1

Cheers Jimmy´s Die Bar im Hessischen Hof wird 60

Klassik mit Schuss

Großes Fest & viele Highlights

 

Jimmy´s Bar im Hotel Hessischer Hof in Frankfurt besteht seit 60 Jahren und darf  jetzt einen Toast auf sich selbst aussprechen. Chefbarkeeper Andrès Amador arbeitet dort seit 35 Jahren. Grund genug einmal etwas tiefer ins Glas zu schauen, um zu sehen, was am Boden der Tatsachen zu finden ist.

Nirgendwo knarzen die Ledersessel so melodisch. Bevor man Platz nehmen kann, muss man jedoch klingeln, worauf sich nicht gleich die Tür öffnet, sondern eine Luke zur Gesichtskontrolle. Nicht etwa, dass lässige Kleidung Probleme bereiten würde, doch man möchte man einfach sicher gehen, dass keine finsteren Typen hereinkommen. Es geht gesittet zu, aber keineswegs so, dass es langweilig wird. Der Hessische Hof ist bei vielen Ü-60-Einheimischen wegen seiner preiswerten Lunch- und Dinner-Offerten beliebt. Doch genau diese, durchaus typische Klientel, trifft man eher selten in der Hausbar. Zwei Drittel der Barbesucher sind indes Stammgäste, es soll noch den einen oder anderen geben, der Jimmy´s seit der Eröffnung im Jahre 1951 die Treue hält.  Die Bar hat zwar jetzt am 26. Dezember Geburtstag, doch liegt der Termin sehr ungünstig zwischen Weihnachten und Silvester. Da viele Stammgäste und andere Freunde des Hauses nicht dabei sein könnten, wurde die Jubelfeier auf April im neuen Jahr verlegt. Barchef Andrès „André“ Amador hofft dann auf gutes Wetter und möchte auch vor der Tür mit den Gästen anstoßen. Um sicher zu gehen, soll ein Zelt bei jedem Wetter Schutz bieten.

Annett Louisan

Zwei Highlights zum Jubiläum muss  man aber gleich notieren: Annett Louisan wird am 24. Februar 2012 ein privatimes Akkustikkonzert in Jimmy´s geben (49 € inkl. Welcome Drink, 20 Uhr). „The Leading Barkeeper of the World“ nennt sich eine lange Nacht der Meister-Shaker und ihren Signature Drinks am 2. März (ab 20 Uhr bis Open End, Eintritt frei), bei der neben Isaac Andrès Amador vier weitere mit von der Partie sind: Daniel Soares (Bar BA im Bairro Alto Hotel in Lissabon); David Sinclair (The Bar im Gleneagles Hotel im schottischen Auchterarder); Jan Schäfer (Falk´s Bar im Bayerischen Hof in München); Franz Höckner (Gault Millau Barkeeper 2011, Adlon Bar im Adlon Kempinski in Berlin). Jede dieser Bars ist mehr als bekannt und hat Geschichte geschrieben, im Gleneagles Hotel etwa  fand 2005 der G8-Gipfel statt – Auchterarder schottisch-gälisch Uachdar Ardair.

Es gibt ausreichend Whisky, Wein und Cocktails, aber mindestens so wichtig wie die Mixturen ist die Gästemischung. Und es kommen tatsächlich alle, vom Teenager bis zum Greis. Bei anderen Bars gibt es einfachere Strukturen, herrschen Cliquen vor, existieren einseitige soziale und geriatrische Verhältnisse. Beliebt ist die Bar nicht nur bei den üblichen Nachtschwärmern, sondern gerade bei Gastronomen und anderen beruflichen Spätheimkehrern, die sich nach Betriebsschluss noch einen Schluck Entspanntheit gönnen wollen. Die Nähe zur Messe wirkt sich günstig aus, vor allem zu Zeiten der Buchmesse trifft sich in Jimmy´s Bar die halbe Welt. Und das so selbstverständlich und unkompliziert, wie an keinem Ort sonst.

André Amador, Katrin Riede, Martin Mack, Giovanna Scarciglia (v.l.n.r.)

Die Barkeeper Andrès Amador und Martin Mack arbeiten mit Gelassenheit und jener Diskretion, die zwingend notwendig für diesen ziemlich sensiblen Beruf ist. Die beiden jungen Mitarbeiterinnen Katrin Riede und Giovanna Scarciglia frischen die Männerwirtschaft mit Charme auf. Cocktails und andere Drinks werden versiert und präzise zubereitet, die jahrelang flaue Weinauswahl hat sich inzwischen etwas verbessert. Es werden gerne die Weine des Hausherren, dem Prinz von Hessen, offeriert, doch kann man sich bei Flaschen auch der großen Weinkarte des Restaurant Sèvres bedienen.  Der 57 Jahre alte Amador (nicht verwandt mit Sternekoch Juan Amador) arbeitet seit nunmehr 35 Jahren in Jimmy´s Bar und ist hier ebenso wenig wegzudenken, wie das schwere Ledermobiliar.

Bei Jimmy´s geht es nicht laut und eher dezent familiär zu, die Gespräche werden stets von solider Klaviermusik begleitet, was ja „live“ bei vielen Lokalen leider dem Sparprogramm zum Opfer fiel. Großes Kommunikationszentrum ist die rund geschwungene Bar. Auch ein solches Stück Barleben ist keine Selbstverständlichkeit, denn die normalen modernen Bars sind von einem Lounge-Gedanken weichgespült und gleichgestellt, der nicht mehr darüber nachdenken lässt, warum eigentlich Menschen in eine Bar gehen. Die Antwort ist einfach, wird aber ignoriert: Man geht in eine Bar, um eine besondere Stimmung zu erleben, die man gerne mit interessanten Menschen teilt, wobei es gar nicht so entscheidend ist, ob man mit diesen ins Gespräch kommt oder sie als nette Kulisse wahrnimmt. Dazu möchte man ein gutes Glas Wein oder einen ordentlichen Drink haben. Klingt einfach, ist aber eher selten so zu bekommen. Dass man in Jimmy´s rauchen darf, ist für sehr viele Gäste wichtig. Man hat den Schwund gemerkt, als dies für kurze Zeit nicht der Fall war. Jetzt geben vor allem wieder Zigarren Rauchzeichen.

Jimmy´s ist das Wohnzimmer vieler Frankfurter, aber auch das zu Hause zahlreicher Prominenter. Udo Lindenberg durfte seinen Hut aufbehalten, Boris Becker aber nicht seine Sportschuhe. Helmut Schmidt konnte nach Herzenslust paffen, ohne eine Anzeige zu riskieren. Und die Rolling Stones benahmen sich ganz zivil.

Jimmy´s ist keine moderne Bar, sie mag für manche schrecklich altmodisch sein, hat aber die Statur der Zeitlosigkeit. An keiner Bar geht jeglicher Trend so gründlich vorbei wie an Jimmy´s. Das macht sie noch klassischer.

LF

Jimmy´s Bar im Hessischen Hof, Frankfurt, Friedrich-Ebert-Anlage 40, Tel. (069) 75 40 29 61. Täglich geöffnet von 20 bis 4 Uhr, Live Piano Musik täglich 22 – 3 Uhr, warme Küche bis 3 Uhr. www.hessischer-hof.de

 

 

 




Gastro News Kurswechsel im Sternelokal
Schiffchen

Franzose wird Italiener

 

Jean-Claude Bourgueil, der Französischste aller Franzosen in Deutschland, ist Italiener geworden. Zwar nur teilweise, aber auch das überrascht bei einem solchen Mann, der statt eines Hemds eine Tricolore trägt. Das Gourmet-Restaurant Im Schiffchen in Düsseldorf ist unverändert, doch im ehemaligen Bistro hat trotz gleichbleibender Optik gerade einen deutlichen Wechsel zur italienischen Küche stattgefunden. Die Speisekarte bietet auf den ersten Blick vertraute Langweilerteller, wie Vitello Tonnato und Jakobsmuscheln mit weißem Speck. Doch bei näherem Hinschmecken wird der Unterschied zur obligaten Italo-Küche sehr deutlich, Bourgueil & sein Team können auch ausgezeichnet italienisch. Die geschmeidigen Ravioli von der gut geschmorten Rehschulter mit Pilzen und Norcia-Trüffeln schmecken erstklassig und werden ausdrucksvoll von einer tiefdunklen Reduktion begleitet. Die zart-knackigen Jacobsmuscheln sind von Lardo Colonnata ummantelt, wobei eine feine Passionsfruchtsauce dem Gericht Profil gibt. Auch beim Vitello Tonnato bestechen hervorragende Produktqualität und präzise Zubereitung. Das Fleisch kommt vom Piemonteser Milchkalb und thront auf einer hauchdünnen knusprigen Brotscheibe. Als Amuse gab es ein schönes Süppchen, zum Espresso wurden leckere Petit Fours gereicht. Für den Aufwand und die Qualität sind die Preise alles andere als abgehoben (16 – 26 €).

Die Einrichtung ist maritim geblieben, auch der Name Jean-Claude bleibt unverändert, sonst aber ist alles italienisch eingefärbt. Auch die Weine. Der Service tritt etwas holprig auf und könnte weit aufmerksamer sein. Das Restaurant Im Schiffchen im Düsseldorfer Stadtteil Kaiserwerth existiert seit 1977 und erhielt zwei Jahre nach der Eröffnung seinen ersten Stern im Michelin. 1987 wurden daraus drei, inzwischen sind es zwei Michelin-Sterne für das Gourmet und einer fürs Jean-Claude. Der Gault Millau vergibt 17 Punkte, erwähnt das ehemalige Bistro aber mit keinem Wort. Überhaupt steht der Gourmet Guide dem Restaurant recht kritisch gegenüber.

BF

Restaurant Jean-Claude (Im Schiffchen), Düsseldorf, Kaiserwerther Markt 9, Tel. 0211 40 36 67. Gerichte 16 – 26 €. www.im-schiffchen.com

 

Siebeck lobt Lumpps Mut

 

Claus-Peter Lumpp (l.) und Wolfram Siebeck

Festakt für Claus-Peter Lumpp: Der Küchenchef vom Restaurant Bareiss in Baiersbronn gehört zu den bescheidenen Größen seiner Zunft, doch diesmal musste er sich einfach feiern lassen, denn es gab gleich mehrere Gründe: Erneut wurde er mit dem 3. Michelin-Stern ausgezeichnet, zudem veröffentlichte Lumpp ein fulminantes zweibändiges Kochbuch mit großartigen Bildern, aber ohne Rezepte. Und schließlich wurde er mit dem Internationalen Eckart-Witzigmann-Preis ausgezeichnet. In einer Feierstunde auf dem zum Hotel Bareiss gehörenden historischen Morlokhof würdigte Hermann Bareiss seinen langjährigen Mitarbeiter und Partner für die Konstanz seines Arbeitens und Wirkens. Der Elder Statesman der Restaurantkritik, Wolfram Siebeck, meinte zu Lumpps Fotoband, dass es bisher kein anderer Koch gewagt habe, ein Kochbuch ohne Rezepte herauszugeben. Und das auf gleich 448 Seiten.

PL