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Die Champagner-Entdeckung des Jahres: Veuve Fourny

Weihnachten und Silvester können kommen

 

Fabelhaftes Preis-Genussverhältnis

 

Von Ludwig Fienhold

 

Wer heute bei Champagner noch immer im Mainstream schwimmt, soll weiter baden gehen. Es gibt herausragende Champagner-Winzer, die mit Individualität und handwerklicher Präzision einen Ozean des guten Geschmacks ausbreiten. Veuve Fourny, Geheimtipp, Newcomer und einer unserer Favoriten, verbindet auf sehr elegante Weise die Tradition eines kleinen Betriebs mit der mondänen Art großer Weltklassekellereien. Pure Sinnlichkeit, drahtige Spannung, Erfrischung auf höchstem Niveau.

Es perlt so fein im Glas, das man erst einmal etwas länger zuschauen möchte, wäre da nicht die Lust auf den ersten Schluck. Der Champagner Grande Reserve Brut 1er Cru von Veuve Fourny packt genau mit jener Finesse und Frische zu, die man von einem sehr guten Champagner erwartet. Durch seine geschmeidigen Cremigkeit döst er nicht in der Mundhöhle, sondern bewegt sich elastisch beschwingt wie eine Cancan-Tänzerin und belebt die Sinne. Dabei wirkt die elegant kalibrierte Cuvée aus Chardonnay und Pinot Noir von Premier Cru und Grand Cru Lagen rund um Vertus, in Nachbarschaft zum berühmten Le Mesnil-sur-Oger, sehr entspannt und ausgeglichen. So viel Finesse und Charakter muss den Preis von 35 € als sensationell empfinden lassen.

Charles Fourny

Die Brüder Emmanuel und Charles-Henry Fourny führen das Familienunternehmen in der fünften Generation und besitzen 8,5 Hektar eigene Weinberge. Die Moste werden spontan vergoren und zum Teil im Edelstahl, vor allem aber im Holz ausgebaut. Die Dosage wird größtenteils auf unter fünf Gramm reduziert, mithin extra brut. Allen Champagner des Hauses ist eine brillante Frische zu eigen, wie sie typisch für das Terroir von Vertus ist. Doch die Grande Reserve ist etwas runder und geschmacklich komfortabler, ohne gleich allzu gemütlich zu werden.

Der Rosé ist von geschliffener und verlockender Apartheit und strahlt geradezu eine um sich greifende Heiterkeit aus. Beim Blanc de Blancs Brut Nature macht man Bekanntschaft mit einem knochentrocknen Dosage Zero Typ, dessen ungekünstelte Art aber nicht rustikal, sondern eher kultiviert wirkt. Durch ein längeres Hefelager von mindestens 60 Monaten gewinnt der Jahrgangschampagner Monts de Vertus noch mehr Geschmacksfülle und die bei vielen so begehrte Buttrigkeit.

Eine höchst rare Edelperle entstammt der Monopollage Clos Faubourg Notre Dame, von der es lediglich wenige hundert Flaschen gibt, und selbst die nur in besonders guten Ausnahmejahren. Der kreidehaltige Boden dieses exklusiven Weinbergs ist ideal für Chardonnay. Der Wein wird in Eichenholz vergoren, nach der zweiten Gärung in der Flasche reift der Champagner bis zu neun Jahren auf der Hefe, bevor er degorgiert und verkauft wird. Der goldgelb glänzende Champagner zeigt sich komplex und konzentriert, mit einem Höchstmaß an Noblesse, Tiefenschärfe sowie kühler Bergluftfrische.

Veuve Fourny steht für aufregend authentische Champagner, bei denen man spürt, dass sie letztlich seriöse Weine sind und nicht aufgeblasene Wichtigtuer.

 

Bezugsquelle: K & U – Die Weinhalle, Nürnberg, Tel. 0911 52 51 53.

info@weinhalle.de

www.weinhalle.de

Im neuen Frankfurter Restaurant L´Ecume gibt es den Veuve Fourny seit der Eröffnung, als Begleitung zum Essen oder solo an der Weintheke. Betreiber Alexandre Sadowczyk kommt aus Reims und ist mit Champagner groß geworden. 

Photocredit: Barbara Fienhold (Bild o.r.), Veuve Fourny

 




Gourmet Guide Gault & Millau in der Krise

Der ZS Verlag trennt sich vom Restaurantführer und

macht mit dem Konkurrenten Gusto weiter

 

Der ZS Verlag in München hat die Zusammenarbeit mit dem Gault & Millau Deutschland beendet und will jetzt mit dem Restaurantführer Gusto gemeinsame Sache machen. Nach nur drei Ausgaben ist der ZS Verlag zu der Erkenntnis gekommen, dass die „erwartete Unterstützung von internationaler Seite fehlte“, um auch den digitalen Ausbau der Marke voranzubringen. Im Klartext heißt das, es wurde nicht genug Geld mit dem Gault & Millau verdient. Seit 2017 hat sich ganz im Gegenteil der Auftritt im Netz keinen Zentimeter nach vorwärts bewegt, aber auch der Gault & Millau selbst hat spürbar an Qualität verloren. Betroffen vom Ende der Herausgeberschaft sind der Restaurantführer und der Wein Guide, die beide erst vor wenigen Wochen erschienen sind. Im Grunde ist nur das übergekocht, was von der ersten Minute an brodelte. Der ZS Verlag sorgte von Anfang an für Ungereimtheiten und einen unprofessionelles Auftritt.

 

Pleiten, Pech & Pannen

 

Gleich im Herbst 2018 kam es bei der Veröffentlichung des Gault & Millau 2019 zu einer Panne: Das im Handel noch nicht erhältliche Buch wurde vorab nicht nur den Medien zugeschickt, sondern versehentlich einigen Gastronomen. Während die Journalisten einer Sperrfrist für ihre Veröffentlichungen unterliegen, hielten sich die Gastronomen natürlich nicht daran und verbreiteten die Bewertungen in den sozialen Medien.

Der Herausgeber des Gault & Millau, der Münchner ZS Verlag, trennt sich nicht nur von den beiden Guides, sondern wendet sich gleichzeitig dem Restaurantführer Gusto zu, „um den größten deutschen Restaurantführer“ zu etablieren, was angesichts der bisherigen Leistungen des Verlags ziemlich großspurig klingt. Die Zusammenarbeit mit Gusto ist allerdings überschaubarer, als die Konstellation des Gault & Millau. Die Lizenzen werden vom Haupteigentümer des Gault & Millau in Frankreich an mehr als 20 Länder vergeben, darunter eben auch an Deutschland. Nach unseren Informationen kostet eine Lizenz zwischen 50.000 und 100.000 € pro Jahr, plus 3 – 8% vom Umsatz. Diese Konditionen sollen entsprechend unserer Quellen in Frankreich sogar noch erhöht werden. Bevor man also hier auf dem Markt aktiv werden kann, hat man als Verlag erst einmal eine gewaltige Summe investiert. Der Lizenzerwerb plus Redaktion, Testessen, Druckkosten und anderem mehr will erwirtschaftet sein. Der Gault & Millau Frankreich verdient mit seinem Restaurantführer allein kein Geld und veröffentlicht deshalb seit 2017 auch keine Bilanzen mehr. Der Gault & Millau Deutschland kann auch nicht nur vom Bücherverkauf existieren, was dem ZS Verlag durchaus klar war.

 

Kernkompetenz Glaubwürdigkeit

 

Der Geschäftsführer und andere Vertreter des Verlags tingelten durch die Republik, um bei Hoteliers, Gastronomen, Lieferanten und anderen mehr „neue Geschäftsmodelle“ auszuloten (siehe dazu auch unseren Artikel „Russischer Investor kauft Gourmet Guide Gault & Millau“). Ob solche „Geschäftsmodelle“ Einfluss auf die Redaktion und Bewertungen haben? Die Vorgänge regen zumindest zum Nachdenken an. Der Gault & Millau Deutschland offenbart einige Merkwürdigkeiten, die es zuvor jedenfalls nicht gegeben hat. Beispielsweise extrem starke Auf- und Abwertungen. Wenn ein Restaurant wie der Frankfurter Tigerpalast von 17 auf 14 Punkte gut begründet abgewertet wird und im nächsten Jahr gleich wieder unbegründet von 14 auf 17 Punkte aufsteigt, so ist dies mehr als befremdlich. Wenn sehr gute Restaurants, wie etwa Goldmund oder Biancalani, nicht in den Guide einziehen und nicht getestet werden, obwohl ausreichend Zeit gewesen wäre, so könnte man Sparmaßnahmen vermuten. Die Liste der Ungereimtheiten ließe sich verlängern. Für den Gault & Millau Deutschland muss nun erst einmal ein neuer Verlag gesucht werden. Ein Verlag, der seriös ist und nicht nervös nach Geschäftsmodellen Ausschau hält – und darüber die Kernkompetenz und Existenzgrundlage des Restaurantführers aufs Spiel setzt: seine Glaubwürdigkeit.

Ludwig Fienhold

 

 

 




My Frankfurt: Neues Lokal an der Frankfurter Kleinmarkthalle

Das Trinkzentrum der Stadt

bekommt Verstärkung

 

Nirgendwo in Frankfurt wird mehr getrunken als vor der Kleinmarkthalle. Dabei geht es weniger um Qualität als um die Atmosphäre, denn bei vielen gilt es als cool, sich in drangvoller Enge mit mäßigen Weinen und Sekten zu belustigen. Diese werden recht preiswert vom rheinhessischen Weingut Rolanderhof ausgeschenkt, dem es um Masse geht. Ein wenig mehr Klasse will nach eigenem Bekunden seit heute nun ein neues Lokal namens My Frankfurt einbringen, das sich unmittelbar gegenüber der Kleinmarkthalle platziert hat, wo einst wechselnde und konzeptlose Boutiquen ihr kurzfristiges Dasein hatten.

Veronique Donadel & Manuel Pereica

Die Frankfurter Kleinmarkthalle ist mehr denn je ein Publikumsmagnet, inzwischen aber eher bei Weintrinkern als bei Marktbesuchern. Dies wird von den Marktbetreibern mürrisch registriert, denn vor allem freitags und samstags herrscht vor der Kleinmarkthalle ein engmaschiges Treiben, das es den Einkäufern schwer macht, den Weg zu bahnen. Obwohl die Location sehr begehrt ist und lukrativ genutzt werden könnte, sind an dieser Stelle schon einige Lokale gescheitert. Auch das italienische  „Gusto“ findet nicht den nötigen Zuspruch und wirkt selbst am Wochenende ziemlich müde. Gleich nebenan hat nun mit dem Lokal „My Frankfurter“ ein neuer gastronomischer Betrieb eröffnet, der beim Wein punkten möchte.

Manuel Pereica und seine Partnerin Gabriela, die in der Kaiserstraße im Bahnhofsviertel noch ein Steakhaus mit dem Namen Bonamente führen, wollen die im Grunde sehr gute Lage besser als andere nutzen. Das Lokal breitet sich auf zwei Etagen aus, die Plätze mit Blick zur Kleinmarkthalle haben einen gewissen Charme. Die Speisekarte scheint alles bereithalten zu wollen, was Gäste so konsumieren können – Steaks, Hamburger, Pasta, Salate, Tapas und und und. Auch die Weinkarte bietet allerlei querweltein, vom allgegenwärtigen italienischen Primitivo bis zum sonst kaum in der Stadt zu findenden Riesling Alte Reben vom Rheingauer Weingut Von Oettinger. Als Lieferantin mit von der Partie bei dem neuen gastronomischen Unternehmen My Frankfurter ist die Weinhändlerin Véronique Donadel von „Dealer de Vin“. Den Kaffee liefert Peter Gerigk von der Frankfurter Kaffeerösterei. Das Lokal an der Frankfurter Kleinmarkthalle hat täglich durchgehend von 8 bis 24 Uhr geöffnet und serviert auch Frühstück.

 




Utopia: Neues Lokal am Frankfurter Goethehaus

Café, Bar & Treffpunkt

im Zentrum der Stadt

 

Das Goethehaus steht bei den meisten Frankfurt-Besuchern auf dem Programm. Wer gleich nebenan ein Lokal aufmacht, kann sich allein der Touristen sicher sein. Gastronom Thomas Klüber, der auch das Oosten und das nahe Walden sehr erfolgreich betreibt, hat mit dieser Location einen guten Griff gemacht. Das samtig-rote Ambiente bietet den richtigen Background für ein Café und eine Bar. Alles gelungen? Kulinarisch darf man sich noch entwickeln.

Rot ist nicht die Farbe der Liebe, sondern die Farbe der Bordelle. Das Café Utopia erinnert etwas an das ehemalige Restaurant Zarges auf der Freßgass. Und das wiederum wurde durch den Interieur Designer Jacques Garcia stark inspiriert, der im Hotel Côstes in Paris eine extravagante Atmosphäre in sinnlichem Rot geschaffen hat. Strategisch und optisch darf sich das neue Café Utopia zufrieden geben, mit fast 100 Sitzplätzen und einer Terrasse für 90 Gäste sollte es auch wirtschaftlich gut aufgestellt sein. Die Weine sind unter dem Label Skyline Wines für jene Gastronomie entworfen, die bedenkenlos dem Mainstream folgt. Sie wurden von der attraktiven Julie Götze aus Rheinhessen geschmacklich so getrimmt, dass sie das Budget von Gastronomen und Gästen nicht überfordern. Geschmacklich genügen sie indes nur einfachen Ansprüchen.

Zum Weintrinken muss man also nicht unbedingt ins Utopia. Beim Essen darf man ebenfalls nicht zu viel erwarten. Die Teller werden zwar ansehnlich angerichtet und von einem netten Service an den Tisch gebracht, sollten aber noch einmal im Detail überdacht werden. Das Handkäsbrot mit Apfel-Meerrettichschmand (7,50 €) ist offenbar für solche Gäste gedacht, die nicht das Original suchen, sondern von einer milden Version freundlich eingestimmt werden sollen. Diese Idee mag nett sein, ist aber falsch. Das hier verwendete Brot taugt nichts, der dünn geschnittene Handkäs ist zu wenig wahrnehmbar, beim Schmand ist der Meerrettich nur zu erahnen. Keineswegs schlecht, aber auch nichts, was einen Besuch bereichert. Die Eggs Benedict (10 €)) werden als „klassisch“ angepriesen, was irreführend ist. Klassisch werden sie mit einer einwandfreien und bestenfalls frischen Sauce Hollandaise, gekochtem Schinken und Muffins serviert. Und nicht wie im Lokal Utopia mit einer flauen Sauce aus der Packung, Speck, überflüssigem Flüssigkäse und Toast.

Düster: Die Toiletten wurden mit Bewegungsmeldern fürs Licht ausgestattet, die zu kurz eingestellt sind. Wer nicht herumzappelt wie ein hyperaktives Kid, wird blitzschnell im Dunkeln sitzen. Sehr positiv: Im Café gibt es viele Zeitungen und Zeitschriften.

Ludwig Fienhold

 

Café Utopia, Frankfurt, Großer Hirschgraben. Geöffnet: Montag – Samstag 10 – 20 Uhr

 

 

 

 




Neue Direktoren für die Villa Kennedy und den Hessischen Hof

Grandhotel Hessischer Hof:

Dominik Ritz wird

General Manager

 

Mit dem Namen Ritz musste man ja in der Hotellerie landen. Und tatsächlich arbeitete der 36 Jahre alte Hotelmanager auch im Ritz London. Zuletzt war Dominik Ritz jedoch General Manager im weniger klangvollen Delta Hotel by Marriott Frankfurt Offenbach.Als Hotel Manager im The Westin Hamburg Elbphilharmonie begleitete Ritz zuvor eine der am meisten beachteten Eröffnungen der vergangenen Jahre. Weitere Karrierestationen des Hotelbetriebswirts waren Le Méridien Hotels in Frankfurt und Nürnberg, der Frankfurter Hof, The Ritz London und das Schloss Reinhartshausen Kempinski Eltville.

 

Florian Steinmaier: Der neue General Manager

der Villa Kennedy in Frankfurt

 

Florian Steinmaier wird ab. 1. Januar 2020 Hoteldirektor des Hotels Villa Kennedy in Frankfurt. Er folgt dem langjährigen General Manager Georg Plesser, der das Haus zum Jahresende verlässt und als geschäftsführender Direktor und Vorstand im Grandhotel Excelsior Hotel Ernst in Köln weitermacht. Vor seinem Wechsel arbeitete der 39 Jahre alte Florian Steinmaier in operativen Führungspositionen bei Luxus- und Designhotels, zuletzt als Hotelmanager des 2016 eröffneten Roomers in München. Vorab war er viele Jahre als Food & Beverage Manager im Hotel Vier Jahreszeiten Kempinski München aktiv. In der Villa Kennedy tritt Florian Steinmaier seine erste Direktionsstelle an. Hoffentlich wird er seinen Background als Food & Beverage Manager nutzen können, um die Gastronomie der Villa Kennedy voranzubringen, die leider kaum zu glänzen wusste.

 

 




Restaurantkritik Weinlokal gang & gäbe: Chardonnay mit Pork Royal

Die Weinholds machen aus ihrem Namen ein Programm

 

Das gang & gäbe hat eine rasante Entwicklung genommen und ist inzwischen zu einem bemerkenswert guten Weinlokal geworden. Die Lage an der Main-Promenade mit Skyline-Blick regt den Trinkfluss an. Das Lokal animiert mit individuellen Weinen und serviert dazu einige Gerichte und Happen, die etwas mehr sein wollen als nur eine nette Begleitung. Man kann einfach auf ein Glas vorbeikommen, wird aber viel viel länger bleiben.

Der Walther-von-Cronberg-Platz und seiner Sprudelfontäne wirken immer noch jugendlich frisch, das Terrain war aber vor langer Zeit Heimat des legendären Frankfurter Schlachthofs und späterer Fernsehshows und Musik-Events. Sternekoch Volker Drkosch betrieb hier sein Zweitrestaurant, ein entsetzlicher Pseudo-Spanier ruinierte den Ruf der Location. Juan Weinhold übernahm das Lokal mit Image-Last und konnte sich durch beachtliche Leistungen davon befreien.

Die Küche

Pork Royal

Das gang & gäbe ist ein Weinbistro und möchte kein Fine Dining Restaurant sein. Aber es will Spaß im Glas vermitteln, und auch auf dem Teller. Dies gelingt mit einigen Gerichten besonders gut. Das Pork Royal mit krosser Kruste und saftigem Fleisch ist ein wunderbarer Wonneproppen von maskuliner Ausprägung. Einen Hackbraten wird man lange in der Stadt suchen, hier gibt es ihn ganz rustikal und unkompliziert als sattes Stück mit stark reduzierter würziger Bratensauce. Eines der Lieblingsgerichte der Deutschen, Gambas al Ajillo, gibt es merkwürdiger Weise hierzulande eher wenig und selten gut. Im gang & gäbe werden die knackigen Gambas mit würzigem Knoblauch-Chili-Öl im Pfännchen serviert. Unbedingt haben muss man auch den spanischen Klassiker, die gebratene Chorizo, mit der man alleine schon glücklich wird. Im gang & gäbe gibt es keine Deko-Küche, die rustikale Präsentation ist pure Absicht. Die Mischung aus regionaler und spanischer Küche geschieht ebenfalls nicht willkürlich: Die Betreiberfamilie Weinhold hat Wurzeln im zentralamerikanischen Guatemala, lebt aber schon seit Jahrzehnten in Frankfurt.

Unter der Headline Bits & Bites gibt es im gang & gäbe die tolle hessische Ahle Wurst von der Landfleischerei Koch, einen unwiderstehlichen Erdnuss-Chili-Dipp oder pikante Sardinen. Dazu sollte man die mehrmals täglich frisch gebackenen und mit bretonischem Meersalz aus Guérande gewürzten Brötchen mit knuspriger Kruste und luftiger Krume probieren. Schöne Weinbegleiter sind zudem das Carpaccio vom Pulpo mit Zwergpaprika, Kapern und Fleur de Sel und die mit Meerrettichcreme gefüllten Lachsröllchen auf Wakame-Salat mit Sesam-Dressing.

Gambas

Küchenchef Holger Brodel ist ein ruhiger Vertreter seiner Zunft, er ist nicht tätowiert und belästigt die Gäste auch nicht mit Tupfen auf dem Teller. Ganz neu im Programm ist das herausragende hausgemachte Catch up. Diese Mischung aus aromatischen Tomaten, Sternanis, Ingwer und vielem anderen geheimen Zutaten könnte man auch als Wundertrunk verkaufen, doch passt die Würzsauce zu vielen Gerichten im gang & gäbe. Man kann sie außerdem in kleinen Flaschen abgefüllt für die Küche zuhause kaufen. Kann? Nein, muss!

 

 

 

 

Die Weinkarte

Brigitte Weinhold

Die Weinkarte wurde aus alten Weinkartons zusammengebastelt, die Positionen sind individuell, bisweilen sogar mutig. Man findet Newcomer, Entdeckungen und Nischenerzeugnisse, wie sonst eher selten. Allein dafür muss man dieses Weinbistro schon loben. Es sind viele Weine by the glass und über 100 Flaschen zu haben. Juan Weinhold und Schwester Brigitte, die ihren Namen mit Leben erfüllen, gehen andere Wege als viele  Gastronomen und scheuen sich auch auch nicht, Weine anzubieten, die polarisieren. Das mag wirtschaftlich riskant sein, muss aber unbedingt unterstützt werden – von uns sowieso, aber hoffentlich auch von den Gästen. Eine großartige Entdeckung, selbst für Spanienkundige, ist der La Ola von Victoria Ordóñez aus der Sierra de Malaga, wobei nicht nur das Etikett begeistert. Wer die süße Sherry-Rebsorte Pedro Ximénez so bemerkenswert elegant und trocken ausbaut, dem gebührt stehend Applaus. A perfect match zu Knoblauch-Gambas und anderen Meeresfrüchten. Es gibt Offerten für alle, die indes kein Mainstream sind: Einsteigern seien der frische, klare, mineralische Alvarinho Granit der Quinta Soalheiro sowie der geschmeidige Riesling von Arnold aus der Pfalz empfohlen, Neugierige werden den wild-würzigen  Habla la Tierra aus Cabernet Sauvignon, Tempranillo und Syrah von den Bodegas Habla aus der Extremadura schätzen, Kenner dürften den komplexen und stoffigen La del Vivo von Paul Pérez aus dem Bierzo lieben, einer inzwischen beachtlichen spanischen Weinbauregion. Man darf viele Entdeckungen im gang & gäbe machen, eine der schönsten ist gewiss der saftige, konzentrierte  und schön gereifte Grüner Veltliner „Mühlberg“ von Gruber-Röschitz. Was hat ein Glas Milch auf der Weinkarte zu suchen? Es ist ein Chardonnay vom Weingut Milch aus dem rheinhessischen Monsheim. Noch auffälliger ist der Chardonnay Im Blauarsch vom gleichen Weingut – der Name ist eine Parzellenbezeichnung in der Lage Monsheimer Silberberg. Die Weine werden in Gabriel-Gläsern serviert, dem besten Allrounder auf dem Markt, aus dem man gleich gut Rot, Weiß, Rosé und auch Bier trinken kann. Man möchte die Weinkarte rauf und runter probieren und kann nicht viel dabei falsch machen. Schon gar nicht bei den moderaten Konditionen. Zudem gibt es die Weine auch zu sozialen Mitnahmepreisen für zu Hause, Weinkartenpreise minus 15 €.

Ambiente & Location

Weinbistro gang & gäbe

Eine solche fotogene Main-Promenade vor der Tür haben nur wenige Lokale in Frankfurt zu bieten. Der Blick auf den Main und die Skyline ist animierend und lädt geradezu zum verstärkten Genuss ein. Die große Terrasse macht gute Laune, im Sommer sowieso, und sonst wird mit Heizstrahlern und Kuscheldecken nachgeholfen. Das Lokal gleicht einem Wintergarten, der Name „Glashaus“ würde es genau treffen. Man fühlt sich wohl, umringt von leergetrunkenen Flaschen als Dekoration. Im Sommer war das Interieur bunter, nun hat man das Lokal in gesetzteres Dunkel gehüllt, was alles in ein intimeres Licht setzt. Die Atmosphäre ist angenehm entspannt. Man kann ganz lässig auch nur auf ein Glas Wein vorbeikommen – und wird ganz schnell Lust auf mehr bekommen.

Das Team

Restaurantleiter Oscar

Juan Weinhold hat sein Lokal im wahrsten Sinn gehörig aufgemöbelt, jedenfalls war das gang & gäbe nie besser als jetzt – Essen, Wein, Ambiente und Service haben sich deutlich gesteigert. Juans Bruder Oscar, der vier Sprachen beherrscht, und sein Service-Team an jungen Mitarbeiterinnen sind präsent und freundlich – und wissen, dass Lächeln wichtiger ist als auswendig Gelerntes. Juan und Brigitte Weinhold sowie Oscar kennen ihre Weine, doch selbst, wenn diese mal nicht anwesend sein sollten, kann man der Weinkarte und deren Beschreibungen vertrauen. Alles fließt.

Events

Im gang & gäbe sowie der dazugehörigen Eventlocation in der Alten Textilfabrik im Bahnhofsviertel werden viele interessante Veranstaltungen angeboten, die man im Kalender stehen haben sollte. „Welcher Wein passt zum Döner“ war beispielsweise eine solche. Die nächste Verkostung findet am 5. November um 19 Uhr statt: Eine Reise durch die Welt der Niepoort-Weine (siehe Aktuelles auf der Webseite von gang & gäbe). Diese Verkostungen sind nicht oberlehrerhaft, sondern werden cool und entspannt inszeniert und gelten eher als genussfreudige Social Events.

Ludwig Fienhold

 

Weinbistro gang & gäbe, Walther-von-Cronberg-Platz 1,

Tel. 069 5800 505 17. www.dasgangundgaebe.de

Geöffnet: Dienstag – Samstag 17-24 Uhr.

 

 

 

 

 

 

 

Photocredit: Barbara Fienhold (12), gang & gäbe (1)




Restaurantkritik Brighella: Feine Küche & faire Preise

30 Jahre italienische Zuverlässigkeit in Frankfurt

 

Es war rührend, wie sich auch im hohen Alter Marcel Reich-Ranicki ins Brighella schleppte, um hier gemeinsam mit seiner Teofila zufrieden lächelnd gebratene Kalbsleber zu essen. Viele Künstler und Prominente sind dort zu Gast, dennoch gehört das Brighella keineswegs zur Spezies Promilokal und kommt ohne jegliches Ballyhoo aus. Und das seit nun schon 30 Jahren. Feine Küche, faire Preise, freundlicher Service und gute Weine bieten genug Gründe für einen Besuch.

 

Küche

Steinbutt

Die duftige raffinierte italienische Küche wird mit moderner Leichtigkeit umgesetzt, weshalb auch bei Menüs der Magen locker bleibt. Es gibt einige Signature Gerichte, die man nicht missen möchte, etwa das famose saftig-zarte Charolais-Bullenfilet mit Schwarzer-Pfeffer-Salzkruste in samtiger Jus. Oft auf der Karte zu finden ist auch ein Wildfang-Steinbutt, mal in Ingwersauce, mal mit einer großartigen geschmeidigen Gincreme-Sauce. Der Steinbutt in Olivenkruste mit Mangold und Saubohnen im grazilen und milden Meerrettichsud zählt ebenfalls zu unseren Favoriten. Saucen jedweder Art fallen im Brighella delikat aus, die Gemüse werden nicht als Beilage behandelt. Gebeizter Lachs mit grünem Spargel mag nicht aufregend klingen, aber wenn er in einer solchen Qualität wie hier serviert wird, dann stellt sich pure Freude ein. Gleiches gilt für den perfekten Rehrücken in Rotweinreduktion.

Pasta mit Bottarga

An Pasta geht kein Gaumen vorbei. Die Spaghetti mit Seeteufel in einem Sugo mit Minze und Zitrone sind von jener schlichten Schönheit, für die man die italienische Küche liebt. Ausgezeichnet und leider in Frankfurt nicht oft zu bekommen, ist Pasta mit würziger Bottarga. Der gesalzene, gepresste und in der Sonne getrocknete Fischrogen gibt der Pasta eine pikante Pointe. Er würde auch auf Toasbrot oder Burrata schmecken, aber im Brighella wird er bevorzugt frisch über die Pasta gerieben. Tutto sommato: Feinfühlige Zubereitung ohne aromatische Nervosität, hochsolide Produktqualität, harmonische Kombinationen. Die Preise sind sehr moderat, ob à la Carte oder Menü: Abends 4 Gänge 58 €, mittags 2 Gänge 23 € . Wir sind mitten in der Trüffelsaison, im Brighella gibt es schon seit vielen Jahren in großer Zuverlässigkeit schöne Menüs mit der Edelknolle.

Service

Mario

Die Beliebtheit des Restaurants ist im starken Maß mit den stets präsenten Betreibern Leo Caporale und Mario Borazio verbunden, die sich in den letzten 30 Jahren mehr gesehen haben als ihre Frauen. Sie kommen ohne Wichtigtuerei aus und verzichten auf den lästigen kumpelhaften Auftritt, wie er bei vielen ihrer Kollegen üblich ist. Mario, der den Service führt, kennt die Küche seines langjähriges Freundes Leo sehr genau und weiß entsprechend gut zu beraten. Das Brighella ist ein Nachbarschafts-Italiener und für viele Anwohner ringsum längst zum Wohnzimmer geworden. Wo man aber auch immer zu Hause sein mag, einen solch aufrechten und qualitätsorientierten Italiener wird man nicht überall finden und deshalb auch aus anderen Ecken kommend gerne aufsuchen.

Ambiente

Leo & Trüffel

Das Gespür für Stil erkennt man bereits an der Tafelkultur, die feinen und weichen Tischdecken und Servietten aus Leinen und Baumwolle aus Mailand vermitteln optisch und haptisch die gleiche Freude, wie das sorgfältig zubereitete Essen. Das Brighella blendet nicht mit aufsehenerregender Optik und bietet eine gediegene Atmosphäre und eine Mischung aus gutbürgerlichem deutschen Lokal und italienischer Trattoria. Der mit unzähligen Flaschen geradezu möblierte Nebenraum bietet für sechs bis zehn Personen Platz und eignet sich besonders für Gruppen, die solche diskreten Orte schätzen. Die kleine Sommerterrasse wird erst wieder in einigen Monaten eröffnen.

Weine

Lachs

Die Weinauswahl ist – wie das ganze Lokal – nicht exaltiert und bedient den Einsteiger und den Kenner gleichermaßen – der eine wird nicht überstrapaziert, der andere nicht enttäuscht. Ein saftiger, frischer und elastisch über die Zunge federnder Wein, wie der fabelhafte Langhe Arneis von Ceretto aus dem Piemont passt zum Einstieg, für zwischendurch und auch noch zum Abschluss. Auch der Valentino-Spumante Brut Zero, ein besonders feinperliger und dezent nach Birne duftender Edel-Schaumwein aus Chardonnay, weckt als Aperitif und  Essensbegleiter Begeisterung und vermag jeden grantigen Gast zu sedieren. Preislich schlanker und ebenfalls eine Empfehlung ist der würzige, delikat fruchtige und strohgelbe sizilianische Weißwein aus der Rebsorte Catarrotta von Ferreri. Ornellaia in der Toskana gehört zu den berühmtesten Weingütern der Welt und ist eher bekannt für seine noblen Roten. Erstklassig ist aber auch der Poggio alle Gazze aus den Rebsorten Sauvignon Blanc, Vermentino, Viognier und Verdiccio – satt, vielschichtig, expressiv, aber nicht laut. Bei so vielen guten Weinen im Brighella tut man gut daran, den Wagen zu Hause zu lassen: Die U-Bahn fährt bis fast vor die Tür, außerdem sorgt das zum Restaurant gehörende Hotel eine Treppe höher für ein sicheres Ruhekissen.

Ludwig Fienhold

 

Brighella, Restaurant & Hotel, Frankfurt, Eschersheimer Landstraße 442, Tel. 069 53 39 92. Dienstag – Sonntag 12 – 14.30 Uhr sowie 18 – 22.30 Uhr, Montag geschlossen.

www.ristorante-brighella.de

 

 

 

 

 




Last Minute: Kulinarisches Weihnachten mit Soul Food

Thomas Funke und sein mobiles Restaurant kann

man für Firmenfeiern und private Dinner mieten

 

Weihnachten kommt immer schneller als man denkt. In den Lokalen finden Gruppen für ihre Weihnachtsfeiern längst keinen Platz mehr. Aber man kann sich ja auch zu Hause bekochen lassen. Soul Food kommt mit seinem ganzen Equipment zu Firmen und Privatgästen, um ihnen ein Festmahl zu bereiten. Bequemer kann man sich keine kulinarische Bescherung wünschen.

Ein weihnachtliches Catering Special könnte so aussehen

Vorspeise: Oberräder Kräutersalat mit Punsch-Dressing, Lauch-Butternut-Strudel, Maronen-Knusper.

Hauptgericht: Saftiger Entenbraten in Kardamom und Sternanis geschmort, Sesam-Rotkohlsalat und Kelkheimer-Apfel-Zimtknödel, Spekulatius-Crunch.

Dessert: Delice von der Orange mit Raw Schokolade, Schwarzbrot- Olivenerde, Glühweineis.

Auch ein Kalbsrücken kann entzücken

Die Preise für solche kleinen feinen Festmenüs reichen von 66 bis 109 € pro Person und werden ab 10 Personen arrangiert. Bei privaten Feiern in den eigenen vier Wänden, wo ja in der Regel eine Küche vorhanden ist, liegen die Preise bei 66 €, bei Unternehmen, in denen erst eine mobile Küche installiert werden muss, tendieren die Kosten in Richtung 109 €.  Die Preise verstehen sich inklusive hochwertigem Geschirr, Personal (Küche & Service), Menü, benötigtes Küchen-Equipment, Transport (im Raum Frankfurt +/- 15 km).

Über Weine lässt sich immer verhandeln, für sein Weihnachtsmenü bieten Thomas Funke & Soul Food einen saftigen und mineralischen weißen Burgunder von Schmitt-Weber von der Mosel (Flaschenpreis 13 €) sowie eine fulminant-würzige Rote Nerio Narda Riserva von Schola Sarmenti aus Apulien (16,90 €) an.

Thomas Funke und Mitarbeiterin

Sein Talent hat Thomas Funke über die Jahre ausbauen können. Zu seinen Stationen gehörten der Frankfurter Brückenkeller und die Egener Höfe am Tegernsee. Funke kochte in der Blütezeit des Frankfurter Museumslokals Schirn, die seinerzeit Klaus-Peter Kofler betrieb und bei dem er auch zweitweise für die gesamte Cateringküche verantwortlich war. Er lernte viel beim eigenwillig-kreativen Koch Günter Seeger in Atlanta, der heute in New York immer noch mit einen Stern im Michelin geehrt wird. Seit 10 Jahren führt Thomas Funke mit Soul Food sein eigenes Unternehmen. Er catert für wenige Gäste genau so leidenschaftlich, wie für 1000 Personen auf einer großen Gala oder einer rustikalen Feier. Thomas Funke und sein Team überraschen mit einer individuellen Frischeküche. Kein Konzept von der Stange, kein Mainstream, kein Convenience. Stattdessen Seelennahrung à la minute. „Wir bauen dem Kunden ein Restaurant im eigenen Haus, im Garten oder jeder anderen Location“, meint Thomas Funke.

 

Soul Food, Kelkheim, Frankfurter Str. 172, Tel. 0172 6971061.

E-Mail: info@soulfood.de

https://www.soulfood.de

 

 




Neue Streusel-Bar auf der Freßgass: Die besten Krümel der Welt

Ungewöhnliche Neueröffnung

mit einem etwas anderen Konzept

 

Was ist das Beste am Streuselkuchen? Klar, die Streusel. Als Kinder haben wir sie immer vom Kuchen geklaubt und den Kuchen selbst meist stehen lassen. Voll Crunch in die Kindheit soll das neue Konzept-Lokal „Streusel-Bar“ auf der Frankfurter Freßgass führen. Es wurde jetzt an jener Stelle eröffnet, wo noch vor wenigen Monaten der Käseladen von Schlemmermeyer zu Hause war.

So einfach, so genial: Die Streusel-Bar holt die nette Oma aus der Zauberkiste, die noch das alte gute Rezept kennt. Nehmen wir es vorweg: Die Streusel , die aus nicht mehr als Butter, Zucker und Mehl bestehen, schmecken ganz wunderbar. Frisch zubereitet, duftend und warm. Die „Naschtüte Klassik“ (2,80 €) mit nichts als Butterstreusel ist genau unser Fall. Die Streusel werden in einer Papiertüte mit auf den Weg gegeben, aus der man sogleich zu naschen beginnt. Es gibt einige Varianten und Toppings, mal sind es Karamellstückchen, mal Limetten, die aufpeppen sollen. Joghurt, Himbeeren und anderes mehr ergänzen das Sortiment. „Omas Lieblings“ ist ein Mini-Streuselkuchen mit Apfel. Außerdem steht mit Dona Victoria der hauseigenen „Wisag“-Kaffee im Angebot.

Toll, was man aus Mehl, Butter und Zucker machen kann. Dass daraus aber ein Lokal und sogar eine ganze Gruppe von Lokalen entstehen kann, ist noch ungewöhnlicher. Die kleine Frankfurter Streusel-Bar ist erst der Anfang. Die Idee ist überzeugend, der Plan dennoch mutig.

Das Besondere am Streusel ist der Kuchen, der dahintersteckt: Geschäftsführer des Unternehmens ist der Frankfurter Umsatz-Milliardär Michael Wisser, der mit der Wisag einen der führenden deutschen Dienstleistungskonzerne (Gebäudereinigung, Sicherheit, Catering u.v.m.) mit fast 50.000 Mitarbeitern führt. Streusel-Bars soll es bald in verschiedenen Städten in Deutschland geben, Frankfurt ist Vorreiter, Berlin folgt in Kürze. Der Spruch: Wenn der Kuchen spricht, schweigen die Krümel, gilt nicht mehr. Ab jetzt heißt es: Wenn die Krümel sprechen, schweigt der Kuchen.

Barbara Fienhold

 

Streusel-Bar, Frankfurt, Freßgass, Große Bockenheimer Str. 23.




Das Ende von Seven Swans: Vegetarisches Sterne-Restaurant will ins Gras beißen

Beerdigung eines Lokals, damit die Idee weiter leben kann. Oder so.

 

Der sterbende Schwan: Eines der schönsten Lokale Frankfurts will nicht mehr und läutet einen langen Abschied ein, der sich bis zum endgültigen Schluss am 31. Dezember 2020 hinziehen soll. „Seven Swans Must Die“, nennt sich die schwarze Mission. Offiziell wird sie recht kryptisch begründet, auch mit dem Burnout von Köchen sowie bösen Kritikern und Bewertungsplattformen. Man wolle dem Fine Dining entkommen und sich von der Schickeriaküche befreien, heißt es in einem Statement zum Aus. Das erscheint nicht logisch, denn das Seven Swans war nie ein Schickerialokal und hätte sich durch seinen stets lockeren Auftritt auch nicht vom „Korsett des Fine Dining befreien“ müssen. Ist das vielleicht alles auch nur ein Schachzug, um noch einmal auf sich aufmerksam zu machen und ein letztes großes Aufgebot an vegetarischen Gästen zusammenzubekommen? Wie es nach dem Abschied des Seven Swans mit dem Haus selbst weitergehen soll, wird offen gelassen. Bislang wurde es auch als Herberge und Büro genutzt. Das schmalste Haus der Stadt ist so oder so eines der bemerkenswertesten Gebäude und gehört dem Unternehmer, Lindenberg-Hotelier und Restaurant-Betreiber Steen Rothenberger.

Zu Tode betrübt, das Seven Swans Team

Sicher ist: Auch 2020 wird nicht einfach für das Seven Swans. In Frankfurt mag es zwar nicht wenige Vegetarier geben, doch die begnügen sich wohl oft mit einem Salat und haben nur begrenzt Lust auf ein kreatives Menü für 89 €, wie es ausschließlich im Seven Swans angeboten wird.

Als 2011 das experimentierfreudige Seven Swans am Frankfurter Mainufer eröffnete, schien die Welt noch in Ordnung. Ein junges Team ging mit frischen Ideen engagiert an den Start. Es fing alles ganz wunderbar an, als die feenhafte Kimberley Unser mit ihrer unbekümmerter Wald- und Wiesenküche das Seven Swans beseelte. Kimberley wurde Mutter, Jan Hoffmann rückte an den Herd als Chef nach.

Anfangs kochte er mit Fleisch, Fisch und viel Gemüse und Kräutern. Das brachte ihm durchweg gute Kritiken und einen Michelin-Stern ein. Doch dann entschloss sich der Restaurantbetreiber Steen Rothenberger das Lokal gemäß seiner eigenen Lebensphilosophie als rein vegetarisches Restaurant fortzuführen. Jan Hoffmann war zwar ein sehr guter Koch, als reiner Veggie-Speisemacher jedoch schlichtweg eine Fehlbesetzung. Jedenfalls ging es nicht gut aus, stand schon bald Ricky Saward am schönen Molteni-Herd im Seven Swans, das bis heute seinen Stern behalten konnte. Aber auch solche Auszeichnungen sind natürlich keine Garantie für das Bestehen und Überleben eines Lokals.

Das Sevens Swans tritt nun ohne Konzept an und weiß mit Absicht nicht, was auf den Tisch kommt. Es soll „Unerwartetes“ geben. Ob sich die Gäste gerne überraschen lassen? Sicher ist nur, dass alles weiterhin rein vegetarisch bleibt und vielleicht selbst harmlose Lebensmittel wie Eier nicht eingesetzt werden, weil man am liebsten vollkommen auf tierische Produkte verzichten möchte. Selbst das gilt jedoch nicht als gesetzt, denn dann wäre man ja ein veganes Lokal. Und noch schwieriger am Markt durchzusetzen.

Ludwig Fienhold