Poke Bowls: Eine Schüssel voll Hawaii für Frankfurt

Multigastronom Sam Kamran tischt jetzt Mischpoké auf

 

Wie andere Gastronomen auch, ist Sam Kamran auf der Suche nach Trend-Food, das er den Frankfurtern auftischen könnte. Mit einem Gericht aus Hawaii scheint er nun fündig geworden zu sein. Die Poke Bowls entsprechen dem Mainstream nach gesunden und leckerem Essen. Bei Sam Kamran heißen sie weit origineller „Mischpoké Bowls“ und spielen damit auf die Vielfalt der Zutaten an. Grundlage sind Sushi-Reis, marinierte zarte Fischstücke von Lachs oder Tuna – „in Sashimi-Qualität, wie Sam Kamran betont. Hinzu kommen verschiedene Gemüse und Obst: Avocado, Gurke, Paprika, Roter Chili, Rote Bete, Edamame, Mango, Ananas, Frühlingszwiebeln, Granatapfel sowie Sesam und Ingwer. Zudem kann man unter fünf verschiedenen Saucen wählen. Der Preis für eine Bowl soll sich um die 10 € bewegen.

MischpokéMultigastronom Sam Kamran (Café Hauptwache, Fletchers Better Burger, Montana Pizza, Mantis Roofgarden) will mit seinem Mischpoké in vielen Teilen der Stadt präsentsein, als Shop in Shop System mit seinen bereits bestehenden Burger-Lokalen. Die Standorte in Frankfurt werden unter anderem sein: Berger Straße, Oeder Weg, Münchner Straße, Ohmstraße sowie das Nordwestzentrum. Ab Februar soll es losgehen. Lachs, Tuna und Veganes machen den Anfang, danach kommen Hähnchen und manches mehr.

Bei Klaus Peter Koflers Pret a Diner Event in Frankfurt wurde der Hawaii-Mix letztes Jahr bereits einem größeren Publikum vorgestellt. In Hawaii waren diese japanisch inspirierten Bowls bereits in den 70er Jahren als Vorspeise beliebt. Inzwischen gibt es sie in immer mehr Varianten und Portionsgrößen, auch in Kalifornien oder London.




Alexandre Sadowczyk wird neuer Küchenchef im Sterne-Restaurant Weinsinn in Frankfurt

Neueröffnung überraschend ohne André Rickert

 

Menu surprise: Die mit Spannung erwartete Neueröffnung des Restaurants Weinsinn wird im März stattfinden, aber nicht mit dem bisherigen Küchenchef André Rickert, sondern mit Alexandre Sadowczyk an der Spitze. Wie berichtet, siedelte das Sternerestaurant Weinsinn letztes Jahr von der Fürstenberger Straße in die Weserstraße in die Nähe von Theater und Mainufer. Auf Nachfrage erfuhr das BISS-Magazin von Betreiber Matthias Scheiber, dass sich sich die Wege von ihm und seinem Küchenchef Rickert trennen, weil beide unterschiedliche Vorstellungen von einer Neuaufstellung des Restaurants gehabt hätten. André Rickert ist jedenfalls nicht mehr dabei und unterstützt derzeit das Team vom Bidlabu in der Kleinen Bockenheimer Straße in der Innenstadt – vielleicht wird ja noch mehr daraus.

Alex Sadowczyk (r.), Fabian Hildebrandt

Alex Sadowczyk (r.), Souschef Fabian Hildebrandt im Atelier Wilma

Der neue Küchenchef des Weinsinn, Alexandre Sadowczyk, ist kein Unbekannter mehr und war zuvor Küchenchef im umstrittenen Atelier Wilma. Das kleine Lokal wurde von Michael Riemenschneider betrieben, bis dieser im Mai 2017 in die Insolvenz ging und das Weite suchen musste. Der neue Pächter, Carl-Philipp Graf zu Solms-Wildenfels, versuchte zunächst mit Alexandre Sadowczyk weiter zu machen, musste inzwischen aber erkennen, dass das Lokal mit 18 Plätzen zu klein ist, um es wirtschaftlich erfolgreich zu betreiben. Graf zu Solms will das Lokal mit einem anderen Konzept weiterführen und gestaltet es derzeit um. Wie die Geschichte zu Tage förderte, war es Alexander Sadowczyk, der dem Atelier Wilma zwei Jahre lang einen Stern im Michelin brachte. Wahrscheinlich wird Alex Sadowczyk seinen bisherigen Souschef Fabian Hildebrandt mit ins Weinsinn nehmen können.

Küchenchef Alex Sadowczyk ist ein bescheidener, ruhiger junger Koch (27), der sich auf gute Stationen stützen kann. Er arbeitete als Jungkoch im Restaurant Jules Verne von Alan Ducasse im Eiffelturm in Paris, als Chef de Partie im Per Se von Thomas Keller in New York und  ebenfalls als Postenchef im Restaurant L´Arnsbourg im elsässischen Baerenthal – allesamt Sterne-Lokale. In Frankfurt hat sich Alexandre Sadowczyk beliebt gemacht, weil er für ein Jahr im Restaurant Lafleur arbeitete, zunächst unter Alfred Friedrich und dann bei Zwei-Sterne-Koch Andreas Krolik.

André Rickert

André Rickert

Milica Trajkovsko Scheiber und ihr Mann Matthias betreiben außer dem Weinsinn auch das ebenfalls mit einem Stern und 16 Punkten im Gault & Millau ausgezeichnete Restaurant Gustav im Reuterweg, wobei sie mehr für Gustav und er in erster Linie für das Weinsinn verantwortlich ist. Hinter dem Restaurant Weinsinn liegen acht erfolgreiche Jahre, es wurde bis zur aktuellen Ausgabe des Michelin mit einem Stern geehrt, der nur wegen des Umzugs nicht mehr verliehen wurde. Das neue Weinsinn wird über deutlich mehr Plätze als das alte verfügen, was für die Küche eine zusätzliche Herausforderung ist.

Ludwig Fienhold

 

Bild ganz oben rechts: Das alte Weinsinn




Österreichs Topkoch Andreas Döllerer begeistert mit Cuisine Alpine

Mutige Gerichte, Brot & Butter in Bestform

 

Der Döllerer kann´s, der hat´s einfach drauf. Selten konnte man einen Koch so entspannt beim Rheingau Gourmet & Wein-Festival arbeiten sehen. Dabei sind seine Gerichte ungemein energiegeladen.

Andreas Döllerer

Andreas Döllerer

Andreas Döllerers Cuisine Alpine ist Eiskunstlauf für die Zunge. Geschmeidig tanzen die Aromen, die Küche schwingt elastisch zwischen Grazie und Grandezza. Der Tauernlammsattel mit Buddhas Hand, soufflierten Kartoffeln, Brokkoliröschen und Selchbernaise ist ein Paradegericht von umwerfend guter Qualität und Dichte. Das wunderbare, saftig-zarte hocharomatische Fleisch mit knuspriger Kruste in erotischer Lammschmorsauce wird mit Thymian gewürzt, was den freilaufenden und Kräuter fressenden alpinen Tauernlämmern Rechnung trägt. Die Selchbernaise ist ein kleines Zauberwerk für sich und trotz seiner Ausdrucksstärke luftig-locker, wobei ein schönes Raucharoma Sinnenlust verbreitet. Das Gel aus Zitronensaft, Birnensaft, Limettenblättern und Zitronengras wird mit einem Abrieb der Schale des Zitronenbaums Buddhas Hand verfeinert und verhilft dem Gericht zu Frische und Leichtigkeit. Es gab viele herausragende Weine an diesem Abend, wie die vom berühmten Mosel-Molitor, wobei der zum Lamm servierte großartige Blaufränkisch Hochberg 2013 von Gesellmann aus dem Burgenland den Höhepunkt setzte.

Lamm, aber nicht fromm

Lamm, aber nicht fromm

Andreas Döllerer traut sich was. Er legt einen Romanasalat auf den Teller, der von nichts weiter begleitet wird als einer Salsa aus Hollerblütenessig, Kapern, auf 3000 Metern geerntetem Almrosenhonig sowie getrockneten Mairitterlingen. Spinnert? Ja, schmeckt aber und verbreitet Frühlingsduft. So ein Gericht entsteht wohl nur in luftigen Höhen. Eines der bekanntesten Gerichte von Andreas Döllerer ist die „Alpine Jacobsmuschel“. Sie ist natürlich keine Jacobsmuschel und sieht dieser nur sehr ähnlich. Vor allem aber schmeckt dieser Fake aus Ochsenmark ganz hervorragend und wird von Spitzkraut und einem Dashi-Sud aus Gemüsefond, Ingwer, Limetten, Misopaste, geröstetem Sesam und vielem mehr aufgeheitert. Ähnlich überraschend aufgebaut ist auch das Gericht Gletscherschliff. Ein im Salzteig gebackene Fenchel mit Kaviar von Walter Grüll, Österreichs erstem Stör-Kaviar-Produzenten aus dem Salzburger Land. Die Teller von Andreas Döllerer wirken optisch eher zurückhaltend arrangiert, was bei österreichischen Köchen auffällig oft vorkommt, weil sie offenbar auf Geschmack und weniger auf Dekoration wert legen.

Dessert: Salzzwetschgen, Schoko & Pilze

Dessert: Salzzwetschgen, Schoko & Pilze

Unvergesslich beim Döllerer-Dinner aber bleiben nicht nur einige Gerichte, sondern auch ein famoses sinnliches Erlebnis aus der Welt der Backstube: das Tauernroggenbrot aus dem Holzbackofen (mit hausgeräuchertem Hirschschinken und aufgeschlagener Butter). Das kraftvolle, saftige und deftig krustige Brot mit Fenchel gehört zu einer fast vergessenen und raren Sorte und zum Schönsten, was diese Welt auf den Tisch bringen kann. Gleiches gilt für die dazu servierte aufgeschlagene Butter mit Speck und in Eichenfässern gereiftem Apfel-Balsamico-Essig von Gölles aus der Steiermark. Grandios!

Andreas Döllerer aus Golling nahe Salzburg betreibt nicht nur ein Lokal sondern eine Genusswelt mit Gourmet-Restaurant, Wirtshaus, Enoteca, Metzgerei, Feinkost und Hotel. Und was denkt man nach einem so besonders schönen Dinner im Kronenschlösschen in Hattenheim? Man denkt: Warum kann der Döllerer eigentlich nicht immer im Rheingau sein.

Ludwig Fienhold

 

Gourmet FestivalInfos & Tickets

Tickets telefonisch unter +49 (0)6723 640, per E-Mail info@kronenschloesschen.de oder unter www.rheingau-gourmet-festival.de. Festival-Arrangements mit ausgewählten Veranstaltungen werden mit Übernachtungen im Hotel Kronenschlösschen angeboten. 

Hier finden Sie mit einem Klick das komplette Programm des Gourmet & Wein-Festivals

 




Das Rheingau Gourmet-Festival tischt auf: Aromen aus Südafrika & 960 Gläser Wein

Ein kleiner Ort führt Genießer

durch die ganze Welt 

 

Von Ludwig Fienhold

 

In diesen Tagen wird eine Fahrt in den Rheingau zu einer kulinarischen Weltreise, die nach Südafrika, Sansibar oder Salzburg führt. Wenn Reuben Riffel im Kronenschlösschen in Hattenheim kocht, dann glaubt man Tafelberg und Atlantik näher zu sein als dem Rhein. Bei Reuben Riffel darf man getrost den überstrapazierten Begriff Starkoch verwenden, denn er ist in Kapstadt ein Celebrity und steht für die neue junge südafrikanische Küche. Er ist einer von vielen Topköchen, die auch in diesem Jahr wieder beim Rheingau Gourmet & Wein-Festival dabei sind, das jetzt voll im Gang ist und noch bis zum 11. März geht.

Festival-Gründer HB Ullrich (l.), Kronenschlösschen-Chef Simon Stirnal (M.), Reuben Riffel

Festival-Gründer HB Ullrich (l.), Kronenschlösschen-Chef Simon Stirnal (M.), Reuben Riffel

Reuben Riffel schwingt mit der Lässigkeit eines Barack Obama durch die Küche. Seine Gerichte haben Temperament und lassen flirrende Düfte aufsteigen. „Ich liebe ausdrucksvolle Aromen“, meint Riffel, der diese ausreizt, ohne sie zu überdehnen. Er kocht intensiv und energiegeladen, bleibt dabei aber leicht und geschmeidig. Eines seiner Signature Gerichte ist der Tintenfisch mit Chili, der von einem Salat aus Basilikum, Minze und Koriander sowie einer zitronigen Mayonnaise begleitet wird. Dieses Gericht gab es ebenso beim Gourmet-Festival, wie ein weiteres typisches Gericht von Riffel, den Springbock mit Kalahari-Trüffel. Noch lange auf der Zunge blieb die hinreißend würzige malaiische Meeresfrüchte-Suppe mit zwei unterschiedlich gefüllten Samosas. Der ebenfalls mit Aromen brillierende Le Mont Demi-Sec 2008 von der Domaine Huet von der Loire passte hervorragend dazu.

Modernes Kinderdessert

Modernes Kinderdessert

Auch bei der Limonen-Eisenkraut-Creme mit Mandeln, Spätlese-Sorbet und Aprikosen schmeckte man, wie Riffel sehr einfühlsam Traditionelles in einen modernen Kontext setzt. Wer noch weitere Delikatessen, wie Straußenfleisch in Pinotage-Sauce oder Schweinebauch mit Ingwer erleben will, muss nach Franschhoek reisen, dem Geburtsort von Reuben Riffel und einem Hort der Genüsse und guten Restaurants. Neben seinem Reuben´s dort betreibt der 42 Jahre alte Südafrikaner als Concept Chef noch das Reuben´s im One & Only in Kapstadt und das Reuben´s in Robertson. Zudem ist er als Kochbuchautor und TV-Koch erfolgreich. Es ist unglaublich, wie viele Deutsche Reuben Riffel und seine Küche kennen. Und wer ihn noch nicht kannte und beim Gourmet-Festival erlebte, den hat er ganz bestimmt zu einem Besuch in Südafrika angeregt.

Furiose Fischsuppe

Furiose Fischsuppe

Das Rheingau Gourmet & Wein-Festival führt unterhaltsam dazu, über den Tellerrand zu blicken. Beim Essen, aber auch bei den Weinen. Auch dabei konnte man eine Reise um die halbe Welt erleben. Bei der Blindprobe von Kultweinen ging es anspruchsvoll und sportlich zu. Es gab 14 Weißweine (Jahrgang 2011) und 18 Rotweine (Jahrgang 1995) aus den unterschiedlichsten Anbaugebieten dieser Welt zu verkosten, aber allesamt berühmte oder zumindest bei Kennern als Besonderheiten bewertete Tropfen. Darunter den australischen Kometen Grange, den großen spanischen Klassiker Vega Sicilia Unico und den kraftvollen Chateauneuf du Pape „Deus ex Machina“ von der Domaine Clos Saint Jean. Für eine solche Weinrunde hätte man bei einem Flaschenkauf viele tausend Euro investieren müssen, doch hier konnte jeder der 26 Gäste für einen Obolus von 650 Euro sehen, welche Weine er sich vielleicht noch kaufen möchte und welche garantiert nicht, was letztlich Geld spart.  Außerdem galt es bei dieser Blindprobe durch eine Wahl den persönlichen Favoriten und den der ganzen Gruppe festzustellen. Diesen Weinrunden sind zu einem beliebten Gesellschaftsspiel bei Weintrinkern geworden, seit dem im Jahr 1976 bei einer verdeckten Weinprobe in Paris kalifornische Weine einige der ganz großen Namen aus Frankreich überflügelten. Dies führte in Fachkreisen zu einem Glaubenskrieg, wobei das Thema in Frankreich zunächst ignoriert wurde, während in den USA Jubel herrschte. Seinerzeit gewannen die Montelena Winery bei den Weißen und Stags Leap Wine Cellars bei den Roten.

Im Glashaus

Im Glashaus

Die Blindprobe im Kronenschlösschen in Rheingau war ebenfalls eine Lehrstunde. Zunächst einmal zeigte sie, dass auch einige renommierte Weißweine nicht gut altern und ziemlich die Backen hängen lassen können. Am meisten Feuer hatte noch der Chardonnay Private Reserve von Beringer aus Kalifornien, der auch bei den meisten Gästen am besten ankam (neben einem merkwürdig ausgezehrten Riesling von Schlumberger aus dem Elsass). Die Rotweine zeigten besseres Alterungspotential, wobei auch hier die Weine der Neuen Weinwelt teilweise überlegen waren. Vega Sicilia, Beringer und sogar die Domaine A aus Tasmanien bewiesen altersmürbe Eleganz, vom australischen Grange hätte man noch gerne ein Fläschchen trinken wollen. Solche Lehrstunden sind unbezahlbar, es geht nichts über learning by drinking. Das Kronenschlösschen setzte allein für diese exklusive Weinprobe 960 Gläser ein.

 

Kronenschlösschen

Infos & Tickets

Tickets telefonisch unter +49 (0)6723 640, per E-Mail info@kronenschloesschen.de oder unter www.rheingau-gourmet-festival.de. Festival-Arrangements mit ausgewählten Veranstaltungen werden mit Übernachtungen im Hotel Kronenschlösschen angeboten. 

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Photocredit: Barbara Fienhold




Kitchen Impossible: Mario Lohninger gegen Tim Mälzer

TV-Show führt nach Jamaika und seinen sexy Spices

 

Mario Lohninger ist am liebsten in seinem Frankfurter Restaurant oder in seiner Heimat Österreich. Die TV-Sendung Kitchen Impossible hat ihn aber doch so gereizt, dass er angestammtes Terrain verließ. Eines der Ziele war schließlich Jamaika, wohin Mario Lohninger schon immer mal reisen wollte. Dort traf er auf „pralles Lebensgefühl“ und eine aufregende Küche mit „sexy Spices“. Das legendäre Jerk Pork hat es ihm angetan. „Die Gewürze und die Zutaten machen einfach Spaß, da lässt sich viel Spannendes zaubern“, meint Mario Lohninger. Er ist sich sicher, dass manches davon auch in seine Küche einfließen könnte. Jamaika hat ihn jedenfalls begeistert.

Für die Kochshow Kitchen Impossible stand Mario Lohninger (im Bild oben & unten)) mit weiteren Vertretern der deutschen Spitzenküche vor der Kamera und hat gemeinsam mit Fernsehkoch Tim Mälzer ein Duell um die Welt bestritten. Ziel war es, ein fremdes Gericht ohne Hilfe nachzukochen und den jeweils anderen zu schlagen. Die Folge mit Mario Lohninger wird am 18. März um 20.15 Uhr auf Vox ausgestrahlt.

„Wir Köche lieben ja das Spontane, Unüberlegte und Verrückte, und bei Kitchen Impossible findet sich das alles wieder“, weiß Lohninger. „Außerdem sauge ich jede Inspiration aus einem fremden Land auf“, so der Spitzenkoch, der für sein Restaurant Silk mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet worden war und vom Gault & Millau zum „Koch des Jahres 2011“ gekürt wurde. Tim Mälzer ließ Lohninger nach Portugal und Jamaika reisen, um dort nur mit den eigenen Sinnen und ohne weitere Hilfe ein lokaltypisches Gericht zu entschlüsseln und zu kopieren. Alle Zutaten müssen bei den lokalen Händlern besorgt und anschließend unter den strengen Blicken des einheimischen Kochs eigenständig zubereitet werden. Die Bewertung der Gerichte erfolgt durch eine Jury von Stammgästen, die es zu überzeugen gilt. Wie gut sie ihre Aufgabe gemeistert haben, erfahren beide Köche erst nach ihrer Rückkehr nach Deutschland.

Lohninger

Mario Lohninger

Jamaika war ein Urlaubs-Traumziel für Lohninger, doch vor Ort war die Herausforderung groß: „Die Zutaten des Gerichts hatte ich schnell herausgefunden, darin bin ich stark. Aber die Kochtechnik war schwer, in Jamaika gibt es eine Grillmethode, bei der auf die Kohle erst ein Gitter und dann wirklich dicke Stämme Süßholz kommen. Die geben dem Fleisch natürlich den entscheidenden Geschmack, und diese Technik muss man erst mal herausfinden“, sagt Lohninger. In Portugal galt es, einen Kuchen aus Bohnen zu entschlüsseln: „Patisserie oder Backen ist wirklich schwierig ohne richtiges Rezept. Konsistenz, Saftigkeit und Süße sind ganz wichtig bei einem Kuchen. Die kann man aber dem Teig noch nicht anmerken, und das war in Portugal nicht leicht“, so Lohninger. Seinen Konkurrenten Tim Mälzer schickte er nach Mailand und ins israelische Akko: „Tim denkt ja, er ist Mister Italy und kennt sich in der italienischen Küche aus. Sie gehört mit der japanischen auch zu meiner Lieblingsküche, aber Risotto ist eben nicht gleich Risotto. Deshalb habe ich ihn auch drei verschiedene Risotti zubereiten lassen, um ihn so richtig zu testen“, meint Lohninger. In Israel ging es zu einem schwer kopierbaren Autodidakten, der echte Hausmannskost serviert.

Welchen Herausforderungen sich die beiden Köche stellen mussten und wie sie sich dabei schlugen, ist am 18. März 2018 um 20.15 Uhr auf Vox zu sehen. Mälzers weitere Kontrahenten in der Sendung sind Konstantin Filippou, The Duc Ngo, Maria Groß, Tohru Nakamura, Roland Trettl, Peter Maria Schnurr, Johannes King und Christian Bau, die Folgen dieser Duelle laufen ab dem 4. Februar 2018.

Weitere Informationenwww.lohninger.de

Photocredit: Vox, Fienhold

 




Fischers Fritz war gestern, jetzt ist Jörg Lawerenz Chef im Hotel Regent Berlin

Wohin steuert das einstige

Zwei-Sterne-Restaurant?

 

 

Christian Lohse verließ vor drei Monaten nach zehn Jahren das Restaurant Fischers Fritz im Hotel Regent in Berlin, das mit zwei Sternen im Michelin ausgezeichnet wurde. Künftig wird für die kulinarischen Geschicke des Hauses Jörg Lawerenz verantwortlich sein. Von offizieller Seite wird vermieden, zu der künftigen Ausrichtung eindeutig Stellung zu beziehen. Ob das Hotel mit seinem einstigen Spitzenrestaurant also erneut ein Sterne-Niveau anstrebt, steht in den Sternen.

Jörg Lawerenz (im Bild) ist neuer Küchendirektor im Hotel Regent Berlin am Gendarmenmarkt und leitet jetzt das 30köpfige Küchenteam des Luxushotels. Zudem ist er verantwortlich für das kulinarische Konzept des einstigen Spitzenrestaurants Fischers Fritz, das im April nach einem aufwendigen Umbau für 1,5 Millionen Euro wieder eröffnen soll. Für den Vater von drei Kindern ist es eine Heimkehr in die Hauptstadt, in der er schon einmal sechs Jahre gelebt und gearbeitet hat: „Die Sehnsucht nach Berlin war immer da“, sagt Lawerenz. Zu seinen von der Öffentlichkeit am stärksten mit Interesse verfolgten Aufgaben gehört es, die Speisekarte für das Restaurant neu zu entwerfen. Hierbei möchte der gebürtige Neu-Strelitzer den Schwerpunkt auf die Region legen: „Der Stil der Karte wird eine Kombination der Besonderheiten der heimatlichen, frischen Küche mit Einflüssen aus anderen Ländern und Provenienzen.“ Diese moderne Verbindung soll sich auch in der Umgestaltung des Restaurants wiederfinden. So wird es zum Beispiel einen Außeneingang zum Gendarmenmarkt geben. Ob auch selbst geangelte Speisefische der Berliner Gewässer künftig im Hotel Regent Berlin auf der Karte stehen werden, verrät Lawarenz noch nicht – den Angelschein hat er jedenfalls gerade mit Erfolg bestanden.

Nach Stationen im „First Floor“ in Berlin war Jörg Lawerenz unter anderem Küchenchef im Romantikhotel „Walk ́sches Haus“, für das er einen Michelin Stern erkochte. Der Wechsel in das Drei-Sterne Gourmetrestaurant im Schlosshotel Lerbach in Bergisch Gladbach als Souschef sieht er bisher als seine wichtigste Station an, vor allem auch wegen der Zusammenarbeit mit Nils Henkel und Dieter Müller. Zuletzt arbeitete Jörg Lawerenz als Executive Chef im Schlosshotel Kronberg im Taunus. Dort konnte er in vier Jahren allerdings kaum etwas bewegen und auch keine nennenswerten Auszeichnungen in den Restaurantführern erreichen. Jetzt darf Lawerenz beweisen, dass es auch anders geht.

 




Ein Treffen mit Paul Bocuse im Frankfurter Bistrot 77

Die Begegnung im Jahr 2001 wird wieder lebendig

 

Von Ludwig Fienhold

 

Paul Bocuse ist solchermaßen zu einem Denkmal geworden, dass man sich fragt, ob er überhaupt noch lebt. In diesem Jahr feierte er seinen 75. Geburtstag. In Frankfurt wurde dem Küchenstar mit einer kulinarischen Party ein großer Empfang bereitet.

Bocuse, der Drei-Sterne-Koch, der wegen seines Befehlstones auch Sterne-General hätte sein können, hat Zeit seines Lebens zu trommeln verstanden. Er fiel nicht nur durch sein kompromissloses Talent auf, sondern war auch stimmgewaltiger Macho, der meinte, Frauen gehörten nicht an den Profiherd, weil sie körperlich zu schwach dafür seien. Dass hinter der markigen Fassade ein hochsensibler Mensch steckt, wissen die, die ihn kennen. Die Legende will es, dass Bocuse als Gründer der Nouvelle Cuisine in den kulinarischen Geschichtsbüchern steht. Dabei vermarktete er sich nur weit besser als seine Vorkämpfer Alain Chapel und Michel Guérard. Wie aus der Gulaschkanone geschossen flog er einst um die halbe Welt, um seine Verträge als Berater von Wurstfabrikanten und Hotelkonzernen zu erfüllen, während sich die Gäste fragten, ob denn in seinem Restaurant in Collenges-au-Mont-d´Or bei Lyon nicht etwa eine Bocuse-Nachbildung von Madame Tussaud stehen würde.

Da Bocuse als Galionsfigur noch immer gefragt ist, führte ihn der Weg nach Frankfurt, wo er die Werbetrommel für das Weinhandelsunternehmen Savour Club in Frankfurt rührte (weltweit verkauft das Trink-Imperium 10 Millionen Flaschen Wein, Champagner und Spirituosen). Gemeinsam mit anderen bekannten Köchen, die ebenfalls ihren Kopf für die Savour-Weinetiketten hinhalten, begrüßte Bocuse über 700 Gäste. Auf sein Wohl tranken auch die Drei-Sterne-Köche Jean-Pierre und Marc Haeberlin (Illhaeusern), Pierre Troisgros (Roanne) und Jean-Claude Bourgueil (Düsseldorf). Während er hier bei Party-Stimmung seine Bücher signierte, begann die eigentliche Feier erst am Abend im Bistrot 77 am Ziegelhüttenweg. Seine französischen Freunde Dominique und Guy Mosbach hatten anlässlich seines Geburtstages für ihn und 40 Gäste ein leckeres Menü vorbereitet: getrüffelten Spargel, Zander auf Linsen, warme Apfeltarte.

Bocuse, braun gebrannt und rund wie ein Apfel, war zuvor bei seinem Sohn in Orlando. Inzwischen ist er mehr in Florida als in Frankreich, weil ihm das Wetter dort besser gefällt. Eine Gefahr für die Haute Cuisine durch die Lebensmittelkrisen sieht er nicht: „Bald werden die Leute auch wieder mehr Rindfleisch essen.“ Bocuse, hemdsärmlig und wie oft gerne albernd: „Wer ständig wie die Kühe gemolken wird, muss ja verrückt werden.“ Grundsätzlich glaubt er, dass insgesamt die Lebensmittel knapper und teurer werden und der Trend eindeutig zur Qualität gehe. Auf die uncharmante Frage, was er sich für seine Henkersmahlzeit wünsche, meinte er, dass er dann wohl keine Lust mehr auf ein Essen habe, sondern nur noch von zwanzig Frauen umgeben sein möchte. Woraufhin er gleich die schönste Dame des Abends, die Kellnerin Alexandra in den Arm nahm.Einziger Wermutstropfen der Feier: Die erbärmlich schlechten Billigweine vom Savour Club. Blamabel, mit einer solchen Plörre auf den Geburtstag eines der berühmtesten Köche unseres Jahrhunderts anstoßen zu müssen.

 

Dieser Artikel erschien 2001 in der Frankfurter Neuen Presse 

 

 

 




Adieu Paul Bocuse! Der berühmteste Koch der Welt ist tot

Erinnerungen an eine ziemlich besten Freund

 

Von unserem Frankreich-Korrespondenten

Jörg Zipprick 

 

Im Alter von 91 Jahren ist Paul Bocuse am. 20 Januar 2018 verstorben, in dem Zimmer, in dem er zur Welt kam, in seiner Auberge an der Saône. Er war der berühmteste Koch der Welt und noch vieles andere mehr, aber der Erfinder der Nouvelle Cuisine war er nicht. Paul Bocuse hatte das Bild der Köche geprägt. Die Pose des Grand Chef mit den verschränkten Armen und der hohen Kochmütze bleibt steinern in Erinnerung. Aber auch das Bild vom findigen Koch, der als Unternehmer seine Ideen bis nach Amerika und Tokio exportierte. Frankreichs Staatspräsident Macron würdigte ihn als „mythische Figur“.

Mehr als 45 seiner Lebensjahre hat Bocuse die Titelseiten der Welt geschmückt, hat uns mit seinem unnachahmlichen Humor begleitet: Unvergessen, wie er gemeinsam mit Georges Duboeuf im Weinberg Cola trinkt, noch frappanter das täuschend echt nachgestellte Abendmahl mit Chapel, Vergé, Guérard als Apostel und Bocuse selbst als Erlöser. Oder Monsieur Paul während einer Überschwemmung mit dem Surfbrett vor seinem Restaurant. Alles erreicht hatte er ohnehin: Drei Sterne im Michelin, etliche Zweitlokale in Form diverser Bistros, ein Kochwettbewerb, der schon zu Lebzeiten „Goldener Bocuse“ heißt, Kochbücher mit Bestsellerauflagen.

Paul BocuseKein Zweifel, Paul Bocuse war eine Legende, ein Phänomen, nein: eine Ikone, die Inkarnation der Cuisine Française. Urgestein. Einer, der selbst am Anfang noch mit Kohleöfen kochte und über die letzten 65 Jahre Fortschritt staunte. „Du willst 180 Grad – bitte sehr, auf das Grad präzise.“ Bocuse war der erste Rockstar unter den Küchenchefs. Übervater der Berufsgruppe der Köche war er auch. Mit seinem Sinn für Kommunikation hat Paul Bocuse dazu beigetragen, dass die Gäste heute die Namen der Köche kennen, nicht die der Restaurantbesitzer und der Maître d’hôtels. „Ich nehme nichts für mich in Anspruch, außer den Köchen ihren Namen und ihre Restaurants wiedergegeben zu haben“, sagt Bocuse selbst und scherzt: „Natürlich habe ich dazu beigetragen, dass die Köche die Küche verlassen. Jetzt kommt es darauf an, dass sie auch mal drinbleiben“ (zitiert nach Quentin Crewe: Great Chefs of France, 1978).

Ein wenig scheint er sich heute noch über den eigenen Erfolg zu wundern: „Verglichen mit Michel Guérard oder Roger Vergé ist Paul Bocuse nicht am besten platziert, um die französische Küche zu inkarnieren“, heißt es in seiner Biografie. Doch Paul sprach immer – und ganz natürlich – im Namen aller und war schon ein Meister der PR, als „Public Relations“ höchstens bei Waschmittelkonzernen, nicht aber bei Köchen existierte. Mal ließ er in einer Lokalzeitung Rezepte wie „Lammkeule nach Straßenarbeiterart“ publizieren: Lamm 35 Minuten in den heißen Teer hängen und bei Tisch aus der Kruste befreien. Mal benannte er eine Straße in Lyon nach einem Restaurant, lud sämtliche Journalisten ein und hielt dann selbst die Festrede. Der Bürgermeister, der in keiner Weise über die neue „Rue Leon de Lyon“ unterrichtet war, hatte sich angeblich verspätet.

Doch die Marke „Bocuse“ wurde nicht nur auf solchen Späßen aufgebaut. Le Chef verstand es stets sich in Szene zu setzen: 1977 etwa wurde ihm vom Unternehmen Bragard eine Kochjacke aus ägyptischer Baumwolle buchstäblich auf den Leib geschneidert, komplett mit Namenszug auf der Brust. Letzterer hat sich inzwischen grenzübergreifend durchgesetzt. Seine Kochmützen waren größer als die anderen damaligen Modelle und ließen ihn um fast einen halben Meter wachsen.

Seine erste Reise nach Amerika war noch eine Herausforderung. Damals, Mitte der sechziger Jahre, reisten er und sein Team jeweils mit einer halben Tonne Material durch Amerika. Gut 15 Jahre später eröffneten sie gar ein Restaurant in Disneyland. Da war der Name Bocuse längst eine Marke in den „Daimaru“-Shoppingtempeln in Japan, die seit 1976 mit Bocuse-Weinen sowie Marmeladen und Essigen des Großmeisters handelten. Mit den Multi-Aktivitäten kam die Frage auf, wer bei Bocuse eigentlich koche. „Dieselben, die kochen, wenn ich da bin“, pflegte er zu sagen. Die vollständige Abnabelung eines Chefs von seinem Restaurant war damals neu, für einige Gäste auch schockierend. In gewisser Weise hat er damit anderen Köchen wie Alain Ducasse den Weg bereitet. Paul war der Grand Chef für Frankreichs Gesellschaft, aber immer auch der gute Kumpel. François Mitterand meinte einmal zu ihm, mit Anspielung auf seine berühmte Trüffelsuppe „Giscard d’Estaing“: „Bitte servieren Sie mir nie Wachteln „große Koalition“.

Am 30. Oktober 2000 bekamen auch sämtliche deutschen Köche der Extraklasse Post von Paul Bocuse aus Lyon. Sie wurden nach Paris gebeten, zum Abschied von Michelin-Direktor Bernard Naegellen. Bocuses Idee: Die Köche Europas sollten ihrem ehemaligen Tester eine Kochjacke mit ihren Autogrammen schenken. Dies sei eine Geste der „Dankbarkeit und Freundschaft“. Bocuse war ein Tausendsassa mit feuriger Fantasie. Nur eines ist Bocuse entgegen eines weitverbreiteten Missverständnisses nicht und will es auch gar nicht sein: der Prophet der Nouvelle Cuisine.

Monsieur Paul, wie man ihn in Frankreich gerne respektvoll nannte, war im Grunde stets konservativ. Sein Großvater Joseph war Koch. Weil Großmutter Maria, so erzählte man in Lyon, den Gästen wohl ein wenig zu gut gefiel, wurde Joseph eifersüchtig und verkaufte nicht nur das Lokal, sondern sogar den Familiennamen an einen Monsieur Borisoff aus Russland. Auch Vater Georges war Koch, seine Mutter stammte aus einer Gastronomenfamilie. Geboren wurde Paul über der Gaststube, dieses Zimmer nutzt er bis zum Schluss. Auf die Frage eines Restaurantkritikers, was er im Laufe der Jahrzehnte hier verändert hätte, antwortete Bocuse lakonisch, er hätte die Bettwäsche neu bezogen.

Die ersten Versuche in der Küche unternimmt Paul Bocuse 1942 in einem Lyoner Restaurant. Es herrschte Krieg, eingekauft wurde auf dem Schwarzmarkt. Zwei Jahre später kämpfte er selbst im Elsass, wurde von einer deutschen Kugel schwer verwundet. In einem amerikanischen Lazarett retteten die Ärzte sein Leben mit Transfusionen. „In meinen Adern fließt amerikanisches Blut“, kommentierte er. Kurz nach dem Krieg machte er in Paris auf dem Schwarzmarkt Geschäfte, frequentierte das Nachtleben der Hauptstadt und ließ sich einen gallischen Hahn auf die Schulter tätowieren. Mit 23 Jahren fand er den Weg zurück in die Küche, arbeitete bei Mutter Brazier in Lyon, bei Fernand Point in Vienne und schließlich im Luxuslokal Lucas Carton in Paris. Bei Mutter Brazier waren die Tage lang: Von 5 Uhr morgens bis 23 Uhr wurde gearbeitet – nicht nur gekocht, das wäre zu wenig. Bei Muttern gab es Kühe zu melken, einen Gemüsegarten zu bestellen und natürlich mussten die jungen Köche auch die Wäsche waschen. Bocuse verehrte seinen Lehrmeister Point, sagte, er sei sein Mentor, sein Pygmalion, ein wahrhaft großer Mann gewesen. Im Lucas Carton spielten Bocuse und seine Küchenkumpels dem Chef diverse Streiche. Einmal, heißt es, hätte er Schädel aus den Pariser Katakomben stibitzt, die der dortige Chefkoch Gaston Richard später im Saucentopf wiederfand.

Von 1956 bis 1959 arbeitete Paul Bocuse Seite an Seite mit seinem Vater in der familiären Auberge, dem Lokal des Schwiegervaters. Den Weg zu den Sternen schlug er nach dem Ableben von Georges ein. Das Lokal, dessen Toiletten sich damals noch im Hinterhof befanden, renovierte er mit seiner Frau Raymonde. Aus dem Wettbewerb Meilleur Ouvrier de France ging er als Sieger und „bester Handwerker Frankreichs“ hervor. Die drei Sterne des Guide Michelin gewann er 1965, mit 36 Jahren, dank Gerichten wie Schinken, im Heu gegart, Forellenmousse, Seewolf in Teigkruste oder gegrillter Poularde.

Paul Bocuse, der Mann der den Köchen ihre Namen gab, kaufte auch seinen zurück: den Namen, den Großvater Joseph an Borisoff abgetreten hatte. Sein Ausflug in die Nouvelle Cuisine, wie sie von den Restaurantkritikern Henri Gault und Christan Millau gepredigt wurde, erschöpfte sich auf einige PR-Veranstaltungen und eine Fernsehsendung, in der Paul die Mikrowelle lobte. Im deutschen Sprachraum wurde das Missverständnis, das ihn zum Propheten der neuen Küche erklärte, durch seinen damaligen Verlag verschärft. Der taufte sein Werk La Cuisine du marché einfach zur „neuen“ statt zur „marktfrischen Küche“ um.

„Paul ist der direkte Erbe der Küche von Fernand Point“, meinte sein Freund Pierre Troisgros. Die Cuisine des größten Chefs der Fünfzigerjahre war üppig, aber produktbezogen. Einige Gerichte wie die Seezunge mit Nudeln standen schon auf Points Karte. In seiner Biographie irritierte ihn vor allem die Brüsseler Regulierungswut: „Wir Köche werden eines Tages nur noch vorgekochte Produkte zusammensetzen. Schon heute haben wir aus Hygienegründen nicht mehr das Recht, einen Saucenfonds anzurühren. Es sei denn, wir schmeißen ihn abends weg.“ Zu gewissen modernen Küchenpraktiken meinte er: „Es gibt Klassik und es gibt Rap. Ich verteidige die Klassik. Die wissenschaftlichen Methoden übersteigen meinen Intellekt. Ich weiß lieber, wie die Henne ernährt wurde, statt zu erfahren, auf wie viel Kubikmeter ich ein Eiweiß strecken kann.“

Einen solchen im besten Sinne eigenwilligen Koch hat es zuvor nie gegeben, und so wird es auch bleiben.

Digitale Illustration Aufmacherbild: Francesco Strazzanti




Update: Kulinarische Höhepunkte & ein Lästling

Aussichten für 2018

 

Newcomer des Jahres:

360 Grad in Limburg

 

Alexander Hohlwein

Alexander Hohlwein

Alexander Hohlwein hat mit seinem ersten eigenen Restaurant einen grandiosen Start hinbekommen. Der ehemalige Souschef des 3-Sterne-Kochs Kevin Fehling serviert im keuschen Bistum Limburg erotische Feinkost. Im Panaroma-Restaurant mit Rundumblick auf die Stadt gibt es intelligente Herzhaftigkeiten und geerdete Hochküche. Die Gänseleber „Rum, Traube, Nuss“ ist schon jetzt ein Klassiker. Niemand in Deutschland bietet mehr für den Preis (4 Gänge 65 €, bis 8 Gänge jeder Gang 10 € mehr). Restaurantkritik folgt in BISS.

 

Schweinsbraten Revival

SchweinsbratenDem Schweinsbraten haftet immer noch Stallgeruch an. Dabei kann er auf wunderbare Weise zeigen, wie viel Lebenskraft und Qualität in ihm steckt. Zur Hochform läuft er beim Lohninger in Frankfurt während der Heurigen-Tage oder im Herrmannsdorfer Wirtshaus zum Schweinsbräu im oberbayrischen Glonn auf. Topköche arbeiten aber auch mit dem Schweinsbraten von der Wiener Fleischmanufaktur Aumaerk, der im Hotel Jumeirah präsentiert wurde und begeisterte. Unglaublich saftiges, zartes, aromatisches Fleisch und eine goldbraune knusprige Kruste adeln das Pork Royal. Auch für zu Hause geeignet und im Online-Shop zu bestellen, inklusive Kochanleitung.

Heuriger bei Lohninger

Lohninger BuffetKlar, Mario Lohninger kann ganz fein kochen und legt ein famoses Hummer-Geröstel mit Kalbshaxen-Ravioli und Foie Gras vor. Doch die Heurigen-Tage des Familienclans, bei dem auch Mutter Erika und Vater Paul weiter aktiv dabei sind, bringen die tollsten Deftigkeiten Österreichs zum netten Pauschalpreis auf die Tische: Frisch aufgeschnittenen Schweinsbraten, sattfleischige Kalbssülze, feine Kalbsbratwurst mit rauchigem Sauerkraut oder umwerfend gute hausgemachte Blutwurst. Das Frankfurter Restaurant bietet grundsätzlich einige Schmankerln aus Österreich, daneben aber auch erstklassige moderne Haute Cuisine. Die Heurigen-Tage sind lange im Voraus ausgebucht, es lohnt sich die entsprechenden Termine über die Webseite zu sichern.

Die Neueröffnungen des Jahres in Frankfurt: Biancalani, Emma Metzler, Villa Rothschild

Küchenchef Prüßmann

Küchenchef Prüßmann

Das Rhein-Main-Gebiet konnte einige besonders bemerkenswerte Neuzugänge erleben. Mit dem Biancalani hat die Stadt neben Carmelo Greco einen zweiten kreativen Italiener bekommen, der anderen Italo-Lokalen eine deutliche Spaghettilänge voraus ist und auch sehr viele gute und individuell Weine anzubieten hat. Anton de Bruyn präsentiert in seiner Emma Metzler junge deutsche Küche, die sehr elegant kreative Küche und handwerklich hervorragend gemachte rustikale Gerichte parallel in die Pipeline bringt. Die hausgemachten Fenchelbratwürste mit Birnensenf eigener Herstellung sind fabelhaft, das Freilandhuhn aus dem Odenwald zeigt Klasse. Handverlesene Apfelweine von Keltermeistern der Region und ökologisch und geschmacklich korrekte Weine machen ebenfalls Spaß. Der Umbau des Restaurants in der Villa Rothschild in Königstein brachte eine erhebliche optische Verbesserung, man fühlt sich wie in einem winterlichen Chalet und wärmt sich am Kamin und dem beherzten Service. Der neue Küchenchef Sebastian Prüßmann setzt auf bewährte Klassiker, bereitet diese aber hervorragend zu. Steaks und Fisch vom Grill oder Wiener Schnitzel werden attraktiv gestaltet und geschmacklich auf den Punkt gebracht. Die Weinkarte hebt ebenfalls die Stimmung. Restaurantkritik folgt in BISS.

 

Die Stadt des Jahres: Amsterdam

EnnoErotic-Museum, Sex-Museum, Haschisch-Museum – das schafft nur Amsterdam. Im Gegensatz zu Frankfurt sind dort sogar die Radfahrer erträglich. Mit dem Okura hat die Stadt ein einmaliges Gourmet-Hotel zu bieten, in dem gleich drei Sterne-Restaurants zu Hause sind. Die beiden japanischen Lokale sind schon gut, aber das 2-Sterne-Restaurant Ciel Bleu von Onno Kokmeijer verführt noch mehr. Gänseleber-Eis, Earl Grey Mousse und Bier-Granitée mögen nach Effekthascherei klingen, werden aber geschmacklich subtil wie alles hier zubereitet. Einige ehemalige Amsterdamer Sterne-Köche wollen nur noch Spaß haben und Geld verdienen. In der Ron Gastrobar tischen bildhübsche Mädels beste Bistroküche und gerne auch Weine und Champagner aus der Magnum auf. Ron Blaauw führt außerdem The Fat Dog, einen sympathischen Imbiss mit richtig guten Hot Dogs. Der Laden ist immer brummevoll. Amsterdam ist eine der ganz ganz wenigen Weltstädte, die sehr entspannt sind. Und das liegt nicht am allgegenwärtigen Cannabis. Ein Porträt folgt in BISS.

Update

Atelier Wilma

Knallkopp des Jahres:

Michael Riemenschneider

Er musste all seine Lokale aufgeben, den Tischlerwirt in Kitzbühel, Reinholds Enkel in Bad Homburg und Atelier Wilma in Frankfurt, und glaubt immer noch, er werde gebraucht. Michael Riemenschneider ging in die Privatinsolvenz und hat überall verbrannte Erde und enttäuschte Mitarbeiter hinterlassen. Anstatt sich nach Wolgodonsk oder Nowosibirsk abzusetzen, wo ihn niemand kennt, will er weiter in Frankfurt bleiben. Bislang baggerte er auf der Freßgass am ehemaligen China-Lokal Jasmin. Riemenschneider möchte genau dort jetzt ein neues Lokal namens Canvas eröffnen, ein Restaurant gleichen Namens betrieb er einst in London. Canvas bedeutet nicht „Kann was“, sondern Leinwand oder Segeltuch, steht aber auch für „verschleiern“.

 




Tartufi & Friends in Frankfurt hat geschlossen

Edel-Italiener musste aufgeben

 

Das Aus kam schnell, aber nicht unerwartet. Seit seiner Eröffnung im Frankfurter Westend im September 2016 wurde das Restaurant nicht gerade überrannt, blieben viele Tische leer. Küche und Service agierten ohne Fortune, die Preise entsprachen nicht den Leistungen. Wer keine Trüffel mochte, hatte Pech, denn die Trüffel wurden über alles gehobelt, was nicht weglaufen konnte. Man war unflexibel und lehnte es ab,  Gästen eine Pasta ohne Trüffel zu servieren. Im ganzen Lokal machte sich aufdringlicher Trüffelduft breit, leider kein natürlicher, sondern der von künstlichem Trüffelöl. Frisch gab es vor allem schwarze Trüffel, zumeist schwache und nicht aromatische Wintertrüffel. Wer Trüffel nur als Dekoration einsetzt, hat deren Sinn nicht verstanden. Alles hier wirkte aufgesetzt und unprofessionell. Die Preise und der Auftritt waren dagegen sehr abgehoben und wichtigtuerisch. Die Küche strebte sogar einen Michelin-Stern an und bewies damit nur, dass sie in einer anderen Galaxie lebte. Zu einer offiziellen Stellungnahme war niemand zu erreichen. Am Samstag vor Silvester wurden noch frische Baguettes geliefert, die vor der verschlossenen Tür liegen blieben. Tartufi & Friends gibt es noch in Rom, Mailand, London und Dubai.

LF