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Die Vulkan-Weine von Lanzarote machen Furore

Der Ruhm befeuert

auch die Preise

 

Zwei Topweingüter

sind am Ende,

Newcomer rücken nach

 

Von Ludwig Fienhold

Die einzigartigen Vulkan-Weine von Lanzarote machen Furore. Das liegt an der ungewöhnlichen Anbauweise und der hohen Qualität, die zumindest die Spitzen auf der Insel erreichen. Durch das gewonnene Image und die extrem limitierte Ernte sind auch die Preise stark gestiegen, sehr zum Verdruss von Einheimischen und Touristen. Es ist noch gar nicht lange her, da konnte man eine gute Flasche für acht bis zehn Euro bekommen, inzwischen erreichen sie fast das Doppelte, am Flughafen von Arrecife heben die Preise völlig ab. Man darf bei all dem aber nicht vergessen, unter welch harten Arbeitsbedienungen die Weinbauern die Reben in den Vulkanasche-Trichtern kultivieren, die auf der Insel verteilt liegen, denn einen übersichtlichen Weinberg in unserem Sinne gibt es nicht. Vor allem die Weine der ambitionierten Bodegas, die ausschließlich auf endemische Arten und hohe Qualität setzen, sind ihren Preis wert.

Die Weine wachsen in Erdlöchern aus Vulkanasche

Ausgerechnet das Avantgarde-Projekt Puro Rofe (Reine Asche), das die revolutionäre Entwicklung auf Lanzarote maßgeblich in Bewegung brachte, ist am Ende. Dies hat keine wirtschaftlichen Gründe, die Weine haben es in viele Toprestaurants in Spanien geschafft, einige renommierte deutsche Weinhändler führen sie im Programm und überschlagen sich vor Begeisterung. Das jähe Ende hat persönliche Gründe, die beiden Köpfe des unkonventionellen Projekts, der Winzer Carmelo Peñas und der Weinhändler Rayco Fernández, haben sich heillos zerstritten. Peñas hat inzwischen mit Jable de Tao sein eigenes Weingut gegründet und den ersten Jahrgang auf den Markt gebracht. Das Ergebnis sind keine gefälligen Touristen-Tröpfchen, sondern Weine mit Ecken und Kanten.

Carmelo Pena vom Weingut Cable de Tao

Eines der Spitzenweingüter, die Bodegas Reymar von Francisco Perdomo in Mancha Blanca, ist nach 30 Jahren ebenfalls Geschichte. Der Blanco Malvasia Seco gehörte zum Besten, was man auf der Insel bekommen konnte, die 32.000 Flaschen Jahresproduktion blieben fast ausnahmslos auf Lanzarote. Das mit der Winzerfamilie freundschaftlich verbundene Restaurant Bodega de Uga wird noch die eine oder andere Flasche haben und vielleicht auch etwas von der nur fürs Lokal bestimmten exzellenten Sonderabfüllung. Auch von Puro Rofe und der schlanken und preiswerteren Linie Soco sind weiterhin Flaschen im Umlauf, die letzten ihrer Art.

Titerok Akaet

Es sind nicht die allgegenwärtigen Mainstream-Weine, die das Image von Lanzarote gehörig aufpoliert haben, sondern Avantgarde-Weingüter wie Titerok Akaet, die ausschließlich die autochthonen Reben von Lanzarote verwenden. Ein Lanzarote-Wein sollte dem Gesetz nach auch nur aus Trauben von der Insel bestehen, doch der Verdacht liegt nahe, dass sich nicht alle Weingüter daran halten und vom Festland Material dazukaufen.

Marta Labanda und Juan Daniel Ramirez von Titerok Akaet (so nannten die Ureinwohner die feuerroten brennenden Berge des Timafaya-Vulkans) setzten nur auf Terroir-Weine, bei denen nicht mit Hektar, sondern Parzellen und kleine Einzellagen gerechnet und gearbeitet wird. Das Ergebnis sind puristische unverfälschte Weine aus den Rebsorten Malvasia Volcanica, Listan Blanco und Diego, die natürlich und ungeschminkt schmecken: Der burgundisch anmutende und zart von Kräutern und einer salzigen Meerbrise begleitete Paraje, ein knackiger Volcan de la Corona oder ein salzig würziger Finca Guatisea. Als Einstiegsweine in diesen Vulkan-Kosmos eignen sich am besten der frische und leicht prickelnde Barranco del Obispo und der saftige, umwerfend trinkfreudige und gute Laune machende Rosé Ye-Ye.

Puro Rofe, Soco, Lanzarote

Längst wollen viele große und kleine Weinkellereien vom neugewonnen Ruf profitieren, plötzlich entstehen hier und dort eilig ummauerte Vulkantrichter, gehen mehr Flaschen als „Lanzarote“-Weine in den Umlauf als es die kleine Insel eigentlich hergeben könnte. Gerade jetzt ist es wichtig, die guten und zuverlässigen Bodegas zu kennen, die schon immer Qualitäten erzeugten. So wie Martinón in Masdache im Weinzentrum und Naturschutzgebiet La Geria, das vom Museum of Modern Art in New York in den 60er Jahren zum Gesamtkunstwerk erklärt wurde.

 

Die Newcomer

 

Amor von der Bodega Erupcion

Amor Lopez, Bodega Erupcion

Die Weinszene auf der Vulkan-Insel brodelt. Vor allem kleine Weingüter schießen mit flammenden Eifer aus dem Boden. Amor López hat ihre Bodega in Tao ganz passend Erupción getauft. Dies steht für Lanzarote, geht aber auch mit ihrem impulsiven Temperament einher. Ihr satter würziger Listan Negro „Luz de Obsidiana“ 2022, ist derzeit der beste Rote auf Lanzarote. Die 37,50 € sind jeden Cent wert, es gibt nur 5.250 Flaschen.

Tisalaya

Noch geringer ist die Produktion von Tisalaya in Tinajo, das wahrhaftig ein Garagenweingut ist. Miguel Morales Morin erzeugt lediglich drei verschiedener Weine, die alle gut sind, wobei sein salzig-frischer und leicht kräuterhafter Tisalaya aus der Rebsorte Diego, Jahrgang 2021, begeistert. Unter den Newcomern steigt gerade die Bodega Althay auf, deren Weine vielversprechend sind. Der Blanco aus Malvasia, Listan Blanco und Diego zeigt trotz der mineralischen und salzigen Insel-Charakteristika eine weniger bekannte Seite und schüttet einen ganzen Obstkorb aus, ohne dabei eine kitschige Frucht zu entwickeln. Schön schlank und saftig ist er, voluminös und doch nicht fett. Der eigenwillige Rosé (Listan Negro, Malvasia) wiederum ist ein gut gemachter Naturwein, der mehr orange als rosa schimmert und durch delikate Aromen von Apfel, Hagebutte und Orangenzeste in Erinnerung bleibt. Die neue Bodega Althay breitet sich gerade in Geria aus und baut dort ein Boutique-Hotel und eine Vinothek. Dem Respiro der aufstrebenden Bodega Olivina muss man besonders viel Luft nach dem Öffnen gönnen, er kommt erst nach einer halben Stunde aus sich heraus. Dann aber zeigt der schön trockene Malvasia, was in ihm steckt. Straight wie ein knackiger Riesling und nur diskret fruchtig, sorgt er für  einen dynamischen Trinkfluss.

Althay, Lanzarote

Vor allem ein junger Winzer erregt in diesen Tagen Aufsehen. Der 28 Jahre alte David Fernandez aus Tao hat die verlassenen Weinberge seiner Familie und anderer Verwandter umgewandelt, um daraus Weine der Extraklasse zu machen. Er legt ein eindrucksvolles Repertoire vor, speziell sein Wein namens Maho (so hießen die Ureinwohner Lanzarotes) ist großartig. Dieser goldgelbe geschmeidige Wein erhält seine ausgeprägte runde Art und die feinen Aromen von Nuss und Brioche bei der Reifung durch einen längeren Kontakt mit der Feinhefe. Solch ein Maul voll Wein macht Lust auf mehr.

Dennis, Weinbar Sede

Einige der wenigen Toprestaurants von Lanzarote favorisieren die Inselweine, vor allem im Tegala in Macher nimmt man sich engagiert den besten dieser Spezies an und setzt sie auch glasweise bei den Menüs ein. Niemand hält so viele gute spanische Weine bereit wie die Weinbar Sede in Playa Honda. Auch die Erzeugnisse von Lanzarote, die man sonst kaum bekommen kann, werden dort ausgeschenkt, die meisten sogar glasweise. Dennis Zinn und seine Mutter Susanne haben das Lokal zum lebhaften Treffpunkt für Trinkfreudige und Weinkenner gemacht.

Fotos: Barbara & Ludwig Fienhold

 




Vincent Charlot: Champagner des Jahres

Großer Stoff für Feintrinker

 

Qualität, Finesse & Leidenschaft

 

Von Ludwig Fienhold

 

Wir haben in diesem Jahr viele gute Champagner getrunken, waren aber ganz besonders von den feinsinnigen Perlen von Vincent Charlot begeistert. Der Champagner-Winzer aus Mardeuil bei Reims ist vom Terroir beseelt und holt aus jeder noch so kleinen Parzelle etwas Großes heraus – im Schnitt meist 20 verschiedene Champagner im Jahr, die eins verbindet: höchste Qualität, Finesse und Leidenschaft.

Als stark naturverbundener Winzer besinnt sich Vincent Charlot (im Bild oben) auf biologischen und biodynamischen Weinbau. Die Weine reifen in gebrauchten Holzfässern, erfahren keine Schönung oder Filtration und werden Brut und Extra Brut ausgebaut (Dosage mit 2 bis 4 Gramm Restzucker). Das tut nicht nur dem Champagner und seinem Geschmack gut, sondern lässt ihn auch bekömmlicher werden.

Ein Champagner von Weltklasse ist der L´Or Des Basses, ein Blanc des Blancs Millésime 2015. Er stammt aus einem einzigen kleinen Weinberg von 0,4 Hektar, in dem noch alte Chardonnay-Reben wachsen. Ein flirrender lasziver Champagner, der frisch und leicht nach salziger Meeresluft schmeckt und durch subtile Aromen enthusiastisch stimmt. Bei jedem Glas bekommt man mehr Lust auf das nächste.

Mit sich und der Welt in Balance, zeigt sich der edelperlige und straffe Le Fruit de ma Passion Extra Brut 2019. Ein feiner Stoff, der zart nach Brioche und Butter duftet. Die Cuvée aus Pinot Meunier, Chardonnay und Pinot Noir liegt 42 Monate auf der Hefe. Ob man mehr Muskatnuss, Mandeln oder weißem Pfeffer herausschmeckt, ist weniger wichtig. Vor allem hat man es mit einem komplexen Charakter zu tun, der durch seine durchdachte Präzision und Perfektion besticht.

Gregor Bernd (l.) und Vincent Charlot

Ein Meisterwerk ist der Clos des Futies Extra Brut 2012 aus Chardonnay und Pinot Noir. Er belegt, wie genial ein reifer Champagner schmecken kann. Eleganz und Energie. Ruhige Kraft. Reifes Obst, ein wenig Karamell und etwas Brioche. Und ungemein frisch dabei. Man kann Champagner anders machen, aber nicht besser.

Als faunisches Wesen verbindet die Cuvée 7ième Ciel 2018 Lustvolles mit Tiefgang. Sie ist nicht nur frisch und saftig, sondern tiefgründig. Einen besonderen Kick bringt die historische und autochthone Rebsorte Arbane ein, die neben Petit Meslier, Chardonnay und Pinot Noir das Quartett vollendet.

Auch die Rosé-Champagner offenbaren die Klasse, mit der sich Vincent Charlot ein eigenes Champagner-Universum geschaffen hat. Der Honoré 2016 aus Pinot Noir ist ein duftiges florales Energiebündel aus roten Früchten, aber ganz kitschfrei und Extra Brut. Dass Champagner vor allem ein Wein ist, wird beim L´écorché de la Genette Extra Brut 2013 noch deutlicher, wobei er ungemein fleischig und kraftvoll den Mund massiert. Ein toller Rosé und ein Champagner für Rotweinfreunde.

Coteaux Champenois kann speziell und schwierig sein, doch bei Charlot fällt dieser Stillwein aus der Champagner ebenfalls exzellent aus. Glasklar, messerscharf präzise und mit viel Grip sorgt der Chardonnay Les Blanches Cuisses 2022 für Furore im Glas. Frisch, supertrocken, leicht salzig und etwas rauchig, ein Sonderfall des guten Geschmacks. Mineralisch, puristisch und sanft im Grundton, strahlt der Coteaux Petits Mesliers 2022 durch seine geradlinige Art Würde aus – still, aber nicht leise. Ein großartiges Beispiel, wie stark auch die Stillweine in der Champagne sein können.

Gregor Bernd

Wir kennen niemand in der Champagne, der sich derart obsessiv auf kleinstem Terrain parzellenweise mit dem Terroir einlässt. Insgesamt besitzt Vincent Charlot 14 Hektar. Er bringt zwischen 17 und 27 verschiedene Champagner im Jahr auf den Markt, die meisten stark limitiert, von einigen gibt es gerade einmal 300 Flaschen. Die gesamte Jahresproduktion beträgt lediglich 40 000 Flaschen.

Vincent selbst nennt sich „Terroir-Weinbauer“. Er bedient sich ausschließlich eigener Weinberge aus sechs verschieden Orten. Verwendet werden die klassischen Sorten Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier, aber auch fast vergessene historische wie Arbane und Petit Meslier. Bei Vincent geschieht alles in Handarbeit.

Gregor Bernd, der In Frankfurt die fabelhafte und ungewöhnlich sortierte Wein & Champagner-Bar „Gregors Boutique Vinothek“ betreibt, bietet mit 18 verschiedenen Champagner so viele Flaschen von Vincent Charlot wie kein anderes Lokal in Deutschland an. Bei einer großen und von Vincent Charlot persönlich moderierten Verkostung von einem guten Dutzend dieser herausragenden Champagner konnte man sich bei ausverkauftem Haus ein gutes Bild von der Qualität machen.  Luigi Fabbri begleitete die Perlen mit schönen Edelhappen (siehe Luigi Fabbri: Partnerschaft von Pasta-Meister und Wein-Enthusiast).

Gregors Boutique Vinothek, Frankfurt, Bockenheimer Landstraße 47, Tel. 069 50 92 74 55.

www.gregors-wein.de

info@gregors-wein.de

Mo – Do 16 – 23 Uhr, Fr 16 – 00 Uhr, Sa 11 – 00 Uhr, So geschlossen.

Fotos: Barbara Fienhold

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Eklat in der neuen Weinstube im Römer

Markus Rudeck

hat das Lokal verlassen

 

Nur wenige Wochen nach der Eröffnung der „Weinstube im Römer“ hat der für die Küche verantwortliche Markus Rudeck das Lokal verlassen. Der gelernte Metzger sorgte für eine sehr gute Rustikalküche, seine selbstgemachten Leberknödel waren großartig. Zwischen ihm und dem Betreiber kam es zum Zerwürfnis. Rudeck fuhr am Wochenende mit seinem Wagen plus Anhänger vor die Gaststätte und schleppte von Freunden unterstützt seine Utensilien aus der Küche. Der rasante Abgang wurde dem Vernehmen nach durch finanzielle Streitigkeiten ausgelöst. Uns ist diese Nachricht deshalb so wichtig, weil es sich bei der Adresse Römerberg ohnehin schon um einen gastronomisch vernachlässigten und prominenten Platz handelt, der durch die „Weinstube im Römer“ unter neuer Leitung und mit anderer Besetzung eine Aufwertung erfahren hätte können. Vor allem hatten wir in unserem ersten Artikel über das Lokal ganz besonders die Küche von Markus Rudeck herausgestellt.  Das Lokal hat zwar weiterhin geöffnet und bietet die gleiche Speisekarte, aber der hoffnungsvolle Start wurde nun jäh unterbrochen, der für die Gerichte verantwortliche Rudeck steht nicht mehr in der Küche der „Weinstube im Römer“.

Siehe auch BISS-Artikel „Zwei neue Lokale für den prominenten Römerberg“