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Rosé Wein: Der Durst des Sommers

Unsere Favoriten für

Terrasse, Strand und Meer

 

Von Ludwig Fienhold

Rosé ist mehr als ein Wein, er ist der Duft und der Durst des Sommers. Oft ist er nur ein leichter beliebiger Lifestyle-Drink, er kann aber auch Qualität zeigen. Wir stellen einige unserer persönlichen Favoriten vor, die Geschmack und Persönlichkeit ins Glas bringen.

Azul Perdido

Auf der Kanaren-Insel La Palma brodeln die Vulkane noch immer, 2021 flossen wieder Lavaströme. Glühende Leidenschaft zeigt die Bodega Azul Perdido bei ihren ungewöhnlichen Weinen. Das Garagenweingut von Rüdiger Ewerth ist so individuell wie die ganze kleine Vulkan-Insel. Der Rosé wird aus autochthonen Rebsorten erzeugt, die es teilweise sonst kaum noch gibt: Negramoll, Listan Blanco, Albillo Criollo und Viajariego Blanco. Der Clarete, Jahrgang 2021, ist ein fleischiger, saftiger, kompakter, runder und weicher Rosé. Ganz trocken, keine kitschige Frucht, nur ein wenig Cranberry, Kirsche, Hibiskus sowie ein Hauch Kräuter. Lustmacher erster Klasse. Ein vitaler Stoff, auch für Rotweinfreunde. Für uns jedenfalls einer der besten Rosé-Weine auf diesem Planeten. Mit einem schönen lyrischen Namen. Azul Perdido, verlorenes Blau.

Marta & Juan von Titerok Akaet

Titerok Akaet nannten die Ureinwohner die feuerroten brennenden Berge des Timafaya-Vulkans auf Lanzarote. Das kleine Weingut gleichen Namens hat nur Gutes und Einzigartiges zu bieten. Oft sind Rosé-Weine nur Abfallprodukte der Rotweinherstellung, hier reiht er sich in die Linie der Topweine mit ein. Der Rosé Ye-Yé ist super saftig, wildbeerig und prall und verhilft zu einer dynamischen Trinkgeschwindigkeit. Gloriously unstoppable.

Die Domaine de Marchandise schenkt uns einen köstlichen, nach praller Lebensfreude und Sinnlichkeit schmeckenden Rosé-Wein ein. Er schwebt in perfekter Harmonie über die Zunge und zeigt sich frisch, saftig, dicht und präzise in Ausdruck und Aromatik, wobei ihn ein Hauch Waldbeeren und ein Touch Grapefruit abrunden. Der Rosé Côte de Provence  aus den Rebsorten Syrah, Grenache und Cinsault lädt durch seine kühle Noblesse zum Weitertrinken ein.

Jeany & Stephen von Mirabeau

Die Rosé-Weine von Mirabeau sind duftig, geschmeidig, elegant und so harmonisch, wie man sich das ganze Leben wünscht.  Sie lächeln freundlich, aber in einer erfreulich trockenen Art, denn alle Weine haben unter einem Gramm Restzucker, was Geschmack und Bekömmlichkeit steigert. Uns gefällt die ganze Palette, aber der fabelhafte Mirabeau Rosé Classic zeigt alles, was ein erstklassiger Wein dieser Provenienz an Eigenschaften mitbringen sollte. Er ist feinsinnig und anregend, seidig und saftig, blitzblank sauber und so anschmiegsam, dass er lange im Mund bleibt. Über allem schwebt ein Hauch von Pfirsich, Himbeere und Erdbeere, pointiert durch frische Kräuter und einen Touch Minze. Ein armer Tropf, wer davon nicht mehr als ein Glas haben möchte. Der Pure fällt ähnlich aus und gestaltet sich doch etwas anders. Bei ihm dominiert trotz seines zarten Blütendufts eine salzige Mineralität. Nuancen von rosa Grapefruit und Pfirsich bereichern den Wein auf ganz dezente Weise. Ein feiner delikater Stoff, wie er nur aus der Provence kommen kann.

 

Bezugsquelle für Top-Rosé, wie Titerok-Akaet und Azul Perdido: www.weinamlimit.de

www.maisonmirabeau.com

 

Photocredit: Maison Mirabeau, Barbara Fienhold




Dancing Nietzsche: Der verrückteste Rosé aller Zeiten

Oxer Bastegieta:

Ein großer Wein von

einem ungewöhnlichen

baskischen Winzer

 

Von Ludwig Fienhold

 

Der Baske Oxer Bastegieta hat mit seinem „Otto“, Jahrgang 2022, etwas ganz und gar Ungewöhnliches geschaffen. Schon das Flaschenetikett signalisiert schräge Kunstfertigkeit: Friedrich Nietzsche im Ballettröckchen. Besser hätte man den lebenstollen Philosophen und sein gleichzeitig feines Wesen nicht einfangen können. Vor allem hätte es dem spitzfindigen Metaphysiker gefallen so kunstvoll auf einem Flaschenetikett zu erscheinen, zumal auf einem so irren Wein.

Genau so schmecken Nietzsches Dionysos-Dithyramben, besser kann man seine tiefgreifenden Gedanken nicht verflüssigen. Sinnlich, amüsant, rhythmisch und ganz und gar faunisch. Diesem Rosé entströmt ein exzentrisches Potpourri: Walderdbeeren, Süßholz, Rosenblätter, Kirsche, kandierter Rhabarberkuchen, Rumtopf, Karamell.
Letzte aufblühende Süße von verwelkenden Grabblumen. Wahnwitzig, schräg und doch saubere seriöse Arbeit. Hedonistisch, ein großes Glas voll Morgenröte. Ganz viel Nietzsche im Kopf. Trunkener Philosoph. Tanzender Zarathustra. Der Rosé basiert auf verschiedenen Rebsorten wie Garnacha, Graciano und Mazuelo, vor allem aber Tempranillo. Den 100 Jahre alten Rebstöcken werden nur winzige Erträge abgewonnen (20 hl/ha). Spontanvergärung, 10 Monate Ausbau in gebrauchten 100 Liter Tonneau. Es gibt nur 1000 Flaschen von diesem einzigartigen Wein (Preis 39 €).

Oxer Bastegieta ist ein Extremindividualist. Seine Weine sind allesamt Persönlichkeiten mit ganz eigenen Charakteren. Es sind viele schwierige Figuren darunter, doch keine langweilt. Oxer bevorzugt autochthone Rebsorten und schöpft vor allem aus der Region Rioja Alavesa, dem baskischen Teil des Weinanbaugebiets Rioja, wo besonders spannende Weine ihre Herkunft haben. Mit den klassischen altbekannten und oft in routinierter Langeweile versinkenden Rioja-Weinen hat diese Region wenig gemein. Oxers Weinzentrum bewegt sich in und um Laguardia.

Die Familie von Oxer Bastegieta betreibt ein Restaurant, er selbst hat Weinbau und Önologie studiert. Die Weinberge werden biologisch bewirtschaftet, beim Pflügen kommen noch Maultiere zum Einsatz. Derzeit werden knapp fünf Hektar bewirtschaftet, vorzugsweise mit autochthonen Rebsorten. Gärung und Reifung finden in den unterschiedlichsten Gefäßen statt, Edelstahltank, Betonei, Tonamphoren, Ex-Sherry-Fässer, Fässer und Eichenfässer unterschiedlicher Größe.

Oxer Bastegieta stammt aus dem Küstendorf Gernika/Guernica im Baskenland, das durch Picassos gleichnamiges Bild weltberühmt wurde. Bei den Namen und der Etikettierung seiner Weine besinnt er sich auf Schriftsteller, Dichter, Künstler und Musiker. Aber auch er selbst ist auf seine Weise ein Wein-Genie.

 

 




Bussaco in Portugal: Historisches Hotel-Juwel mit Weinen der Königsklasse

Flüssige Patina, Geschichte zum Trinken

 

Im neogotischen Bussaco Palace ist die Zeit an einer besonders schönen Stelle stehen geblieben. Die Gäste flanieren durch die Hallen eines märchenhaften Ensembles, das wie eine Kreuzung aus Schloss und Kathedrale wirkt und nahezu unwirklich erscheint. Auch der verwunschene Zauberwald, der zum Schloss gehört, atmet Geschichte. Lange waren die eigenen Weine exklusiv für die Hausgäste reserviert, inzwischen kann man sie auch in Deutschland bekommen. Alles stark limitiert, denn insgesamt gibt es jährlich nur knapp 20.000 Flaschen.

Das zur Legende gewordene Hotel wurde 1885 für den letzten portugiesischen König errichtet und 1917 von der Familie de Almeida zum Luxus-Hotel umgebaut. Es liegt auf einem Hügel im Herzen des Bussaco-Nationalparks. Könige, Königinnen und Staatsoberhäupter bezogen Quartier, ausschließlich sie kamen in den Genuss der Palace-Weine. Nicht nur das Palace hat etwas von zeitloser Schönheit und Würde, auch die Weine sind von klassischer, fast schon archaischer Natur.

Die Trauben stammen aus den Regionen Dão und Bairrada. An der uralten Herstellungsweise hat sich nicht viel geändert. Die reifen Trauben werden bis heute in traditionellen Steintrögen, den Lagares, mit Füßen gestampft. Die Weine werden in Fudern oder auch in 300­ Liter-­Fässern ausgebaut. Als Weinberater hat das Bussaco Palace Dirk van der Niepoort gewinnen können, einen Großmeister der Weinelite Portugals. Ihm ist es zu verdanken, dass Hendrik Thomas Hamburger Unternehmen „Wein am Limit“ zu den ganz wenigen auf der Welt gehört, das diese Weine auch außerhalb des Hotels vertreiben darf.

Bussaco Palace

Die Weine, ob Rot, Weiß oder Rosé, brauchen viel Luft, man sollte sie karaffieren und nicht zu warm trinken. Die Weine sind „old school“, nicht üppig und konzentriert, sondern schlank und eher dezent. So oder so ähnlich könnten sie auch zu königlichen Zeiten geschmeckt haben. Bussaco (international) oder Buçaco (portugiesisch) will den Spirit von früher einfangen und bewahren.

Warum wir gerade den Rosé des Bussaco-Trios vorstellen? In dieser BISS-Ausgabe geht es ausschließlich um das Thema Rosé und die besonderen Vertreter dieser Spezies. Außerdem ist dieser Rosé eine Rarität, die nicht in jedem Weinjahr erzeugt wird. Der Rosé wurde 2017 erstmals nach rund 100 Jahren wieder gekeltert. Insgesamt drei Mal, 2017, 2019 und 2020. Dieser Wein tanzt nicht nur einen Sommer, er kann gut reifen.

Wir wollen den Wein ganz gewiss nicht heilig sprechen, aber er hat wirklich etwas vom Odeur einer Kathedrale, von in Stein gehauener Geschichte. Flüssige Patina. Er ist steinig, straight, trocken. Ein Hauch Steinobst, etwas Cranberry, nichts Quietschiges. Eigentlich ein Anti-Rosé. Den Preis von 79 € wird nicht jeder verstehen, aber man trinkt mit dieser Rarität eben auch Geschichte.

Ludwig Fienhold

 

Bezugsquelle: Wein am Limit, www.weinamlimit.de

Photocredit: Bussaco Palace

 




Wein-Bar Juwel: Auf der Sonnenseite des Mains ploppt jetzt der Rosé

Gute Rosé-Weine

statt Partyplörre

 

Die Rosé-Saison hat begonnen, die Welt erscheint rosarot. Doch nur selten bekommt man auch gute Weine dieser Art ins Glas. Die Open-Air Weinbar und Event-Location Juwel am Frankfurter Mainufer hat ihr ohnehin bemerkenswertes Sortiment mit einer Rosé-Weinkarte ergänzt. Alle Offerten inklusiver der hochpreisigen gibt es auch glasweise.

Der einst so lebendige Walther-von-Cronberg-Platz am Mainufer in Sachsenhausen wird derzeit nur durch das Juwel gastronomisch am Leben gehalten. Die Crew engagiert sich um so mehr mit einigen kleinen und großen Events oder speziellen Wein-Offensiven wie kürzlich mit herausragenden Vulkanweinen und jetzt mit Rosé.

Inselweine können großen Charme haben, aber auch Charakter zeigen. Lanzarote und Ibiza sind ganz unterschiedliche Insel- und Weintypen, die aber beide enorm viel Freude ins Glas bringen. Das kleine Weingut Titerok Akaet auf Lanzarote begeistert mit seiner ganzen Range, allesamt charakterstarke Individualisten in limitierter Auflage. Auch der Rosé Ye-Yé ist kein Nebenbei-Erzeugnis, sondern ein eigenständiger und vitaler Lustmacher. Hinter dem schrillen Etikett, das auch junge Weinfreunde ansprechen soll, steckt seriöse und vor allem harte Arbeit. Das Ergebnis: Super saftig, wildbeerig, fleischig, ein Rosé für Rotweinfreunde.

Begeistern kann man sich auch für den Ibizkus aus Ibiza, andere Stilistik, ähnliche Trinkfreude. Der Rosé aus der Rebsorte Monastrell (Mourvèdre) ist alles andere als ein plörrendes Partytröpfchen. Er ist seidig, elegant und feinsinnig und schmeckt nach Grapefruit, Orangenzeste, frischer Hagebutte und Karamell mit einem Touch Botanics und delikaten Kräuternoten.

Juwel am Main

Ein toller Schäumer, in Portugal Espumante genannt, ist der 3B Rosé Extra Brut von Filipa Pato und William Wouters aus Bairrada. Dieser feinperlende schäumende Wein überrascht mit einem markanten Erdbeeraroma, das aber ganz ohne kitschige Frucht auskommt und extrem trocken ist. Die Bagatraube sorgt für eine köstliche Kräuter-Note, die mineralische Frische animiert zum Noch-ein-Glas-mehr-trinken. Man wird den 3B Rosé kaum noch irgendwo bekommen, er ist extrem beliebt und schnell weggetrunken. Im Juwel gibt es die letzten Flaschen.

Es wird im Juwel am Main, Walther-von-Cronberg-Platz 5, am Donnerstag, 23. Mai, ab 18 Uhr diese hier vorgestellten und noch ein halbes Dutzend weiterer Rosé-Weine im Ausschank geben. In allen Größen: 0,1l, 0,2l und als Flasche. Die Rosé-Karte ist auch danach noch aktiv, aber: First come, first drink.

Die Öffnungszeiten findet man auch unter:

www.the-cooking-ape.com

 




Wenn die Alten rocken: Feier im Sonnenhof im Park

Alt wie Methusalem,

aber bitte in der

richtigen Flaschengröße

 

Das hat die Welt noch nicht gesehen: Feierfreudige mit Rollatoren und Rollstühlen gemeinsam mit Tanzenden unter freiem Himmel. Dietrich Eilers, Patron der Seniorenresidenz Sonnenhof im Park in Frankfurt, wurde 75 und ließ es zu seinem Geburtstag mit 200 Gästen ziemlich krachen.

Dietrich Eilers im Mittelpunkt

Dietrich Eilers ist als eine Art Falstaff in Frankfurt bekannt, er geht gerne gut essen und liebt Wein aller Herren Länder, vor allem aber aus deutschen Regionen. Für sein Jubelfest hatte er eigens vom Weingut Bossert aus Rheinhessen Flaschen in Übergrößen komponieren lassen, Magnum, Jeroboam und Methusalem. Diesen Kelch wollte niemand an sich vorübergehen lassen. Die adrette Winzerin Johanne Bossert war ebenfalls mit dabei und ließ keine Kehle trocken werden. Die Söhne des Hausherren, Martin und Dietrich, betreiben eine Glasmanufaktur in Wurzbach , wo unter anderem auch Weinkaraffen entstehen.

Eilers, Manzi, Bossert

Renato Manzi, ein Badener mit italienischen Wurzeln, wurde unter anderem mal als Küchenchef vom Bollants Park in Bad Sobernheim mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, und sorgte im Sonnenhof für einige kulinarische Häppchen. Er zieht jetzt als Mietkoch durch die Lande und ist froh, denn „Sterne-Stress“ hinter sich zu haben.

Dietrich Eilers vom Senioren- und Pflegeheim Sonnenhof ist seit vielen Jahren mit Harry H. Hochheimer befreundet, der noch immer als Weinberater arbeitet und für Küchenschulungen sorgt, auch im Sonnenhof.

Ein gutes Dutzend Musiker brachte Muntermacher und Evergreens aus Italien und Songs von Udo Jürgens, die alle mitsingen konnten. Am Schluss gab es nur noch den „Mann am Klavier“ mit etwas ruhigeren Tönen und einem leisen Abschiedsakkord.

Fotos: Barbara Fienhold

Bossert und Hochheimer