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Parlour: Neue Bar für Genusstrinker

Das geheimnisvolle Lokal

von Yared Hagos

 

Die Bar duckt sich in die dunkelste Gasse der Stadt. Von Außen sieht man gar nichts, nicht einmal eine Tür. Keine Beleuchtung, kein Namensschild, keine Klingel, nur ein schwarzes Loch. Die Tür muss man sich ertasten, aber auch dann kann sie verschlossen bleiben. Ist die Bar voll, und das ist sie schon mit 30 Gästen, dann kommt niemand mehr herein. Das Parlour will indes keineswegs verschlossen bleiben oder der bekannteste Geheimtipp der Stadt werden, man will sich einfach nur professionell um die Gäste kümmern können.

Wer kennt schon die Zwingergasse in Frankfurt? Die Meisengasse vielleicht einige wenige, die fließend mit ihr ineinander übergeht. Aber auch dort, hinter dem Parkhaus an der Börse, stehen kaum Häuser, schon gar keine, die man gesehen haben muss. Ausgerechnet hier, im leblosen Hinterhof der Innenstadt, hat das Parlour vor kurzem eröffnet. Der 36 Jahre alte Yared Hagos, der die Bar betreibt, kann sich ein solches Versteck leisten, denn er ist bekannt in der Szene und wird auch so gefunden. Er war zuvor Chefkeeper im Frankfurter Roomers und hat sich einen sehr guten Namen gemacht, wegen seines Könnens und seiner offenen freundlichen Art. Dazu gehört auch, dass er die Bartheke nicht als Barriere zwischen sich und den Gästen installiert hat, wie das überall der Fall ist. Im Parlour sitzen die Gäste Seite an Seite wie an einem langen Tisch neben dem Barkeeper, der ihnen en passant etwas über die Drinks erklären kann und viel persönlicher dabei im Gespräch bleibt.

Wer einmal die Werkstatt von Yared hinter den Kulissen sehen konnte, versteht sein Handwerk besser. Dort stehen viele angesetzte und wunderbar duftige frische Früchteessenzen, die als Grundlage für Cocktails dienen. Eine gute Vorbereitung und Mise en place sind nicht nur für eine Küche zwingend, sondern auch für eine gute Bar. Yared hat einige hundert Rezepturen auf Lager, die meisten einfach so in seinem klaren Kopf. Selbstredend kann er alle Modedrinks von Caipirinha über Hugo bis Mojito aus dem Ärmel schütteln, doch ist das kaum eine Herausforderung für ihn. In dieser Bar darf man Geschmacksvorlieben und Stimmungen nennen, damit Yared daraus den passenden Drink machen kann. Wenn einem italienisch zumute ist, wird er dies ebenso liquide umsetzen, wie die Begriffe Orient oder Karibik. Von der Klassik bis zu Innovativen, vom Martini bis zu Liquid Kitchen, hier brilliert ein ambitionierter Barkeeper. Man rufe vielleicht auch einfach nur Gin Gin Mule oder Blood and Sand und sehe, was geschieht. Alles wird gut.

In der Parlour Bar besinnt man sich wieder auf große Klassiker, wie den Prince of Wales im Metallbecher. Dieser Mix aus Cognac, Angostura Bitter, Benedictine, Orangenzeste und Champagner amüsiert auf erfrischend vielschichtige Weise. Das Parlour ist keine Bar für Happy Hours oder Flatrates, das Parlour ist eine sehr moderne Bar auf dem festen Boden der Klassik. Alles wird erstklassig gemixt, Weintrinker werden indes mit drei Weinen so lala bedient, und zur Schorle sollte der Service Wasser mit ordentlich Kohlesäure nehmen, sonst schmeckt sie wie eingeschlafen. Raucher werden nicht vor die Tür geschickt. Das mögen einige begrüßen, andere nicht. Doch zu einer Bar gehört ein gewisser Hauch von Rauch.

Die Parlour-Bar ist klein, dunkel und sehr individuell. Interieur-Designer Douman Pour Abbasali stand seinem Freund Yared mit guten Ideen zur Seite. Vor allem sitzt man bequem, auf Chesterfield-Sofas und auf den ergonomisch ausgezeichnet zur Höhe der Bartheke angepassten schwungvollen Barstühlen. Stehplätze gibt es nicht. Bei der Renovierung ist man auf eine alte Stadtmauer gestoßen, deren blanker Backstein nicht allein Schmuckstück ist und auch für eine klare Struktur und Beständigkeit steht.

Die Toilette liegt so versteckt, als müsste sie in einem alten Gespensterschloss-Film Requisit sein – es gehört jedenfalls detektivisches Gespür dazu, sie zu finden. Man sollte sich rechtzeitig auf die Suche machen. Nur Feiglinge fragen nach dem Weg.

Ludwig Fienhold

 

Parlour, Frankfurt, Zwingergasse 6, Montag bis Sonntag 19 – 2 Uhr. Tel. 069 260 80 290.

 




Böse Zungen Best of Gault Millau

Als die Franzosen

noch frech waren

 

Zugegeben, ich kenne den Namen der neuen Chefredakteurin vom Gault Millau Deutschland, Patricia Bröhm, nur aus den Autorenzeilen der „Süddeutschen“. Aber: Diese Autorenzeile und die Texte darunter waren mir sympathisch. Es gibt im Gegensatz dazu ja Namen, die wie ein böses, tiefschwarzes Omen jeden Text überschatten, die nach Schwefel und Synthetik-Aromen riechen, aber das will ich heute mal nicht vertiefen. Mögen Patricia Bröhm jedenfalls Heringsei-Imitat, Synthese-Aromen, Zusatzstoffe und IFT* weitgehend erspart bleiben, mögen die permanenten Geschmacksexplosionen und unvermeidlichen Spiele der Konsistenzen ihren Mundraum verschonen.

Sympathisch waren mir die Texte schon deshalb, weil Patricia Bröhm darin Menüs nicht wie ein Gerichtsmediziner seziert, wie es momentan im Kritikermilieu à la mode scheint. Ich sehe da eine Parallele zur Kost, die uns diverse Fernsehproduzenten auftischen. Früher hatten wir den sympathischen Gerichtsmediziner „Quincy“ im Vorabendprogramm, heute zerlegt irgendein CSI-Experte den Mageninhalt von Mordopfern in Großaufnahme und schmiert mir das Resultat auf den Flachbildschirm. Das will ich gar nicht so genau sehen, genau wie ich als Leser von Restaurantkritiken  halt nicht jedes Knusperelement mit angeblichem „Katalysatoreffekt“ beim Vornamen kennen lernen möchte.

Der Ur-Gault & Millau

Sympathisch war mir auch stets der Gault Millau. Der Restaurantführer schien mir für die Gäste geschrieben zu sein, nicht für die Köche. Den Gault Millau habe ich schon als Student gekauft. Wegen der Verrisse. Groß war die Freude, wenn ein Kritiker endlich mal zugab, dass er in einem mir bekannten Lokal genau so mies gegessen hatte wie ich als stinknormaler Gast. Als ich meinen ersten Gault Millau Deutschland bei Gonski in Köln erstand, hatten die Verfasser einen, wenn auch regional begrenzten, Miniskandal angezettelt indem sie dem kölschen Aushängeschild „Der goldene Pflug“ nur 15 von 20 Punkten zugestanden. „Frech“ sei das und „geradezu unverschämt“ hieß es damals. Schließlich habe der Laden drei Sterne im Michelin, da müssen doch auch hart gesottene Kritiker mit den weichen Knien klappern.  Ich muss zugeben, dass ich damals nicht täglich den „Goldenen Pflug“ frequentierte. Dennoch kam es kurze Zeit später zu einem Besuch. Fortan vertraute ich dem Gault Millau stärker als dem Michelin. Ein Eindruck, der sich noch verstärkte, als mir kurz darauf in einem Pariser Drei-Sterne-Lokal eine Entenbrust in einer Garstufe vorgesetzt wurde, die ich halbwegs neutral nur mit dem Wort „mumifiziert“ beschreiben kann. Ich will den Ort dieses Verbrechens am Federvieh  jetzt nicht weiter benennen, aber der Name beginnt mit „L“  und endet mit „a Tour d’Argent“.

Seitdem war mir „frech“ und „unverschämt“ immer lieber als „staatstragend“. Die fröhlich-sonnigen Betrachtungen permanent grundoptimistischer Berufsesser hatte ich übrigens schon vorher für immer ausgemustert und ignorierte fortan die Regalmeter, die Buchhändler an sie verschwendeten.

„Frech“ ist sozusagen die DNA des Gault Millau. Wir haben den Vorfahren des Führers aufgetrieben und abgestaubt: „Guide Julliard de Paris“ von Henri Gault und Christian Millau. In der Ausgabe von 1970 stehen viele köstliche Beispiele der Restaurantkritik. Hier ein Best of:

 

Au Mouton de Panurge

17, rue de Choiseul

…. « gehässiges Lachen, Gardegesänge und unnachahmliche Obszönitäten gehören zu unserem Kulturerbe. Schon deshalb ist es wichtig, dass ihre Kinder diesen Ort kennen lernen….“

(Anmerkung: Dieses Lokal existiert nicht mehr. Doch keine Sorge, das Kulturerbe lebt andernorts fort und scheint derzeit nicht gefährdet)

 

Le Coq d’Or

13, rue Malebranche

„All der verwelkte Prunk des alten Russlands der Großherzöge und Taxifahrer. Hier ist man schlecht zum kleinen Preis und schwimmt in Lokalkolorit.“

(Anmerkung: Etliche geflohene russische Adlige mussten sich damals in Paris als Taxifahrer verdingen)

 

Rôtisserie Périgourdine

2, place Saint Michel

Wir werden über dieses Lokal nie wieder schlecht reden: Dies ist das schlechteste Restaurant von Paris, dies ist das schlechteste Restaurant von Paris….  Dies ist das schlechteste…. Dies ist… dies ist das beste Lokal von Paris, dies ist das beste Lokal von Paris…

(Anmerkung: Die Rôtisserie bekam die Note Note: 4/20)

 

La Méditerranée

2 place de l‘Odéon

„Keine Verbesserung seit der letzten Auflage. Die Teppiche sind immer noch verdreckt, der Fisch im Kühlschrank vergessen, Schokoladenmousse wird mit Stärkemehl vollgestopft….“

(Anmerkung: Das Lokal existiert noch, der Teppich wurde ausgetauscht.)

Während der französische Gault Millau nach dem Verkauf an einen Hersteller von Geschenkartikeln mit den Jahren immer artiger wurde, hat der Gault Millau Deutschland seinen Charakter und Biss behalten.

Jörg Zipprick

 

* IFT = Instant Food thickener, wird sonst im Hospital den Patienten mit Dysphagie, also Schluckstörungen verabreicht und gern in der neuen nordischen Küche verwendet.

 

 




Neue Feinkost Frankfurt wird französischer

Epicerie Donadel und andere gute Adressen für die

O-là-là-Momente im Leben

 

Allein die Einrichtung ist ein Genuss. Zwischen Antiquitäten und Trödel breitet sich ein Schlaraffia aus, wie man es so bislang in Frankfurt nicht kannte. Die neue Epicerie an der Berger Straße bietet viele handverlesene Feinkost von zumeist kleinen und handwerklich arbeitenden Erzeugern aus Frankreich. Vom richtig guten Baguette bis zum nicht überall zu habenden Champagner findet man vieles, was man für die täglichen Feierstunden des Lebens braucht.

Der sehenswerte Hinterhof hat Geschichte, man merkt es allein am kunstvollen Tor, einer handwerklichen Rarität, wie man sie kaum noch in dieser Stadt zu sehen bekommt. Hier war seit 1873 Getränke-Schäfer zu Hause, wovon die alten Brauereimalereien im Eingang zeugen. Jetzt haben den über 150 Quadratmeter großen Laden Veronique Donadel und Julien Lagahuzere übernommen. Mutter und Sohn betreiben seit langem Weinhandel in Frankfurt, können sich aber erst hier so richtig entfalten. In ihrem neuen Geschäft hat Veronique Donadel viel von dem versammelt, was sie liebt und zum Teil seit ihrer Kindheit kennt.

Epicerie Donadel

Man spürt Qualität und Individualität. Allein die Baguette sind klasse. Es gibt das Pariser Modell, schmal und krachig. Und es gibt das Nizza-Baguette, eine breitere südfranzösische Variante mit mehr Saftigkeit. Dazu holt man sich erstklassige, leicht gesalzene und frisch vom Klotz geschnittene Butter aus der Normandie, einen perfekten Reblochon oder mildwürzig-saftigen Jambon de Chalosse. In diesem schönen Krämerladen stößt man beim Stöbern auf manche Entdeckung, etwa Cassoulet aus der Landes, Kutteleintopf, baskisches Ketxupa oder die Liköre der alten Destillerie Denoix aus dem Limousin.

In dem neuen Feinkostladen nehmen die Weine in jeder Hinsicht viel Raum ein, wobei die Preise sozial sind. Hier darf man getrost die bei uns leider stark vernachlässigte Rebsorte Viognier mitnehmen und findet sogar einen guten, trockenen und frühlingshaften Muscadet. Champagner enttäuscht ebensoviel wie er begeistert. Umso besser, mal wieder einem blitzsauberen, eleganten und aussagekräftigen Edelschaumwein zu begegnen. Das Familienunternehmen Edouard Brun wurde 1898 gegründet und besitzt acht Hektar eigene Weinberge in der Grand Cru Lage Aŷ und anderen Orten um Reims. Die Prestige-Cuveé l´Elegante Réserve Grand Cru Brut (Chardonnay, Pinot Noir) ist unser Favorit und für 35,90 € beinahe mildtätig. Der noch preiswertere Basis-Champagner von Brun (26 €) ist ebenso eine Empfehlung, der Rosé (41,50 €) gefällt durch seine zartduftige Art und eine harmonisch pumpende Perlage. Begleitet von dezent eingesetzten guten – und nicht der reinen Folklore geschuldeten –französischen Chansons kauft es sich sehr beschwingt ein. Auch Service und Beratung sind so, wie man das fast nur noch in ausgesuchten kleinen Geschäften erlebt, wozu auch die angenehm kundenorientierte Art von Daniel Fuckert und der Familie Donadel beiträgt. Weiterer Pluspunkt: Kunden können mit dem Wagen in die Toreinfahrt bis vors Geschäft fahren.

Donadel

Pseudofranzösisches Gehabe und Preise wie in Paris erlebt man oft in Frankfurt. Eine echte und gute französische Adresse ist seit Jahrzehnten Erno´s Bistro im Westend. Bessere Weine aus Frankreich wird man kaum sonst wo finden, vor allem wenn es um Entdeckungen aus dem Süden und der Rhone geht (insgesamt 600 Positionen auf der Karte). Patron-Sommelier Eric Huber setzt diese optimal zum Essen ein, das nach wie vor klassisch und südfranzösisch ausfällt. Wo sonst bekommt man wunderbar schlichte Extravaganzen wie souffliertes Ei mit Kaviarschmand oder eine südfranzösisch vibrierende aromatische Zucchinisuppe mit Majoran und gebratenen Calamaretti?

Seit seiner Eröffnung vor bald 40 Jahren hat sich nicht viel geändert, noch immer sieht es aus, wie in einem Gasthaus, sitzt man vor rotkarierten Tischdecken und allerlei Bibelots. Das zweite gute französische Restaurant in Frankfurt, das Bistrot 77, existiert nicht mehr. An gleicher Stelle arbeitet nun der Ausnahme-Italiener Carmelo Greco, während es sich die Mosbach-Brüder Dominique und Guy vom einstigen Bistrot 77 in Langen in dem ehemaligen Fachwerkhaus von Juan Amador gemütlich gemacht haben.

Veronique Donadel, Julien Lagahuzere, Daniel Fuckert

Pariser Chic und eine frankophile Speise- und Getränkekarte findet man bei Zarges auf der Freßgass. Allein auf der separaten Champagnerkarte entdeckt man über 70 verschiedene Offerten, aber nicht die üblichen Verdächtigen, sondern handverlesene Qualitäten von Jacquesson, Bedel, Prévost oder Salon. In der Confiserie bekommt man sehr gute Torten, Kuchen, Feingebäck sowie die Tees von Mariage Frères. Wer alte Cognacs und Armagnacs, spezielle Calvados, ordentliche Weine und Schaumweine sowie manch anderes aus Frankreich sucht, ist bei France-Terroirs von Dan Matei in der Frankfurter Kleinmarkthalle gut aufgehoben. Dort kann man an der kleinen Theke auch glasweise gute Champagner und Crémants zu gutmütigen Preisen bekommen, samstags zudem am Stand vor der Tür.

Ludwig Fienhold

 

Daniel Fuckert

Epicerie Donadel, Frankfurt, Berger Str. 171. Dienstag bis Freitag, 11 – 19 Uhr, Samstag 10 – 15 Uhr. Tel. 069 98 66 03 12.

Erno´s Bistro, Frankfurt, Liebigstr. 15, Tel. 069 72 19 97.

Zarges, Frankfurt, Kalbächer Gasse 10 (Freßgass), Tel. 069 29 90 30.

France-Terroirs, Frankfurt, Kleinmarkthalle, Stand 101. Tel. 069 82 36 79 21.

Mosbachs, Langen, Vierhäusergasse 1, Tel. 06103 50 27 13.

 

 




Krolik wird Küchenchef im Tigerpalast

Und Alfred Friedrich geht in den Palmengarten

 

Spannende Restaurant-Rochaden in Frankfurt und Baden-Baden: Neuer Küchenchef im Frankfurter Restaurant Tigerpalast wird im August Andreas Krolik, der zuvor zwölf Jahre lang in gleicher Position im Brenners Park-Hotel in Bade-Baden war (2 Michelin-Sterne, 17 Punkte im Gault Millau). Der bisherige Küchenchef vom Tigerpalast, Alfred Friedrich, wechselt dann in das neue Restaurant Lafleur im Gesellschaftshaus des Palmengartens, das ebenfalls vom Tigerpalast geführt wird und am 15.  August eröffnen soll.

 

Alfred Friedrich

An die Stelle von Krolik kommt Paul Stradner ins Park-Restaurant. Der 31 Jahre alte Grazer war zuvor fünf Jahre im Drei-Sterne-Restaurant Schwarzwaldstube bei Harald Wohlfahrt im Hotel Traube Tonbach und arbeitet noch bis Ende Juni als Sous Chef bei Jean Georges Klein im Drei-Sterne-Restaurant L´Arnsbourg im französischen Baerenthal.

 

 

 

Paul Stradner

Der neue Küchenchef im Tigerpalast, Andreas Krolik, steht auf dem Boden der französischen Klassik, die er jedoch stellenweise modern aufpeppt. Er ist passionierter Angler, seine große Leidenschaft gehört den Fischen und Krustentieren. Krolik arbeitete schon einmal Ende der neunziger Jahre im Tigerpalast, damals war Victor Stampfer Küchenchef.

LF

 

Bild oben rechts: Andreas Krolik

Photo Credit: Barbara Fienhold, Tigerpalast, Paul Stradner




Gastro-News: Schönberger kocht jetzt im Höerhof

 Vom Maingau in den Taunus

 

Der Höer Hof, ein Kleinod im Taunus in Idstein, bekommt am 1. Juni mit Daniel Schönberger einen neuen Küchenchef. Der 37 Jahre alte Koch war zuvor im Restaurant Maingau in Frankfurt und erarbeitete sich dort 15 Punkte im Gourmet Guide Gault Millau. Dies kommt einem Michelin-Stern sehr nahe, wobei diese Auszeichnung ausblieb. Davor arbeitete Schönberger im kulinarisch unauffälligen Hotel Kempinski Gravenbruch bei Frankfurt und im Sterne-Restaurant Hessler in Maintal. Schönberger steht für eine verfeinerte deutsche Küche auf dem Boden der französischen Klassik, wobei bislang seine Saucen und die Gabe zur schlichten Schönheit beeindruckten. Den bisherigen Küchenchef, Jens Matthias Krause (14 Punkte im Gault Millau), zieht es nach Zweibrücken. Der Höerhof ist ein sehenswertes Fachwerkensemble. Der romantische Renaissancebau wurde von einem Frankfurter Architektenpaar mit teilweise modernen Designerideen belebt und lohnt auch als Hotel einen Aufenthalt. Im schönen Innenhof lässt es sich unter einer mächtigen alten Linde schwelgen.

Daniel Schönberger

Restaurant und Hotel Höerhof, Idstein im Taunus, Obergasse 26, Tel. 06126 500 26. Geöffnet Dienstag bis Samstag, 12-14 und 17.30-22 Uhr, Sonntag 12-14 Uhr, Montag 17.30-22 Uhr.

 

Zuwachs fürs Frankfurter Westend

 

Franz Zlumka hat sein neues Restaurant im Livingston´schen Palais im Frankfurter Westend eröffnet. Es heißt schlicht so, wie er selbst schon immer genannt wird: Herr Franz. Von Außen sieht es so schön aus, wie man so etwas meist nur von Ansichtskarten kennt. Innen wirkt alles noch kahl und kühl. Dass aber ausgerechnet bei Franz, dem Weinkenner, offene Weine von fragwürdiger Qualität ausgeschenkt werden, kann hoffentlich nur einem Versehen zuzuschreiben sein. Denn sonst würde genau die Basis fehlen, für die Franz Zlumka bislang bekannt war: Gute Weine zu netten Preisen. Das wird sich aber doch sicher wieder so einrichten lassen, oder?  Seine Stammgäste zieht Franz Zlumka schon seit Jahren hinter sich her. In den ersten Tagen sah man im Lokal jedenfalls viele bekannte Gesichter aus der Kultur- und Show-Welt, von Wirtschaft und Politik. Hannelore Elstner gehörte zu den ersten Gästen, aber auch die Gastronomen anderer Lokale waren neugierig (eine Restaurantkritik folgt in Biss).

Franz Zlumka betrieb zuvor 15 Jahre lang mit dem Literaturhaus an der Bockenheimer Landstraße bereits ein anderes attraktives Lokal. Der 61 Jahre alte Gastronom aus Oberösterreich arbeitete als Koch, Barkeeper und Schiffsteward, bevor er sich 1983 selbständig machte. Er führte unter anderem auch das Orpheo in Frankfurt und gründete zu vorgerückter Stunde das Deutsche Institut für Hausmannskost.

Siehe auch Biss-Artikel: www.fienholdbiss.de/2011/restaurant-pferdestall-frisch-gesattelt

Herr Franz, Frankfurt, Ulmenstraße 20, Tel. 069 71 37 96 09.

 

Dichtung & Wahrheit

 

Das Lokal Dichtung & Wahrheit Am Salzhaus in Frankfurt musste schließen, weil das benachbarte Goethehaus um die Sicherheit seiner wertvollen Sammlung fürchtet, die sich unmittelbar hinter der Küche des Lokals befindet und im Falle eines Feuers zerstört hätte werden können. Der bisherige Betreiber Sasa Rieger zog bereits ins Café im Filmmuseum am Mainufer. Nachfolger von Dichtung & Wahrheit Am Salzhaus soll Jochen Opitz werden, der nebenan ein Süßwarengeschäft führt. In seinem neuen Laden soll es auch Torten, Pralinen und andere Petit fours geben, die Küche wird jedenfalls nicht mehr gebraucht. Vor mehr als drei Jahrzehnten war an gleicher Stelle das Lokal  Juchheim´s vorhanden, ein Café mit japanischer Kost, das ebenfalls keinen Herd brauchte. Karl Juchheim exportierte sein Konditoreikonzept erfolgreich nach Japan. Heute ist daraus ein Konzern mit Filialen in ganz Asien geworden, wobei der Baumkuchen unverzichtbarer Bestandteil ist. Das größte und schönste Kaffeehaus von Juchheim steht im japanischen Nagoya.

 

Werft-Lokal soll im Oktober eröffnen

Unterhalb der gigantischen Baustelle der Europäischen Zentralbank in Frankfurt wächst so langsam auch das neue Restaurant von Thomas Klüber (Betreiber vom erfolgreichen Walden). Das neue Werft-Lokal am Main mit dem sperrigen Namen Das Oosten will Anfang Oktober eröffnen. Das Lokal an der Ruhrorter Werft im Osten der Stadt soll auf drei Etagen und einem großen Garten über 1000 Gäste fassen können, wobei 50 Mitarbeiter vorgesehen sind. Das Projekt wird mindestens drei Millionen Euro kosten. Während der Luminale (15.-20. April) taucht die Multimedia-Künstlerin Leonie Bodeving das Lokalgerippe in ein anderes Licht.

 

Villa im Tal

Die schlechte Nachricht: Das Restaurant M, eine der wenigen guten Adressen in Wiesbaden, hat nach 10 Jahren geschlossen. Die gute Nachricht: Die beiden Betreiber Bernhard Weber und Markus Seegert eröffnen am 1. Mai ihr neues Restaurant Villa im Tal, das bislang als Eventlocation diente. In dem attraktiven Lokal soll es nach bewährten Rezept weitergehen: Klassisches und Neues aus der Küche Österreichs mit mediterranen Anleihen. Die beiden großen Terrassen sind ebenso attraktiv wie das Innenleben. Das Restaurant soll nicht mehr als 50 Plätze haben. In der Küche wird wieder Markus Seegert verantwortlich sein, während Bernhard Weber das bekannte Serviceteam aus dem M führt.  Das ebenfalls von Weber und Seegert betriebe adrette Vier-Sterne Boutique-Hotel de France in Wiesbaden ist von den Veränderungen nicht betroffen und bleibt wie es ist unter gleicher Führung.

Villa im Tal, Wiesbaden, Adamstal 4, Tel. 0611 23 86 228. www.villaimtal.de

 

 

 

 

 

 




Hotel-News Westin Grand Frankfurt im Test

Ohne Charme & Charakter

Aber die Bar überzeugte

Ohne Charme und Charakter, beurteilt das führende Branchenjournal Tophotel das Westin Grand in Frankfurt als Fazit eines Testbesuchs. Der Hoteltester beanstandet die mangelnde Professionalität an der Rezeption, fehlenden Serviceeinsatz, den optischen Auftritt, die Location und das Essen. Einzig das Frühstücksbuffet und vor allem die Bar von Fatih Akerdem schneiden bei dem anonymen Testbesuch mit den Noten gut und ausgezeichnet ab. Die Tee-Bar von Jing, die beim Frühstück und in der Bar eingesetzt wird, erntet großes Lob. Mit diesem Unternehmen arbeiten auch die Spitzenköche Pierre Gagnaire, Joël Robuchon, Heston Blumenthal und Gordon Ramsay sowie eine einige Häuser der Luxushotelgruppen Mandarin Oriental, Ritz-Carlton und Rocco Forte. Das ­Tee-Angebot vermittele Qualitätsstreben und Individualität, wie sie sonst viel zu wenig im Westin Grand Frankfurt anzutreffen sei, urteilt der Hoteltester. Den ganzen sehr detaillierten Bericht findet man unter http://www.tophotel.de/20-news/234-ohne-charme-und-charakter.html

Open-Air

Ritz Paris bekommt neues Coupé-Restaurant

Das Hotel Ritz in Paris schließt jetzt im Sommer für ganze 27 Monate und unterzieht sich einer Komplettrenovierung, die 140 Millionen Euro kosten wird. Ziel ist es, mehr Suiten zu bekommen, den Komfort zu erhöhen und die Technik auf den neusten Stand zu bringen. Außerdem soll das Zwei-Sterne-Restaurant L´Espadon künftig nicht allein als gastronomisches Aushängeschild dienen. Das Ritz plant zusätzlich ein sommerliches Lokal mit verschiebbarem Glasdach.

Zuschlag für die aufwendige Renovierung erhielt das französische Bauunternehmen Bouygues, das unter anderem auch das Four Seasons George V in Paris und das Hermitage in Monaco renovierte. Die Kunst wird es dabei sein, trotz aller Modernisierungen die Würde und die Seele der Hotellegende zu bewahren, wie auch der Architekt Didier Beautemps (Atelier Cos) und der Interieur-Designer Thierry Despont betonten. Bis zu 600 Mitarbeiter und Spezialisten werden an der Verschönerung arbeiten, mehr als das Ritz Mitarbeiter hat. Die 450 Hotelangestellten werden für die Zeit der Bauarbeiten freigestellt, müssen sich arbeitslos melden oder nach einer anderen Stelle umsehen.

Der Konkurrenzdruck in Paris wird immer stärker, nachdem die beiden asiatischen Luxushäuser Mandarin Oriental und Shangri-La auf den Markt drängten, gegen die sich auch die Traditionshotels Plaza Atheneé und George V behaupten müssen. Die Elite der Pariser Herbergen nimmt zwischen 500 und 800 Euro für ein Standardzimmer, wofür die Gäste auch Wi-Fi-Technologie und moderne Badezimmer erwarten.

 

Preis für JFK´s Bar

 

Krischan Knoll mit Barteam und Playboy Playmates

Die JFK‘s Bar im Rocco Forte Hotel Villa Kennedy in Frankfurt ist mit dem „Glenfiddich Award für Barkultur 2011“ ausgezeichnet worden. Der Preis geht an das Team um Bar-Manager Krischan Knoll. Ein Highlight der Barkarte ist die Kategorie „Dualism“, in der verschollene Klassiker neuen Interpretationen gegenübergestellt werden. Die JFK´s Bar hatte teilweise gute Mitbewerber, darunter Roomers in Frankfurt und Schumann’s in München. Eine Jury, der neben anderen Jens Hasenbein vom Mixology-Magazin und Thomas Altenberger von der Berliner Bar Lebensstern angehören, bewertet jeweils die Kriterien Bartyp und -konzept, Philosophie, Kreativität, Angebot und Service. Der Gewinner erhält neben der Auszeichnung ein Porträt im aktuellen Playboy-Heft. Die Auszeichnung erhielten bereits: Vox Bar Berlin, Shepheard Bar Köln, Biancalani Bar Frankfurt, Victoria Bar Berlin, Kameha Suite, Frankfurt Capella Bar, Düsseldorf, Bar Lebensstern Berlin. Mithin durchweg würdige Preisträger.

 




Foodblogger: Die neue Fress-Klasse

Eine unappetitliche Entwicklung

 

Sie wollen gutes Geld verdienen? Vielleicht, ohne sich dabei halb tot zu arbeiten? Dann werden sie doch Foodblogger. Zumindest in Frankreich wäre diese Rechnung fast aufgegangen.

Der 6. März war vielleicht kein guter Tag für den Foodblogger Bruno Verjus. Im Nebensatz eines Beitrages zum „Guide Michelin“ breitete die renommierte Tageszeitung „Le Monde“ sein neues „Geschäftsmodell“ aus. Köche und Wirte könnten ihm 2.400 Euro plus Mwst. zahlen, um inklusive Foto im „Wegbereiter eines neuen Guides“ zu erscheinen. Verjus fühlt sich indes missverstanden, man hätte seine Pläne nicht genügend detailliert, in der Summe sei eine Art Last-Minute-Reservierungsservice inbegriffen und überhaupt würde er das Projekt nicht weiter verfolgen. Kurioserweise verzichtete er bislang  auf eine Stellungnahme in seinem Medium, dem eigenen Blog.

Die Idee war simpel, aber bislang verpönt: Köche und Wirte sollen einen ihrer Kritiker, denn als solcher agiert Verjus gern und oft, direkt mit eigenem Geld bezahlen, mit satten 2400 Euro pro Haus. Und weil ein normal konstituierter Mensch zweimal pro Tag essen kann, lässt sich Verjus potenzieller Verdienst leicht errechnen.

Es gibt gierige Foodblogger

Andere Foodblogger – nicht etwa Journalisten oder Restaurantkritiker – wurden zuerst auf Verjus aufmerksam. Wie konnte dieser Mann ein- bis drei Mal pro Woche aus den besten Restaurants der Welt posten, hunderte Kilometer reisen und Rechnungen bezahlen? Gerüchte tauchten auf, Verjus würde einen  Food-Industriellen in Sachen Internet-Kommunikation beraten. Entsprechend reagierte die französische Blogger-Szene nach dem Beitrag in Le Monde empört, aber nicht wirklich erstaunt.

Verjus ist eine Ausnahme, aber er ist nicht allein. Aus Frankreich erreichen den Autor dieses Beitrags zuweilen Anfragen der etwas anderen Art von den Presseabteilungen der neuen Superhotels asiatischer Ketten. „Ein Blogger aus Deutschland hat bei uns um Gratiszimmer und Diner gebeten“ heißt es dann. Wenn man den Pressesprecher ein wenig kennt fallen auch andere Worte: Der Antragsteller hätte deutlich darauf hingewiesen, dass er „Juror für die „San Pellegrino 50 Best Restaurants“ sei“, also bei der jährlichen Rangliste des britischen „Restaurant Magazine“ mitstimmen darf. Ob diese Information zutreffend ist, kann der Hotelier nicht leicht überprüfen: Die jeweils aktuelle Jury wird erst nach der Preisverleihung bekannt gegeben.

In einem Fall wagten die Franzosen es, das Ersuchen um eine Einladung für ein 770-Euro-Zimmer nebst Abendessen abzulehnen. Eine Entscheidung, die der deutsche Foodblogger bereits antizipiert hatte. Parallel lief da schon seine Anfrage bei einer britischen Agentur. Die „50 Best“ sind im Vereinigten Königreich besser angesehen als in Frankreich, der Mann wurde in Ehren, Prunk und Pomp eingeladen.

Blogging ist inzwischen keine Subkultur mehr, sondern ein reifes Medium. Die meisten Foodblogger arbeiten seriös und mit viel Enthusiasmus. Doch genau wie es Restaurantkritiker gibt, die lautstark Einladungen einfordern und beim ersten Schatten einer Rechnung die Flucht ergreifen, existieren jetzt halt schnorrende Blogger (das österreichische Magazin „Profil“ hat dazu einen lesenswerten Beitrag veröffentlicht: www.profil.at/articles/1110/560/291269/schummelnde-spitzenkoeche-kritiker-allianzen-industrie. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis beide Spezies sich nach Kräften vermehren.

Jörg Zipprick

 

 

 

 




Schuhbeck würzt jetzt in Frankfurt

Neues Geschäft mit tausend Küchenartikeln

 

Gerade ist Schuhbecks Lokal Check-inn in Egelsbach in die Insolvenz gegangen, schon hat er einen neuen riesigen Gewürzladen in der Frankfurter Innenstadt eröffnet, pikanter weise neben dem Würzriesen Maggi und gegenüber vom Tee- und Gewürzhaus Schnorr. In dem Geschäft in der Neuen Kräme gibt es 1001 Artikel: Gewürze aller Art zum Selbstabfüllen, Öle, Senf, Konfitüren und andere Küchenprodukte sowie Schuhbecks Kochbücher und Filme.

Also nicht nur Gewürzgeschäft, sondern auch so etwas wie ein Devotionalien-Laden. In den ersten Tagen tingelten auffällig viele aufgerüschte Hausfrauen dorthin, die „den Schuhbeck aus dem Fernsehen kennen“. Auch wenn er nicht selbst präsent ist, so möchte man sich beim Eintritt in die heilige Halle doch nett angezogen zeigen, zumal der Laden auch ganz schick eingerichtet ist.

Die Würzmischungen sind teilweise abenteuerlich. Neben Bratkartoffel- und Apfelkuchengewürz, gibt es auch ein Sexgewürz: Aus Chili, Ingwer, Zimt, Vanille und anderem. Beschrieben als warm, sinnlich, leicht orientalisch. Wird zu Hühnchen und Risotto empfohlen. Eis ist hier so ziemlich als einziges Schuhbeck-Produkt nicht zu finden. Das wird aber noch an anderer Stelle kommen. Inzwischen gibt es in Deutschland auch schon vier Gewürzläden (München, Rosenheim, Hamburg, Frankfurt).

Schuhbecks Check-inn soll dem Vernehmen nach mit einem noch zu findenden weiter betrieben werden, aber ohne Alfons Schuhbeck, der schon vor einigen Wochen aus der Geschäftsführung ausschied. Wenn das Lokal schon nicht mit dem zugkräftigen Namen gut lief, wie soll es dann erst ohne ihn funktionieren? Erst im letzten Jahr im April wurde von der Check-inn GmbH ein gleichnamiges Lokal am Golfsplatz in Büttelborn eröffnet, das ebenfalls schon wieder geschlossen ist. Schuhbeck hat den Betrieben zwar den Namen gegeben und auch das Konzept und die Küche mit entworfen, aber bis auf die Eröffnungsfeier vor zehn Jahren in Egelsbach nie dort oder in Büttelborn selbst am Herd gestanden.

 

Schuhbecks Gewürze, Frankfurt, Neue Kräme 25, Tel. 069 13387986. Montag – Freitag 10 -19 Uhr, Samstag 10 – 18 Uhr.

PL




Braufactum: Bier für Weintrinker

Spannende Aromen

Delikater Schaum

 

Überschäumende Freude: Mit den Spitzenbieren von Braufactum können sich sogar passionierte Weintrinker anfreunden, weil sie vielschichtig, spannend und ungewöhnlich gut ausfallen. Inzwischen gibt es 44 Biere in der Kollektion, selbst gebraute und handverlesene aus aller Welt. Geschmack und Preis signalisieren: Das hier ist nicht unbedingt etwas für Willy und sein Schöppchen. Die Idee, anspruchsvolle Biere und gutes Essen zusammenzuführen, wurde noch nie zuvor so durchdacht und mit Qualitätsanspruch umgesetzt, wie mit der Gründung der Manufaktur Braufactum. Es gibt immer mehr Restaurants, die mit den Spitzenbieren zusammen abgestimmte Menüs anbieten.

Braufactum-Chef Marc Rauschmann

Die Biere von Braufactum schmecken ganz unterschiedlich nach gebrannten Mandeln, Karamell, Vanille, Schokolade, Whisky, Tabak, Quitte, Banane, Mango, Zitronengras, Sattelleder, Ingwer oder Kardamom. Keineswegs gewaltig und meist nur hauchzart, wobei selbstredend Malz und Hopfen je nach Sorte immer zu spüren sind. Manche Biere reifen mehrere Jahre im Holzfass und werden mit besonderen wilden Hefen und speziellen Hefen erzeugt, die den Terroir-Gedanken aufgreifen. Beim obergärigen Bitterbier Colonia von Braufactum wird zur Hopfung ausschließlich die seltene Hallertauer Hopfensorte Saphir eingesetzt. Andere Biere, wie das Isaac aus Italien, entstehen in Flaschengärung nach der Machart von Champagner. Oude Geuze aus Belgien reift bis zu drei Jahren teilweise in Riesling-Fässern und moussiert in brillanter Feinperligkeit. Das Spektrum ist gewaltig, sensorisch sehr aufregend und gerade für Köche anregend

Supernase und Zirkusgastronom Hans-Peter Wodarz konnte sich für die neue Bier-Generation ebenso begeistern, wie Sterne-Koch André Großfeld vom gleichnamigen Restaurant im hessischen Friedberg. Die Orangerie im Hotel Nassauer Hof in Wiesbaden war eines der ersten Restaurants, das Braufactum entdeckt hatte. Zum feinen Rauchweizen-Bier Roog gab es trocken gereiften und über Torf gegrillten Ochsenrücken mit Speckbohnen, Orangenlinsen und Lauchrösti. Das Rauchweizen-Bier von Braufactum fällt deutlich eleganter als die herkömmlichen aus, ohne an Charakter zu verlieren, und ist ein kongenialer Begleiter zu einem solchen Gericht.  Auf der Vorstandsetage im Frankfurter Opernturm, in fast 170 Metern Höhe, servierte jetzt Braufactum ausgesuchte Biere zu exquisiten Happen, die perfekt harmonierten. Zur gebackenen Ciabatte-Garnele mit Serranoschinken gab es Progusta von Braufactum, dessen Zartbitterton hervorragend zur delikaten Räuchernote der Schinken-Garnele passte. Zum Tuna Sashimi mit Sezuanpfeffer und Pomelosalat kann man sich manche Weine vorstellen, doch das frisch und crispy ausfallende Brooklyn Sorachi Ace paart sich mit exotischen Aromen und milder Würze ebenso gut wie ein knackig-duftiger Riesling.

Garrett Oliver

Eines der besten Biere von Braufactum ist Marzus – man erlebt Karamellmalz und dunkle Schokolade in besonders delikater Form. Eine gratinierte Taubenbrust mit Schwarzbrot und roter Zwiebelmarmelade, wie im Opernturm serviert, macht daraus eine umwerfend gute Kombination. Verantwortlich für die Küche waren Daniel Schmitt und Egbert Engelhardts Consortium  – Engelhardt betreibt das Lunchrestaurant im Opernturm, die beiden lustvollen Rheingau-Lokale Im Baiken und Anleger 511 und hat die Spitzenprodukte (Bratwurst, Frikadelle etc.) der 11. Generation entwickelt.

Winzer gibt es viele bekannte in der Welt, aber Braumeister? Garrett Oliver ist einer der ganz wenigen, die mit diesem Beruf zu einem ungewöhnlich hohen Bekanntheitsgrad gelangt sind, ein amerikanischer Bier-Experte mit Talk-Show-Erfahrung, der seine Sache eloquent vertritt. Oliver tourte durch Deutschland und tischte seine Biere im Vau in Berlin und anderen guten Restaurants auf. Marc Rauschmann, der Initiator und Leiter von Braufactum in Frankfurt, reist als Bier- Scout um die Welt und entdeckt neue Produkte oder spezielle Hopfensorten. Basis seiner Arbeit waren alte deutsche Rezepturen, die er ausgrub und modifizierte.

Die Spitzenbiere werden nicht aus Humpen oder normalen Biergläsern getrunken, sondern aus einem eigens entworfenen Glas, das einem Weinglas ähnelt. Marc Rauschmann, der im Bereich Brauereitechnologie über „Ultrafiltration“ promovierte und zudem Wirtschaftsingenieur ist, richtet sich mit seinen Produkten an anspruchsvolle Genusstrinker, die zudem vielleicht eher zu Weinen tendieren, mit solchen Bieren aber wieder zurückgewonnen werden können. Vom süffigen amerikanischen Aperitif-Bier Sorachi Ace von der Brooklyn Brewery bis zum gehaltvollen italienischen Dessert-Bier Xyauyù von Baladin bietet das Braufactum-Sortiment eine tiefgreifende und vielseitige Palette, die Anlass zu einer eigenen Bierkarte geben könnte. Das Drei-Sterne-Restaurant Eleven Madison Park in New York hat nicht nur eine gigantische Weinkarte, sondern bietet zudem über 100 verschiedene Biere an. So etwas wünscht sich Marc Rauschmann von Braufactum auch für die übrige Welt.

Ludwig Fienhold

 

 

Die nächsten Events mit Braufactum

 

24. April, 19 Uhr: Scheck-in-Center, Frankfurt, Ferdinand-Happ-Str. 59, Tel. 069 94 94 76 30. Menü (Tapas, Schweinekrustenbraten, Dessert) inklusive Biere und Wasser 25 €. Kartenverkauf an der Infokasse des Marktes. www.scheck-in-center.de

17. Mai, 19 Uhr: Orangerie, Wiesbaden, Tel. 0611 1330, 4 Gänge-Menü mit begleitenden Bieren 59 €. www.nassauer-hof.de

Die Biere von Braufactum kosten zwischen 2,99 und 35 €.  www.braufactum.de

 

 

 Bilder: Andreas von Grabowiecki




Neue Chefin beim Gault Millau

Patricia Bröhm löst

Manfred Kohnke ab

 

Der Chefredakteur des Gault & Millau Deutschland, Manfred Kohnke, der den Guide seit 1983 entscheidend geprägt hat, übergibt die Leitung des Restaurantführers an Patricia Bröhm. Mit ihr tritt eine kenntnisreiche Journalistin an die Spitze des Guides, die als Autorin unter anderem für die Süddeutsche Zeitung arbeitet und seit vielen Jahren mit der deutschen und internationalen Spitzengastronomie vertraut ist. Manfred Kohnke bleibt dem Gault & Millau weiterhin sehr eng verbunden. Er zeichnet künftig als Herausgeber und unterstützt die Chefredaktion und den Verlag.

Clemens Hahn, Programmleiter Gault & Millau im Münchner Christian Verlag: „Wir danken Herrn Kohnke für das einzigartige Engagement, mit dem er den Gault & Millau zum originellsten, kritischsten und darum meistzitierten Restaurantführer in Deutschland gemacht hat.“ In der Chefredaktion des Gault & Millau WeinGuide Deutschland gibt es keine Veränderungen, sie liegt weiter in den Händen von Joel B. Payne.

Patricia Bröhm

Patricia Bröhm studierte Romanistik in Genf und Anglistik in Exeter. Schon als Leiterin des Reiseressorts der Zeitschrift Marie Claire nutzte sie Dienstreisen vor allem zu Ausflügen in die kulinarischen Metropolen dieser Welt von Paris über Hongkong und Tokio bis Sydney. Seit 2000 schreibt sie als freie Autorin (nicht nur) über Kulinarik für die Süddeutsche Zeitung, den Feinschmecker, die Schweizer Sonntagszeitung und andere Titel im In- und Ausland. Die Küchen von Harald Wohlfahrt in Baiersbronn, Anne-Sophie Pic in Valence und René Redzepi im Kopenhagener Noma sind ihr ebenso vertraut wie Japans Kaiseki-Tradition, Londons moderne Inder und Madrids Tapas-Bars. Patricia Bröhm lebt mit ihrer Familie in München.

30 Jahre Gastronomie-Kritik und 20 Jahre Wein-Expertise: Der Gault & Millau feiert in Deutschland 2012 gleich zwei Jubiläen. Die im November erscheinenden Ausgaben wollen mit frischer Optik und mit noch mehr Nutzwert ihr Gourmet- und Weinwissen präsentieren.

Die Marke Gault & Millau geht auf die Journalisten Henri Gault und Christian Millau zurück, die 1969 in Frankreich ihren ersten Restaurantführer durch die feine Küche herausbrachten. Neben Frankreich und Deutschland erscheint der Gault & Millau auch in Österreich, der Schweiz sowie in Belgien. In Deutschland werden die Standardwerke für anspruchsvolle Gourmets und Weinliebhaber vom Münchner Christian Verlag herausgebracht.

Manfred Kohnke

Seit 2010 sind beide Gault & Millau Guides nicht nur als Buchausgaben erhältlich, sondern auch als Apps für iPhone und iPad. Neben praktischen Suchfunktionen und Kartenansichten bieten die Apps die Möglichkeit, interessante Websites zu besuchen, direkt Restaurant- oder Hotelbuchungen vorzunehmen sowie sich ausführlich über die Restaurants, Weine und Weingüter informieren.

Peter Lunas