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Aus für 2-Sterne-Restaurant Werneckhof in München

Tohru Nakamura ist ein weiteres

prominentes Opfer der Corona-Krise

 

Der deutsch-japanische Spitzenkoch Tohru Nakamura ist ein weiteres prominentes Opfer der Corona-Krise in der Sterne-Gastronomie. Das Restaurant Werneckhof by Geisel ist ab sofort geschlossen. Wenngleich die Schließung des Restaurants von Nils Henkel auf Burg Schwarzenstein im Rheingau ein wenig anders gelagert ist, gab diesem die Krise den Rest.

„Abstandsregelungen und andere Hygieneauflagen lassen es in einem so kleinen Restaurant nicht zu, den gewohnten exzellenten Service für unsere Gäste zu gewährleisten“, so Michael Geisel und ergänzt: „Da es leider für uns alle nicht absehbar ist, wann eine für uns gewohnte Normalität wieder zurückkehren wird, haben wir uns schweren Herzens dazu entscheiden müssen, den Betrieb im Werneckhof mit sofortiger Wirkung endgültig zu schließen.“ Auffällig ist, dass im offiziellen Statement der Geisel-Brüder nur ganz allgemein dem Team für ihr Engagement gedankt wird, nicht aber insbesondere dem hoch dekorierten Küchenchef Tohru Nakamaru.

Küchenchef Tohru Nakamura und das ganze Team des Werneckhofs haben ihren Arbeitsplatz verloren, doch solche Profis werden gesucht. Dies trifft insbesondere auf Tohru Nakamaru zu, über dessen Zukunft bislang noch geschwiegen wird. Wenn man zugrunde legt, dass er in München bleiben wird, gibt es nicht allzu viele Möglichkeiten. Ein Wechsel ins ebenfalls mit zwei Sternen ausgezeichneten Tantris liegt nahe, weil die Amtzszeit von dessen Küchenchef, Hans Haas, in den nächsten Monaten abläuft.

Was haben Tohru Nakamura und sein Team nicht alles an Auszeichnungen erhalten: 2 Sterne im Michelin, 19 Punkte und „Koch des Jahres“ beim Gault Millau und anderes mehr. Als Sohn einer deutschen Mutter und eines japanischen Vaters verbindet der 37 Jahre alte Küchenchef auch kulinarisch die Welten von Tokio und München. Japanische Einflüsse finden sich auf vielen Tellern, so etwa, wenn er klassisch auf der Haut gebratene Dorade Royal auf feinem Koshihikari-Reis bettet, der mit Tomate und Sepia nach Risotto-Art gegart ist, und dazu zarten Oktopus, Miso-Rouille und eine schäumende würzige Fischsuppe anrichtet. Der bayrische Japaner Tohru Nakamura spricht präzises Hochdeutsch. Und so kocht er auch: deutlich genau, betont. Schön, wie er eine Auster mit Salzwiesenkräutern und Dill in eine geschmackliche und optische Perle verwandeln konnte. Als filigrane Finesse beeindruckte der kurzgegarte Langostino mit Liebstöckel-Emulsion, Sellerie-Creme und Limetten-Perlen. Vor seiner Zeit in München arbeitete Tohru Nakamura im RestaurantVendôme bei Joachim Wissler und in der Oud Sluis von Sergio Herman.

Photocredit: Geisel Hotels




Bahnhofsviertel-Gastronomie Frankfurt: Ist der Zug abgefahren?

Das neue Lokal Yaldy

macht Hoffnung

 

Viele Todesfälle und

zwei Neueröffnungen

 

Von Ludwig Fienhold

Das Vingtneuf an der Elbestraße und seine massive lange Theke mit gutem Vermouth sind passé. In einer solch kaputten Straße ist das Zusammenleben von Junkies, Kriminellen und Gastronomen schwer erträglich und kaum möglich. Die Black Dog Bar am Wiesenhüttenplatz hatte mangels Konzeption und schlechter Location keine Chance und biss sich selbst weg. Das Maxie Eisen in der Münchner Straße mit Bar Food und fetter Pastrami überzeugte uns nicht wirklich, wechselte den Besitzer und hat nicht wieder aufgemacht. Das wunderbar plüschige Cabaret Pik Dame, auch in düsteren Zeiten schon immer ein Lichtblick im Bahnhofsviertel, hat seine Renovierung bis heute nicht abgeschlossen und bleibt geschlossen. Walon & Rosetti in der Moselstraße waren die Pioniere der neuen Gastronomie im Frankfurter Bahnhofsviertel und haben den Grundstein für den Wandel und die Attraktivität gelegt. Radu Rosetti und Henry Walon trennten sich zu schnell, Radu betrieb das Lokal alleine weiter und überzeugte eine ganze Zeitlang mit spannender orientalisch gewürzter Küche und guten Weinen, was in diesem Quartier so nie zu erleben war. Aus dem Walon & Rosetti wurde jetzt das Yaldy, bei dem bekannte Protagonisten aus der Szene die Regie übernommen haben. Radu hat sich aus dem Quartier verabschiedet und arbeitet inzwischen im Lokal „Das Leben ist schön“ an der Hanauer Landstraße.

Yaldy

Sieht man sich das Publikum im neuen Yaldy an, so scheint alles wie immer: Ein guter Querschnitt Frankfurter Typen mit weltoffener Haltung, Tendenz Shabby Chic. Die Theke ist nach wie vor das kommunikative Zentrum. Das angeschmuddelte Lokal wurde entstaubt und luftiger gestaltet. Die neuen Betreiber Michele Heinrich und Andrei Lipan gehören schon länger zum Viertel, Michele kommt aus der Kinley Bar, Andrei arbeitete schon bei Radu Rosetti und zeigt sich jetzt als engagierter Weinberater. In seiner kleinen offenen Küche saust Oliver Selzer herum wie Turbo-Specht Woody Woodpecker. Wenn er seinen überhitzten Kopf aus dem Pass streckt und mit großen Augen fragt, ob alles gut war, könnte man eigentlich nur schwer anders als das zu bestätigen.

Oliver Selzer und Maciej Szymacha

Oliver Selzer hat eine ebenso turbulente wie vielseitige Laufbahn hinter sich, arbeitete im formellen Francais im Frankfurter Hof, dem kreativen Biancalani und dem gemütvollen Landwehrstübchen, hatte mit dem Gickelschlag aber auch sein eigenes Lokal mit moderner Wirtshausküche. All das findet sich derzeit kaum in seiner Küche wieder, weil er noch auslotet, wo es eigentlich hingehen soll. Auffällig sind momentan der Hang zu Gemüse und bekannten Ingredienzen junger deutscher Küche (Pastinake, Graupen, Dashi). Positives Beispiel im Yaldy: Der im Grunde geschmacksarme Portobello-Pilz wird durch Misoschaum, Eigelb und Limettenabrieb zum Leben erweckt. So hat auch Vegetarisches Biss. Es wäre dennoch von Vorteil, wenn sich Oliver Selzers handfeste kluge Rustikalität von einst gegen den Kniefall vor ökologischer Korrektheit durchsetzen würde.

Yaldy, Moselstraße

Der schottische Begriff Yaldy steht für „Gelb“ und einen entsprechenden Vogel. Das signalisiert Barleben, wobei es ja auch Cocktails gibt. Doch das bieten auch andere in der Gegend, gute Weine aber nach wie vor nur wenige im Quartier. Der fein perlende und in Amphoren ausgebaute Pet Nat  Phaunus Bio-Rosé von Aphros Wine aus Portugal ist von einer eleganten Sommerfrische, die Lust auf eine ganze Flasche macht. „Faß 2“, ein richtig trockner, durchgegorener und mineralischer Saar-Riesling von Peter Lauer aus der Ayler Toplage gehört ebenfalls zum Repertoire und animiert auf erfrischende Weise. Muss man Chardonnay trinken? Und dann noch aus Deutschland? Der saftig köstliche, von sanfter Frucht und lustvoller Würze getragene Chardonnay 2019 von Becker-Landgraf aus Rheinhessen überzeugt auf den ersten Schluck. Beim schön gereiften Trettere 2014 von Wiegner aus Sizilien meint man den Rauch des Ätna zu spüren, der dem Wein eine verwegene Note verleiht. Rote Beerenfrucht und ein Hauch Vanille machen diesen Wein trotz Eigenwilligkeit leicht zugänglich. Beim zweiten Glas wird´s noch besser. Es gibt nicht viele Lokale rund um den Bahnhof, die so viel Spaß bringen, wie das Yaldy, also nichts wie hin.

Die Münchner Straße gehört noch zu den besseren Adressen im Bahnhofsviertel. Dort hat das persische „Babam“ eröffnet, das einen sympathischen Aufritt hat und sich durch Qualität absetzen will. Dies zeigt sich auch in diesem Fall bei der Weinauswahl. Riesling von Nick Köwerich von der Mosel, Grauburgunder von Bergdolt aus der Pfalz und der Footprint Shiraz aus Südafrika sind leicht trinkbare Genuss-Erlebnisse. Lammgerichte sind die Spezialität des kleinen Lokals, sympathisch auch, dass die Käse von L´ Abbate aus Offenbach verwendet werden.

 

Rotlicht & Blaulicht machen 

noch kein buntes Programm

 

Das Frankfurter Bahnhofsviertel wird von einigen Medien gehypt, denen die Realität offenbar unbekannt ist. Dort findet man Berichte über coole Locations und Straßenfeste. Gerade das alljährliche Straßenfestival im Bahnhofsviertel ist kein Statement, sondern schlicht ein banales Massenbesäufnis. Frankfurt liegt nicht an der Elbe, aber die Elbestraße ist ein drastisches Beispiel für das Kaputte in der Stadt. Man muss nicht einmal genau hinsehen, man riecht es an allen Ecken. Das Bahnhofsviertel ist ein Elendsquartier. Crack-Leichen pflastern die Wege. Siff und Suff. Die Politik muss ein Interesse daran haben, dass durch gute Gastronomie ein anderes Klientel angezogen wird, die das Quartier mit neuem gesunden Leben auffrischt und andere negative Elemente verdrängt. Eine solche Gastronomie sollte eine Subvention erfahren, denn es gehören Mut und Risikobereitschaft dazu, ausgerechnet in diesem an vielen Stellen unerträglich verwahrlosten Teil der Stadt etwas aufzubauen. Bislang ist es von Seiten der Stadt nur bei wirkungslosen Willensbekundungen geblieben. Ein paar Alibi-Razzien mit Blaulicht hier und dort oder läppische nutzlose Platzverweise kümmern Junkies und Dealer wenig. Das Kriminelle, Asoziale, Aggressive und Zerstörerische fühlt sich dort wohl, wo es auf ein geeignetes Umfeld in scheinbarer Kumpanei stößt, in dem es sich weitgehend ungestört platzieren und ausbreiten kann. Der Müll, die Stadt und der Tod. Das Rotlicht von einst hatte mehr Wärme.

 

Gastronomische Beispiele im Frankfurter

Bahnhofsviertel, die Hoffnung machen

und authentisch sind

 

 

Stanley Diamond, Ottostr. 16, Tel. 069 269 428 69

Das beste Restaurant im Bahnhofsviertel. Gute Küche von kreativer Rustikalität, anspruchsvolle Weinkarte mit Newcomern, Topservice, sympathische Wein/Cocktail-Bar vor der offenen Küche mit ideenreichen Kreationen und guten Offerten by the Glas.

 

Yaldy, Moselstr. 15. Tel. 069 2400 5716, Di-Do 18-1 Uhr, Fr & Sa 18-2 Uhr

Daseinsberechtigter Neuzugang mit salopper Kiez-Atmosphäre, gutgelauntem Gästen und frischen Wein-Ideen.

 

Babam, Münchner Str. 11, Tel. 069 2400 4455

Unkomplizierter Neuzugang, Bistrolike, aber engagiert.

 

Kinleys, Elbestr. 34, Tel 069 271 076 70

Die magischste und intimste Bar Frankfurts. New Yorker Speak Easy Feeling, spannende Drinks.

 

Bar Shuka, Niddastr. 56, Tel. 069 2566772280

Orientalisches Lokal mit lebhafter Basar-Stimmung und flirrenden Tel-Aviv-Flavours.

 

Ameron Hotel, Neckarstr. 7-13, Tel. 069 756 660

Kein gewöhnliches Hotel, ein historisches Ensemble, würdevoll und witzig zugleich. Ein Must-Sleep.

 

7 Bello, Niddastr. 82, Tel. 069 236 099

Schräges Napoli auf kleinstem Raum, sexy Pizza Old School und Pasta satt, grausliche Weine. Dennoch: Wir müssen immer wieder hin.

 

Mey Wein Bar, Elbestr. 18, Tel. 069 233 127

Aus einer alten Puff-Bar wurde ein charmantes kleines Weinbistro mit guten Winzern sowie Fisch/Meeresfrüchte-Gerichten, unter denen die türkisch-würzigen besonders zu empfehlen sind.

Photocredit: Fienhold




Die Entdeckung: Sorriso in Frankfurt

Gutes abseits der kulinarischen Wichtigtuerei

 

Von Ludwig Fienhold

 

Keine Instagram-Teller, keine Pinzetten-Küche. Im Sorriso in Frankfurt wird gekocht. Gut gekocht. Schöne Kombinationen, geschmackliche Finesse, klare kulinarische Aussagen mit durchdachten Komponenten. Die kreative junge Küche zeigt sich entspannt und will nicht mit der oft in den Spitzenküchen anzutreffenden Geschwätzigkeit durch Texturen, Sphären und Schäumchen blenden. Wie schön, dass es noch so etwas wie eine anspruchsvolle Küche gibt, bei der es einzig um das ungekünstelte Essen geht.

Für uns wird im Sorriso ein Stück verloren gegangenes geschmackliches Zuhause belebt, nach dem man nach all den Jahren des Reisens durch die Sterneküche Heimweh verspürte. Die Basis ist Old School, aber eine, die von jeglicher Trägheit befreit wurde. Im Sorriso weiß man noch, was eine richtige Jus ist und liebt Schmorgerichte. Die Speisekarte ist so klein gehalten, wie es sich für ein auf Qualität setzendes Restaurant gehört. Es sind viele Einflüsse aus aller Welt zu entdecken, ohne dass daraus eine Allerweltsküche wurde. Das Restaurant Sorriso geht ins dritte Jahr, hat sich aber erst mit der Zeit richtig entfalten können und musste zuvor gegen das schlechte Image des Vorgängers kämpfen.

Baozi vom Bigorre Noir Porc

Der kleine Familienbetrieb besteht aus Vater Robert, Tochter Stella und ihrem Mann Kiriakos. Bei dieser Mischung aus Griechenland und Kroatien könnte man eine mediterrane Küche erwarten, aber genau das will man nicht. Das Team möchte frei von jeglicher Nationalität arbeiten und sich nicht festlegen. Alles ist hausgemacht, auch das Brot. „Nichts auf den Tellern wird nur wegen der Optik eingesetzt, alle Komponenten und Details müssen auch schmecken“, sagt Kiriakos Tompolides, der gemeinsam mit seiner Frau Stella in der Küche steht. Die beiden haben nicht in Sternehäusern gearbeitet, sie lernten sich in ihrer Zeit im Kempinski Gravenbruch kennen.

Mais Dessert

Das Black Angus Rindertatar mit weißem Spargelmus, wildem Spargel, Senfsaat und Sauerteigchips ist eine schöne, in sich geschlossene und gut abgeschmeckte Kombination. Die Senfsaat setzt eine sanfte Pointe. Beim Baozi vom Bigorre Noir Porc findet ein chinesisches Dumpling sein Glück bei einer Füllung aus französischem Schwein, das sich von Eicheln, Kastanien und Oliven ernährt und ein würziges und nussiges Fleisch ergibt. Diese Edelschweine werden von einigen individuelle Züchtern fast wild gehalten und haben nichts mit den schnell gemästeten Industrieschweinen gemein. Die gedämpfte Teigtasche mit Bigorre Noir wird im Sorriso von auffrischenden Scheiben einer satten Ochsenherztomate, Röstschalotten, leicht salzigen japanischen Umibudo-Meerestrauben und einer Avocado-Kräuter-Emulsion feinfühlig begleitet. Ein gutes Seezungenfilet ist inzwischen beinahe schon eine Rarität. Im Sorriso wird eine pralle, saftige und perfekt gegarte Tranche mit Kerbel Beurre Blanc, Blumenkohl-Mousseline und weißem Spargel serviert. Das könnte man jeden Tag essen und sich schlank dabei fühlen.

Die Desserts sind Stellas Ressort  und ergänzen die Küche auf die gleiche durchgehend persönliche Weise: Passionsfrucht-Eis, gerösteter Babymais, weiße Schokolade, Kokos und Purple Curry ergeben einen köstlichen und elanvollen Nachtisch. Prima, dass es auch zubereitete Käsegerichte gibt, ein Paradebeispiel ist das Comté Souffle mit Maccadamia Crunch und Feigensenf. Man kann à la carte  bestellen, mit den Menüs erlebt man die Küche aber eher in ihrer Tiefe. Die Gänge sind optimal portioniert. Außerdem werden die Menus so gastfreundlich kalkuliert, dass man sich nicht gebremst fühlen muss. Die Teller sind von anspruchsvoller Optik, mehr noch, sie lächeln einen an. Passt ja auch, „Sorriso“ bedeutet im Italienischen das „Lächeln“.

Robert Bezjak, der für den Service und die Weinberatung zuständig ist, mag auf den ersten Blick etwas sperrig erscheinen. Aber er hat die ruhige Art französischer Service-Prägung, die nicht aufdringlich sein will und nur dezent beratend präsent sein möchte. Eigentlich sitzt ihm der Schalk im Nacken, seine Augen können mehr blitzen als jedes Messer. Wie das Lokal selbst, so kommt auch die Weinkarte ohne Wichtigtuerei aus, Robert setzt eher auf unbekannte Winzer und Newcomer, die preiswert zu kalkulieren sind. Es stehen 33 Positionen auf der Karte, alle überlegt ausgesucht. Der pikant gereifte Grüne Veltliner von Hofstetter passt zum Sommer und der Küche. Sauvignon Blanc kann laut und unerträglich exotisch sein, der von Russbach aus Rheinhessen ist von kühler Eleganz. Wenn es ein Rotwein sein soll, ist der „Incognito“ von Philipp Kuhn aus der Pfalz der absolute Hinschmecker. Wer solche Weine anbietet, weiß auch um die Tischkultur, die im Sorriso mit großen und dem Wein Raum zur Entfaltung bietenden Gläsern beachtet wird – auch bei guten Weißweinen und Champagner. Das Restaurant ist von anmutiger Gepflegtheit, aber einer, die nicht langweilig wirkt. Die Tische standen schon vor Corona in lauschfreiem Abstand zueinander. Auch die Terrasse wurde hübsch gestaltet, die hintere und von der Familie selbst gezimmerte Holzbankreihe wirkt besonders einladend. Ein solch stimmiges Paket aus Küche, Weinen, Service und Ambiente erlebt man als Gast nicht oft.

 

Sorriso, Frankfurt, Oppenheimer Landstr. 49, Tel. 069/ 66 40 88 61.

Dienstag bis Sonntag 18 – 23 Uhr, Montag geschlossen.

4 Gänge 59 €, 6 Gänge 78 €.

www.restaurantsorriso.de

Kiriakos, Stella, Robert (v.l.n.r.)

 

 

Rosa Kalbsrück

 

 

 

 

 

 

 

 

Black Angus Tatar

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Comté Souffle

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stella

Stella und Kiriako

 

Photocredit: Barbara Fienhold

 

 

 

 

 

 

 

 

 




Tradition im Pavillon: Die Traube Tonbach tischt wieder auf

Nach dem Feuer

erstehen aus der Asche

die Gourmetrestaurants

wieder auf

 

Als junge Gäste fühlten wir uns bei den ersten Besuchen vom Murgtalbarock der Schwarzwaldstube erdrückt. Das änderte sich mit den Jahren, weil man das kunstvolle Handwerk dahinter entdeckte und durch die inflationäre Zunahme der gesichtslosen Bistros und kalten Retortenlokale eine solche maßgeschneiderte gastliche Stätte zu schätzen lernte. Dass diese kulinarische Historie Geschichte von gestern ist, stimmt wehmütig. Und dass ausgerechnet Deutschlands bekanntestes Drei-Sterne-Restaurant jetzt als Pavillon auf einem Parkdeck wieder eröffnet wurde, hat etwas Absurdes. Aber es war die einzige schnelle Möglichkeit, das Restaurant auf diese Weise wieder für alle Genussbereiten öffnen zu können.

Die „neue“ Schwarzwaldstube

Man könnte nun spitz sagen, die Schwarzwaldstube wurde gründlich von der Schwere des mächtigen Holzes befreit. Aber nicht von einer Last. Aus einem Pavillon auf einem Parkdeck lässt sich kein Tempel machen. Doch gerade eine solche Schlichtheit will gestaltet sein, von den Fotos hier im Bericht darf sich jeder selbst ein Bild machen. Die Aussicht aufs Tonbachtal kann sich, nun ja, blicken lassen. Das wahre Abenteuer in der Schwarzwaldstube fand ja ohnehin immer auf dem Teller statt, und so soll es auch wieder sein. Abgesehen davon ist dies kein Dauerzustand und nur die Interimslösung. Der Wiederaufbau des Stammhauses ist längst in Planung und soll Ende 2021 abgeschlossen werden.

Die Schwarzwaldstube bietet nun für 32 Gäste Platz, ein Double Seating wurde anfangs überlegt und wieder verworfen, das Restaurant ist abends von Mittwoch bis Sonntag ab 19 Uhr geöffnet. Es werden drei Menus angeboten: Kleines Degustationsmenü (5 Gänge, 195 ), großes Degustationsmenü (7 Gänge, 245 €), vegetarisches Menü (6 Gänge, 165 €). Eines der Signature-Gerichte steht wieder auf der Karte: Steinbutt in der Salzteigkruste (Bild oben). Die Inhaberfamilie Finkbeiner legte ein enormes Tempo beim Wiederaufbau vor. Natürlich wollte man so schnell wie möglich wieder Gäste bewirten – doch damit auch das Team wieder beschäftigen und bei der Stange halten. Gerade in solchen Krisenzeiten wird schnell gewechselt, Topleute wie in der Traube Tonbach sind auf dem Weltmarkt in der Branche stark gesucht.  In der Schwarzwaldstube sind nach wie vor 20 Mitarbeiter beschäftigt, zwölf davon in der Küche.

Torsten Michel (l.) und Florian Stolte

Anfang Januar ging in einer Nacht das historische Stammhaus der Traube Tonbach mit samt Deutschlands dienstältestem Drei-Sterne-Restaurant „Schwarzwaldstube“, dem Ein-Sterne-Restaurant „Köhlerstube“ und der traditionellen „Bauernstube“ in Flammen auf. Jetzt  feiern zwei der Restaurants ihre Wiedereröffnung: Der neu gebaute und „temporaire“ genannte Pavillonbau bietet den beiden Brigaden von Torsten Michel und Florian Stolte ein Zuhause auf Zeit –und Platz für insgesamt 70 Gäste. „Unsere Restaurants haben endlich wieder ein Zuhause“, freut sich Heiner Finkbeiner über die Wiedereröffnung von Schwarzwaldstube und Köhlerstube. „Durch das Feuer haben wir mit unserem Stammhaus nicht nur einen Ort verloren, an den viele persönliche Erinnerungen unserer Familiengeschichte verknüpft waren. Unsere Gourmetrestaurants und die historische Bauernstube waren auch liebgewonnene Genussorte.“

Aus dem Anspruch, Gourmetgäste nicht so lange auf das nächste Dinner in der Köhlerstube oder Schwarzwaldstube warten zu lassen, wuchs die Idee der Übergangslösung auf dem Flachdach der Hotelgarage. „Was wenig glamourös klingt, bot einige Vorteile“, meint Juniorchef Sebastian Finkbeiner. „Neben der Nähe zum Hotel war eine Aufstockung des Gebäudes statisch machbar und erste Versorgungsleitungen bereits vorhanden. Als i-Tüpfelchen gibt es einen Panoramablick aufs Tonbachtal.“

In nur acht Wochen entstanden durch den Einsatz von rund 20 beteiligten Handwerksbetrieben zwei Geschosse, die auf 600 Quadratmetern Platz für zwei Gasträume, die Küchen sowie Kühl-, Lager- und Personalräume bieten. „Rund 30 Fenster sorgen für viel Lichteinfall und geben der Konstruktion etwas Luftiges“, meint Renate Finkbeiner, die im Familienunternehmen maßgeblich für die fortlaufenden Modernisierungen verantwortlich ist. Das Interieur ist bewusst zurückhaltend: „Ton in Ton mit einem graublauen Boden laden bequeme Vitra Sitzmöbel zum Verweilen an den großzügig verteilten Tischen. Minimale Designelemente wie filigrane, schwebende Leuchten sowie eine mit schwarzwaldtypischen Schindeln verkleidete Servicestation, die zugleich beide Restaurants räumlich trennt, unterstreichen das ruhige Ambiente“, so Renate Finkbeiner über die optischen Zutaten.

Familie Finkbeiner, die Köpfe der Traube Tonbach

Hinter den Kulissen sind die beiden Profiküchen das neue Reich für die Teams um die Küchenchefs Florian Stolte und Torsten Michel. Michel verdeutlicht, dass alles, was zu einem Restaurant gehöre, nach dem Brand neu beschafft werden musste: „Küchengeräte, Töpfe, Pfannen, Kochgeschirr und das gesamte Porzellan. Aber auch die ganze Tischkultur vom Silberbesteck zu Gläsern über Tischwäsche und Stoffservietten bis zum Messerbänkchen.“ Endlos viele Ausstattungsstücke, die ausgesucht, kalkuliert, bestellt und ausprobiert werden mussten. Auch der zerstörte Weinkeller mit über 7000 Trouvaillen musste an anderer Stelle wieder aufgestockt werden, wobei einige Flaschen unwiederbringlich verloren sind.

Beide Restaurants werden zwar zunächst nur am Abend geöffnet sein, doch durch ein gutes Platzangebot könne man die geplante Kapazität von 38 Sitzplätzen für die Köhlerstube und 32 Sitzplätzen für die Schwarzwaldstube halten, glauben die Finkbeiners. „Die Schwarzwaldstube von einst ist Vergangenheit, aber an unserer Küche hat sich nichts geändert“, bekräftigt Küchenchef Torsten Michel. „Mein Team ist extrem motiviert, die Gäste dürfen sich wieder auf eine große Karte mit vielen Klassikern sowie drei Menüs freuen.“ Aber auch die neue Pop-up-Gastronomie der Traube Tonbach wird Ende 2021 wieder Geschichte sein.

Ludwig Fienhold

 

Weitere Informationen unter www.traube-tonbach.de

Photocredit: Traube Tonbach