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Champagner: Entdeckungen & Geheimtips

Große Verkostung:

Eine Flut an Finesse

im Frankfurter Hof

 

Wer glaubte schon alles zu kennen, wurde bei dieser Champagnerprobe überrascht. Neben bekannten Marken brillieren gerade neue Namen, die sich teilweise erstmals einer großen Öffentlichkeit vorstellten. Insgesamt präsentierten 19 Champagnerhäuser 75 verschiedene Erzeugnisse. Veranstaltet wurde die Champagnergala von Falstaff im Steigenberger Hotel Frankfurt Hof.

Straff, präzise, frisch, konsistente feine Perlage und große gentile Finesse. So überwältigend präsentierten sich die Champagner von De Watère, der als Newcomer einen besonders starken Auftritt hatte. Das Champagnerhaus ist mit elf Jahren noch jung, die Rebstöcke mit über 50 Jahren aber ausreichend alt. Handwerklicher Spitzenchampagner. Die Basis: Reifezeit von bis zu acht Jahren, verwendet werden ausschließlich Trauben aus eigenem Anbau. Manuelle Lese. Niedrige Dosage. Keine Maschinen oder Traktoren beim Einsatz, die Weinberge werden mit Pferden bewirtschaftet. Der Ten 21 mag optisch einen jugendlich-peppigen Design-Auftritt haben, zeigt aber schon die erwachsene prägende Handschrift von De Watère, der bei aller Gradlinigkeit mit elegantem Schmelz, zarter Saftigkeit und noblem Trinkfluss begeistert. Beim Prestige Brut Blanc wird dies auf die Spitze getrieben. Die Champgner kosten zwischen 50 und 119 Euro.

In der Champions League spielen auch die Champagner von Leclerc Briant, der eher nur Fachtrinkern bekannt ist. Hohes Niveau bei moderaten Preisen werden ihn weiter voranbringen. Die Champagner beeindrucken durch eine vibrierende Mineralität und packende Dichte, die den Gaumen flutet. Fligrane Perlage, feine Cremigkeit, leise Aromatik. Champagner zum Anbeißen. Jede Flasche eine Persönlichkeit. Reserve Brut, Rosé Extra Brut und Premier Cru Extra Brut (55 – 63 €) – einer besser als der andere. Der Weinhändler Riegel, der auch diese Perlen vertreibt, hat sich schon zu Zeiten auf Bioerzeugnisse spezialisiert als diese noch nicht en vogue waren.

Ein Geheimtip ist immer noch der Champagner AR Lenoble, dessen mitgebrachte Kollektion auf ganzer Linie überzeugte. Fabelhaft allein der Rosé Terroirs Mag 15. Dieser Rosé besteht zu 90% aus Chardonnay und zu 10% aus Pinot Noir, was üngewöhnlich ist, da es sonst eher genau umgekehrt aufgeteilt wird. Er überflutet mit einer klaren Frische und Mineralität und gefällt durch einnehmende Harmonie. Ob Nuancen von Orange, Walderdbeeren oder Grapefruit hervordringen, ob der schöne Hefeanflug deutlicher ist als die verhaltene Röstnote, erscheint weniger wichtig als die unglaubliche Balance, die er bei seiner ganzen Vielschichtigkeit stilsicher hält.

Imposant und keine bloßen Schaumschläger, sondern Champagner, bei denen man spürt, dass sie Weine sind, gab es erfreulich viele. Dazu gehörten auch die Champagner von Le Brun de Neuville, Deutz und Drapier. Die Cuvée William Deutz 2013 war herausragend, was sich auch im Preis von 165 € ausdrückt. Schön auch zu sehen, wie agil und hochwertig sich die Altmeister der Kellereien Charles Heidsieck und Laurent-Perrier wieder einmal offenbarten. Der Grand Siècle von Laurent-Perrier und der Brut Millésimé 2012  von Charles Heidsieck zählten zu den großen Ereignissen an diesem Abend. Der Eintritt zu dieser hochwertigen Champagnerverkostung betrug 79 €. Angesichts der Geschmacksleistung eine sehr freundliche Performancegebühr.

Ludwig Fienhold

Photocredit:

Barbara Fienhold

 




Raub der Wein-Mafia im Rheingau

Betreiber des Hotels Kronenschlösschen ist rehabilitiert

 

Die Polizei suchte sogar

unter den Betten der Gäste

nach Weinflaschen

 

Für die Gäste ist das Kronenschlösschen in Hattenheim im Rheingau immer noch ein Idyll. Doch hinter den Betreibern Hans B. Ullrich und Tochter Johanna sowie Sommelier Florian Richter liegen turbulente Zeiten. Lange stand ein Ermittlungsverfahren mit der Anschuldigung im Raum, dass sie einen Einbruchsdiebstahl in den eigenen wertvollen Weinkeller des Hotels vorgetäuscht hatten. Es waren Wein-Raritäten im Gesamtwert von 235 000 € gestohlen worden.

Nach 20 Monaten Verfahrensdauer hat die Staatsanwaltschaft Wiesbaden inzwischen das Ermittlungsverfahren gegen Hans B. Ullrich, seine Tochter Johanna und den Chef-Sommelier Florian Richter eingestellt – auf Kosten der Staatskasse. Der Fall ist damit noch nicht beendet. Laut Hans B. Ullrich hat die Versicherung bis heute keinen Cent für den angerichteten Schaden bezahlt. Es geht nach wie vor um Forderungen von 235.000 €.

Der ganze Fall gleicht einem Krimi, allein der massive Polizeieinsatz gegen das Kronenschlösschen und seine Betreiber wirkt erschreckend. Die Polizei suchte sogar unter den Betten der Gäste nach Weinflaschen.

Das Geschehen erscheint derart ungeheuerlich, dass wir uns zu dem ungewöhnlichen Schritt entschlossen haben, das gesamte Statement und die persönliche Aufarbeitung von Hans. B. Ullrich öffentlich zu machen. Ullrich ist Gründer des Rheingau Gourmet & Wein-Festivals, Betreiber des Hotels Kronenschlösschen und darüber hinaus auch noch Rechtsanwalt.

Hier klicken:

Statement von Hans Burkhard Ullrich




Kann das gut gehen: Champagner & Deftiges?

Paarungen mit Hindernissen

 

Dass Currywurst als derber Begleiter zu Champagner passt, ist keine Legende, sondern kann jeder selbst ausprobieren. Noch besser sind Frankfurter Würschen, deren saftiger Biss und leichte Räuchernote viele Champagner geradezu umarmt. Bei verschiedenen Online-Champagnerproben wurde in den letzten Tagen ausgelotet, was gut gehen oder scheitern kann. Fränkische Regionalküche und sogar Döner Deluxe standen im Programm. Essen und Champagner wurde in die Redaktionsstuben geliefert, wo man noch selbst etwas nachkochen musste.

Beuschel

Sterneköchin Cornelia Fischer vom Restaurant Weinstock im Hotel Schwane im fränkischen Volkach dachte sich, dass die von ihr favorisierte raffinierte Regionalküche sehr gut mit Champagner korrespondieren würde und legte ein sehr gelungnes Menü vor: Beuschelragout und Serviettenknödel mit Bratwurstkern. Hört sich gut an, war auch gut. Dazu gab es eine kraftvolle Sauce, die Lunge, Herz und Zunge geradezu aufsog. Die Wild- und Wiesenkräuter sowie Veilchen on top vom Grünspezialisten Keltenhof aus Filderstadt irritierten zunächst, zumal ein deutlich nach Lakritz schmeckender Bronzefenchel einen Champagner ausknocken kann. Doch die Kräuter zierten nicht nur das Essen, sondern kitzelten dem Champagner geschmacklich überraschend gut eine eigene stimmige Note ab. Mit dem Nicolas Feuillatte Terroir Premier Cru wurde auch ein Champagner mit Statur ausgewählt, der dieses insgesamt vielseitige und kraftvolle Gericht recht gut auffangen und begleiten konnte.

Weit schwieriger gestaltete sich das Pairing von Champagner und den Gerichten vom Berliner Szenelokal Kebab with Attitude. Es gab türkische Linsensuppe mit Zitrone und Petersilie, Rote Bete Salat mit Trauben, Walnuss, Minze und Joghurt sowie Trüffel Delüks Döner Kebab. Das Bureau du Champagne in Deutschland schickte dazu zwei Flaschen, einen Demi-Sec von Paques und einen Delamotte Brut. Es war gut zwei unterschiedliche und vor allem einen nicht so trockenen Champagner ins Rennen zu schicken, doch der Paques war von einer solch schwachen Statur, dass er von jedem Happen erschlagen wurde. Delamotte hielt besser stand, begleitete das Essen aber auch alles andere als ideal. Die Rote Bete für sich waren sehr gut, doch der Trüffel Delüks Döner Kebab mit seiner extrem penetranter Trüffel-Mayonnaise war kaum zu genießen, schon gar nicht mit Champagner.

Wildkräuter & Veilchen vom Keltenhof

Solche Pairings sind wichtig, weil sie demonstrieren, dass nicht längst alles zu Champagner passt. Schokolade beispielsweise ist ein absolutes No-Go und auch Spargel macht keine Freude. Klar ist aber auch, dass nicht nur Luxus-Produkte wie Kaviar und Lachs zu Champagner passen (was übrigens auch nicht per se gilt), sondern mindestens genau so Deftiges. Wer in der Champagne unterwegs ist, bekommt in den Restaurants meist gerne Jakobsmuscheln und Gänseleber serviert, gerade bei Champagner-Menüs. Die Champagner-Winzer selbst genießen aber lieber rustikale Gerichte, Eintöpfe, Wurst und anderes mehr zu ihren Erzeugnissen.

Champagner ist ein großer Solist. Viele brauchen überhaupt keine Begleitung, gerade die besonders guten. Ein Champagner wie der grandiose Salon wird von jedem Essen geradezu gestört.

Ludwig Fienhold

Fotos: Barbara Fienhold




Restaurantkritik Carmelo Greco: Schokocreme mit Trüffeln und andere Überraschungen

Unbedingt probieren: Seltene und unbekannte Weine

 

Bei Carmelo Greco ist manches wie immer und vieles ganz anders. Die letzten Monate wurde das Team in Küche und Service ziemlich neu aufgestellt. Man benutzt keine Tischdecken mehr, es wäre auch schade, das schöne Holz zu verdecken. Die Weinkarte verbessert sich von Mahl zu Mahl. Es gibt Käse, der kein Käse ist, und viele Amüsierhappen, die schon fast ein Menü für sich sind.

Ein feinsinniger Reigen schönster Miniaturen wird stets vor dem Menü zum Auftakt serviert (abends fünf, mittags drei Tellerchen): Gänselebermousse mit Birnengelee und Balsamico; Rindertatar mit Roter Bete; hauchdünner Pizzateig mit Garnele; Mozzarellamousse mit Tomatenpulver. Und, Trommelwirbel, ein Glas mit weißer Schokoladencreme, Kartoffelmousseline, Trüffelschaum und Norcia-Trüffel. Allein diese Komposition schlichter Schönheit macht schon glücklich.

Langostino

Der eleganteste Gang des neuen Degustationsmenüs „Carne & Pesce“ ist Langostino mit Eis von Grüner Sauce und Zucchinicreme nebst Mini-Cantaloupe-Melone und Mangalitza-Schinken. Mit dem richtigen Wein kann man dieses Gericht sogar noch steigern. Sommelier Enrico Resta hält für das perfekte Pairing einen Ora, Terra d´Otranto, von der Kellerei Menhir Salento der Gebrüder Marangelli aus Apulien bereit. Ein hunderpronzentiger Fiano, ausgebaut im Holzfass. Enrico Resta hat sich schon immer bevorzugt der autochthonen Rebsorten angenommen, wie sie inzwischen in ganz Italien gefragt sind. Die sehr alte autochthone Rebsorte Fiano bringt aromatische würzige Weißweine hervor. Der Ora aus dem Jahrgang 2020 begeistert mit einem zarten Dufstspektrum aus Grapefruit, Apfel, Birne, Mandarine, Zitronenabrieb sowie einem Hauch Mandeln und weißem Pfeffer. Damit kitzelt er das Langostino-Gericht noch ein wenig hoch und schmiegt sich verbindend an alle Komponenten. Von diesem wundervollen Wein gibt es insgesamt nur 1.300 Flaschen – 1000 werden in der Region getrunken, 300 hat sich das Restaurant Carmelo Greco gesichert. Dort wird er sogar glasweise ausgeschenkt (14 €, die Flasche 65 €).

Weiße Schokocreme mit Trüffeln

Auch auf der aktuellen Speisekarte steht einer der Greco-Evergreens schlechthin: Royale di Parmigiano. Parmesan-Flan mit Kaffee-Orangen-Jus. Ein solcher Edelhappen zeigt, wie man mit wenigen Komponenten zu einem tollen Ergebnis kommen kann. In die gleiche Rubrik gehört auch das Risotto mit Tatar von Scampi di Mazara und Kaiserling. Die Pointe setzt hier der Abrieb von Amalfi-Zitronen und Limetten. Die Limetten geben vielleicht eine schönere Farbe, die Zitronen aber den eigentlichen Kick im Geschmack. Man darf darüber streiten, ob ein so feines delikates Produkt wie die sizilianischen Garnelen nicht besser im Ganzen schmecken und ein Tatar daraus nur eine amorphe Masse macht. Doch Risotto, Meeresfrüchte-Tatar und Zitrone ergeben letztlich einen guten Klang. Beim Ternera kommt zusammen, was bestens zusammenpasst: Kalbsfilet, schwarzer Trüffel, Schwarzwurzel und Feigen.

Überraschende Dessertkreationen

Bei den neuen Desserts überrascht Carmelo Greco mit irritierender Optik: Was so aussieht wie ein Ossobuco-Knochen wurde aus Reiscreme geformt und mit Safran-Limetten-Sugo gefüllt. Köstlich. Der Käse ist auch kein Käse, sondern besteht aus weißer Schokolade und Kakaobutter. Nicht bloß ein Gag, sondern ein Gag, der schmeckt.

Ein Blick in die Weinkarte lohnt sich. Vor allem bei den eher unbekannten und autochthonen Sorten und damit auch preiswerteren Weinen. Probiertip: De Stefani „Olméra“, eine Topcuvée aus Friulano/Tai und Sauvignon Blanc. Immer und zu vielem gut: Berlucchi Nature aus Franciacorta, superber Spumante, der als Apertif glänzt, aber auch ein ganzes Essen begleiten kann

Das Restaurant Carmelo Greco zeigt sich aktuell bei Küche und Service gut aufgestellt. Eine der stilvollsten und schönsten Gourmetadresen war es schon immer.

Ludwig Fienhold

Carmelo Greco, Frankfurt, Ziegelhüttenweg 1-3, Tel. 069 606 089 67. Mo-Fr 12-14 Uhr, 18.30-22 Uhr, Sa 18.30-22 Uhr, So geschlossen. www.carmelo-greco.de

Fotos: Barbara Fienhold

 

Schon die Butter ist ein Ereignis




Der Rheingau tischt wieder auf

Das 26. Genuss-Festival 2023 mit Wein-Raritäten, Topköchen und guter Butter

 

Im Rheingau wird wieder groß aufgetischt. Das neue Programm für das  Gourmet & Wein-Festival 2023 liegt vor. Es gibt wieder spannende und hochpreisige Raritäten-Dinner, die wie stets zuerst ausgebucht sind. Es stehen aber auch Events mit speziellen Avantgarde-Köchen und jungen Winzern an. Für eine Veranstaltung schon jetzt größtes Lob: den Butter- Workshop, der zeigen soll wie wichtig und erstklassig Butter sein kann. Besinnung auf die Grundqualitäten des Lebens.

„Weine, die man in seinem Leben getrunken haben muss“, heißt ein besonders spannendes Raritäten-Dinner mit herausragenden Weinen von Guigal, Mouton-Rothschild oder Vega Sicilia Unico. Der Pinot Noir von Ganzenbein aus der Schweiz dürfte nur Fachtrinkern bekannt sein, ebenso der fabelhafte Clos Mogador aus dem Priorat. Zu den geheimen Giganten zählt auch das Burgunder-Weingut Coche-Dury, das mit einem Chardonnay vertreten ist. Gemessen an diesen und anderen extrem hochpreisigen Weinen, die an diesem Abend serviert werden, ist der Pauschalpreis von 580 € inklusive 5-Gangmenü als angenehm zu empfinden.

Die Preisspanne reicht von 45 € für ein Tasting bis zu 1.350 € für das Raritäten-Dinner mit dem legendären Chateau Margaux. Es werden gleich stattliche 25 Jahrgänge zwischen 1955 und 2003 zu verkosten sein, was es in dieser Form noch nie gegegen haben dürfte.

Butter bietet ein wundervolles Streichkonzert. Vorausgesetzt die Qualität stimmt. Beim Gourmet & Wein Festival gibt es die Weltklasse-Butter von Jean-Yves Bordier aus der Bretagne. Er gehört zu den ganz wenigen, der einzigartige handwerkliche Butter nach alter Väter Sitte herstellt.  Geschlagen und geknetet unter Verwendung von Holzzylindern und viel Ruhe. Nach ganz bestimmten Mondphasen. Durch diesen drei Tage lang dauernden Entstehungsprozess erhält die Butter eine einzigartige Struktur und ein volles komplexes Aroma. Basis dieser Edelbutter ist natürlich allerbeste Kuhmilch. Ein Genusshandwerker wie Jean-Yves Bordier gehört zu den stillen Stars des Festivals. Von seiner Manufaktur wird es verschiedene Butter und insgesamt zehn Sorten zu verkosten geben, darunter Fassbutter mit Madagaskar-Vanille, Yuzu oder Piment d´Espelette.

Das Festival-Programm wurde bei Carmelo Greco in Frankfurt präsentiert, bei dem er und der Küchenchef des Kronenschlösschens Roland Gorgosilich ein schönes Menü an die Tische schickten. Festival-Gründer HB Ullrich und seine inzwischen für das Hotel Kronenschlösschen verantwortliche Tochter Johanna (beide oben im Bild) führten kurzweilig durch das kommende Genuss-Festival, das vom 23. Februar bis 12. März 2023 stattfinden wird – an verschiedenen Orten, vor allem aber im Kronenschlösschen in Hattenheim.

Zum ganzen Festival-Programm geht es hier mit einem Klick

 




Trilogia: Begegnung mit einer Legende

Ein Apotheker

begründete

den Aufstieg

griechischer Weine

 

Trilogia war der erste Rotwein aus Griechenland, der auch international Beachtung fand. Der Apotheker Christos Kokkalis merkte in den 90er Jahren, dass auch Wein Medizin sein kann. 1997 brachte er seinen ersten Jahrgang auf den Markt, den vielleicht besten von allen. Schon bald nannte man seine Roten „Bordeaux-Killer“, weil sie bei Blindproben nicht selten sogar besser bewertet wurde als die Franzosen. Bei einer Verkostung in Frankfurt standen verschiedene Jahrgänge zur Probe, aus der Neuzeit und aus der Ära von Christos Kokkalis.

Sommelier & Brand Manager Alexandros Bouzikas

Trilogia war und ist noch immer zu hundert Prozent ein Cabernet Sauvignon. Gezogen auf der Halbinsel Peleponnes, wo Sparta, Korinth und Olympia Geschichte schrieben. Schon immer eine Rarität, nur 6000 bis 8000 Flaschen wurden erzeugt, bei Preisen um die 50 DM/Euro. Es ist erstaunlich, wie groß seinerzeit das Aufsehen über dieses mit 2,5 Hektar recht winzige Weingut war. Auch das ist Geschichte. Der inzwischen 81 Jahre alte Apotheker aus Mönchengladbach verkaufte aus Altersgründen und mangels Nachfolger sein Weingut an die griechischen Newcomer von Biblia Chora.

Die Verkostung im Frankfurter „Kennedys“ (gleich neben dem Übergriechen „Parthenon“) wurde von Sommelier Alexandros Bouzikas und Athina Savvidis vom Trilogia-Generalimporteur vorgenommen und brachte einige interessante Erkenntnisse. Die neuen Jahrgänge von Trilogia haben nur wenig mit den alten zu tun. Offenbar will man einen jungen und noch mehr internationalen Wein in den Markt bringen. Sachlich bewertet zeigte die alte Stilistik von Trilogie mehr Bordeaux mit einem Touch kalifornischem Flair. Inzwischen hat man sich weit mehr auf die italienische Seite geschlagen und möchte offenbar mit der Spitze der Toskana mithalten. Bei Preisen um die 50 Euro kein leichtes Vorhaben. Restaurants und auch der Handel müssten ihn so hochpreisig ansetzen, dass er als schwer verkäuflich erscheint. Um wirklich einzuschlagen, fehlt ihm die Einzigartigkeit. Das war in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts ganz anders und vor allem einfacher.

Der Jahrgang 2018 war noch viel zu jung, 2016 zeigte sich weiter gereift, aber nicht unbedingt besser. Der Jahrgang 2017 hatte mehr Statur, war runder, charmanter, fülliger. Unser Favorit war dennoch Trilogia 2009, der noch von Christos Kokkalis erzeugt wurde: Old Style Bordeaux, mit sehr schöner leicht mürber Frucht und einem Hauch Eukalyptus. In diesem Wein steckt noch der Geist von Christos  Kokkalis. Ein sehr freundlicher Flaschengeist.

Ludwig Fienhold

 

Fotos: Barbara Fienhold




Trüffel: Bühne frei für den großen Ekstasestoff

Das 30. Trüffel-Festival

im Brighella hat begonnen

 

Der Herbst ist oft ein müder Blues. Doch jetzt macht auch wieder ein Wachmacher die Runde, der für duftige Sinnlichkeit und kulinarische Ekstase steht: Der weiße Trüffel, die unterirdisch wachsende Knolle mit dem überirdischen Geschmack. Das Ristorante Brighella in Frankfurt widmet sich seit Jahren besonders engagiert dem magischen Pilz und konnte jetzt das 30. Trüffel-Festival vor ausverkauftem Haus starten. Mit viel Trüffeln, Vino und Showeinlagen. Das Spectaculum geht noch bis 13. November.

Weiße Trüffel werden wie Wertpapiere an der Börse gehandelt, die Preise gehen derzeit wieder steil nach oben. Aktuell kostet das Kilo mit 4.500 €, vor wenigen Tagen waren es noch 3.800 €. Nicht alle Gastronomen machen diese Preisspirale mit, weil sich der Aufwand nicht rechnet und die Marge wegschmilzt wie Butter in der Pfanne. Das Brighella bezieht die weißen Trüffel aus dem Piemont, während die schwarzen Trüffel aus Norcia in Umbrien stammen. Sie sind mit einem Kilopreis von rund 500 € noch verhältnismäßig preiswert, entfalten aber auch nicht das einzigartige Aroma wie die weißen Trüffel. Beim Trüffel-Festival werden beide eingesetzt. Der Preis für 5 Gänge plus Amuse und Dinnershow beträgt 150 €, Getränke gehen extra.

Tortello gefüllt mit Kalbs-Ossobuco gehen eine schöne Verbindung mit schwarzem Trüffel ein, die Tajarin aus dem Piemont lechzen geradezu nach weißen Trüffeln. Besser kann Pasta kaum schmecken.  Auf einer extra für diesen Abend abgestimmten Karte wurden ein gutes Dutzend Weine sowie gleich neun Weine in Magnumflaschen ausgesucht (38 – 82 € bzw. 78 – 238 € bei Magnum). Trinkempfehlungen: Der Langhe Arneis Blange von Ceretto aus dem Piemont ist ein saftig-frischer Allrounder, der sich vielen Gerichten anpasst. Ebenfalls aus dem Piemont kommt der sehr geschmeidige Barolo Perarmando von Parusso.

Mario und Tochter Laura

Im Brighella sind nicht nur gut gefüllte Bäuche zu Gast, sondern auch ein Bauch, der sprechen kann. Jan Mattheis, den man unter anderem aus dem „Tigerpalast“ kennt, ist schlanker Bauchredner und Zauberer. Auf der duftigsten Bühne der Stadt sind in diesen Tagen außerdem noch zwei weitere Künstler zu Hause: Angelo Vella und Eric Emmanuele. Angelo ist Sänger und Gitarrist, der mitunter beim Service aushilft und viele Italo-Hits im Repertoire hat. Eric hat auch italienische Wurzeln, kommt aber aus New York und lässt als Sänger Hits von Frank Sinatra und Dean Martin wieder aufleben. Diese Akteure sind Profis, die gute Stimmung verbreiten. Die Brighella-Chefs haben ebenfalls vielseitiges Talent. Leo Caporale kann kochen und singen, Mario Borazio ist Theaterschauspieler, der sogar steppen kann.

Ludwig Fienhold

Brighella, Frankfurt, Eschersheimer Landstr. 442, Tel. 069 53 39 92.

Künstler Agentur Move, Frankfurt, www.move-gmbh.de

Fotos: Barbara Fienhold

 

Alle Akteure, rechts Eric Emanuele




Der „Tatort“ im Brückenkeller

Das schönste Restaurant Deutschlands als Filmkulisse

 

Plötzlich taucht er aus dem Dunkel auf, der Frankfurter Brückenkeller, einst Deutschlands schönstes Restaurant. Für wenige Minuten werden Erinnerung wach, dank des aktuellen Tatorts „Murot und das Gesetz des Karmas“. Felix Murot alias Ulrich Tukur trinkt dort im schummrigen Licht zwar mit einem fiesen Musiker, der aber das schöne Bild dieser Gourmetlegende nicht stören kann. Der „Tatort“ spielt auch im Hotel Kempinski in Gravenbruch und im Panoramafenster-Pavillon im Huthpark, wo das Café Bergstation zu Hause ist, doch die Szenen mit dem Brückenkeller sind einfach die schönsten – zumindest für den, der ihn kannte. Als Weinhaus-Keller gibt es ihn seit 1652, das Restaurant wurde 1927 eröffnet.

Murot und der fiese Musiker trinken nur Wein (und Ouzo, den im Brückenkeller niemand je getrunken hat), haben aber nichts zu essen auf dem Tisch. Das wäre früher garantiert nicht so gewesen, denn das Restaurant hatte in den achtziger Jahren und Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts einen und für kurze Zeit sogar zwei Michelin-Sterne – damals galt so etwas noch weit mehr als heute. Zwei der Großen ihrer Zunft waren unter anderem dort Küchenchefs, Alfred Friedrich und Hans Haas. Friedrich betreibt noch sein Edelwirtshaus Golden Kron in Frankfurt, Haas wurde kürzlich mit viel Jubel für seine exorbitante Arbeit im Münchner Tantris in den Ruhestand verabschiedet.

Der Brückenkeller war nie ein gewöhnliches Restaurant, allein schon wegen seiner einzigartigen historischen Gewölbekulisse. Die Geigen der um die Tische ziehenden Musikanten schluchzten und manchmal auch die Gäste, aber nicht unbedingt wegen der Rechnung, sondern weil die Atmosphäre so berührend war. Betreiber Michael Wehle, der im Brückenkeller als Oberkellner arbeitete und später den gesamten Betrieb übernahm, führt im Gästebuch Namen wie Marilyn Monroe, Elvis Presley, Alfred Hitchcock, Walt Disney oder Paul Bocuse auf.

Es gibt viele Köche und Gastronomen, die den Brückenkeller gerne übernehmen würden, was aber bislang an den Preisvorstellungen scheiterte. Andere in der Branche wären froh, das Lokal wenigstens für eine Veranstaltung mieten zu können, was ebenfalls misslang. Der Brückenkeller ist schon seit Jahren nicht mehr für Restaurantgäste zugänglich und öffnet seine Türen nur noch für Gruppen an Messen oder dient als Eventlocation. Oder wie jetzt als Filmkulisse.

LF

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Im Ristorante Brighella rocken die Pilzköpfe

Endlich Herbst mit Steinpilzen

 

Auch der Herbst hat seine schönen Tage, gerade wenn Pilze auf den Tisch kommen. Wir haben schon jetzt ein herbstliches Lieblingsgericht: Große saftige und mit Ossobuco gefüllte Tortellini in Kalbshachsensauce, die gebratenen Steinpilze thronen on top. Zu haben im Ristorante Brighella in Frankfurt.

Leo Caporale

Das Schmorgericht Ossobuco ist zwar etwas Wunderbares, fällt aber meist sehr mächtig aus. Im Brighella wird dieser Klassiker ganz anders zubereitet, ausdrucksstark und doch nicht so fleischlastig. Die Kalbshachsenfüllung gerät saftig und geschmeidig, was der Zugabe von Knochenmark zu verdanken ist.

Mario Borazio

Küchenchef Leo Caporale arbeitet gerne mit Steinpilzen, famos ist auch ein anderes Gericht: Knusprige Brioche mit feinstem Lardo di Colonata, Steinpilzen und gebratenem Rucola. Haptisch und geschmacklich einfach schön, wobei sich der würige Edelspeck bestens mit Steinpilzen verträgt. Weiter geht der Reigen: Steinpilze mit Oktopus, Spinatküchlein und Kartoffelmousseline gehen ebenfalls eine gute Verbindung ein. Der Wildfang-Seewolf, auf der Haut gebratenen und mit Thymian, Salbei und Knoblauch abgestimmt, kommt puristisch ohne Sauce und Zierrat aus. Eigentlich könnte man bestens ein ganzes Menüs mit diesen Kreationen zusammenstellen.

Tortellino mit Ossobuco-Füllung

Solche saisonalen und stark von Lieferanten abhängige Erzeugnisse stehen nicht immer auf der Karte. Der Service annonciert sie tagesaktuell. Um ganz sicher zu gehen kann man auch vor einem Restaurantbesuch danach fragen.

Ludwig Fienhold

Fotos: Barbara Fienhold

Brighella, Frankfurt, Eschersheimer Landstr. 442, Tel. 069 53 39 92.




Restaurantkritik: Neue türkische Küche bei Mezze & More

Würzige Leckerbissen und überraschende Weine

in Frankfurt Alt-Sachsenhausen

 

Obwohl die türkische Küche außergewöhnlich gut sein kann, schafft sie es nur hie und da dies auch außerhalb des Landes zu beweisen. In Frankfurt gibt es nicht wenige türkische Lokale, die aber bislang das angestammte Kebab-Terrain nicht verlassen wollen. Mit dem Mezze & More findet man im zu recht verschrienen und doch nicht ganz zu unrecht geliebten Stadtteill Alt-Sachsenhausen ein neues, modernes und in jeder Hinsicht bemerkenswertes Restaurant.

Hummus & Pastrami

Die Gerichte werden optisch appetitlich serviert und sind so portioniert, dass man auch gerne mehere Speisen bestellt und teilt. Mezze birgt ja genau das gesellige kulinarische Erlebnis, bei dem man viel gemeinsam probiert und sich auf kurzweilige Art die Vielfalst einer Küche einverleiben kann – was im übrigen auch zu zweit funktioniert. Heute nennt man das allenthalben Share & Care oder so ähnlich, was die Idee nicht neuer macht.

Garnelentopf

Bei Mezze & More machen die Vorspeisen Appetit auf mehr. Hübsch präsentiert, leicht, pfiffig, gut abgeschmeckt. Man isst sich schnell in Rage. Etwas Auberginen-Carpaccio mit roter Paprika, Walnuss, Tahina und roten Granatapfelkernen, ein wenig Austernpilz-Reis mit Knoblauch, Datteln, Tomaten und Dill, noch drei Bulgurtsche gefüllt mit Rinderhack vom Entrecote. Und schon hat man ganz viel Spaß auf dem Tisch. Besonders gut gefällt uns der feincremige Hummus mit gerösteten Kichererbsen on top, wobei die Variante mit türkischer Pastrami noch eine schöne Würze einbringt. Der White Tiger Garnelentopf überrascht mit einer immensen Würze, die nicht scharf ist, sondern vor allem lustvoll. Man wird den Sud bis zum letzten Tropfen löffeln oder mit Weißbrot tunken. Ob Vegetarisches oder Lammgerichte, die Küche besinnt sich auf Traditionelles, verfeinert aber ins Sinnliche und schafft den Sprung in die Moderne. Es ist spannend und anregend, wie kultiviert im Mezze & More mit Aromen und Würzungen umgegangen wird. Solche Adressen findet man nicht im Michelin, aber bei uns.

Die meisten haben wahrscheinlich noch keine türkischen Weine getrunken, hier lohnt es sich in das Thema einzutauchen. Man kann dies ja erst einmal bei den offenen Weinen probieren, von denen keiner langweilt. Der Blanc de Noir und der Rosé vom großen Familienweingut Chamilija in der Provinz Kirklareli ermöglichen einen guten Einstieg. Unser Favorit bei den Ausschankweinen ist die zitrusfrische und delikate Cuvée von Albariño und Narince, eine glückliche Verbindung aus türkischen und spanischen Rebsorten. Wer sich damit eingetrunken hat, wird rasch bei den autochthonen Rebsorten ankommen. Metim Yildrim, der stets feingezwirnte Hausherr, berät geradezu fürsorglich. Man bekommt eine Ahnung davon, was türkische Gastfreundschaft sein kann, die man vor allem in den Familien erleben darf. Begleitet wird Metim von einer überaus flinken und freundlichen Mitarbeiterin, die man so offensiv eher aus Berlin kennt (die aber auch zu Sachsenhausen passt). Nicht verpassen sollte man zum Abschluss den Premium-Raki von Beyoglu, ein sehr gut gemachtes Destillat aus Trauben und Weizenbrand.

Ludwig Fienhold

Fotos: Barbara Fienhold

Mezze & More, Frankfurt, Große Rittergasse 56, Dienstag bis Sonntag ab 18 Uhr. Tel. 0152 529 934 36.

 www.mezzeandmore.com