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Ente wieder im Höhenflug

Neues vom Nassauer Hof in Wiesbaden

Von Ludwig Fienhold
Das Restaurant Ente war immer eine Schnabellänge voraus. Als vor 30 Jahren das deutsche Küchenwunder begann, gehörte es neben der Aubergine und dem Tantris zu den am meisten begehrten Adressen der Republik. Dies war der sehr guten Küche zu verdanken, aber auch dem Marketinggeschick des ingeniösen Küchenchefs Hans-Peter Wodarz. Unvergessen bleiben aus den 80er Jahren sein kindlicher „Dialog der Früchte“, die Schneckeneier in Sauternes-Sauce und die Verramschung der Diel-Weine für eine Deutsche Mark, weil Weingutsbesitzer und Restaurantkritiker Armin Diel manchen Köchen attestierte, dass ihnen das Hirn am Herd austrocknen würde. Seinerzeit befand sich Wiesbaden in einer atemlosen Feierstimmung, zu deren Zentrum der Nassauer Hof und die Ente sowie der legendäre Entenkeller gehörten. Die Champagnerstimmung in Wiesbaden perlt vielleicht nicht mehr so ganz, aber die Qualität im Nassauer Hof und seinen gastronomischen Outlets ist geblieben. In der „Ente“ herrscht jetzt sogar wieder so etwas wie ein Höhenflug. Die Mannschaft hat an Leidenschaft und Ideen gewonnen.

Michael Kammermeier, Küchenchef Restaurant Ente

Nach Küchenchef Gerd Eis, der hervorragend asiatische Ideen in eine europäische Küche einbrachte, fand das Restaurant Ente nicht so schnell seinen neuen Weg. Die jungen Nachfolger hatten indes schon längst verantwortlich am Herd gearbeitet, was aber den meisten Gästen verborgen blieb. Inzwischen sieht man Küchenchef Michael Kammermeier gelegentlich auch mal am Tisch – ein Restaurant muss ein Gesicht haben, das man auch sehen möchte. Vor allem aber haben Kammermeier und seine Crew eine klare Handschrift entwickelt, die Küche wird mutiger, eindeutiger, persönlicher und packender. Bereits die Amuse-Bouche gelingen so gut, dass man daraus ein eigenständiges raffiniertes Menü machen könnte (und sollte).
Ein erstklassiger Einstieg bei den Vorspeisen ist die Enteleberterrine, die aromenreich und delikat kombiniert wird mit Kaffee, Birne, Walderdbeere, Mandel, Maikraut, Rhabarber, Entenschinken und Aal. Mitreißend auch die getauchten Jakobsmuscheln mit geschmolzener Gänseleber, Amalfi-Zitrone und Petersilienpüree. Sensorisch perfekt aufeinander abgestimmte, liebevoll ausgearbeitete Details bei jedem Gang. Beim Signature-Gericht wird das Haustier gefeiert – die knusprige Heide-Ente vom Geflügelhof Tiemann kommt frisch aus dem Ofen und wird in zwei Gängen serviert, mit Morcheln, Briocheknödel und PX-Jus (Sherry-Rebsorte Pedro Ximénez).

Restaurant Ente

Während man bei den Vorspeisen vielfältige Verschmelzungen erlebt, werden bei den Hauptgerichten weniger Komponenten eingesetzt. Der pralle Nordsee-Steinbutt mit Markkruste findet mit geräucherter Kartoffelcreme und Wurzelgemüsse die passende Begleitung. Das kraftstrotzende Kalbskotelett wird am Tisch im Ganzen vorgelegt und aufgeschnitten, was die Lust und die Vorfreude erhöht. Ein solch athletisches, saftig-zartes, Stück Lebenskraft bekommt man in dieser Qualität nicht oft. Das Fleisch, optimal gegart und gewürzt, ist elastisch und voll im Geschmack. Es ist schön zu sehen, wie sich die Küche in den letzten Monaten entwickelt und gesteigert hat. Jetzt ist sie nicht nur so einfach gut, inzwischen hat sie eine Aussage. Ihr Thema ist Aromen, Kräuter und Gewürze so zu implementieren, dass andersartige Geschmackswelten entstehen, die jedoch den Eindruck vermitteln, dass es genau so schon immer gewesen sein muss. Hervorragende regionale Produkte und Rohstoffe aus Deutschland werden bevorzugt, doch zum bretonischen Hummer und dem St. Pierre gleicher Provenienz gibt es keine Alternative. Die Ente wird seit 1979 ohne Unterbrechung mit einem Stern ausgezeichnet, während die Bewertungen beim Gault Millau zwischen 15 und 18 Punkten springen.

Bar im Hotel Nassauer Hof

Der Service ist so leger und pfiffig, das auch bei jungen Gästen schon lange keine Schwellenangst mehr bestehen müsste – wobei diese auch tatsächlich weit stärker vertreten ist als in früheren Jahren. Die Weinkarte, bis Mitte Juli noch verwaltet von Christoph Hons und dann von Sebastian Müller (zuvor Schlosshotel Kronberg sowie die Ente), ist nach wie vor mit über 1000 Positionen gut aufgestellt und zeigt ihre Stärken bei Frankreich und Deutschland. Die Theke in der Ente gehört zu den schönsten Plätzen im Hotel und wird entsprechend als Pre- und After-Dinner-Bar genutzt. Doch ein allerletzter Drink muss einfach nebenan in der Bar von Eddy Hahner sein, dem Urgestein der Mixologen. Es ist fast immer fröhlich hier, meist trifft man nette und kontaktfreudige Gäste aus Wiesbaden und dem Rest der Welt.
Nassauer Hof, Wiesbaden, Restaurant Ente, Kaiser-Friedrich-Platz 3-4, Tel. 0611 133 666. Geöffnet Di – Fr: 18 – 23 Uhr Sa: 12 – 15 Uhr, 18 – 22 Uhr. www.nassauer-hof.de



Orangerie mit neuen Küchenchefs

Frederik Schön & Daniel Kaatz lösen Klaus Weingartz ab

 

Nach 18 Jahren verlässt der Westfale Klaus Weingartz den Nassauer Hof in Wiesbaden und die Orangerie Ende Juni und zieht zurück in seine Heimat: In Lengerich bei Osnabrück übernimmt er das gut bewertete Jugendstil-Hotel und Restaurant Hinterding (1 Michelin-Stern seit 26 Jahren, derzeit 15 Punkte im Gault Millau). An die Stelle von Klaus Weingartz  rückt ein junges Duo: Frederik Schön und Daniel Kaatz, die bereits im Nassauer Hof arbeiten. Die deutsche Küche soll nun wieder stärker im Mittelpunkt stehen, aber noch regionaler, origineller, eindeutiger. Die neue Speisekarte wird ab September eingesetzt. Deutsche Weine aus den Nachbarregionen Rheingau und Rheinhessen sollen in der neuen Orangerie weit deutlicher als bisher präsentiert werden. Es bleibt jedoch nicht bei dieser Änderung, die Orangerie bekommt auch ein neues Design und soll optisch verjüngt werden. Der nette und gastorientierte Service bleibt in der Aufstellung erhalten. Die Terrasse hält – neben der neu gestalteten benachbarten von der Ente – die Pole Position in Wiesbaden.

Frederik Schön & Daniel Kaatz (r.)

Das Hotel Nassauer Hof ist zweifellos Wiesbadens erste Adresse. Es ist aber auch ein Hotel mit großer gastronomischer Kompetenz. Hans-Peter Wodarz hat dazu beigetragen, aber in der Tiefe noch entscheidender der Koch und Food & Beverage Manager Harald Schmitt, der 24 Jahre das kulinarische Gewissen des Hotels war. Inzwischen ist Alexander Dörr an seine Stelle getreten, der ebenfalls gut beleumundet ist und dessen Arbeit bereits erste Früchte trägt. Neben der Ente und dem Enten-Bistro existiert im Hotel Nassauer Hof noch die Orangerie. Sie hatte es schon immer etwas schwerer sich zu positionieren, da der Platz des Spitzenrestaurants und der des legeren Bistros schon besetzt waren. Anfangs ging es neudeutsch zu, dann internationaler. Der bisherige Küchenchef Klaus Weingartz versteht sich besonders gut auf feine Deftigkeiten, Gerichte wie die im Ganzen gebratene Seezunge, Scholle Finkenwerder Art, hausgemachte Frikadelle mit Zwiebelsauce, Röstzwiebeln und Karotten-Kartoffelstampf oder Rinderroulade mit handgeschabten Spätzle. Doch es gab auch viele internationale Gerichte, mit mediterranen und asiatischen Einflüssen. Trotz mancher Spagate hat Klaus Weingartz nie enttäuscht und eine selten zu erlebende Kontinuität gezeigt. Vor allem hat das Essen in der Orangerie einfach Spaß gemacht.

Party mit Peter Maffay & Buletten

Selektion Deutscher Luxushotels

Gastgeber Karl Nüser

Selektion Deutscher Luxushotels – ein Name, der Seriosität, aber nicht unbedingt Amüsement verspricht. Die Treffen der Hoteldirektoren dieser Vereinigung sind auch sehr zielorientiert und in verschiedener Hinsicht gewinnbringend ausgerichtet. Doch verbinden die Topmanager gerne das Geschäftliche mit dem Vergnüglichen. Im Gegensatz zu anderen Hotelvereinigungen, entscheidet über eine Mitgliedschaft nicht das Hotel, sondern der Hoteldirektor und der persönliche Draht – und damit die gegenseitige Sympathie. Das ist gewiss einmalig in der Hotellerie und macht diese Organisation so außergewöhnlich. Das Grandhotel Heiligendamm war bis gestern noch Mitglied, genauer gesagt sein Direktor Holger König. Da dort gerade ein Wechsel stattfand (Direktor ist jetzt Henning Matthiesen), wird neu darüber entschieden. Dieser Tage trafen sich die General Manager im Nassauer Hof in Wiesbaden auf Einladung von dessen Direktor Karl Nüser: Wilhelm Wehrmann (Park-Hotel Bremen), Cyrus Heydarian (Breidenbacher Hof, Düsseldorf) Ingo C. Peters (Fairmont Gotel Vier Jahreszeiten, Hamburg), Frank Marrenbach (Brenners Park-Hotel & Spa, Baden-Baden), Wilhelm Luxem (Excelsior Hotel Ernst, Köln) sowie Wolfgang Greiner (Schloss Fuschl bei Salzburg) – das liegt zwar bekanntlich in Österreich, doch Direktor Greiner ist Deutscher und kann deshalb Mitglied in der Selektion Deutscher Luxushotels sein. Die Hotelmanager feierten und diskutierten gemeinsam mit Vertretern der Wirtschaft und der Presse – nicht irgendwo in einem Bankettsaal, sondern in der Royal Suite. Deren großer Balkon war auch gleichzeitig Logenplatz für das vor der Tür stattfindende Freiluftkonzert von Peter Maffay. Dazu gab es neben Rheingauer Riesling ganz lässig Frikadellen und kleine Schnitzel. Bei Menschen, die das ganze Jahr über vom Luxus umgeben sind, kommt genau das am Besten an. Peter Maffay tafelte nach dem Konzert im Sterne-Restaurant Ente im Nassauer Hof.




Desaster im Dorint Pallas Hotel

Test mit sehr schlechtem Ergebnis

 

Schmuddeliges Zimmer, hygienisch bedenkliches winziges Bad, schlechtes Frühstück, schwächliches Restaurantessen, dazu Bauarbeiten im Haus sowie ein Haufen abgenutzter Tabletts von Housekeeping auf den Fluchtwegen als grobe Sicherheitslücke – der Bericht des Hotel-Testers liest sich wie ein Martyrium. Schlechter hat bislang nur das Sheraton am Frankfurter Flughafen bei den Quality Checks der renommierten Fachzeitschrift Tophotel  abgeschnitten, die weltweit bei solchen Tests die Hotels auf Herz und Nieren prüft. Wenigstens schneiden im Dorint Pallas in Wiesbaden die Bar und die Wellnessabteilung gut ab. Nach diesem Armutszeugnis fragt man sich, wie ein solches Hotel in die 5-Sterne-Luxuskategorie kommt, was nicht nur das Hotel beschädigt, sondern auch die Klassifizierung selbst. Der vollständige Test-Bericht ist hier nachzulesen: http://www.tophotel.de/index.php?4df749768899e|1