1

Adios: Die großartige Bodega Azul Perdido auf der Vulkan-Insel La Palma ist abgebrannt

Trinkfreude mit Tiefgang

 

Es ist und bleibt unser „Weingut des Jahres“

 

Von Ludwig Fienhold

 

Azul Perdido auf der Vulkaninsel La Palma ist unser „Weingut des Jahres“, was wir gerade mit Begeisterung verkünden wollten. Jetzt zerstörte ein Feuer das Anwesen. Nicht etwa durch einen Vulkanausbruch, sondern durch Bauarbeiten an einem Nachbargrundstück. Rüdiger Ewerth sieht sein Lebenswerk zerstört und hat auch nicht mehr die Kraft neu anzufangen, ein Nachfolger ist nicht in Sicht. Jetzt sind die allerletzten Flaschen im Umlauf, aber eins ist sicher: Diese wunderbaren Weine wird es nie wieder geben. Bei uns fließen Tränen in den Wein, wir hegen gegenüber diesem Weingut und den Menschen, die dahinterstehen, allergrößte Zuneigung.

Azul Perdido, das Weingut mit dem poetischen Namen „Verlorenes Blau“, wurde von dem Hamburger Rüdiger Ewerth und seiner Frau Diana über 25 Jahre lang betrieben. Schweißarbeiten am Nachbargrundstück hatten fatale Folgen und entfachten einen Brand, bei dem das Lager des Weinguts mit Maschinen, Fahrzeugen, Flaschen und anderem Material zerstört wurde. Hinzu kamen Streitigkeiten mit der Versicherung des Nachbarn, Fachkräftemangel und kräftezehrende Bürokratie. Das alles frisst die Energie auf und nagt an der Seele. Zuviel für einen auch noch so tapferen Winzer, der keine Mühe scheute in mühsamer Arbeit guten Wein aus Vulkanlöchern zu gewinnen. Für uns war Azul Perdido das beste Garagenweingut der Welt. Und kann auch mit vielen Großen sehr gut mithalten. Für alle Weine von Azul Perdido gilt: Trinkfreude mit Tiefgang.

Als Rüdiger Ewerth auf La Palama den ersten Wein erzeugte, gab es noch keine bekannten Weingüter auf den Kanaren. „Aber die erforderlichen Genehmigungen zur Abfüllung wurden mir damals verwehrt, erinnert sich Ewerth, „ich hatte einen zu guten Listan Blanco in deutschen Schlegelflaschen abgefüllt – ein Skandal!“ Nach einigen Experimenten und vielen Erfahrungen wurde Azul Perdido schließlich offiziell 2017 gegründet.

Der Name „Azul Perdido“ – das verlorene Blau, kommt von der Lage auf der Insel, es befindet sich auf der grünen Ostseite, wo sich oft die Wolken am Nachmittag aufschieben und den blauen Himmel verdecken. „Wir mögen das, auch mit den Passatwinden, die die kühle salzige Luft nachts durch die Bodega ziehen lassen und einen Einfluss auf unsere Weine haben, wie im Süden Spaniens im Sherry Gebiet. Besonders beim Listan Blanco, dem Ur-Palomino, und dem Maresia del Atlantico“, erzählte uns Rüdiger Ewerth bei unserem letzten Gespräch.

 

Diese Weine bleiben unvergessen

Der Rosé La Negra Tomaso (Bild ganz oben) erzählt die Geschichte der Indianos und des Carnevals und ist einer der besten und aufregendsten Weine dieser Spezies. Fleischig, saftig, würzig, mit zarter Karamellnote, einem Hauch Himbeere, einer Prise Walderdbeere und der mystischen Witterung von Vulkanrauch.  Grapefruit, Orangenzeste, Quitte, Kräuter sowie eine Minimaldosis Chinarinde bringen eine Aromatik von Botanical Drinks ein. Ein faszinierender Stoff, eigenständig, individuell und gloriously unstoppable.

Maresia del Atlantico

Dieser schlanke und feingliedrige Listán Blanco kommt aus der bekannten 300 Meter hohen Lage Las Machuqueras am Fuß des San Antonio Vulkans, begraben von einer meterdicken, schwarzen Ascheschicht. Er besitzt eine Finesse und innere Ruhe und Strahlkraft, wie sie nicht viele Weine auf dieser Welt haben. Es gibt keinen unruhigen Aromenzoff, alles an Natur der Insel scheint zusammenzufließen, fein und seidig. Düfte von Zitronenzeste beleben die Sinne, eine schöne Salzigkeit lässt die Meeresbrise spüren. Ein flirrender Stoff, der begeistert. Authentisch, La Palma at its best. Einer der besten und feinsinnigen Weißweine, die wir in den letzten Jahren weltweit getrunken haben.

 

Alma de Tacande

Unglaubliche und so kaum zu erlebende Cuvée aus Listan Negro, Negramoll, Tintilla, Baboso Negro, Viejariego Negro. Eine volle Supernase feinster Aromen, schwarzbeerig, elegant und fein wie ein Pinot Noir. Beschwingt und duftig, zart cremig, geschmeidig, ungemein saftig und vielschichtig.Vom ersten bis letzten Schluck einfach schön und charaktervoll. Wie ein sehr guter Burgunder, aber mit ganz eigenem La Palma Feeling. Toll gereift, der Jahrgang 2018 ist jetzt auf dem Punkt.

Flor de Tacande

Wieder so ein kleines Wunderwerk. Aus ungewöhnlichen und autochthonen Rebsorten, Listan Negro, Negramoll, Baboso Negro, Viejariego Negro. Wenn dieser Wein nicht so eigenwillig wäre, könnte man ihn vielleicht als französischen Pinot Noir verstehen. Er kommt auch sanftmütig und durchaus fein daher, doch dann brodelt der Vulkan in ihm und gibt Asche, Teer und Gewürzfeuer frei. Nein, das ist auch kein Barolo, wenn er auch Gemeinsamkeiten mit ihm hat, das ist ein ungestümer Wilder mit freundlicher Ausstrahlung. Saftige Kirsche, Schlehe, Wurzelwerk, Erde, Pilze, mit süßem Kern mit reifer Kirsche. Ein Wein wie er vielleicht nur auf La Palma entstehen kann, zumindest wenn Könner am Werk sind. Seinen ganzen Charakter entfaltet er nach 20 Minuten. So viel Zeit muss sein.

Es gab noch mehr Weine, dies ist nur eine Auswahl, stellvertretend für die große Qualität. Die Weine von Azul Perdido waren schon immer stark limitiert, meist gab es nur wenige hundert Flaschen. Wir möchten nicht aufhören unsere Begeisterung in die Welt zu rufen, aber wir haben nur noch ganz wenig im Glas. Tieftraurig und doch glücklich, dass es ein solches Weingut überhaupt gab, schließen wir.

Rüdiger und Diana Ewerth

Vielleicht gibt es noch ein paar Flaschen beim Alleinimporteur „Wein am Limit“ von Hendrik Thoma, mit etwas Glück findet man auch noch die eine oder andere Flasche auf den Kanaren. 




Neueröffnung: Zwei-Sterne-Koch Jochim Busch startet mit Restaurant Rausch

Frankfurt: Aus dem Gustav wird das Rausch

 

Wird es wieder das beste Restaurant der Stadt?

 

 

Seit vielen Wochen werden schon die Möbel in den Reuterweg 57 geschleppt, seit dem 1. Juli hat das Restaurant geöffnet: Aus „Gustav“ wurde „Rausch“. Der Zwei-Sterne-Koch Jochim Busch will mit seinem Partner Philipp Günther neu in die Selbständigkeit starten. Für BISS war vor 10 Jahren das Gustav mit Jochim Busch die erfreulichste Neueröffnung seit langem. Wir hoffen, dass wir bald wieder zu einer solch enthusastischen Aussage kommn können.

Alles wird anders und basiert doch auf der gleichen Grundhaltung: Höchster Qualitätsanspruch. Das Rausch will nicht eine Fortsetzung des alten Gustav werden, zumal es auch mit einem neuen Team aufgestellt sein wird, vor allem ohne das ehemalige Betreiber-Paar Scheiber, das inzwischen das „Sommerfeld“ im Bahnhofsviertel führt.

Jochim Busch und Philipp Günther (l. und r. im Bild oben) kennen sich bereits seit 15 Jahren, damals haben sie im Brenners Park-Hotel in Baden-Baden gearbeitet. Jochim Busch kam anschließend in den Frankfurter Tigerpalast, Philipp Günther arbeitete in Australien und auf einem kleinen Luxus-Segler, bevor auch er wieder nach Frankfurt kam und sich die Wege der beiden dort in der Gastronomie erneut kreuzten. Inzwischen verbindet beide eine langjährige Freundschaft und nun auch das erste gemeinsame Restaurant.

„Wir haben die Räumlichkeiten nach unseren Vorstellungen komplett umgestaltet, man betritt das Restaurant künftig über die Terrasse, die im Sommer mit Lounge-Möbeln ausgestattet ist. Und dann steht man schon direkt in der Küche, dem Herzstück des Restaurants”, erklärt Busch. An zwei Tischen direkt im Eingangsbereich haben Gäste die Möglichkeit, auf Wunsch einen Aperitif zu nehmen und entspannt mit Koch und Gastgeber ins Gespräch zu kommen, bevor es an den Platz geht. Drei Räume reihen sich im Halbkreis aneinander und lassen erkennen, dass hier mehrere kleine Ladengeschäfte des Gründerzeithauses miteinander verbunden wurden. Das Farbkonzept besteht aus teils erdigen und puderig-warmen Tönen, dunkles Ochsenblutrot, Altrosa und Graubraun.

Das Interieur wurde mit natürlichen Materialien gestaltet, zwei große dunkelrote Tische sind Eyecatcher, die anderen Tische haben eine gebeizte Holzoberfläche. Hochwertige dänische Möbel von Muuto, handgefertigtes Geschirr und ei netzartiges Beleuchtungskonzept von Artemide, das sich durch die Decken jedes Raumes zieht, vervollständigen das individuelle Konzept.

Ungeachtet vieler optischer und kulinarischer Neuerungen, wird es ein Wiedersehen mit Klassikern aus Buschs Repertoire geben. Immerhin steht er für eine in Frankfurt unerreichte feinsinnige, filigrane und emotionale Küche. Auch die neue Speisekarte soll Leichtigkeit zeigen. Im Fokus steht dabei der Geschmack der Heimat. „Regionalität und Saisonalität ergeben sich für uns ganz natürlich, allerdings machen wir kein Dogma daraus. Wir verbinden die deutsche Küche mit Lebensfreude und Esprit, und unsere Gäste sollen einfach eine genussvolle Zeit bei uns verbringen. Für uns gibt es keine vorgegebenen Linien, wir wollen uns in keiner Hinsicht einschränken, sondern frei und innovativ kochen“, meint Jochim Busch. Wie schon zuvor, verwendet er viel Gemüse und will eine gute Balance zwischen Neuem und seinen weiterentwickelten Klassikern finden, wie etwa der dehydrierten Roten Bete oder dem gebeizten Saibling in durchdeklinierten Varianten. Wer kein Menü essen möchte, bestellt à la Carte, besondere Gerichte wie das Perlhuhn in zwei Gängen sind für zwei Personen konzipiert.

Rauschig: „Aktuell umfasst unsere Weinkarte über 500 Positionen mit einem Schwerpunkt auf Europa mit allem, was schmeckt, was zu unserer Küche passt und handwerklich gut gemacht ist“, sagt Gastgeber Philipp Günther. Rausch ist ein schöner Name und hätte auch gut zu einem Konzept für eine Wein-Bar gepasst. Rausch steht nicht per se für Trunkenheit, sondern für einen überglücklichen und ekstatischen Zustand. Nietzsche war der Philosoph des Rausches. Von ihm stammt der aphoristische Enthusiasmus-Gedanke „Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.“

Ludwig Fienhold

 

Jochim Busch (l.), Philipp Günther

Das Rstaurant Rausch bietet Platz für insgesamt 30 Gäste, es steht ein offenes Separee für bis zu 12 Personen bereit. Das Restaurant hat von Dienstag bis Donnerstag ab 18.30 Uhr geöffnet, am Freitag von 12 bis 14 Uhr und ab 19 Uhr. Am Wochenende bleibt das Restaurant geschlossen, perspektivisch können samstags exklusive Buchungen und ausgewählte Events stattfinden.

Weitere Informationen bald unter 

www.rauschrauschrausch.com

 

Fotos: Rausch, Fienhold




Simon Kieslich ist neuer Küchenchef im Schloss Johannisberg im Rheingau

Wie anspruchsvoll darf man als Ausflugsziel sein?

 

Das Parkhotel Favorite in Mainz, das ein bemerkenswertes Sternerestaurant betreibt, ist mit seiner kulinarischen Expertise seit Mai als Partner von Schloss Johannisberg in Geisenheim für die Schlossschänke sowie den Eventbereich verantwortlich. Simon Kieslich wurde als neuer Küchenchef die führende Kraft in der Gastronomie. Er war jahrelang Souschef von Tobias Schmitt, der vor seiner Zeit in Mainz als Souschef von Andreas Krolik im Frankfurter Lafleur arbeitete.

Die Schlossschänke ist ein sehr bekanntes Ausflugsziel im Rheingau und lockt Gäste aus der Umgebung und Touristen aus aller Welt an. Darin liegt die Attraktivität, aber auch die Herausforderung für eine Küche, die anspruchsvoll sein will, aber auch nicht zu individuell auftreten kann. Das Lokal verfügt mitsamt Terrasse über mehr als 200 Sitzplätze. Es gibt hervorragende Köche, die aber nur mit bis zu 40 Plätzen Qualität liefern können. Auch das ist Hürde und Bürde.

Jetzt soll Simon Kieslich die Gastronomie voranbringen und dabei „seine Handschrift frei entfalten“, wie es offiziell heißt. Von einem sehr gut gemachten Kalbsschnitzel bis hin zu einem am Tisch filetierten Steinbutt oder einer klassischen Seezunge will die Küche „modern interpretierte Vielfalt“ zeigen.

Zuvor hatten sich schon einige gute und renommierte Köche der Schlossschänke angenommen und sich daran die Zähne ausgebissen. Zuletzt stand Bruno Sojer dort am Herd, der unter anderem beim großen Heinz Winkler tätig war und mit dem italienischen Spitzenkoch Paradi Mimmo Nicoli sowie dem legendären Alfred Friedrich zusammenarbeiten konnte. Bruno Sojer hielt es nur kurz im Rheingau. Der hoch talentierte Sternekoch Dirk Schröer führte 2017 die Schlossschänke und stieg schon ein Jahr später wieder aus, um die Weinschänke Groenesteyn in Kiedrich zu übernehmen – neuerdings betreibt er das Restaurant Baiken in Eltville. Die Schlossschänke Johannisberg hat manchen hervorragenden Koch kommen und gehen sehen. Es ist ein schöner, aber kein einfacher Ort.

Ludwig Fienhold

 

Fotos: Laura Schnier, Schloss Johannisberg




Wein-Beben im Rheingau: Florian Richter verlässt das Kronenschlösschen und geht zur Sektkellerei Schloss Vaux

Ein Sommelier auf Abwegen: Herber Verlust für das Wein-Hotel in Hattenheim

 

Florian Richter ist einer der besten und bekanntesten Sommeliers in Deutschland und ein Aushängeschild für den Rheingau. Deshalb ist es auch keine läppische Personalie, dass er das Hotel Kronenschlösschen (Bild oben) im Rheingau verlässt und ab Juni in Diensten der Setkellerei Schloss Vaux in Eltville steht. Der Wechsel wirft Fragen auf. Dass Richter nach 12 Jahren dem Kronenschlösschen den Rücken kehrt mag man vielleicht noch nachvollziehen können, doch hätte man dann einen Neuanfang in einem renommierten Hotel oder Restaurant erwartet und nicht ausgerechnet in der Sektkellerei Schloss Vaux.

Sommelier Florian Richter

Dass wir die Erzeugnisse von Schloss Vaux nicht schätzen ist kein Geheminis, doch waren wir sicher, dass sie auch nicht ins anspruchsvolle Geschmacksbild von Florian Richter passen, der sonst für ganz andere Weingüter von Format steht.  Welche Rolle genau Florian Richter bei Schloss Vaux spielen wird, muss sich noch erweisen. Er selbst spricht von neuen Projekten, die der Genusssteigerung dienen sollen. Schloss Vaux ist eine Aktiengesellschaft, an der 62 Aktionäre beteiligt sind. Für das Kronenschlösschen in Hattenheim, das auch für das legendäre Rheingau Gourmet & Wein Festival verantwortlich zeichnet, ist der Abgang von Florian Richter ein herber Verlust. Das Restaurant hatte bereits seinen Michelin-Stern verloren, was zu verschmerzen ist, der Verlust von Florian Richter wiegt weit schwerer.

Ludwig Fienhold

Fotos: Barbara Fienhold




Casa Pintor: Tapas & Vino gefühlsecht

Ein seltenes Stück

Spanien in Frankfurt

 

Tapas e Vino, wo gibts das schon in Frankfurt? Wo findet man, was man so gerne als gute Erinnerung aus dem Spanien-Urlaub mit nach Hause nimmt und dort weiter erleben möchte? Die Casa Pintor liegt nicht am Meer, sondern recht bescheiden im Frankfurter Bornwiesenweg, unweit des Oeder Wegs. Aber es ist seit 28 Jahren ein kleines Stück Heimat für jene, die Spanien pur erleben möchten. Schlicht, aber keineswegs anspruchslos.

Das Lokal ist so schräg und gleichzeitig geradlinig geblieben, wie es immer war. Kein schicker Pudel, sondern ein unfrisierter Straßenköter. Aber einer mit Charakter. Nicht nur Singles, auch Pärchen nehmen gerne auf den Hockern am Tresen Platz. Der winzige Logenplatz neben dem Eingang, ein Stehtisch mit zwei Hockern, ist eng, und doch zwängen sich manche gerade hier hinein, weil man von dort das ganze Lokal im Blick hat. Die Tische mit den Bänken und ihren hohen Rückenlehnen werden von Vierergruppen bevorzugt. Diese Plätze gab es früher so nicht und sind der Corona-Politik nach Distanz geschuldet. Man hört das Gerede nebenan nicht mehr, aber man kann auch nicht mehr so einfach Tische übergreifend mit Sitznachbarn ins Gespräch kommen. Die Gäste gleichen den Kacheln an der Theke, einige sind gut in Schuss, bei anderen blättert der Lack, manche haben einen Sprung. Die Mischung ist erstaunlich, man hat es mit einem bunten Haufen an Individualisten zu tun. Rüstige und redselige Ältere und junge Pärchen, Singles mit einem letzten Glas zum Müde- oder Wachwerden, je nach Laune und Uhrzeit. So ist das bei einem Stadtteil-Treffpunkt, der Kneipe an der Ecke.

Jose Manuel Perez Fincias

Auf solche Tapas wie hier hat man immer Lust. Sie werden nicht schick inszeniert, aber ansprechend angerichtet und vor allem herzhaft gewürzt. Klassiker wie Gambas al Ajillo, Chorizo frito oder Albóndigas con Tomate sind jene Happen Heiterkeit mit denen man gerne seinem Wein zu einer netten Begleitung verhilft. Gut sind auch die Miesmuscheln in Weißweinsauce (oder picante) und die kalten Gambas mit Zwiebeln und Paprika. Den Tagesempfehlungen auf einer Schiefertafel kann man ebenso vertrauen, wie den Tapas in der Vitrine. Das schöne hausgebackene Sauerteigbrot eignet sich hervorragend zum Saucentunken. Die meisten Tapas sind noch bis Mitternacht zu haben.

Küche und Service kommen aus allen möglichen Ländern, vor allem Südamerika, Köchin Liliana ist schon ewig dabei. Patrón José, der aus Zamora in der Region Castilla y León stammt, hat in seinem Lokal als Koch, Kellner und Weinberater gearbeitet und ist so oder so der gute Geist des Hauses. Inzwischen auch der Weingeist.

Bei unseren ersten Besuchen war die Weinkarte von allen guten Geistern verlassen, das hat sich längst geändert. Es gibt 40 Flaschen, vier im offenen Ausschank, alle stehen sie unter dem Diktum „ordentlich und bezahlbar“. Ein einfaches Beispiel dafür ist der Verdejo aus der Region Rueda, so etwas wie der Hauswein (5,90 € das Glas, 0,2l). Wer einen richtig guten und doch preiswerten Wein trinken will, greift zum Acustic Blanc von der Bodega Acustic aus Katalonien. Ein zitrusfrischer, saftiger, cremiger und harmonischer Wein aus verschiedenen interessanten Rebsorten (Flasche 31 €). José will alsbald auch wieder sein erstklassiges eigenes Olivenöl anbieten. Es sind solche persönlichen und selten gewordenen Adressen, die Frankfurt liebenswert machen. Sie sollten unter Artenschutz stehen.

Ludwig Fienhold

Fotos: Barbara Fienhold

 

Casa Pintor, Frankfurt, Bornwiesenweg 75, Tel. 069 597 37 23. Geöffnet 18 – 1 Uhr, Sonntag + Montag zu.

www.casapintor.de




JW Marriott Frankfurt: Eröffnungsfeier im neuen Restaurant Greta Oto

Farbenfrohes Flair und

südamerikanische Küche

sollen Gäste locken.

 

 

Für einen Abend wurde das neue JW Marriott zur Hüpfburg. Mit viel Wirbel und Samba-Rhythmen verwandelte sich das Hotel in einen Tanzsaal. Gefeiert wurde die Eröffnung des neuen Restaurants Greta Oto. Allein die frohe Farben des Interieurs hätten zwar für ausreichend gute Laune gereicht, aber offenbar wollte man seine Freude besonders laut kundtun.

Das neue Restaurant will sich optisch und kulinarisch südamerikanisch präsentieren. Die Partyhäppchen gingen im Getöse unter und waren weniger spicy als die Tänzerinnen. Den besten Eindruck vemittelte der einsatzfreudige Service, vor allem das Bar-Team von André.

Die Lobby-Bar, die zuvor beim Jumeirah Hotel ein kümmerlicher Appendix war, zeigt sich nun durch mehr Größe und eine neue schwungvolle Treppe deutlich attraktiver. Die Treppe ist nicht allein eine optische Bereicherung, sondern verbindet das Hotelentree mit dem Restaurant, das zuvor nur über den Lift zu erreichen war. Wenn jetzt noch die kleine Terrasse erweitert und nicht nur als Raucherecke genutzt würde, könnte das Hotel noch mehr gewinnen. Offiziliell soll eine Art Wintergarten entstehen, wovon noch nichts zu sehen ist. Man sollte sich beeilen, die Terrassen-Saison hat begonnen. Es gibt kaum jemand in der Stadt, der nicht draußen sitzen möchte. Man müsste sich bei der Hotelleitung auch verstärkt ein Bild von der Stadt und seinen Hotels machen, von denen es kaum eines geschafft hat, sich durch die Gastronomie bei den Frankfurtern beliebt zu machen.

Ludwig Fienhold

Fotos: Barbara Fienhold

 

Siehe auch Biss-Artikel

Anne Drescher ist neue Hoteldirektorin des JW Marriott in Frankfurt

Restaurantleiter Javier Villacampa