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Jubilation: Suzys Smoke Shack BBQ eröffnet wieder

Von der Hinterhofidylle ins

pralle Leben nach Alt Sachsenhausen

 

BBQ Lover hatten schwer zu schlucken als das Ende von Suzys wunderbarem Lokal verkündet wurde. Jetzt hat sie eine neue Bleibe gefunden, in Frankfurts Ausgehrevier Alt-Sachsenhausen, wo bis vor kurzem das Hooters zu Hause war (Bild ganz unten). Das als Sauf & Rauf-Quartier verrufene Karree wird durch Suzy´s Smoke Shack BBQ eine Aufwertung erfahren. Gute Adressen sind hier dringend notwendig, um Frankfurts eigentlich schönstes und spannendsten Viertel wieder mit Leben statt Krach zu füllen.

Bild aus der Anfangszeit im Hinterhof

Suzys Hinterhof-Hütte war zu schön, um wahr zu bleiben. Das phantasievoll gestaltete Barbecue-Lokal in der Uhlandstraße im Ostend wurde erst Anfang des Jahres in einer ehemaligen Werkstatt eröffnet. Einigen Nachbarn missfiel das bunte Treiben im ansonsten mausgrauen Hinterhof, weshalb sie die Betreiberin Suzanne „Suzy“ Günther bei den Behörden anschwärzten – die auch prompt ausreichend Gründe fanden, um das Lokal schließen zu lassen. Suzy suchte händeringend nach einer neuen Adresse und fand diese schließlich in Alt-Sachsenhausen. Das Hooters dort war das letzte seiner Art in Deutschland, die alle dichtmachten oder in die Insolvenz gingen. Die US-Kette setzte auch bei uns auf Burger und anderes Fast Food sowie flotte junge Mädchen in luftigem Cheerleader Outfit. Man hätte glauben können, dass genau so etwas ins Amüsierviertel Alt-Sachsenhausen passt, doch gab es hinter den Kulissen wirtschaftliche Probleme ganz anderer Art.

Suzy

Suzy´s Smoke Shack BBQ soll Anfang Oktober eröffnen und will hundert Plätze im Inneren und 70 im Biergarten anbieten sowie eine Bühne für Musikevents bereithalten. Am Namen und Konzept wird sich nichts ändern, warum auch, es war sehr erfolgreich, wenn auch nur für wenige Monate. Suzy will wieder Lust auf Fleisch und diesen wunderbar würzigen Rauch machen, der nach Abenteuer riecht.  Auf Pork Ribs, Pork Belly Burnt Ends, Smoked Beef Brisket oder Rib Tips. In der Hinterhof-Hütte waren sie spicy, rauchig, saftig und zart. Und so sollen sie auch in Alt-Sachsenhausen wieder schmecken.

Alt-Sachsenhausen verlangt nach einer Auferstehung aus der Asche. Einige leerstehende Häuser, in denen früher meist eine dumpfe Gastronomie für Geschmacklosigkeiten aller Art sorgte, warten nur darauf wiederbelebt zu werden. Den Shisha-Bars und Ein-Meter-Bier-Saufpinten darf man nicht das Feld überlassen. Es gibt positive Beispiele, wie die Gastronomie in Alt-Sachsenhausen für einen guten Ruf sorgen könnte, das großartige Apfelweingasthaus Lorsbacher Thal und das türkische Mezze & More sind zwei Visitenkarten dafür. Mit Suzy´s Smoke Shack BBQ wird es eine weitere geben.

Ludwig Fienhold

 

Suzys neues Lokal

Suzy´s Smoke Shack BBQ, Frankfurt, Kleine Rittergasse 4-8, Tel. 0151 50482954.

Oben im Bild: Frau Rauscher in der Klappergasse, ein Alt-Sachsenhäuser Original und so etwas wie die Schutzgöttin des Reviers.




Weine aus aller Welt müssen keine Allerweltsweine sein

Überraschende Verkostung mit vielen Unbekannten

 

Braucht man wirklich Weine aus aller Welt? Wenn sie keine Allerweltsweine sind, dann schon. Eine Herausforderung mit Unterhaltungswert ist es allemal, wenn man an einem Tisch Weine aus Japan, China, England, Niederlande, Slowenien, Ungarn, Bulgarien und Georgien zum verkosten hat. Es gab einige Überraschungen und einen Winzerstar.

Henners Vineyard im britischen Sussex erzeugt auf drei Hektar unter anderem drei verschiedene Schaumweine von bemerkenswerter Qualität. Der Brut NV aus Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier wird nach der klassischen Methode hergestellt, liegt drei Jahre auf der Hefe und moussiert dicht feinperlig. Die Meerbrise von der nahen Kreideküste schenkt ihm eine crispe Salzigkeit, die zu den leichten Zitrusnoten und dem britischem Unterstatement Flavour passt. Well done.

Die Niederlande überraschen auch immer wieder mit interessanten Weinen, die Cuvee XII, Jahrgang 2022, aus Pinot Gris, Müller-Thurgau und Auxerois vom Weingut Apostelhoeve gehört dazu. Unkompliziert frisch und fruchtig, die exotische Note wird durch eine pikante Säure in Balance gehalten. Japan ist den meisten in flüssiger Form durch Sake bekannt, doch wird dort seit 1874 Weinbau betrieben. Die Grace Winery wurde immerhin auch schon 1923 in Katsunuma in der Region Yamanashi gegründet. In der vierten Generation ist nun Ayana Misawa für die Weine verantwortlich. Es werden die allseits bekannten französischen Rebsorten kultiviert, aber auch die nur hier wachsende Koshu. Sie alle müssen viel Regen und viel Sonne aushalten. Die Grace Koshu Reserve 2019 ist leicht, reintönig und erinnert an einen freundlichen Chardonnay. Der Wein hat etwas Zartes. Nicht weil Ayana eine Frau ist, sondern weil sie Japanerin ist.

Das ungarische Tokaj-Weinanbaugebiet gehört zum Weltkulturerbe. Ein besonders wichtiger Bestandteil des Bodens ist der Schutt von vulkanischem Trachyt. Das Weingut Grand Tokaj gewinnt von der Einzellage Kövágó aus der Rebsorte Furmint einen wunderbaren trockenen Wein mit frischer Säure, der extravagant nach getrockneten Aprikosen und Orangen duftet. Trotz einer leichten Honignote ist er von kühler Stilistik, die Rebstöcke wurzeln in Vulkangestein, was auch zu einer feinen Salzspur führt. Tokaj ist ungemein spannend und verdient weit mehr Beachtung, auch in der Gastronomie.

Edi und Aleks Symĉiĉ sind die Stars unter den Winzern Sloweniens, deren Weingut ans italienische Weingebiet Collio im Friaul grenzt. Die ganze Palette ist  erstklassig, ob aus bekannten oder autochthonen Rebsorten, wobei die autochthonen noch aufregender sind. Neu und mit 600 Flaschen stark limitiert ist ein Sauvignonasse – früher Tokaj Friulano genannt, was von Ungarn aus Namensschutzgründen erfolgreich beendet wurde. Dieser extraktreiche, goldgelbe, cremig-satte Powerwein explodiert geradezu im Glas, mit Aromen von Wiesenblumen, Kräutern Heu, Mandelblüten, Apfel und delikat-süßlichen Amalfi-Zitronen. Ein Maul voll Reben. Der famose Stoff ist ein Familienerzeugnis von Edi und Aleks Simĉiĉ und dessen Söhnen Jure und Jakob. Allein dieses Ereignis hätte die Weinprobe lohnenswert gemacht.

Diese und andere Entdeckungen sind Michel Briedé zu verdanken, der in seiner Frankfurter Vinothèque regelmäßige solche kleinen feinen Events ins Leben ruft, zu der seine Frau Katya stets leckere Tellerchen wie beispielsweise asiatische Pfannkuchen und die bei uns vergessenen, deshalb aber nicht weniger tollen Croque Monsieur serviert. Für gastfreundliche 65 € (Wein & Essen) ein unwiderstehliches Angebot.

Bei solchen Verkostungen ist es gar nicht so entscheidend, ob man die Weine durchgängig gut findet. Viel wichtiger ist es, dass solche Entdeckungsreisen Freude machen und ganz en passant lehrreich sind. Michel Briedé sucht dabei immer kleine und eher unbekannte Winzer aus und will seinen Gästen gerne Neues präsentieren. Die nächste Reise führt ihn in die Toskana, von der er einige gute Flaschen mitbringen will, die dann am 24. September bei der nächsten Verkostung zum Einsatz kommen.

Ludwig Fienhold

 

Vinothèque Briedé, Frankfurt, Vogtstr. 43, Tel. 0171 410 5853.




Gourmet Guide Gault & Millau: Chefredakteur Christoph Wirtz tritt ab

Letztes Interview mit dem

kürzlich verstorbenen

Ex-Herausgeber

Manfred Kohnke

 

Christoph Wirtz tritt nach drei Jahren als Chefredakteur des Restaurantführers Gault & Millau Deutschland ab und will sich künftig anderen Themen widmen. Der Gourmet Guide hat in kurzer Zeit mehrfach den Verlag gewechselt, zuletzt übergab Burda an Henris Edition in München. Die Nachfolge für die Chefredaktion steht noch aus und soll innerhalb der nächsten Wochen bekannt gegeben werden.

Einen derart markanten und wortgewaltigen Chefredakteur wie den kürzlich mit 83 Jahren verstorbenen Manfred Kohnke wird man lange suchen. Kein anderer hat den Gault & Millau so geprägt wie er. Ein kurzes Porträt sowie ein Interview mit ihm haben wir in BISS im April 2017 veröffentlicht. Nachfolgend der damalige Artikel, dessen Überschrift im Nachhall eine noch stärkere Bedeutung erhält:  „Manfred Kohnke geht endgültig“.

 

Unter den Restaurantkritikern war Manfred Kohnke allein schon wegen seiner Körperlänge von 1,96 Meter der Größte. Aber auch sonst galt er als Leuchtturm, der manchen den richtigen Weg zeigte, andere in die Klippen lenkte. Seine spitze Zunge wird er behalten, doch nicht mehr für den Gault & Millau Deutschland einsetzen. Manfred Kohnke tritt nach 34 Jahren an der Spitze des Gourmet Guides ab. Er hatte die Branche seit 1983 als Chefredakteur des Restaurantführers begleitet und war die letzten fünf Jahre als Herausgeber tätig.

Der scheidende Manfred Kohnke ist journalistisch bestens geschult, arbeitete für den Spiegel, Capital, Wirtschaftswoche und Forbes sowie als Chefredakteur für den Rheinischen Merkur. Das legendäre Gourmet-Magazin Vif brachte er zumindest fachlich auf ungeahnte Höhen. Als Gourmet-Schlacks ohne Gewichtsprobleme schlenderte er durch Deutschland und war nicht überall ein gerne gesehener Gast. In dieser langen Zeit haben sich Freundschaften und Feindschaften gleichermaßen herausgebildet. Ein Kritiker, der bei allen beliebt ist, muss auch etwas falsch machen. Der 77 Jahre alte Manfred Kohnke wird seinen Mund weiterhin aufmachen, nicht nur beim Essen. Doch will er jetzt keine Pflichtbesuche mehr absolvieren, sondern nur noch dort speisen, wo es ihm Spaß macht. Der große Blonde mit der spitzen Feder hat zwar seine Position, nicht aber seinen Kopf an den Nagel gehängt. Den will er wie bisher benutzen, vor allem schreibend. Genussthemen stehen dabei nicht zwingend im Vordergrund, Manfred Kohnke ist auch als Ghostwriter gefragt.

Der heute 89 Jahre alte Christian Millau, Mitbegründer des Gourmet Guides in Frankreich, beendete übrigens seine Kritikerkarriere 1995 nach über 30 Jahren, weil er nur noch aus Spaß essen wollte und es satt hatte „von nervösen Köchen durch die Küche geführt“ zu werden. Schon damals nervte es ihn, dass er als Gast ständig beim Gespräch unterbrochen wurde, weil der Sommelier sein Wissen ausschütten und der Service das Essen anpreisen wollte. Gleiches regt heute noch Manfred Kohnke auf – wie sich die Zeiten manchmal doch nicht ändern.

Um die Restaurantkritik ist es derzeit nicht allzu gut bestellt, Scharlatane und Möchtegerns aller Art machen sich breit, ohne ein Gramm Existenzberechtigung einzulösen. Manfred Kohnke pflegt Telefonate mit einem „Kohnke stört“ einzuläuten. Dass er keine Störfeuer mehr leuchten lässt, macht die Branche nicht eben heller.

 

BISS Interview mit Manfred Kohnke

 

Was hat Sie in den 34 Jahren Gault & Millau besonders beeindruckt?

Positiv: Dass die einst bestenfalls belächelte deutsche Küche heute in ihrer Spitze mit der internationalen Elite auf Augenhöhe ist. Negativ: Dass die deutschen Köche diesen Fortschritt nicht global vermitteln können, da ihnen die kollegiale Solidarität abgeht (Franzosen beispielsweise sind nur untereinander missgünstig, aber nach außen hin immer zum kraftvollen Schulterschluss fähig) und dass ihnen im internationalen Wettbewerb jedwede offizielle Unterstützung fehlt. Außerdem beeindruckten mich besonders die zunehmende deutsche Offenheit für die großen Küchen der Welt und die Entwicklung des deutschen Weins zum angenehmen Begleiter der Großen Küche.

Welches war Ihr unappetitlichstes Erlebnis? Das muss sich nicht zwangsläufig auf ein Essen beziehen, sondern kann auch eine Situation sein.

In den ersten Jahren machten mich Maden, die unterm Salat hervorkrabbelten, oder Schlimmeres als Haare in der Suppe sprachlos. Man findet sich damit ab, dass so etwas vorkommt. Aber ich habe Mühe, mich an solche Appetitzügler zu gewöhnen:

– gebratene Jakobsmuschel mit sous vide gegarter Banane, marinierte Gelbflossenmakrele im Staub dehydrierter Erbsen oder Slash-Speisekarten mit Radieschen | Mandel | Dunkle Schokolade;

– den Service-Übermut, unaufhörlich Tischgespräche zu unterbrechen, um u.a. den Gast ausdrücklich aufmerksam zu machen, dass man ihn nun durchs Ausheben eines leergegessenen Schälchens „befreie“;

– die floskelhafte Redseligkeit junger Sommeliers, die mindestens zu jedem zweiten Gang einen Wein von sonst woher kredenzen, „der richtig Spaß macht“.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Restaurantkritik in Deutschland?

Das können deren Leser besser beurteilen. Ich wünsche mir, dass die Kopisten unter den Köchen nicht so hoch bewertet werden wie die Kopierten und dass Kritiker und Kritisierte in ihrer Genussfreude so gut sind wie im Dünnhäutigsein und Rechthaben.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Gastronomie in Deutschland?

Es grämt mich, dass nirgends so gedankenlos kopiert wird wie in deutschen Küchen. Und dass Lieferanten, Geschäftemacher und (unprofessionelle) Journalisten in keinem Land so hemmungslos neue Trends ausrufen können. Rannten allzu viele Köche früher zu jeder Telefonzelleröffnung, wenn ihnen jemand was von einer Gourmetveranstaltung erzählte, wollen sie heute bei jedem Trendgerede ganz weit vorn sein.

Es freut mich, dass sich in der Gastronomie das Casual fine Dining durchsetzt, dass immer mehr Köche in der Reduktion auf das Wesentliche auf streberhaftes Teller-Ikebana aus Küchentechniken und Produkten verzichten und dass immer mehr Gäste nicht länger prestigeträchtige Produkte essen und trinken, um Bedeutung zu dokumentieren, sondern das bestellen, was ihrem jeweiligen Lebensgefühl und generellen Lebensstil entspricht.

Warum hören Sie eigentlich auf?

Ich werde bald 78 und bin kein Goethe, von dem in diesem Alter noch Faust II sowie Dichtung und Wahrheit zu erwarten sind.




Letzte Chance: Raritäten-Dinner mit Romanée-Conti

Am 9. September wird

im Medici groß getafelt

 

Zum 4. Mal entkorkt das Restaurant Medici in Frankfurt für Liebhaber großer Weine Raritäten der Domaine de la Romanée-Conti aus dem Burgund. Erstmals in der Geschichte der Domaine wurde auch ein weißer Corton Charlemagne Grand Cru erzeugt, dessen Jahrgänge 2019 und 2020 kaum jemand bislang probieren konnte. Vom Jahrgang 2019 existieren nur 9.110 Flaschen, der 2020 kommt erst in einigen Tagen auf den Markt.  Die Spekulatiospreise schießen im Internet bereits in die Höhe, dort wird der Premiere-Wein mit 10.000 Euro und mehr gehandelt.

Beim Raritäten-Dinner im Restaurant Medici am Samstag, 9. September, wird es neben Corton Charlemagne von 2019 und 2020 noch den Richebourg der Jahrgänge 2013 bis 2016 geben. Die sechs Weine (0,1l) werden von einem darauf abgestimmten Menü mit sieben Gängen begleitet. Der exklusive Event kostet mit Weinen, Essen, Champagner zum Aperitif sowie Mineralwasser, Softdrinks und Heißgetränken 1.850 € pro Person. Die Weine werden übrigens in feinsten Zwiesel Sensory Gläsern serviert.

Der Romanée-Conti ist einer der teuersten und damit am meisten gefälschten Weine der Welt, weshalb man ihn nur aus gesicherter Quelle beziehen und trinken sollte. Der Exklusivimporteur Albert Kierdorf, der auch das Medici beliefert, hat gemeinsam mit der Domaine das Ziel, dass die Weine ausschließlich von Genießern in der Spitzengastronomie oder von privaten Kennern zu Hause getrunken werden, die Weine dürfen nicht in den Weinhandel abgegeben werden. Solche Wein-Dinner gibt es nur wenige in Deutschland, manche Gäste kommen dafür sogar aus dem Ausland angereist.

LF

Restaurant Medici

Raritäten-Dinner mit Romanée-Conti

Frankfurt, Restaurant Medici, Tel. 069 21 99 07 94

Samstag, 9. September 2023, um 18.30 Uhr

Weißadlergasse 2, www.restaurantmedici.de

Reservierungen vorzugsweise über Email info@restaurantmedici.de

Wie immer mit Vorkasse, da die Plätze limitiert sind.

Hier mit einem Klick zum ganzen Menü

Romanee Conti Menü 2023




Restaurantkritik: Le Cerf im Schlosshotel Friedrichsruhe

Grandioser

Gänseleber-Gugelhupf

und Old School Klasse

 

Allerorten werden die Tische noch enger gestellt, um mit mehr Gästen mehr Umsatz zu generieren. Welch ein angenehmer Luxus ist es, im Restaurant Le Cerf mit generösem Abstand zu tafeln, ohne belauscht zu werden und den Ellenbogen des Nachbarn schon auf dem eigenen Teller zu spüren. Entspanntes Genießen steht für das ganze Schlosshotel, doch besonders für das 2-Sterne-Restaurant Le Cerf.

Boris Rommel

Le Cerf ist beileibe kein Flüstertempel. Spätestens wenn Küchenchef Boris Rommel mit Schiebermütze und Sportschuhen ins Restaurant kommt, um seine Gerichte persönlich zu servieren, merkt man, das Lässigkeit und Luxus keine Gegensätze sind. Die Küche von Boris Rommel ist energiegeladen, im fliegenden Wechsel mal lyrisch zart, mal muskulös, vor allem bei den stark einreduzierten Saucen. Eine instagram-taugliche Pinzettenküche mit Schäumchen und pürierten Klecksen mag er nicht und will vor allem „viel Geschmack und Emotionen“ vermitteln. Dies entspricht auch Rommels grundsoliden Stationen à la Bareiss, Schlosshotel Bühlerhöhe, Villa Hammerschmiede oder Colombi in Freiburg, wo er bei Alfred Klink in die Kunst der Saucen eingeweiht wurde.

Gänseleber-Gugelhopf

Boris Rommel versammelt unter seiner Mütze ganz viel Gescheites und ebenso viel Schalk. Amuse gueules werden gerne auf einem Hirschgeweih präsentiert. Die an der Karkasse gegarte Mieral-Taube kommt mit Herz und Leber im Raviolo, über Holzkohle gegrillter Keule und Taubenjus sowie Taubenkralle à part auf den Tisch. Das soll niemand erschrecken, sondern demonstrieren, dass die Küche bevorzugt das ganze Tier verarbeitet.

Kalbsfilet in Madeira-Sauce

Zum ersten Mal steht eine Bio-Gänseleber auf der Karte und wird gleich zum Highlight des Dinners. Der Gänseleber-Gugelhupf wird mit weißem Portweingelee ummantelt und von Cashewnusscreme, eingelegten Zitrusfrüchten, Salbeiperlen und lauwarmer Brioche begleitet. Die Zitrusaromen geben sehr viel Frische und Finesse ab und lassen das Gericht erst so richtig glänzen. Die ungestopfte Gänseleber stammt von einer Farm aus Österreich. Wie Boris Rommel erklärt, wird die Gans die letzten drei Monate mit Datteln gefüttert, das Futter wird auf 36 Grad erwärmt, damit die Gans alles besser und schneller verarbeiten und die Leber von allein fett werden kann.


Sören Weiland

Beim perfekt rosa gebratenes Kalbsfilet, eingepackt im kross ausgebackenen Tramezzinimantel, ist wieder die Sauce der Star, hier eine mit Madeira abgeschmeckte. Wie schön, dass es im Restaurant zum guten Ton gehört, den Gästen mit einer Sauciere das Nachlöffeln leicht zu macht. Old School vom Besten: Morchel-Essenz mit geröstetem Kalbsbries, ganz intensiv mit Tiefenschärfe und dem erdigen Geschmack Waldboden und Pilzen. So etwas machen die jungen Köche nicht mehr.

Mieral-Taube

Schon die Amuse zum Start sind detailverliebt und aufwendig inszeniert: Ei gefüllt mit Räucheraal; Hefeteig-Berliner gefüllt mit Gänseleber und Birne; famoses Egg Benedict vom Wachtei-Ei auf krossem Toast, Joselito-Schinken, Sauce Hollandaise; erstklassiger flüssig gebeizter Langostino mit dezentem Wasabi und Yuzu-Praline. Ein Reigen von süßen Delikatessen zum Schluss, die weiße Schokoladenschnitte mit Babyananas, gerösteten karamellisierten Pistazien nebst Pistazien-Eis ist geschmeidig und streichelt den Gaumen, ohne beim Menü den Magen zu überlasten.

Dessert

Die exzellente und bei großen Weinen oft in die Tiefe gehende Weinkarte scheint auf der ganzen Welt zu Hause zu sein, wir bleiben jedoch auch hier wie meist eher in der Region. Es warten viele erstklassige und bezahlbare Tropfen aus Württemberg und Baden: Weißburgunder Untertürkheimer Gips von Aldinger, Riesling Besigheimer Wurmberg von Dautel, Spätburgunder Simonroth von Schnaitmann, Lemberger Steinkreuz von Drautz Able. Und es gibt einige wunderbare Neuentdeckungen, wie das Wein & Sektgut Hirschmüller aus Lauffen am Neckar. Von dort kommen außergewöhnliche gute flüssige Leckerbissen, wie der Chardonnay 2019 und der Pinot Meunier Blanc de Noirs 2018.

Boris Rommel & Tochter Marlene

Bemerkenswert ist auch die Tischkultur. Skulpturen aus Besteck als Tischschmuck, Tischdecken mit eingewebten Hirschen. Der Hirsch ist ja das Wappentier des Restaurants und in allen Größen und Formen irgendwo sichtbar. Die wahren Platzhirsche aber sind Restaurantleiter Sören Weiland und Sommelier Max Johne, die einsatzfreudig und sachkundig durch den Abend führen und erst vor einigen Monaten im Schlosshotel antraten. Durch besonderer Grazie und Gastfreundlichkeit fällt eine junge Mitarbeiterin auf – wie wir später erfahren, ist es Marlene, die 18 Jahre alte Tochter von Boris Rommel.

Text: Ludwig Fienhold

Fotos: Barbara Fienhold

 

Wellness-Oase von Weltklasse, private Spa-Suite mit Kamin-Lounge, großer Innenpool mit Kamin, ein Top-Restaurant, weitläufige Liegewiese im hoteleigenen Park. Geht noch mehr? Selbst in der Wellness-Oase erlebt der Gast Wein-Feeling. Die kosmetischen SanVino Produkte wurden aus den Trauben der Hohenloher Weinberge entwickelt und muten geradezu lecker an. Das Spa ist nicht nur irgendein Bereich, sondern ein Haus neben dem Hotel mit eigener Spa-Suite, vielen Wellness-Abteilungen und großem Innenpool, der sich bis in den Hotelpark und seine große Liegewiese zieht. Die Atmosphäre im Wald & Schlosshotel Friedrichsruhe ist sehr entspannt. Über allem liegt ein Klang der Stille. 

Wald & Schlosshotel Friedrichsruhe, Zweiflingen-Friedrichsruhe, Kärcherstr. 11, Tel. 07941 6087 0.

www.schlosshotel-friedrichsruhe.de

Restaurant Le Cerf, Menü mit 6 Gängen 198 €.