Eltville. Und jetzt auch beim pfiffigen Scheck-in-Center in Frankfurt, wo man während der Fußball-EM eine Grillstation vor der Tür aufgebaut hat.

Ludwig Fienhold

 

Caricatura Museum, Frankfurt, Weckmarkt 17, Tel. 069 212 30161. www.caricatura-museum.de  Die „Wurst-Ausstellung geht bis 29. Juli.

Photo Credit: Caricatura Museum,  Barbara Fienhold

 




Der Rapper-Champagner

Glamourperle von Cattier auf Deutschlandtournee

 

Von Ludwig Fienhold

Vermarktung ist nicht alles, hilft aber enorm. Einen ungewöhnlichen Weg ist die Kellerei Cattier in Chigny les Roses gegangen. Das im Grunde im guten Sinne konservative Familienunternehmen hat mit dem Armand de Brignac einen Glamourstar in die Welt gesetzt, der wegen seiner extravaganten Aufmachung in Gold, Silber und Pink ins Auge springt. Vor allem in den USA und in Russland ist es einfach hip und schick, eine solche Kitsch-as-Kitsch-can-Flasche am Tisch stehen zu haben. Rapper Jay-Z, Goldkehlchen Beyoncé und Espresso-Trinker George Clooney haben das so oft getan, dass sie schon zu so etwas wie Botschaftern der hochpreisigen Nobelmarke wurden. Talkerin Oprah Winfrey verschenkt den güldenen Armand de Brignac mit dem Pik-Ass-Emblem kistenweise, der singende Schauspieler Kevin Coster begießt damit das Ende seines Konzerts auf der Bühne.

Dieser Tage sind Champagnerwinzer Jean-Jacques Cattier und sein Marketingmanager Philippe Bienvenu auf Deutschlandtournee, in Frankfurt präsentierten sie ihre Erzeugnisse im Roomers und in der Villa Kennedy. Mag der Armand de Brignac auch nouveau und rich sein, die beiden sind sehr bodenständig und natürlich. Ein Produkt wie Armand de Brignac ist so etwas wie flüssiges Swarovski und passt viel eher in die Glitzerpaläste von Dubai und die Nachtclubs von Moskau. Der verhaltensauffällige Champagner war auch der Auschankstoff beim deutschen Filmpreis in Berlin und ist jetzt der offizielle Haustropfen bei der Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine und in Polen. Der deutsche Markt könnte stärker sein, doch immerhin sind die sündhaft teuren Champagner in vielen Clubs (Gekkos Frankfurt, P1 München, Pony Kampen etc.), Hotels (Brenner´s Park-Hotel Baden-Baden, Bayerischer Hof, Mandarin Oriental, Vier Jahreszeiten München) und Restaurants (Sansibar Sylt, Medici Baden-Baden) vertreten.

Champagner & Fußball in der Villa Kennedy

Die Villa Kennedy ist einer der schönsten und stilvollsten Plätze während der EM für Public Viewing. Wenn aber Champagner mit im Spiel ist, gewinnt die gute Laune. Da zum Champagner besonders Deftigkeiten wie Rippchen mit Kraut passen, wurde das Buffet entsprechend bestückt. Die Champagner aus der Kellerei Cattier moussieren sehr fein und doch druckvoll, keine schlechte Ware, aber bei Preisen zwischen 300 und 400 Euro ziemlich übermütig kalkuliert. Diese basieren letztlich auf einer Art Prestigegewinn, denn der Armand de Brignac Brut Gold wurde 2010 in einer Blindverkostung vom eher weniger als mehr bekannten finnischen Fine Champagne Magazine in New York tatsächlich als „bester Champagner der Welt“ ausgezeichnet. Er ist leicht an der goldenen Flasche mit dem handpolierten Zinnetikett zu erkennen. Exklusiv vertrieben wird der Armand de Brignac in Deutschland von den vorher in der Musikszene beheimateten Berlinern Stefan Fabinger und Benjamin Biermann, dem Sohn des Liedermachers Wolf Biermann.

Im Roomers und der Villa Kennedy gab es die prämierte Gold-Cuvée, den Rosé, und Blanc de Blancs sowie den normalen Cattier Brut zu verkosten. Die bunten Flaschen sind sehr einfach zu trinkende, unkomplizierte Champagner ohne Ecken und Kanten oder gar Tiefe. Spitzenchampagner wie Krug oder individuelle, wie der fabelhafte La Closerie von Jérôme Prevost, sind Lichtjahre von einem Armand de Brignac entfernt. Dass die Familie Cattier aber keinesfalls für Blendwerk steht, zeigt ihr schlicht etikettierter Cattier Brut. Er kostet nette 25 Euro und ist viel knackiger und individueller als seine teuren Brüder. Diesen sehr natürlichen, frischen, seidig strukturierten und cremigen Champagner trinkt man gerne.

Jean-Jacques Cattier

Das Label Armand de Brignac existiert erst seit 2006, doch die Winzerfamilie Cattier betreibt schon seit 1918 Weinbau. Jean-Jacques Cattier und sein Sohn Alexandre stehen mit ihrer schlichten Art im krassen Gegensatz zur lauten Glitzerwelt der Armand de Brignac-Show. Bis dorthin erzeugten sie aus den eigenen 30 Hektar umfassenden Weinbergen vor allem gute Champagner der bezahlbaren Mittelklasse. Ihre Lagen gehören zur Kategorie Grand Cru (wie Avize und Oger) oder Premier Cru. Die Cuvées sind eine Mischung aus drei unterschiedlichen Jahrgängen, die aktuelle ist eine Kombination der Jahre 2002, 2003 und 2005. Die Flaschen altern bei niedriger und konstanter Temperatur 30 Meter unter der Erde in Kellern, die zu den tiefsten in der Champagne gehören und ein langsames Altern fördern. Insgesamt sind am Entstehungsprozess von Hand acht Kräfte beteiligt. Es geht hier bei Reims trotz allen Medienrummels wie immer zu, selbst als der millionenschwere Rapper Jay-Z mit seinem Rolls-Royce vorbeikam, ließen sich die Cattiers nicht aus der Ruhe bringen.

Sélection Prestige, Berlin. www.armanddebrignac.de

Champagnerkellerei Cattier, Chigny les Roses. www.cattier.com

Siehe auch Biss-Bericht Der Popstar unter den Champagner

Photo Credit: Barbara Fienhold

 




Restaurant in den Opelvillen muss schließen

Sterne-Koch Christian Buer

in Rüsselsheim gescheitert

 

Schnelles Ende: Christian Buer, der gerade vor knapp einem Jahr das Restaurant in den Opelvillen in Rüsselsheim übernommen hatte, muss schließen und ist bereits in die Insolvenz gegangen. Der Vermieter, die Stiftung der Opelvillen, kann sich erneut nach einem Pächter umsehen. Der Vertrag lief eigentlich auf fünf Jahre und wurde nun gekündigt. Aus und vorbei: Goodbye Rüsselsheim, das wieder einen guten Koch verloren hat.

Christian Buer

Christian Buer hatte mit Andreas Busse und Sebastian Straub zwei junge Talente an seiner Seite, an mangelnder Küchenqualität kann es nicht gelegen haben. Ziel waren ein Stern im Michelin und andere Auszeichnungen in den Restaurantführern. Ein feines (Sterne)-Restaurant im eher proletarischen Rüsselsheim ist ein weißer Elefant und darf gewaltig mit dem Rüssel tröten, damit er als nicht zu exotisch und andersartig wahrgenommen wird. Wenn der Service dann noch zu sehr nach Steigenberger aussieht und formell wirkt, kommt man schnell in den Ruf von luxuriös und teuer. Es gab wohl auch nicht genügend Gäste aus Frankfurt und anderen Städten im Umfeld, die kaum Gründe sahen, um in die Opelvillen nach Rüsselsheim zu fahren, zumal sie in der unmittelbaren Nähe ausreichend gute Restaurants finden. Es kommen immer mehrere Gründe für ein solches Aus zusammen. Christian Buer hatte mit eigenem Geld investiert und zuletzt auch noch die Terrasse neu gestaltet. Wie lange er noch in Rüsselsheim am Herd stehen wird, ist offen.  Am Resultat ist jedoch nichts mehr zu ändern.

Christian Buer, 2010 im Restaurant Schellers in Bad Homburg mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, übernahm das Restaurant La Villa in Rüsselsheim am 1. August im letzten Jahr und löste den Italiener Paride „Mimmo“ Nicoli ab, der nach acht Jahren den Wechsel suchte und als letzten prominenten Gast Michelle Hunziker begrüßte. Der 34 Jahre alte Buer ist gelernter Metzger und Koch und kann als wichtigste Station auf den Tigerpalast in Frankfurt verweisen, wo er zuletzt als Souschef arbeitete.

Christian Buer steht für eine dezent modernisierte klassische französische Küche. Zu seinen Signature-Gerichten zählen Rücken und geschmorte Schulter vom Limousin-Lamm in orientalischer Raz el Hanout Jus sowie gebratene Scheibe von der Entenstopfleber mit Kartoffelschnee und gebratener Blutwurst. Buer kommt aus Münster in Westfalen und ließ sich im hessischen Waldsolms im Hintertaunus zunächst zum Fleischer ausbilden, im Steigenberger Hotel Frankfurter Hof lernte er dann Koch. Er arbeitete auch noch in Käfer´s Restaurant in Wiesbaden, doch mit sechs Jahren die meiste Zeit im Frankfurter Tigerpalast.

Die Opel-Villen sind optisch im Grunde das einzig bemerkenswerte im sonst tristen Rüsselsheim. Das Ensemble besteht aus einer Kunsthalle mit international bekannten Ausstellungen und dem Restaurant. Das Haus aus dem Jahre 1915, in der klarlinigen Form von Historismus und Jugendstil entworfen, birgt trotz altem Parkett und Deckenstuck keinen Prunk. Aura und Design sind von erhabener Gelassenheit, auf der Terrasse sitzt man am Rande der grünen Main-Auen. Das Restaurant bietet über 60 Plätze, auf der Terrasse zusätzlich 80 Plätze.

So attraktiv die Gastronomie in den Opelvillen erscheint, so problematisch ist doch der Standort Rüsselsheim – insbesondere für einen anspruchsvollen Restaurantbetrieb. Vom lokalen Publikum ist nicht zu leben, auch das italienische Restaurant La Villa bezog seine Gäste mehr aus Frankfurt, Wiesbaden, Mainz und anderen Städten in der Rhein-Main-Region. Der ehemalige Opelvillen-Pächter Mimmo Nicoli hat den Wechsel von Rüsselsheim nach Mainz nicht bereut. In seinem Restaurant La Gallerie unterhalb der Stephanskirche hat er mit seinem bewährten Konzept aus schlotziger Pasta-Küche und traditionellen Gerichten aus dem Friaul Erfolg, die Terrasse wurde gerade eröffnet.

Ludwig Fienhold

 

 

 




Gastro News

Mohr zieht nach Wiesbaden

 

Andreas Mohr, der seit acht Jahren mit seinem Restaurant Mohrs Bad Homburgs beste Adresse betreibt, zieht nach Wiesbaden in das Lokal M. In der Taunusstraße 49 residierten bislang Markus Seegert und Bernhard Weber, die inzwischen die Villa im Tal führen. Seegert fungiert zudem auch weiter als Geschäftsführer vom  Hotel de France, wo das M beheimatet ist. Andreas Mohr (14 Punkte im Gault Millau) ist bekannt für eine die Welt verbindende Fusionsküche, wobei er gerne Aromasalze verwendet. Der Wildfang-Steinbutt wird mit Rosenblütensalz bearbeitet, das US-Beef durch Malvenblütensalz ergänzt. Oft ist seine Küche aber auch auf feine Weise handfest, etwa beim mit Niedrigtemperatur gegarten Rücken vom Iberico-Schwarzschwein mit sautiertem Serviettenknödel und weißem Pfeffer-Schaum. Die ambitionierte Weinkarte wird mindestens wie gewohnt ausfallen, die eigene Wasserkarte beibehalten. Überraschung:  Marco Zanetti, aka Winepunk, und zuvor im Restaurant Parkstraße Neun in Bad Nauheim, wird als neuer Sommelier bei Mohr arbeiten – was für Eigenwilligkeit, Überraschungen und noch mehr spannende Weine sorgen wird. Andreas Mohr will in Wiesbaden am Herd stehen und sein Lokal Mohrs in Bad Homburg weiter als Event-Location betreiben. Das neue Mohrs in Wiesbaden soll in einigen Wochen eröffnen.

 

Paul Stradner jetzt im Brenners Park-Restaurant

Paul Stradner ist in Baden-Baden im Brenners Parkhotel angekommen und wird dort am 1. August als Küchenchef aktiv (siehe Biss-Ausgabe vom April, hier klicken). Der gebürtige Österreicher, der auf einem Bauernhof bei Graz aufwuchs und schon als Junge im Kräutergarten der Mutter arbeiten durfte, entwickelte eine hohe Wertschätzung für den Umgang mit Produkten aus der Natur. Stradner arbeitete unter anderem vier Jahre bei Harald Wohlfahrt in der Traube Tonbach als Chef Tournant, -Poissonier, -Entremetier und –Saucier. 2009 ging er als Sous Chef in das Chateaux de Nantilly und danach ins Restaurant L’Arnsbourg von Jean Georges Klein nach Baerenthal, 2011 hielt er dort die Position des Sous Chef inne. Stradner: „Von Harald Wohlfahrt habe ich neben Disziplin und kontinuierlicher Qualität, die Wertschätzung des Produktes erfahren. Von Jean-Georges Klein seine Experimentierfreude und den Mut, Produkte innovativ zu kombinieren.“ Stradner sieht sich in der französischen Küche verankert und geht experimentierfreudig mit Saucen um. Besonders werden dies die Gäste beim Degustationsmenu merken, wo selbst der Klassiker „Rehrücken Baden-Baden“ eine neue Handschrift erhalten soll. Das Brenners Park-Restaurant wird vom Michelin mit zwei Sternen und vom Gault Millau mit 17 Punkten bislang hoch bewertet.

 

 

 




Kochen ist Chefsache

Film für Feinschmecker

 

Kultkomiker Michael Youn und Filmschurke Jean Reno haben sich für eine Komödie als seltsames Paar am Herd zusammengetan. In Frankreich war der Film erfolgreich und bekam gute Kritiken, inzwischen läuft er auch in deutschen Kinos. Unser Pariser Korrespondent Jörg Zipprick sieht ihn mit eigenen Augen und entdeckt Parallelen zur realen Küchenwelt.

Er hat das Bild der Köche der letzten beiden Generationen von französischen Feinschmeckern geprägt. Die Pose des „Grand Chef“ mit den verschränkten Armen und der hohen Kochmütze. Das ist er. Jahrzehntelang hat  Alexandre Lagarde die Titelseiten der Welt geschmückt, Kein Zweifel, Lagarde ist ein Phänomen, nein, eine Ikone, die Inkarnation der „Cuisine Française“. Jetzt aber sieht es düster für den Küchenchef aus: Seit der Trennung von seiner Frau ist der Strom neuer Ideen ins Stocken geraten. Schlimmer noch, sein Luxusrestaurant gehört einer Finanzgruppe. Und deren Boss Stanislas Matter ist eher an Bilanzen als am Kochen interessiert. Kein Wunder, dass er auf die Molekularküche setzen will, die mit dem Einsatz von Lebensmittelzusatzstoffen satte Renditen generiert.

Jean Reno schmeckt ab

Und dann gibt es auch noch Jacky. Der ist jung, hoch motiviert, kann kochen, darf seine Ideen aber selten umsetzen. Nicht jeder Schnellesser will halt zum Gourmet erzogen werden. Klar, dass die Wege der beiden sich kreuzen.  „Kochen ist Chefsache“ ist  über weite Strecken ein cineastisches Äquivalent zum Tomate-Mozzarella-Teller aus: Leichte Kost für die Sommertage. Doch es gibt Momente, da mag man Tomate Mozza, wenn die Tomaten gut gereift sind, der Mozzarella wie ein solcher schmeckt und ein Hauch feines Olivenöl zum Einsatz kommt. Deutsche Zuschauer werden im Film zuerst die Klamotte sehen. Und sicher, es gibt jede Menge Cartoon-artige Szenen, z.B. wenn sich Jean Reno (Lagarde) und Michael Youn (Bonnot) zwecks Spionage als japanisches Paar zum Meister der Molekularküche schleichen. Das ist höchst albern, geht aber schon in Ordnung, denn wir sind hier nicht bei  Ingmar Bergman und Rainer Werner Fassbinder.

Michael Youn lässt nichts anbrennen

Auf solche Gags sollte man „Kochen ist Chefsache“ nicht reduzieren, denn in der Französischen Sprache gibt es, genau wie im französischen Film meist einen „deuxième et troisième dégré“, einen zweiten und dritten „Grad“, der eine eigene Bedeutung hat. Spätestens mit der Synchronisation wird der leider sozusagen mit dem Holzhammer entfernt.

Wer Frankreich kennt, sieht in  „Kochen ist Chefsache“ trotz allen Klamauks Parabeln zu Themen wie „Älter werden“, „Profitmaximierung“ und „Moden“, die uns heute fest im Griff halten. Noch dazu wirkt der Film teilweise realistisch: So gehört das Drei-Sterne-Lokal „Pré Catalan“ in letzter Instanz der Sodexo, die Kantinen, Kasernen und Altersheime bekocht. Wer denkt da nicht an Lagarde? Spritzen, Pipetten und Labor-Zubehör gibt es bei Molekularköchen tatsächlich in Mengen, auch Geleewürfel mit Entengeschmack wurden in Spanien schon verkostet und von geneigten Kritikern in Wonneworte gepackt.

Sowohl Jean Reno, als auch der in Frankreich extrem populäre Michael Youn sind zudem gestandene Leckermäuler. Auch wenn in Deutschland nur Reno als solcher vermarktet werden darf: Youn kennt die Szene, einer seiner Freunde und Produzenten kommt aus einer Familie von Restaurantbesitzern, schon vor zehn Jahren machte er sich in seinem Lied „Le Frunkp“ (für „Funk plus Rap“) über den Michelin lustig: “Der Guide für Flaschen (ce guide de tocard).“ Beide haben Spaß am Thema, das sieht man ihnen an. Auch wenn „Kochen ist Chefsache“ nicht den Biss von „Brust oder Keule“ mit Louis de Funès erreicht.

JZ




Mario Lohninger & Gregor Meyer betreiben gemeinsam das Holbein´s im Städel Museum

Ein neues gastronomisches Dream Team?

 

Von Ludwig Fienhold

 

Die Sensation ist perfekt:  Der Frankfurter Spitzenkoch Mario Lohninger, der wie berichtet seine Restaurants Silk und Micro nicht mehr weiter betreibt, wird mit dem Gastronomen und Feinkostunternehmer Gregor Meyer eine Partnerschaft eingehen und gemeinsam mit ihm das Lokal Holbein´s im berühmten Städel Museum führen.  Das neue Konzept, das aus der Aufsehen erregende Konstellation entsteht, wird ab Mitte August für die Gäste zu erleben sein. Der bisherige Küchenchef im Holbein´s, Joe Ballmann, wechselt am 1. Juli nach neun Jahren in den der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Frankfurter Airportclub, wo er Götz Rothacker ablöst, der dort seit 2009 am Herd stand.

Gregor Meyer (l.) und Mario Lohninger im Holbein´s

Das Holbeins am Frankfurter Museumsufer gehört zu den attraktiven und besonders gut laufenden Restaurants der Stadt. Nach 13 Jahren wird es nun aber doch zu deutlichen Veränderungen kommen. Allein durch ein Facelift soll dies erkennbar sein, aber auch mit einer Positionierung im höheren Segment. Eine neue Tischkultur (Service, Besteck, Gläser) wird ebenso dazugehören, wie eine andere Strukturierung der Gastronomie. Frische hausgemachte Gerichte bilden dabei die Basis. Mittags soll es ein Bar Room Menu geben, mit preiswerten, einfacheren und bürgerlich gedachten Angeboten (auch Burger, Pastrami Sandwich, eigene Wurstkreationen), abends ein Dining Room Menu mit anspruchsvolleren Speisen. Viele erstklassige Gerichte, wie man sie aus Lohningers Micro kennt, wird man vor allem abends im neuen Holbein´s finden. Wie Mario Lohninger in einem Interview mit dieser Zeitung erklärte, soll es im neuen Holbein´s kosmopolitisch zugehen. Motto: Das Beste aus aller Welt. Aber nach Art von Mario Lohninger. „Mittags darf es salopp sein, abends möchten wir mehr Sexy Food und Glamour.“ Im Holbein´s ist durchaus Platz für zwei gastronomische Welten mit partiell unterschiedlicher Ausrichtung.

Den Wechsel vom schnellen unkomplizierten und auch preiswerten Lunch zum hochwertigen Dinner sehen Lohninger und Meyer nicht als Widerspruch, sondern als Ergänzung und eine Reaktion auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Mittags- und Abendgäste. Außerdem wird es eine Sushi Lounge geben. Der bereits im Silk & Micro für feinste japanische Delikatessen sorgende Kawano Hirofumi ist dafür verantwortlich. Überhaupt werden die Küche von Mario Lohningers Silk und Micro mit der vom Holbein´s fusionieren, der Service bleibt weitgehend wie man ihn dort kennt.

Mario Lohningers gleichnamiges Lokal auf der Schweizer Straße in Sachsenhausen wird weiter so bleiben, wie man es kennt, „nur noch besser“, wie Mario Lohninger meint. Während sich Mario vor allem das erste Jahr mehr um das Holbein´s kümmern möchte, wird im Lohninger genannten Lokal Vater Paul am Herd stehen und Mutter Erika den Service führen. Letztlich aber bleibt das Lohninger ein Familienbetrieb mit Trio-Spitze. Schwerpunkt wird dabei Österreich klassisch und modern interpretiert sein.

Joe Ballmann

Das Restaurant Holbein´s ist das Premium-Produkt von Gregor Meyer und seinem Unternehmen, zu dem zwei bemerkenswerte Feinkostläden, ein Bistro sowie zwei Betriebe am Frankfurter Flughafen gehören. Außerdem ist Meyer seit Jahrzehnten als Caterer gut im Geschäft. Ähnlich wie die Nobel-Caterer Käfer in München und Kofler in Frankfurt, steuert nun auch Meyer verstärkt ein Restaurant als hochwertigen Blickfang an, das für eine Aufwertung des ganzen Unternehmens und als zusätzliches Marketinginstrument dienen dürfte. Das Holbein´s war bislang zwar auch ohne diese Verstärkung sehr erfolgreich, doch durch die Partnerschaft mit Mario Lohninger wird es an Reputation gewinnen. Wenngleich ein Michelin-Stern, mehr Punkte im Gault Millau und andere Auszeichnungen in den Restaurantführern nicht zwanghaft angestrebt werden, so wächst mit der Fusion doch deutlich das Potential zu einer Steigerung nach oben. Es gilt dabei einige Hürden zu meistern: Das Lokal Holbein´s wird stark von Museumsbesuchern aufgesucht, die sich an der Kunst satt gesehen haben und nur noch Lust auf ein Häppchen haben. Und besonders von Messegästen, die in erster Linie Spaß haben wollen, aber nur zu moderaten Preisen. Der ebenfalls angepeilte anspruchsvolle Genießer ist ein Gast, der auch im Hinblick auf die Bewertungen in den Gourmet Guides eine noch deutlichere Rolle spielen wird. Dieser Spagat wird zu sehr elastischen Darbietungen Anlass geben.

 

Holbein´s

 

Das Restaurant Holbein´s ist ein anspruchsvoller Amüsierbetrieb. Die Küche wird das weniger lustig empfinden, denn oft müssen über 100 Couverts rausgehen. Bei unserem letzten Besuch Ende Mai war das Lokal inklusive der Terrasse bis auf den letzten Platz besetzt. Doch Küche und Service meisterten den Ansturm mit Bravour. Joe Ballmann verabschiedet sich jedenfalls als jemand, der mit Volldampf dabei war und trotzdem noch Sinn fürs Detail hatte und stimmige Kombinationen auf die Teller brachte.

Mario Lohninger

So heiter und lebhaft wie im Holbein´s geht es in nur wenigen Lokalen der Stadt zu. Man kommt indes leicht in Tuchfühlung, die Tische stehen recht eng. Bei netten Nachbarn muss dies kein Nachteil sein, doch eine Verabredung mit dem Steuerberater oder der neuen Freundin sollte eher woanders stattfinden. Im Sommer gehört die Terrasse zu den besonders begehrten Plätzen in Frankfurt. Die Verbindung zwischen dem altehrwürdigen Städel Museum und dem flotten Glashausrestaurant ist insgesamt sehr anschaulich gelungen und beinahe schon selbst zu einem Kunststück geworden.

Oft vom leichthändigen Spiel eines Pianisten begleitet, bietet das Lokal seit nunmehr 13 Jahren unkomplizierten Genuss auf gutem Niveau. Vor allem abends, wenn sich das Holbein´s mit einer größeren Speisekarte vom Café-Bistro in ein Restaurant verwandelt. Es herrscht lässiger Schick, wie er stilistisch bislang auch zu der Küche von Jo Ballmann passte. Wir erinnern uns noch gut an das perfekt gegarte Filet vom weißen Heilbutt mit aromatischen Pfifferlingen, den saftigen Kabeljau unter der leichten Meerrettichkruste oder die Kombinationen vom Linumer Wiesenkalb – kleines Medaillon, geschmorte Bäckchen und ein delikates Fleischpflanzerl. Ab Mitte August wird sich das Holbein´s in einem neuen Format präsentieren.

 

Holbein´s, Frankfurt, Holbeinstraße 1, Tel. 069 660 566 66. Täglich 10-24 Uhr, Montag 18-24 Uhr.

www.meyer-frankfurt.de

Photo Credit: Martin Joppen

 

 


 

 




Gastro News Rhein-Main

Des eigenen Glückes Schmied

Neue Weinstube

 

Nein, nicht schon wieder eine Lounge oder Weinbar, einfach nur eine Weinstube. Mehr will das neue Lokal von Chris Hörle nicht sein. Und in Zeiten der unbedingten gleichmachenden Moderne ist das ja immerhin eine Ansage: Weinstube. Genau das ist auch daraus geworden, in aller Gemütlichkeit, bei aller Bescheidenheit, die auf manches verzichtet, aber nicht auf Persönlichkeit und ordentliche Weine. Man fühlt sich ein bisschen wie im Schwarzwald oder mehr noch wie in einer Straußwirtschaft. Die Alte Schmiede im Stadtteil Nied (unweit vom Frischeparadies) bietet jedenfalls eine Stube, wie man sie so in der Stadt nicht mehr kennt, inklusive Sommergarten.

Chris Hörle

Bei den Weinen stehen drei Güter im Mittelpunkt: Petry/Lindenhof (Rheingau), Lergenmüller (Pfalz), Juliusspital (Franken). Hausmarke ist „Der Chris ihrn Schoppe“, ein süffiger Riesling aus der Hochheimer Hölle (1,90 € 0,1l, 3,50 € 0,2l, 16 € Flasche). Zu essen gibt es auch etwas, kalte Deftigkeiten: Hausgemachten Wurstsalat, Vesperplatte mit gemischter Wurst, Käseplatte mit Feigensenf, Brot und Butter oder Handkäs mit Musik (3,50 – 9,90 €). Zudem werden ständig wechselnde Tagesempfehlungen angeboten. Chris Hörle arbeitete bislang viele Jahre an der Seite ihres Lebenspartners Harry H. Hochheimer in der Wein- und Gastronomieberatung und will sich jetzt vor allem ihrer eigenen Weinstube widmen.

Weinschänke zur Alten Schmiede, Frankfurt-Nied, Beunestraße 4-6, in den Sommermonaten geöffnet Mittwoch bis Samstag ab 17 Uhr, Sonn- und Feiertage ab 14 Uhr. Tel. 069 33 35 76 77.  www.alte-schmiede-nied.de

 


Süffiges Wein-Schiff

Flüssiges auf dem Main

 

Monsieur Delescot in bester Laune

Das gibt’s sonst auf keinem Schiff: Eine Weinprobe auf dem Main. Der Champagner perlt, der Wein flitzt über die Zunge und die Stimmung schlägt sanfte Wellen. Veronique und Julien Donadel, die in Frankfurt mit Weinen und Delikatessen handeln, luden zum zweiten Mal aufs Schiff der KD-Flotte. Man traf in Form von Menschen und Flaschen viele gute Bekannte, konnte aber auch manche Neuentdeckung machen. Die Weine vom Winzerhof Stahl aus Franken gehören zu den Entdeckungen. Edelstahl heißt sinnigerweise der trockene Riesling, der ebenso mit kühler Frische und dezenter Frucht überzeugt, wie der Silvaner. Der preiswerteste Tropfen von Christian Stahl heißt trocken „Nachschlag“ und ist wegen seiner schlanken Art ein besonders guter Spaßwein für den Sommer. Bemerkenswert: Amaral Sauvignon Blanc von De Gras aus Chile, mit typischem, aber nicht lautem Aroma von Stachelbeeren, Melone und frisch gemähtem Gras sowie einer delikaten salzigen Frische.

Marco Zanetti

Mit von der Partie war auch Marco Zanetti, der sich als Winepunk und Sommelier des Restaurants Parkstraße Neun in Bad Nauheim bekannt gemacht hat. Er ist ein Charakter, wie man ihn eher selten in der glattgebügelten Welt der Sommeliers sieht, und hatte unter anderem einen wunderbar trockenen Lambrusco von Lini mitgebracht, der ausgezeichnet zu pikanter Wurst und Parmesan passt und sehr kühl getrunken werden sollte. Rainolf Kirsch präsentierte Weine aus dem Friaul, die vor allem durch ihre ungewöhnlichen und an Portwein erinnernden Flaschenformate auffielen und sich an Szenelokale wenden. Mit im Gepäck hatte er aber auch den besonders erfolgreichen portugiesischen Fabelhaft Tinto, von dem allein 100 000 Flaschen an die Lufthansa gehen.

Erfrischung auf sehr hohem Niveau bieten die Champagner aus der Kellerei Edouard Brun (1898), die im Besitz der Familie Delescot ist. Sie besitzt acht Hektar eigene Weinberge in der Grand Cru Lage Aŷ und anderen Orten um Reims. Die Prestige-Cuveés l´Elegante und l´Elegante Rosé in der auffälligen Jugendstilflasche sind von geschliffener Präsenz und subtiler Aromatik. Die Assemblage beider besteht aus Chardonnay und Pinot Noir, wobei der Rosé einen höheren Pinot-Anteil hat, während die Cuvée Brut stärker auf Chardonnay setzt. Fazit: Viel Gutes auf dem Main und die Frage: Warum nur kann ein solches Weinschiff nicht als feste Einrichtung am Eisernen Steg in Frankfurt vor Anker gehen?

www.donadel-fils.de

 

Auf dem Dach Frankfurts

Zypern im Fleming´s

 

Es gehört zu den schönsten Unternehmungen in Frankfurt: Mit dem Pater Noster auf die Dachterrasse des Hotels Fleming´s zu reisen. Die Aussicht bietet eine völlig andere Stadtperspektive, so nah kommt man dem historischen Eschenheimer Turm sonst nicht, hinter dem sich mächtig das Jumeirah mit Einkaufscenter aufbäumt. Dieses Panorama nutzte die Fremdenverkehrszentrale Zypern für einen kulinarischen Abend, der angenehm locker inszeniert wurde. Die Weine kann man höflich übergehen, beim Essen gefielen gefüllte Calamari mit Couscous, Grillwürstchen mit Petersilie und Minze sowie Spanferkelrücken. Die nächsten Tage wird das sonst mit Grillgerichten und Seafood hantierende Hausrestaurant beim Essen auf Zypern setzen. Interessant ist auch der Name des Hotels: Der 2007 verstorbene Eigentümer der Hotelgruppe Fleming´s, Ignaz Blodinger, bewunderte den Autoren Ian Fleming, den Erfinder von James Bond.

 

Neue Küche im Grünen Wald

Vincent Orosco ist wieder in Kronberg

 

Stefan Allgaier führte das Restaurant 13 Jahre und übergab es nun an Vincent Orosco, der bereits zwischen 2007 und 2009 als Chefkoch im Grünen Wald verantwortlich war (14 Punkte im Gault Millau). Für den Gast wird sich nicht allzu viel ändern, denn Vincent Orosco wird Teile des seit Jahren bestehenden Teams übernehmen. Sonnenschein Daniele Miglietta wird nach wie vor für den Service verantwortlich sein und Frank Fischer die Gäste weiterhin als Sommelier in Sachen Wein beraten. Stefan Allgaier wird, wie am 24. März in BISS berichtet, im Frankfurter Westend in der Liebigstrasse 47 das Restaurant „Allgaiers“ im Juli eröffnen, wo einst die Lokale Gargantua und Le Midi zu Hause waren. Frische deutsch-französische Küche und eine Weinkarte mit rund 300 Positionen sowie ein moderat kalkuliertes Lunch-Angebot sollen Gäste gewinnen. Das Restaurant wird von Montag bis Freitag geöffnet haben (am Wochenende schwächelt das Westend bekanntermaßen), am Wochenende ist das Lokal nur für Veranstaltungen, Familienfeiern oder Geburtstage buchbar. Auch spezielle „Weinabende“ werden am Wochenende stattfinden

www.zum-gruenen-wald.com                      www.allgaiers-restaurants.com

 

 

Photo Credit: Barbara Fienhold