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Aldi Weine im Test: Kylie Minogue süß-sauer

Der Discounter, in dem sich Hase und Ziege zuprosten

 

Außer Spesen

nichts gewesen?

 

Wir glauben gerne an das Gute im Discounter. Auch bei Aldi. Immerhin gibt es dort ein köstliches und mit Panna Cotta Creme gefülltes Croissant und auch eine ordentliche Milch. Kann Aldi aber auch Wein? Wir durchstöbern seit Jahren immer wieder das Sortiment nach guten oder zumindest brauchbaren Flaschen und werden regelmäßig enttäuscht.

Promis, deren Namen Wein-Etiketten schmücken sollen, gibt es mehr als genug. Jetzt mischt auch Kylie Minogue mit einem Rosé 2021 mit, der ein Vin de France genannt wird. Er besteht hauptsächlich aus Carignan und rund 20 Prozent Cabernet Sauvignon (5,99 €). Er soll „easy to drink“ sein, was wir ausdrücklich bezweifeln. Er ist so süßsauer, als wollte ihn ein China-Lokal als Sauce einsetzen. Man vermag ihn vielleicht mit Eiswürfeln so verkühlen, dass er sich atomisiert. Man kann natürlich auch das Gute-Laune-Video mit dem süffigen Hit Dancing von Kylie Minogue einspielen, um die alkoholhaltige Suppe vielleicht ohne Nebenwirkung runter zu bekommen. Man kann aber auch alles bleiben und den Wein im Regal stehen lassen.

Ein anderer rezeptfreier Rosé steht dieser Tage auch  in den Aldi-Regalen: The Grande Plage (Costières de Nîmes/Rhone, 3,99 €). Auch wieder ein armer Tropf ohne jegliche Substanz. Er brennt gleich ein Loch in den Magen und lässt die Bauchspeicheldrüse zucken. The Grande Plage fordert dazu heraus, den Namen deutsch auszusprechen.

Der Merlot-Rosé Fantini Calenta (2021) für 6,99 € gehört schon zum hochpreisigen Segment bei Aldi. Entsprechend schöne Flasche mit Glaskapsel. Die Verpackung kostet wahrscheinlich mehr als der Inhalt, jedenfalls drängt sich das beim Geschmack auf. Disharmonisch, penetrant stachelbeerig wie ein sauertöpfiger Sauvignon Blanc, sonst eher kaum Aromen, unbalanciert, unsauber. Er bezieht sein schwächliche Statur nur über den Alkohol von 13,5 %. Dafür gibt es von einem gewissen Luca Maroni 99 Weltklasse-Punkte. Luca Maroni? Ja, den gibt es wirklich. Dieser „Kritiker“ muss geschmackstaub sein.

Wir haben viele Rosé-Weine von Aldi probiert, irgendwann wird man müde, weil nichts dabei herauskommt. Akzeptabel war einzig der Rosé La Ferme Julien (der mit der sympathischen Ziege auf dem Etikett). Er stammt aus dem Familienbetrieb Perrin und weist wie die meisten Rosé 12,5% Alkohol auf. Ein robuster ländlicher Wein, aber ordentlich und ehrlich gemacht (4,99 €).

Johannes Leitz ist ja unbenommen ein Topweingut im Rheingau. Die Trauben für seinen Pinot Noir Rosé (4,99 €) werden aber aus Lagen in Rheinhessen eingesammelt. Sehr disharmonisch, saurer Grundwein wird aufgesüßt, man schmeckt beides gleichzeitig. Erst kratzt er am Gaumen und dann im Magen. Unangenehmer Zeitgenosse.

Verdicillo Rosé, Jumilla/Spanien (3,99 €): Gummibärchen-Alptraum, wie ein ganz übler klebriger Lippenstiftkuss. Organic und vegan protzt das Etikett, als ob es eine Auszeichnung wäre. Man sieht, dass diese Begriffe nichts mit Qualität zu tun haben.

Der Grüne Veltliner von Leo Hillinger (4,79 €) hat nichts von einem Grünen Veltliner, aber ganz viel von einem flachen Massenwein. Nicht mal als Schorle zu gebrauchen. Es gilt die Binsenweisheit: Es gibt keinen Porsche zum VW-Preis – und es gibt keine guten billigen Weine.

Der Sauvignon Blanc aus der Pfalz fällt durch seinen Preis von 2,99 € auf. Der Hase auf dem Etikett erscheint harmlos, er ahnt auch nicht, wie dieser Wein schmeckt. Er ist dünn und eigentlich so mager, dass selbst eine Schorle mit viel Wasser kräftiger wirkt. Der Sauvignon Blanc stammt auch nicht von einem bestimmten Winzer, sondern wird von der Großkellerei Zimmermann-Graeff & Müller in Zell an der Mosel abgefüllt. Über 1000 Winzer aus Rheinland-Pfalz liefern dort ihre Trauben ab. Auf dem Etikett des Hasen-Weins steht „klimaneutral“, was letztlich Augenwischerei ist. Einen „klimaneutralen“ Wein gibt es nicht. In Wahrheit können Unternehmen ihren eigenen Ausstoß an klimaschädlichen Gasen ausgleichen, in dem sie CO2-Zertifikate aus Klimaschutzprojekten kaufen. Dieses Freikaufen erinnert höllisch an die Kirche und die Absolution.

Ludwig Fienhold




Trocadero Marbella: Hotspot oder nur heiße Luft?

Wo der Gast und nicht

der Fisch gegrillt wird

 

In Marbella gibt es gute Adressen, für den großen Auftritt den Marbella Club, für Weinliebhaber die G-Wein-Bar und für die Beach Gourmets Chiringuitos wie die vom Hotel Puento Romano. Hotspots gab es früher sehr viele, ja ganz Marbella war ein Hotspot. Jetzt versuchen manche Hotspots zu werden, ohne den Charakter dafür zu haben. Das Trocadero will ein Hotspot sein, entpuppt sich aber nur als heiße Luft.

Wo die Katze kocht, gibt es auch Katzentische

Den einen oder anderen Bentley und Porsche vor der Tür hat man für sich gewinnen können. Das sagt zwar nichts über die Qualität eines Lokals aus, signalisiert aber, dass man die angepeilte Zielgruppe zumindest partiell erreichen konnte. Als erstes begegnet dem Gast eine Rezeptionistin oder besser Platzanweiserin. In unserem Fall eine kühle Brünette mit dem Charme einer Zahnarzthelferin. Vollkommen versteinerte Mimik, für Botox scheint sie jedoch noch zu jung. Der uns zugewiesene Platz in der zweiten Reihe ist der einzige seiner Art im Lokal und nur unschwer als Katzentisch zu erkennen (wir hatten zwei Tage zuvor einen Tisch auf der Terrasse reserviert). Es beginnt eine längere Diskussion, trotz vieler freier Tische auf der Terrasse, die uns zusagen, bekommen wir am Ende nur einem Tisch am Pool. Das Trocadero ist um diese Zeit (18.30 Uhr) schwach besetzt. Es wäre leicht gewesen, uns einen anderen Tisch zu gönnen, doch die kühle Brünette gefällt sich in ihrer Rolle als Platzherrscherin und verweigert sich jedem Verständnis. Mehr Gastfeindlichkeit in den ersten fünf Minuten lässt sich kaum umsetzen. Es ist schon eine Leistung, wie eine einzige Mitarbeiterin es im Handumdrehen vermag ein ganzes Lokal zu diskreditieren.

Wenn wenigstens alles andere stimmen würde. Es fällt auf, dass kaum jemand vom Personal in diesem Lokal lächelt. Es ist auch nicht zu übersehen, dass man es mit ungeschultem Service zu tun hat. Die Küche zeichnet sich auch nicht gerade durch  Könnerschaft aus. Allein wie die Seezunge auf den Tisch kommt, ist seltsam. Über den Fisch wurden einige verwelkte Blüten gestreut – vielleicht ein altes Beerdigungsritual der Fischer an der Costa del Sol. Die Seezunge ist etwas matt und hätte durch Butter, ein wenig Knoblauch oder anderes belebt werden können, doch sonst zeigt sie viel saftiges Fleisch (Bild oben). Der Rodaballo (Steinbutt) ist der Magerste seiner Art, den wir je erlebt haben. Zudem wurde er in Öl ertränkt. Kein Genuss. Beide Fische sollten angeblich gegrillt respektive a la plancha sein. Die schleimige Fischhaut und die unschöne Präsentation sprechen aber nicht dafür. Die kaputten Tiefkühlgemüse zu den Fischen hätte man sich auch sparen können. Mit einer Flasche Cava alles in allem für über 100 € eine ziemlich beschämende Leistung.

Trocadero ist ein Kette mit vielen Standorten in Spanien und vor allem an der Costa del Sol, die alle einem ähnlichem Prinzip gehorchen. Man verkauft sich als Beach Club mit Restauration und guter Atmosphäre. Auch das Trocadero in Estepona bei Marbella sieht sich als Lifestyle-Adresse. Eine hohle Formel, wenn kein Stil, keine Empathie und keine gute Küche vorhanden sind.

Ludwig Fienhold




G-Wine Bar in Marbella: Die beste Adresse für Weinfreunde

Zu Gast beim Gierschlund

 

Von Ludwig Fienhold

 

In Marbella gibt es feudale Hotel-Restaurants, klassische und avantgardistische Tapas-Lokale, einfache und einfach gute Chiringuitos und eine ganz besondere Adresse für Weinliebhaber: die G-Wine Bar. Sie zählt zu unseren Lieblingsplätzen in ganz Spanien. So viele Entdeckungen an Wein und Cava vermag kaum ein Lokal zu bieten, und das auch noch zu fairen Preisen. Die Küche ist sehr gut, der Service salopp sympathisch. Alles stimmig, klares Konzept, individuelle geschmackssichere Offerten. Solche Orte sind so rar wie ein Pinguin in der Wüste.

Egal, was diese Wine Bar auf ihrer Seite postet, wir bedauern nicht gleich hinfahren zu können, weil wir in Deutschland oder sonstwo auf der Welt unterwegs sind. Aber oft genug klappt es ja und dann freuen wir uns auf die neusten Überraschungen an Weinen und Cavas. Ein Fundstück sind die Cavas der kleinen Familien-Bodega Guilera aus dem Penedes, die es in verschiedenen Varianten gibt. Allesamt handwerklich erzeugte und individuelle Schaumweine mit hoher Qualität zu erstaunlich niedrigen Preisen. Der Brut Reserve Nature reift 36 Monate in der Flasche, ist feinperlig, frisch und schlank. Bei G-Wine bekommt man eine Flasche für 18 €, das gut eingeschenkte Glas für 5 €. Ausgezeichnet auch der Brut: Rosat mit vielschichtigen Aromen von Waldbeeren, Erdbeeren, Himbeeren, etwas Kirsche und einem Hauch Rhabarber und Quitte. Dabei aber sehr schön trocken, saftig, feinfruchtig, delikat und überhaupt nicht quietschig.

Auf der Weinkarte stehen über 120 verschiedene Weine, Cavas und anderes mehr, allein 25 by the glass. Lokale und regionale Weine aus Ronda, Malaga oder Huelva werden von uns bevorzugt, weil man diese außerhalb Andalusiens kaum bekommt. Gerade unter den preiswerten Weinen wird man großartige Entdeckungen machen. Der Carrasvñias von der Bodega Cachazo, ein Verdejo aus Rueda, flitzt mit einer lebhaften Leichtigkeit über die Zunge, die Freude am Durst macht. Frisch, saftig, mineralisch, kaum wahrnehmbare Säure. Ein Hauch Zitrus und Grapefruit, elegant, geschliffen. Viel Spaß und Ehrlichkeit im Glas vermittelt auch der Barredero der Bodegas Contreras Ruiz aus der andalusischen Region Condado de Huelva. Dieser schwungvolle Weißwein stammt zu Hundertprozent aus Zalema, einer autochthonen Rebsorte. Fein, mineralisch, saftig, geschmeidig, Zitrusfrucht, Orangenblüte, Kräuternoten. Super.

Ach ja, die Tapas, muss man einfach alle haben. Immer pfiffig, würzig, lebensprall, freudvoll, ob modern oder klassisch. Oxtail Tacos sind ein Must-have, Langostinos Pil Pil wird man als die besten weit und breit erleben, und die verschiedenen Varianten von Mini-Hamburgern sind wunderbar unkomplizierte Leckerbissen. Bei den Langostinos im zarten Tempuramantel merkt man sehr genau, dass hier feinfühlig gearbeitet wird und nicht so grob wie oft bei Tapas in anderen Lokalen. Camembert Cheeseballs mit Blaubeer-Marmelade würden wir sonst eher nicht bestellen, doch in der G-Wine Bar, sind sie einfach gut, ganz leicht und angenehm fruchtig. Man spürt allenthalben, dass mit Leidenschaft, Liebe, Intuition und solidem Handwerk gearbeitet wird.

Das G-Wine-Team besteht aus internationalen Charakteren und charmanten Servicemitarbeiterinnen. Küchenchef Orlando Ortiz stammt aus Mexiko, Salomon Ben ist ein ungemein einsatzfreudiger Allrounder und Patron David mag vielleicht wie ein gemütlicher Biertrinker aussehen, ist aber ein  ziemlich ausgefuchster Weinfex (wobei auch gute Craft Biere zu haben sind). Übrigens: Das „G“ im Namen der G-Wine Bar steht für den marderartigen Glotón aka Gulo gulo, den Vielfraß, Gierling, Giermagen oder Gierschlund. Dazu kann man hier als Gast ganz leicht werden.

G-Wine Bar & Restaurant

Täglich 13:00 – 00:00 Uhr, Dienstag geschlossen

Tel. +34 697 281 203
Av. del Mar Mediterráneo, Edificio Los Arqueros Beach 10, 29670 Marbella (San Pedro de Alcantara)

www.g-wine.com

Photocredit: Barbara Fienhold

Bild ganz oben: David (r.) und Salomon




L´Arôme: Neues Lokal in Frankfurt macht Hoffnung

Kreative Küche am Schauspielhaus

 

Vorschusslorbeeren können schnell welken. Aber in diesem Fall riskieren wir es, denn Hai Hoàng Minh hat schon vielfach bewiesen, wie kreativ und handwerklich souverän er arbeiten kann. Er stand im Frankfurter Toprestaurant Lafleur bei Sternekoch Alfred Friedrich am Herd und zeigte als Küchenchef in der Frankfurter Botschaft, wie gut euro-asiatische Küche sein kann. Jetzt will der 38 Jahre alte gebürtige Vietnamese Mitte Juni sein Restaurant L´Arôme in der Neuen Mainzer Straße gleich gegenüber den Städtischen Bühnen eröffnen.

Hai will eine weltoffene europäisch-asiatische Küche auf den Tisch bringen, wie es sie im Umfeld und auch sonst in Frankfurt noch nicht gibt. Er wusste zwar von Anfang an, welche Küchenrichtung er einschlagen will, betrieb aber zusätzlich Benchmarking, um sicher zu gehen, dass er über ausreichend Alleinstellungsmerkmale verfügt. Dumplings sind längst ein Trend, aber meist in der traditionellen Art. Hai möchte diese Teigtaschen mit hochwertigen Produkten füllen und vor allem frisch zubereiten. Überhaupt will er grundsätzlich klassische Speisen neu und auf seine Weise interpretieren. Die chinesischen Mooncakes sind meist ein süßes Teegebäck, können aber auch salzig sein. Sie haben eher symbolischen Charakter als höheren kulinarischen Wert. Im L´Arôme sollen sie mit spannenderen Produkten gefüllt und kombiniert werden, etwa Nusskrokant plus Gänseleber. Geplant sind Gerichte à la carte und zwei kleine Menüs. Zudem eine „asiatische Brettljause“ mit verschiedenen Kleinigkeiten, gedämpft und gebraten. Wir werden dabei Bekanntschaft mit einer vietnamesischen „Mortadella“ machen, auf die wir gespannt sind.

Im L´Arôme wird es auch gute Weine geben. Ein Weinklimaschrank und Gläser von Spiegelau sind keine schlechte Voraussetzung. Die Karte wird zunächst kompakt ausfallen und gut 30 Positionen listen, der Schwerpunkt liegt auf Deutschland. Hai wird an der großen Theke vor der Küche seinen Platz finden, wo ihm die Gäste bei der Arbeit zusehen können. Küche und Service sollen mit jeweils drei Mitarbeitern/innen besetzt werden.

Holzoptik, warmes Ockergelb und florale Töne geben dem Lokal einen fröhlichen und friedvollen Anstrich. Die Holztische wirken einladend, besonders nett sitzt es sich am Fenster auf der Galerie mit Blick zum Theaterplatz aka Willy-Brandt-Platz. Das Restaurant bietet 52 Plätze auf zwei Etagen, auf der Terrasse  können 10 bis 35 Gäste sitzen, über die Größe ist noch nicht das letzte Wort gesprochen. Vorerst soll nur abends von 17 bis 22 Uhr geöffnet sein, Sonntag und Montag bleibt das Lokal geschlossen. Das Lokal U-Bowl von Hai in der Töngesgasse bleibt übrigens weiter bestehen, es ist das beste seiner Art in der Stadt.

Ludwig Fienhold

Fotos: Barbara Fienhold




Abschied von Ingo Holland: Großer Koch, Gewürzexperte und Genussmensch

Ein Mann mit Charakter

und starker kulinarischer

Handschrift

 

Was war er nicht alles, der Ingo Holland, ein großer Koch, Genussmensch, Gewürzkoryphäe und Unternehmer. Aber er war auch ein herzlicher Mensch, doch gerade das Herz war auch seine Schwachstelle. Jetzt hörte es einfach auf zu schlagen, in der Nacht im Schlaf, es muss ein friedlicher Abschied gewesen sein. Am 13. April feierte Ingo Holland seinen 64. Geburtstag. Vor zwei Tagen hat man ihn noch in froher Runde in Frankfurt erleben können, gut gelaunt und entspannt. Nur einen Tag später, am 3. Juni, verstarb er. Wir werden sein ewig lausbübisch-verschmitztes Lächeln nicht vergessen und auch nicht seine prägnante kulinarische Handschrift.

Ingo Holland (l.) und Juan Amador

Ingo Holland konnte auf eine erstaunliche Karriere zurückblicken, er machte seine Ausbildung zum Koch im Frankfurter Hof, arbeitete später mit Harald Wohlfahrt und Dieter Müller zusammen. Er betrachtete als seine vielleicht wichtigste Zeit die in den legendären Schweizer Stuben in Wertheim, wo er als Pâtissier glänzte. Als sich Ingo Holland 1989 mit dem Winzerstübchen in Klingenberg selbständig machte, konnte er gleich auf ein gutes Stammklientel bauen und viele Gäste gewinnen, die teilweise auch zu Freunden wurden. Das Lokal entsprach optisch jedoch nicht seinen Ansprüchen, weshalb er 1997 das Alte Rentamt in Klingenberg übernahm, ein schönes denkmalgeschütztes Haus mit zwei Etagen und einer Terrasse. Trotz des Erfolgs und guten Bewertungen in den Gourmet Guides (1 Michelin-Stern, 18 Punkte Gault&Millau) war es wirtschaftlich keine leichte Zeit.

Ingo Holland und Sohn Kilian

Wir könnten Hunderte fabelhafter Gerichte aufzählen, die wir bei ihm genießen durften, viel wichtiger aber ist es sich an seinen kulinarische Stil zu erinnern. Er kochte so saft- und kraftvoll wie es seiner dionysischen Erscheinung entsprach. Alles war aromatisch und spicy. Gewürze waren seine Leidenschaft. Allerdings bekam Ingo Holland sie nicht in der Qualität wie er diese haben wollte, weshalb er sich 2001 dazu entschloss das Alte Gewürzamt in Klingenberg zu eröffnen, um mit Gewürzen und Gewürzmischungen zu handeln. Dieser Handel florierte schon bald so stark, dass er sechs Jahre später sein Restaurant aufgab und sich ganz auf die Gewürze konzentrierte. Längst werden diese überall in Deutschland und auf der ganzen Welt angeboten. Das Gewürzimperium beschäftigt inzwischen über 50 Mitarbeiter/innen.

Im Jahr 2016 eröffneten Ingo Holand und sein Sohn Kilian ihre neue große Manufaktur in Klingenberg am Main. Sie ist Produktionsstätte, Versuchsküche und Kochschule und verfügt über einen Tagungsbereich mit großer Terrasse. Rund 300 verschiedene Gewürze stehen beim Alten Gewürzamt im Angebot. Raz el Hanout, Curry Goa, Ducca oder Mole kennt jeder Profi- und Hobbykoch, die BBQ Mischungen für Pork, Chicken und Beef sind Bestseller. Hollands Lieblingspfeffer war der schwarze aromatische Kerala. Eines der schönsten kulinarischen Events fand 2019 in der Manufaktur statt, als Ingo Holland gemeinsam mit Juan Amador ein grandioses Tapas-Festival inszenierte. Damals freute sich Ingo Holland nicht nur über die zahlreichen Gäste, sondern besonders über das Enkeltöchterchen, das noch im Kinderwagen lag. Der 32 Jahre alte Sohn von Ingo Holland, Kilian, arbeitet schon seit vielen Jahren in der Betriebsleitung und wird auch künftig die Geschäfte weiterführen.

Ludwig Fienhold




Sparkling Festival: Hitze-Erfrischung auf höchstem Niveau

Nachlese: Über 190 Schaumweine

und Champagner

im Kloster Eberbach

 

Schaumwein macht glücklich, sparkles make you smile! Das war bei den Teilnehmern des 4. Internationalen Sparkling Festivals im Kloster Eberbach deutlich zu erleben. Sei es bei den Besuchern, dem Fachpublikum, den Winzern oder den Referenten. Die ehrwürdigen Räumlichkeiten und die dicken kühlenden Mauern von Kloster Eberbach boten einen angenehmen Schutz vor der sengenden Tageshitze sowie eine einzigartige optische und akustische Atmosphäre. Über 80 Weingüter aus 13 Ländern präsentieren mehr als 190 gut gekühlte Schaumweine aus dem Premiumbereich.

Gerhild Burkard

Organisatorin Gerhild Burkard ist es erneut gelungen, großartige Produzenten zusammenzubringen und ein Schaumweinangebot der Spitzenklasse aus aller Welt zu präsentieren. Im Laiendormitorium, dem Herzstück von Kloster Eberbach, konnten Schaumweinliebhaber flanieren, sich mit den Winzern persönlich austauschen, ihren Geschichten lauschen und freigiebig deren kostbare Perlen entdecken. Das nationale und internationale Aufgebot reichte von herausragenden Sektmachern und Manufakturen aus Deutschland bis zu Klassikern aus der Champagne. Ebenso waren exzellente Crémants aus Frankreich und Luxemburg zu verkosten, Cava, Austrian Sekt, Südafrika Cap Classique und Top-Spumante aus Italien. Mit Neugier und Anerkennung wurden auch die eher noch unbekannten Sparkling Wine Produzenten aus England, den Niederlanden und Slowenien bedacht.

Das Highlight zum Auftakt des Sparkling Festivals war die Champagner Raritäten Masterclass mit dem großen Kellermeister Mathieu Kauffmann und Gerhild Burkard. Diese war schon Tage zuvor ausgebucht. Nicht weniger gering war der Andrang auf die weiteren Masterclasses zu den Themen Deutsche Sekt Raritäten, Österreich Sekt, Cava und Cap Classique. Der Wissensdurst der Teilnehmer wurde von Top-Referenten und ausgewählten Schaumweinen gelöscht. Rundum eine prickelnde Veranstaltung, die zeigt, wie leidenschaftlich auf der Welt hochwertige Champagner und Schaumweine erzeugt werden.

Text: Christine Scharrer

Fotos: Astrid Reinelt, Sparkling Festival




Neues Pop-Up Lokal im Frankfurter Kunstverein

Bemerkenswertes am Krönungsweg

 

Wo der Kaiser zu Fuß

zum Thron ging

 

Das Café hat erst vor einigen Wochen eröffnet und bereits die dritte Terrassengarnitur im Einsatz. Wir haben stets probegesessen, es wird immer gemütlicher. Das zeigt Einsatz, vom Café und von uns. Das neue Café-Team ist engagiert, man spürt, dass es nicht nur als Pop-Up mal kurz aufspielen will, sondern langfristig an diesem schönen Platz Fuß fassen möchte. Der Kunstverein befindet sich ja auch nicht irgendwo, sondern genau am Krönungsweg, also jenem historischen Pfad, auf dem der Kaiser vom Dom zum Römer schritt oder bei Matsch und Schmodder mit einer Sänfte getragen wurde. Außerdem ist dieses Nadelöhr Schnittstelle von der Altstadt zur sogenannten Neuen Altstadt, die inzwischen wieder von Touristen überfallartig besucht wird. Beim Pop-Up im Frankfurter Kunstverein findet sich nicht der typische Tourist ein, sondern eher der Frankfurter und all jene, die entspannt einen Kaffee oder einen Drink genießen möchte. Der Cappuccino (3,50) ist sehr gut und ein ganz wichtiger Bestandteil für solch einen Ort, der von wiederkehrenden Gästen und nicht den touristischen Eintagsfliegen lebt. Die Basis dazu liefert Due Mani, eine inzwischen etablierte und gute Rösterei am Frankfurter Osthafen.

Dass man es mit der Qualität ernst meint, zeigt auch die Wahl des Apfelweins von der Kelterei Stier, einen besseren Hausschoppen (vom Fass) hätte man kaum finden können. Bei einem Café ist man ja schon froh überhaupt einen Wein zu finden, aber im Pop-Up im Frankfurter Kunstverein will man ja weiter greifen und später auch mal die Abendgäste erreichen. Die Weine vom Pfälzer Emil Bauer sind immer eine gute Wahl. Mit dem Prosecco Carpe Noctum hat man auch seine Freude (6,50 das Glas, 35 die Flasche), wobei der ausgezeichnete Champagner Ruinart Rosé das beste und anspruchsvollste Angebot ist, wobei 95 € für die Flasche sehr gastfreundlich sind.

Beim Essen darf man derzeit nicht mehr als ein paar Happen erwarten, mit dem Grüne Soße Sandwich kann man aber zufrieden sein. Erdnuss- und Karottenkuchen sowie anderes mehr an Kaffeebegleitungen gehören zum Standardrepertoire. Eine richtige Küche hat es im Kunstverein nie gegeben und wird auch künftig nicht zu erwarten sein, denn das denkmalgeschützte Haus will sich vor Feuer jeglicher Art fern halten, wobei man über den Sinn streiten könnte, denn es würde ja kein Lagerfeuer entfacht, sondern am Elektroherd gearbeitet.  Aber es gibt Alternativen: Essen an anderer Stelle gut vorbereiten und hier auffrischen, sollte möglich sein.

Geführt wird das Pop-Up von Aleg Derksen und einem jungen Team, dass sich sonst auch mit Events, Marketing und Produkten aus dem Food & Beverage Bereich beschäftigt. Das professionelle Handling und die allseits zu spürende Freundlichkeit lassen hoffen, dass aus diesem Pop-Up eine dauerhafte Einrichtung wird. Früher war in Frankfurt Kaisers Kaffee Geschäft mal eine feste Größe –  der Name würde zum Krönungsweg passen.

Ludwig Fienhold

Fotos: Barbara Fienhold

Pop-Up, Café im Frankfurter Kunstverein, Markt 44.

Di, Mi, Fr. 10 – 20 Uhr, Do 10 – 22 Uhr, Sa 9 – 21, Mo zu.




Sommerfest im Brighella: Lustvolle Leckerbissen & Magnum-Spumante

Neue Folge der Weine

mit BISS Anfang Juli

 

Von Ludwig Fienhold

 

Wenn der Sommer durchs Land zieht, bekommt man Lust auf andere Weine und Leckerbissen, es muss leicht, schwungvoll und ein bisschen sexy sein. Das Ristorante Brighella serviert ganz leger auf seiner Terrasse kleine feine Tellergerichte und einige ausgesuchte Weine und Spumanti, die für die besonderen italienischen Momente sorgen. Kein formelles Essen, der Service schwirrt mit Gabelbissen und Weinen umher, die man im Sitzen genießen kann. Schön, wenn daraus ein kommunikatives Event wird, denn Freude am guten Essen und Trinken verbindet. Die Gastgeber, Leo, Mario und Ewa, haben sich seit Wochen auf das sommerliche Event vorbereitet und bieten es gleich an zwei verschiedenen Tagen an (Infos siehe unten).

Das Essen

Pasta macht glücklich, die von Chef Leo ganz besonders. Cannelloni alla genovese kann man vielleicht so nebenbei essen, aber die Zubereitung ist aufwendiger als man denkt. Die Füllung: Weiße, leicht süßliche Cipolla-Zwiebeln, die acht Stunden gekocht und dann karamellisiert werden, sowie ein wenig Ragout von Kalb und Rind. Die feinwürzige soßige Begleitung besteht aus Basilkum, Tomate, Olivenöl und Lorbeerblättern. Dieses aromatische Gericht kennt man außerhalb Neapels eher weniger. Der hausgebeizte zarte Sashimi-Lachs mit Sauercreme und Fluid von Granatapfel, Rucola und Aprikose ist eine Sommerdelikatesse in Reinkultur. Gleiches gilt für das Risotto mit getrockneten Steinpilzen und „flüssigem“ Salat – einem köstlichen Sud aus Feldsalat- und Gemüsesaft.

Ein Gericht von filigraner Schönheit ist der wölkchenhafte Parmesanflan mit Erbsencreme und Balsamico. Das I-Tüpfelchen dabei ist ein Coral aus Crusco Senise, eine hochfeine milde Pepperoni-Spezialität aus der Basilicata, Leos Heimat. Weiter geht der Corso al Gusto mit einer saftigen Steinbuttschnitte auf Kichererbesencreme und gestoßenen Sonnenblumenkernen. Ein Highlight wird auch der Lammrücken in Kartoffelkruste mit dichter Rotweinreduktion sein, ein Evergreen im Brighella, der in Zusammenarbeit mit Lea Linster entstand, die immer wieder mal im Brighella Gastspiele gibt. Letzter Leckerbissen: Orientalisch duftendes hausgemachtes Feigen-Dattel-Brot (ohne Hefe), mit Käse aus dem Piemont, Mostarda und Radicchio mit Sherry-Essig-Vinaigrette. Ein Happen schöner als der andere, wir kennen die Speisenfolge und sind begeistert. Wir haben auch viele Weine zusammen probiert und davon die besten ausgewählt, passend zum Essen, passend zum Sommer.

Die Weine & Spumanti

Im Sommer muss es prickeln. Am besten in Big Bottles, die im Brighella gleich dreimal zum Einsatz kommen. Den Spumante von Marramiero gibt es zum Einstieg aus der Magnum, was das Vergnügen geschmacklich erhöht. Dieser Rosé ist sinnlich und leicht wild-fruchtig, aber ganz trocken und animierend dabei. Der Ca´del Bosco gehört zum Besten, was italienische Schaumweinkunst hervorzubringen vermag. Beim Sommerfest im Brighella gibt es die Cuvée Prestige (Chardonnay, Pinot Nero, Pinot Blanco), Extra Brut, klassische Flaschengärung, ausgeschenkt wird ebenfalls aus der Magnum. Feine Perlage, cremige Textur,  mineralisch, frisch, aufregend und anregend. Grandezza für den Gaumen. Kein Zufall, dass dies Leos Lieblingsspumante ist. Ein ganz ungewöhnlicher Wein ist der roséfarbene Pinot Grigio Ramé von Cordero San Giorgio. Eine Rarität, denn es gibt heute nur noch sehr selten Pinot Grigio, der bei der Lese so ausgereift war, dass der Wein die natürliche lachsartige Färbung dieser Rebsorte zeigt. Sanfte Frucht, schönes Obst-Aroma, trocken. Ein sommerlicher Kuss ohne Kitsch. Im Brighella gleich in Übergröße aus der Magnum.

Lugana schwimmt in einem Meer der Mittelmäßigkeit, aber es gibt auch erstklassige Vertreter dieser Spezies. L´Lac ist eines der allerkleinsten Lugana-Weingüter, zählt aber qualitativ zur absoluten zur Spitze. Der Wein ist trocken und kommt geschmacklich ohne jegliche Gardasee-Folklore aus. Filigraner Duft von Wiesen und Kräutern, der gute Laune verbreitet und leichtsinnig macht. Überrascht werden manche sein, wie gut leicht gekühlter Rotwein schmecken kann. Dafür wurde der Nebbiolo D´Alba, Mompissano, von Cascina Chicco ausgewählt. Er ist von einer delikaten Leichtigkeit, die sich durch eine niedrige Serviertemperatur noch viel besser entwickelt.

 

Sommerfest im Brighella

Sonntag, 3. Juli, 12 bis 16 Uhr

Sonntag, 10. Juli, 12 bis16 Uhr

 

5 Weine/Spumanti 

7 Teller + Amuse, Wasser, Kaffee

Preis: 118 €.

 

Ort: Brighella, Frankfurt, Eschersheimer Landstr. 443

Tel. 069 53 39 92

Photocredit: Barbara Fienhold