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Wie gut wird Margarete?

Das neue Restaurant im Frankfurter Galerien-Viertel

 

Gastronomisch ist das Zentrum Frankfurts zwischen Dom und Römer unauffällig bis ärgerlich. Das könnte sich mit dem neuen Restaurant Margarete in der Braubachstraße ändern. Dort zieht jetzt voraussichtlich Ende Februar 2012 Simon Horn ein, der sich mit den Lokalen Seven Swans und Blumen einen Namen gemacht hat. Während er im Hintergrund Regie führt, werden zwei gleichberechtigte Küchenchefs am Herd stehen: Ronny Bolz und Luka Spaniol Simunelic, die zuvor beide in Spitzenrestaurants gearbeitet haben.

Ronny Bolz wurde vom Gourmet Guide Gault Millau zum Patissier des Jahres 2010 gekrönt, als er in der Villa Rothschild in Königstein die wahrscheinlich geistvollsten Desserts im Rhein-Main-Gebiet auf den Teller brachte. Danach avancierte der 26 Jahre alte Süßspeisen-Spezialist zum Souschef im Top-Restaurant Bean & Beluga in seiner Heimatstadt Dresden. Man hätte darauf wetten können, dass er diese Position in einem solchen Restaurant nicht so schnell verlassen würde, zumal er hier ein Heimspiel hatte. Doch die Verlockung an der Spitze eines jungen Teams in Frankfurt zu stehen, war wohl größer. Unvergessen blieben jedenfalls sein Apfelstrudel in Texturen und ein essbarer Drink namens Whisky-Sour von der Aprikose, der schlicht klang und großartig schmeckte. Solch differenzierte und eigenwillige Kreationen wird man hoffentlich auch im neuen Restaurant Margarete in der Frankfurter Braubachstraße erleben können. Der Kompagnon von Ronny Bolz, Luka Spaniol Simunelic, arbeitete zuvor in den Frankfurter Restaurants Cyrano, Tigerpalast und Villa Merton. All das gibt Anlass zur Hoffnung.

Bolz (r.) und Simunelic

In der Braubachstraße gibt es zwar mit dem urdeutschen Steinernen Haus, dem Japaner Imori und dem Italiener Triangolo im Museum für Moderne Kunst ganz nette Lokale, aber keines für Anspruchsvolle. Dabei ist die Location sehr gut. Das Museum für Moderne Kunst und sehr viele Galerien befinden sich in unmittelbarer Umgebung. Die attraktiven Touristenziele Dom und Römer sind in Schrittnähe. Und demnächst soll just hier eine aufgemöbelte Altstadt für große Wirkung sorgen.

Wie der neue Betreiber, Simon Horn, in einem Gespräch mit dieser Zeitung erklärte, forciert man eine hochwertige Küche ohne Chichi. Es soll moderne Gerichte mit regionalem Bezug geben. Wer das Mini-Lokal Blumen (18 Sitzplätze) in der Rotlintstraße kennt, kann sich ein besseres Bild von der künftigen Küche machen, die im Restaurant Margarete jedoch modifiziert und weiterentwickelt werden soll. Mit Lehrlingen wird die Küche 10 Mitarbeiter haben, wobei im Service die gleiche Anzahl arbeitet. Bis gestern sah alles noch nach Baustelle aus, doch es wird schon seit Wochen hinter den Kulissen geprobt. Hauptgerichte sollen im Schnitt 20 Euro kosten. Das Lokal wird bereits morgens geöffnet sein, mittags sitzen die Gäste an blanken Tischen, abends wird eingedeckt. Interessant, gerade für Singles, sind die Plätze an der fast offenen Küche. Das Gesamtkonzept sieht Restaurant, Café und Bar vor, zudem einen Bankettbereich. Es wird nicht einfach zu meistern sein, da das Lokal auch die Veranstaltungen des Börsenvereins zu bespielen hat.

Die ohnehin hohen Räume werden durch bodentiefe Fenster noch nach Außen vergrößert. Holzdielenboden, schlicht-schöne Frankfurter Holzstühle und ein „keineswegs überstrapaziertes“ Ambiente sollen für eine entspannte Atmosphäre sorgen. Das Restaurant Margarete wird eine Innenhof-Terrasse und eine Boulevard-Terrasse direkt an der Braubachstraße bekommen. Das 300 Quadratmeter große Lokal verfügt über 80 Plätze und ebenso viele Terrassensitze. Es ist Teil des neuen Domizils des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und soll deshalb auch „literarische Impulse“ aufnehmen, die bislang indes nur als Worthülse existieren. Immerhin werden sich dem Buchhandwerk entsprechend Materialien wie Leinen, Papier und Kupfer im Lokal wiederfinden.

Simon Horn

Ein Lokal ganz unsexy Margarete zu nennen, hat einen historischen Hintergrund. Die Innenarchitektin Margarete Schütte-Lihotzky ist die Erfinderin der sogenannten Frankfurter Küche, die in den Zwanziger Jahren als Mutter der Einbauküche galt und mitsamt einer Badewanne entwickelt wurde, in der man das Geschirr spülte. In Frankfurt existiert bereits mit der Emma Metzler eine ähnlich altbacken benanntes Restaurant, das aber sehr modern im Auftritt ist.

LF

 

 




Mc Schuhbeck leistet sich dicken Klops

Selbstzerfleischung: Ein Bayer wirbt für Hamburger

 

Schuhbeck ist auf dem besten Weg der neue Lafer zu werden. Seit Tagen wirbt er in Fernsehen und Radio gemeinsam mit Fußballspezi Uli Hoeneß für McDonalds neuen Hüttenzauber. Christian Buggisch fühlt sich von Alfons Schuhbeck genervt, hier klopft er Schuhbeck platt.

Ich habe ein Radio-Interview mit Sterne-Koch Alfons Schuhbeck gehört – und bevor mein Blutdruck beunruhigende Höhen erreicht, lasse mal schnell Dampf ab. Ich gebe zu, bisher habe ich Herrn Schuhbeck eher peripher wahrgenommen. Ein kochender Gute-Laune-Lausbub halt, ein Gschaftlhuber, wie man in Bayern sagt, umtriebig, clever, bodenständig. Ich vermute, er kann recht gut kochen, sonst hätte er wohl keinen Michelin-Stern, keine drei Hauben von Gault Millau und keine vier Kochlöffel vom Aral Schlemmer Atlas. Leider bleibt Koch Schuhbeck ebenso wenig bei seinen Kochlöffeln wie mancher Schuster bei seinen Leisten, sondern fühlt sich dazu berufen, Gesundheit zu predigen. Und was er da von sich gibt, ist zum Teil so erstaunlich unsinnig, dass ich mich erst gewundert, dann aber massiv darüber geärgert habe, dass ihm der öffentlich-rechtliche (also von mir finanzierte) Rundfunk eine Bühne bietet.

Alfons Schuhbeck (l.) und Uli Hoeneß

 

Nur zwei Beispiele aus dem Bayern3-Interview mit ihm.

Schuhbeck zum Moderator: Du machst das eh gut, weil du trinkst am Tag einen Liter Tee. So, und wennst jetzt a paar Gewürze reingibst, dann hast du das, was du brauchst. Du entgiftest und entschlackst. Aber wenn du deine ganzen Schlackstoffe nicht rausbringst aus dem Körper, dann explodiert der ganze Mist natürlich und dann atmest noch den ganzen Mist ein und dann brauchst dich nicht wundern, wenn du krank bist.

Inzwischen sollte sich herumgesprochen haben, dass das einzige, was man gelegentlich entschlacken muss, alte Kohleöfen sind. Aber nicht mal die explodieren so ohne Weiteres. Das Entgiften und Entschlacken ist pseudomedizinischer Ayurveda-Voodoo-Unsinn, der mit der Wirklichkeit ungefähr so viel zu tun hat wie Astrologie mit Astrophysik – nämlich gar nichts.

Moderator: Die magische Wirkung des Schwarzkümmels, wie soll ich den einnehmen, kann ich den tatsächlich auch zerstoßen und in ein Taschentuch reinmachen und dran schnaufen? – Schuhbeck: Also Schwarzkümmel, den nennt man auch das Aspirin des Altertums, weil der schmerzlindernd ist und abschwellend ist (…), und der stärkt, da sind wir wieder beim Thema, das Immunsystem.

In Wahrheit weiß kein Mensch, ob Schwarzkümmel wirkt oder nicht wirkt oder völlig egal ist: „Moderne kontrollierte klinische Studien fehlen weitgehend. Es liegen lediglich Erfahrungsberichte und Beobachtungsstudien vor.“ Schwarzkümmel ist schlicht eines von vielen „jahrtausende alten Heilmitteln aus dem Orient“, an die man gerne glauben darf, aber niemand möge bitte wie Schuhbeck den Eindruck erwecken, es gebe eine nachweisbare Wirkung im Sinne einer evidenzbasierten Medizin (und nicht im Sinne von Es-gibt-mehr-Dinge-zwischen-Himmel-und-Erde-Hokuspokus).

Das grenzt nicht nur an, das ist Volksverdummung. Aber das ficht Schuhbeck nicht an. Er verbreitet munter sein ökotrophologisches Halb- und Unwissen mit der Autorität eines Sternekochs. Seine wichtigste Botschaft aber lautet:

Wenn du dich übers Jahr nicht ausgewogen ernährst, dann kannst net in drei Minuten deine Missstände wieder gutmachen, und wie soll denn ein Arzt, wenn einer das ganze Jahr seinem Körper den Mist gibt, und dann soll der Arzt ihn in zwei Minuten reparieren, so geht’s doch net.

Um ausgewogene Ernährung geht es ihm also. Doch zu viel Gesundheit muss wohl auch nicht sein. Auf allen Sendern ist Alfons Schuhbeck derzeit mit Werbespots für die „Hüttengaudi“ von McDonalds zu sehen. Auch das ist irgendwie nett, kumpelhaft, lausbübisch, wie er da zusammen mit seinem Spezl Uli Hoeneß rumalbert und den „Big Rösti“ und anderes mehr anpreist.

Ich habe nichts gegen Mc Donalds (und bin da selten, aber doch gelegentlich mal anzutreffen). Aber ich habe etwas gegen Scheinheiligkeit, mit der mancher Sterne-Koch Gesundheit predigt und das Gegenteil verkauft. Den Werbe-Strategen von McDonalds kann man nur gratulieren: Die Marke Alfons Schuhbeck (gesundheitsbewusster Spitzen-Koch) lädt die Marke McDonalds positiv auf. Oder banaler gesagt: Mehr Menschen gehen mit weniger schlechtem Gewissen zur Fast Food-Kette, denn wenn der Schuhbeck dafür wirbt, kann’s ja nicht so schlecht sein.

Versalzene Fett-Bomben, empfohlen vom Sterne-Koch

Aber vielleicht ist das ja wirklich gar nicht so schlecht? Gut, angenommen, eines meiner Kinder fühlt sich von der gaudihaften Werbung so angesprochen, dass es mich dazu überredet, auf den Spuren Schuhbecks wandelnd zu McDonalds zu gehen und ein kleines Mittagessen zu bestellen. Wir nehmen … mal sehen … einen Big Rösti (für den Schuhbeck auf der „Hütengaudi“-Webseite wirbt), eine mittlere Portion Pommes, eine mittlere Cola (die Schuhbeck im Spot werbewirksam in die Kamera hält) und zum Nachtisch einen McFlurry.

Damit haben wir (wie man auf der McDonalds-Homepage selbst nachrechnen kann, da sind die wirklich vorbildlich …) schlagartig 116% des Kalorien-Tagesbedarfs meines Kindes abgedeckt, 145% des Fett-Bedarfs und 140% des Salz-Bedarfs. Die gestrichelte Linie im Bild dort zeigt übrigens mehr oder weniger die empfohlene Menge an, nämlich rund 33% des Tagesbedarfs – schließlich handelt es sich ja nur um eine von üblicherweise drei Mahlzeiten am Tag. Aber selbst wenn mein Kind morgens und abends zum Ausgleich fastet, wird es also zwangsläufig zunehmen und irgendwann zu jener Mehrheit der deutschen Bevölkerung gehören, die übergewichtig ist. Und mindestens ebenso ärgerlich: Es wird Fast Food für brauchbare Ernährung halten und sich wenig oder gar nicht für all das interessieren, was Essen wirklich interessant und genussvoll macht und was einem beispielsweise die Slow Food-Bewegung erschließt.

Mogelprodukte von Alfons Schubeck

Aber was rege ich mich auf, das ganze Thema ist nicht neu. Schon vor zwei Jahren hat Foodwatch Schuhbeck wegen seiner Dosensuppen kritisiert: „Sternekoch Alfons Schuhbeck ist sich nicht zu schade, den Leuten zu horrenden Preisen Wasser in Dosen zu verkaufen. In seinen Kochbüchern singt er das Hohelied der frischen Zutaten, dann nutzt er das Vertrauen der Menschen in ihn schamlos aus und dreht ihnen Mogelprodukte an.“ Darin ist er sich zumindest treu geblieben.

 

 

Christian Buggisch, Buchautor und Lektor, betreibt einen lesenswerten Blog, der sich mit den unterschiedlichsten sozialen und gesellschaftlichen Themen beschäftigt: www.buggisch.com

Das vollständige Gespräch mit Alfons Schuhbeck kann man übrigens als Podcast beim Bayerischen Rundfunk hören.