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Schönbergers moderne Retro-Küche

Toller Neustart vom Lokal Döpfner´s im Maingau 

 

Wer erinnert sich noch an Ragout fin? Das verputzte Tante Hedwig mit verzücktem Gesicht im Café Schneider. Allein die Blätterteigmütze obenauf galt als Krönung. Dieses meist etwas fade Gericht in schleimiger Soße ist heute so gut wie ausgestorben. Der neue Küchenchef des Restaurant Döpfner´s im Maingau in Frankfurt-Sachsenhausen, Daniel Schönberger, hat ein Händchen für Retro-Gerichte, die er modifiziert und in Schwung bringt. Auch Kalbsragout im Blätterteig. Kaum zu glauben, was er daraus gemacht hat: Das hervorragende Ragout von Kalb, Bries und Nierchen wird von zwei famosen Saucen begleitet, einer hellen aus Kalbsfond und einer dunklen mit Liebstöckel. Man möchte sie sich literweise abfüllen lassen und mit nach Hause nehmen, doch immerhin werden sie in der Sauciere serviert, damit man selbst nachlöffeln kann. Die Gerichte sind so kraftvoll, wie nötig, und so fein wie möglich. Auch leichte Speisen haben bei Schönberger eine Aussage, Saibling mit Gurkengemüse und Kartoffelpüree ist von schlichter Schönheit. Der Zander wird comme il faut gebraten und gebeizt zubereitet und mit Kaiserschoten und lila Kartoffelsalat serviert. Die Beerenkaltschale mit Grießflammerie ist wunderbar old fashioned und deshalb schon wieder modern, vor allem, wenn man sie so leichthändig wie hier zubereitet.  

Küchenchef Daniel Schönberger

Rinderroulade mit Kartoffelstampf wird auch weiterhin eingesetzt – und das ist gut so. Wo bekommt man denn in Frankfurt noch eine gute Roulade aus Großmutters Küche? Eine Evergreen-Küche wird heutzutage ja eher selten gekocht – die einen können Klassiker nicht mehr, die anderen wollen es nicht und jagen lieber Aromen wie Chili und Kokos hinterher. Daniel Schönberger greift die Tradition auf und setzt sie auf seine Weise mit Geschmacksausdruck um. Gerade zu einem Koch passt sehr gut die Thomas Morus-Weisheit „Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme“. Die wichtigste Station von Schönberger war zuvor das Sterne-Restaurant Hessler in Maintal bei Frankfurt, wobei er noch bei Doris-Katharina Hessler mit am Herd stand.

Die Speisekarte im Döpfner´s im Maingau ist kleiner als zuvor, was Qualität und Logistik in der Küche fördert. Sie liest sich vielleicht nicht aufregend, lässt dann aber umso mehr die Teller sprechen. Man könnte sich mehr Eigenwilligkeit wünschen, doch muss man verstehen, dass es die Döpfners langsam angehen lassen wollen und eine bedächtige Erneuerung anstreben. Gerade ihr Restaurant kann auf einen starken Stamm an Gästen bauen, den man sich nicht verschrecken möchte. Wie man jetzt aber zusätzlich neue Gäste gewinnen und sich noch mehr einem jüngeren Publikum öffnen will, das wird ein spannender und herausfordernder Spagat. Die Preise sind auch nach dem Wechsel moderat geblieben, der Weinkeller ist bestens gefüllt, es werden allein 20 offene Weine angeboten, der Schwerpunkt liegt weiterhin bei Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien. Der Service ist besonders engagiert, hat sich teilweise erfrischend verjüngt, wobei Restaurantleiter Uwe Graul erhalten geblieben ist.

Kleine Straßenterrasse

Weil´s so schön ist und der 36 Jahre alte Daniel Schönberger offenbar ein Faible für die Oldtimer-Küche hat, ist am 3. September gleich ein ganzes Nostalgie-Menü zu haben, moderiert vom Weinveteranen Harry H. Hochheimer. Vergessene Gerichte, neu gekocht, beispielsweise Perlhuhnbrust bourguignonne und Kalbsteak au four. Die Kalte Ente zum Entree kommt nicht aus dem Ofen und ist eine gute alte Bowle (5 Gänge mit 10 Weinen 78 € pro Person). Es könnte wieder so heiter werden wie bei der Feier zum 60jährigen Bestehen des Lokals, bei der Werner Döpfner das Essen mit Anekdoten von damals würzte.

Ludwig Fienhold

 

Siehe auch BISS-Artikel Beim nächsten Mahl wird alles anders

Döpfner´s im Maingau, Frankfurt, Schifferstraße 38 – 40, Tel. 069 61 07 52. 

Dienstag – Freitag 12 – 14.30 Uhr und 18 – 22 Uhr, Samstag 18 – 22 Uhr, Sonntag 12 – 14.40 Uhr (jeweils Küchenzeiten), Montag geschlossen. www.doepfners.de

60 Jahre Döpfner

 




Nachtisch an der Bahnsteigkante & andere Highlights

Das originellste Essen, das je im Bahnhof serviert wurde

 

Ein solches Spektakel gab es noch nie am Frankfurter Hauptbahnhof, selbst Reisende, die es eilig hatten, hielten plötzlich inne. Unter Begleitung dramatischer Lautsprechermusik wurde die Eingangshalle innerhalb von nicht einmal 15 Minuten in ein Restaurant verwandelt. Zwei riesige Tafeln wurden blitzschnell mit noblem Versace-Geschirr und feinen Schott-Zwiesel-Gläsernen eingedeckt, eine Armada von Köchen und Kellnern brachte im Handumdrehen gut gefüllte Teller und Schüsseln herbei, selbst eine italienische Schneidemaschine rollte durch den Bahnhof. Ein toskanischer Brunnen, römische Statuen und Zypressen schufen ein italienisches Ambiente, zu dem auch zwei Schauspieler gehörten, die in venezianischen Kostümen moderierten und ulkten. Die 60 geladenen Gäste saßen wie auf dem Präsentierteller und wurden von den Passanten gründlich bestaunt und fotografiert. Geladen zu diesem ungewöhnlichen Lunch hatte das Wasserunternehmen Acqua Panna (S.Pellegrino), das auf der Einladung für die Presse lediglich davon sprach, einen Brunnen auf dem Bahnhof zu installieren. Umso größer war der Überraschungseffekt, staunten die Gäste und Hunderte von Passanten. Nach gut zwei Stunden war der Zauber vorbei, wurde sogar der Brunnen wieder abgebaut, der aus Stein zu sein schien, aber lediglich aus festem Styropor war.

Der Clou, aus dem Bahnhof eine Piazza mit Restaurant zu machen,  hätte schon ausgereicht, doch wusste man mit der Kulinarischen Kreativwerkstatt von Michael Balzer aus Wiesbaden auch einen ambitionierten Caterer an seiner Seite. Die eigentliche Küche war unsichtbar in einem Zelt vor dem Bahnhof untergebracht. Allein der hervorragende Salat aus grünem Spargel mit Meeresfrüchten und die Antipasti mit bestem eingelegten Fenchel hätten schon für einen höchst vergnüglichen Mittag gesorgt, doch es gab noch Pasta aus dem Parmesanlaib, hauchzartes Scaloppine al limone mit Bratkartoffeln und tolles selbstgemachtes Eis.

In vollen Zügen genießen ließen sich außerdem der Spumante von Ca´ del Bosco sowie die Weine von Antinori und Bruno Giacosa. Köche und Servicekräfte waren trotz aller Schnelligkeit sehr engagiert und freundlich im Einsatz, besser als in vielen Restaurants. Einen solchen Bahnhof wünscht man sich alle Tage. Vor allem eine Bahn, die so präzise, pünktlich und geschmackvoll arbeitet wie die Cateringfirma von Michael Balzer.