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News: Aus Tartufi wird Vetro Vero, Jan Hoffmann verlässt Seven Swans, Walhofs hat neue Besitzer

Neues Restaurant: Aus Tartufi wird Vetro Vero

 

Gute Weine, nette Atmosphäre, strittige Küche

 

Kaum war das glücklose Tartufi im Frankfurter Westend verschwunden, tauchte schon das neue Vetro Vero auf. Der nahezu fliegende Wechsel war nur möglich, weil das Lokal noch den gleichen Besitzern gehört, wenn auch durch ein neues holländisches Management von Ronald Huiskamp und der H-Hospitality relauncht wurde. Sonst aber hat sich gehörig viel geändert, manches sogar verbessert. Die Atmosphäre ist angenehmer, die Weinkarte deutlich besser, aber an der Küche muss noch gehörig gearbeitet werden. Man kann auch nur auf ein Glas Wein vorbeikommen, gerade die Theke lädt dazu ein.

Vetro VeroDas keineswegs hässliche, aber schwere und etwas prahlerische Mobiliar ist nicht mehr, das Lokal erscheint größer, schlanker, sympathischer. Und weit zugänglicher als zuvor. Das öffnet die Türen auch für jene, denen bereits das Ambiente die Hochpreisigkeit signalisierte. Waren die Weine zuvor stark auf Etikettentrinker und Ahnungslose ausgerichtet, präsentiert sich nun die neue Weinkarte als kenntnisreich. Wer allein schon beim Prosecco nicht die übliche Plörre, sondern mit Le Colture eine wirkliche Perle anbietet, schafft Vertrauen. Das gilt noch mehr für den wunderbaren, feinwürzigen und erotischen Rosso Donderé 2014 von Marotti Campi aus den Marken, einer Cuvée aus Cabernet Sauvignon, Montepulciano und Pedit Verdot, wobei der Petit Verdot so schön spicy macht. Dass die Weinkarte im neuen Vetro Vero jetzt so ganz anders und vor allem besser ist, kommt nicht von ungefähr. Die Weine werden von Enrico Resta & Carmelo Greco ausgesucht und geliefert, die gemeinsam einen Weinhandel betreiben. Aber aufgepasst! Das Frankfurter Sternerestaurant Carmelo Greco hat nichts mit der Küche im Vetro Vero zu tun. Er und sein Sommelier Enrico Resta sind einzig durch ihren Weinhandel mit dem Lokal in der Feldbergstraße im Westend verbunden.

Restaurantleiterin Deborah Mognol, Enrico Resta

Restaurantleiterin Deborah Mognol, Enrico Resta

Der Service im Vetro Vera hat mit der Restaurantleiterin Deborah Mognol ein besonders schönes Gesicht bekommen. Die Küche indes bleibt gesichtslos. Es wird nicht einmal ein Küchenchef genannt. Was vielleicht auch besser so ist, denn wer möchte schon für Banalitäten verantwortlich sein. Wir wollen die Gerichte zum Presse-Dinner beim Pre-Opening nicht weiter werten, raten aber dringend zur Nachbesserung. Es kocht die gleiche Mannschaft, die zuvor auch schon im Tartufi am Herd stand. Das Restaurant hat ab sofort geöffnet.

 

Seven Swans mit neuem Küchenchef

Ricky Saward statt Jan Hoffmann

 

Jan Hoffmann

Jan Hoffmann

Kein gewöhnlicher Abgang: Küchenchef Jan Hoffmann verlässt das Frankfurter Restaurant Seven Swans, um sich dem offiziellen Wortlaut nach ein „Sabbatical“ zu gönnen. Eine Auszeit scheint es aber nicht zu sein, denn Hoffmann möchte sich ab März den zum Unternehmen gehörenden ökologisch bewirtschafteten Braumanswiesen im Taunus widmen, von dem sich die Küche seit ihrer Umstellung auf eine rein vegetarische Ausrichtung ausschließlich nährt. Jan Hoffmann will nach seinen Worten der Natur und damit seinen Produkten noch näher sein. Diese gärtnerische und bäuerliche Tätigkeit soll sich auf sechs Monate beschränken, was gewisse Zweifel erzeugt. Offen bleibt dabei, ob Hoffmann dann wieder zurück ins Seven Swans geht oder seinem Nachfolger das Feld allein überlässt. Vielleicht möchte das Seven Swans auch erst einmal die Wertungen der Fachkritiker abwarten und dann endgültig entscheiden. An die Stelle von Jan Hoffmann rückt jedenfalls der 29 Jahre alte Ricky Saward. Nach Stationen im Merediths (Auckland), Glass Brasserie (Sidney), Chairs (Frankfurt) und zuletzt in der Villa Merton (Frankfurt) muss er nun mit dem vegetarischen Restaurant Seven Swans seine vielleicht größte Herausforderung annehmen.

 

Ziese & Zingler vom Carte blanche

übernehmen Weinbar Walhofs

 

Florian Abel, Bas-Jan Walhof, Zora Zingler, Sebastian Ziese (v.l.n.r.)

Florian Abel, Bas-Jan Walhof, Zola Zingler, Sebastian Ziese (v.l.n.r.)

Das Walhofs in Frankfurt Sachsenhausen wird ab Mitte März von Sebastian Ziese und Zola Zingler weitergeführt, die das Restaurant Carte blanche betreiben. Der bisherige Inhaber Bas-Jan Walhof gibt das Restaurant ab, weil er sich um das Familienunternehmen in seiner niederländischen Heimat kümmern möchte. Das Walhofs hat sich in den drei Jahren seines Bestehens als kulinarisch engagierte Weinbar einen guten Namen gemacht. Die neuen Inhaber Ziese und Zingler werden ihr Restaurant Carte blanche weiterbetreiben. Im Walhofs, das seinen Namen beibehält, erfahren sie von Florian Abel vom Kult-Wasserhäuschen „Gudes“ Unterstützung. Beide Lokale befinden sich im Frankfurter Nordend.
Ziese: „Wir freuen uns sehr über das Vertrauen von Bas-Jan Walhof und die Übernahme einer der schönsten Weinbars von Frankfurt.“ Das Konzept, lockere Weinbar mit guter Küche, soll genauso erhalten bleiben. Auch Küchenchef Oliver Selzer bleibt im Walhofs.

 




Michelin: Kulinarische Leitkultur oder Frankenstein-Gerichte?

Der Michelin versucht eine neue Strategie

 

Wer aber gewinnt: Trickser oder ehrliche Handwerker?

 

Eine gut abgeschmeckte Analyse

von Jörg Zipprick

 

Der Jubel um Bras, der keinen Wert mehr auf seine Sterne legt, ist ein Sturm im Wasserglas (siehe BISS-Artikel „Die neuen 3-Sterne-Stars“). Weit interessanter ist, dass der Guide Michelin heute wohl mächtiger und wichtiger als je zuvor scheint. Das ist kein Zufall, sondern beruht zunächst einmal auf der Schwäche der meisten Konkurrenten: Etliche Gastronomiekritiker, die ihre Zunge als staatlich geprüftes Eichinstrument betrachten, produzieren heute als „Analyse“ verkleidetes Textgeschwurbel jenseits der Grenze des Lesbaren. Zahlreiche Guides und Kritiker führen gleich den Grundgedanken des eigenen Tuns ad absurdum, indem sie in vorauseilendem Gehorsam jeden Teller exzellent finden und selbst in zerfallendem Fisch und verkohltem Fleisch noch einen Ausdruck der „Philosophie“ des Kochs verorten.

Marc Veyrat & Bruno Melatti

Der neue 3-Sterne-Star Marc Veyrat & Souschef Bruno Melatti (r.)

Während die Kollegen in Grabenkämpfen verharren oder gegen sinkende Redaktionsbudgets kämpfen, verfolgt man im Hause Michelin eine Strategie, die in eine Reihe treffsicherer Entscheidungen mündete. Direktor Jean-Luc Naret ließ man ziehen. Seine damalige Freundin und jetzige Frau eröffnete während seiner Amtszeit die Agentur Co & Cie, die Köche beriet. Narets Nachfolger, der Texaner Michael Ellis, ist polyglott, wirkt durchweg seriös und arbeitet mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerks. Beratende Tester und Mitarbeiter gibt es jetzt nicht mehr, auch sickern unter Ellis keine vertraulichen Informationen mehr zur französischen Presse durch. Das Geschäftsmodell bekam eine Frischzellenkur verpasst: Inzwischen können über den Michelin auch Restaurants gebucht werden. Zudem arbeitet der Michelin verstärkt mit Fremdenverkehrsämtern zusammen, die manche Guides ganz oder teilweise finanzieren. Restaurantkritik kostet Geld und das muss verdient werden. Ein Menü in einem französischen Spitzenrestaurant ist heute fünf bis zehn Mal kostspieliger als vor dreißig Jahren, auch ein börsennotiertes Unternehmen kann nicht jedes Jahr Millionen in Restaurantbesuche versenken.

Der neue Kurs des Michelin ist freilich nicht risikolos: Zuweilen dominiert das Marketing. Man darf sich ruhig fragen warum Anne-Sophie Pic die „Patin“ („marraine“) der 2018er Auslese ist. In den letzten hundert Jahren brauchten derart ausgezeichnete Köche keine Paten. Auch der Sinn des Erwerbs von 40% Anteilen am „Wine Advocate“ erschließt sich nicht sofort: Robert Parker ist in Rente, auch Bordeaux-Benoter Neal Martin hat den Weinadvokaten inzwischen verlassen. Wie lange die Marke unter diesen Umständen stark bleibt, muss man abwarten.

Einige Köche meinen, sie fühlen sich verpflichtet, am Reservierungsprogramm des Michelin teilzunehmen zu müssen. Andere Kritiker befürchten durch die Finanzierung der Fremdenverkehrsämter eine gewisse Einflussnahme auf die Urteile des Guides. In Korea kam es sogar zu einer parlamentarischen Anhörung bezüglich der Zahlungen an Michelin:

https://www.koreaexpose.com/korea-tourism-office-pays-michelin-guide-seoul/

Nicht erwähnt wurde bei der Diskussion jedoch, dass Korea genau wie Thailand in der Vergangenheit erhebliche Summen an die „50Best Restaurants“ überwiesen haben. Im Falle des Michelin scheinen Zahlungen der Fremdenverkehrsämter bisher nicht zu einer Sterne-Inflation geführt zu haben.

Gericht von Marc Veyrat

Gericht von Marc Veyrat

Nicht alles ist perfekt am Michelin: Im Shanghai Guide scheint mir die Vielfalt der chinesischen Küche zu kurz zu kommen. Und mir missfällt gewaltig, wie leichtfertig der Guide die Industrialisierung der Gastronomie und die massive Einführung von Zusatzstoffen und Labor-Aromen durchgenickt hat.

Nehmen wir mal ein leider recht typisches Rezept von Andoni Luis Aduriz aus dem Restaurant Mugaritz für ein Gericht namens „Leichtigkeit“: 0,5 g Haselnussessenz, 500 ml Mineralwasser, 1 g Aerosil (fumed silica), 5 g Albumin, 1,5 g Hypromellose, 100 g Maltodextrin. (Wer Aerosil nicht kennt, dem wird bei Wikipedia geholfen: https://en.wikipedia.org/wiki/Fumed_silica)

Weitere Zutaten gibt es nicht. In der Lebensmittelindustrie wären diese Zutaten deklarierungspflichtig, Verbraucherorganisationen würden ein Urteil über „Leichtigkeit“ fällen. Nicht so bei heutigen Hype-Köchen. Ist so etwas ein Zwei-Sterne Gericht, wo es laut Michelin bei der Sternevergabe doch auch um „gute Zutaten“ geht? Aduriz ist nicht allein, auch in Frankreich existieren derartige Frankenstein-Gerichte massenhaft. Solche Urteile sind für mich kein Ausdruck redaktioneller Freiheit, sondern ein Resultat redaktioneller Unkenntnis. Ein ehemaliger Inspektor bestätigt diesen Eindruck: „Wir haben die Verbreitung der Additive und künstlichen Aromen in der Küche nicht kommen sehen“ sagte er mir „Als wir begriffen haben, was passiert, war es zu spät. Was hätten wir tun können? Die Sterne einkassieren? Wie hätten wir beim Michelin dann ausgesehen?“

Es ist schwierig, in solchen Urteilen, keine Verbeugung vor andernorts gehypten Köchen zu erkennen. Zumindest in britischen Klassifizierungen gelten Gerichte auf der Basis erstklassiger Zutaten nicht mehr als Maß aller Dinge. „Gehypt“ werden heute schlanke, gutaussehende Köche, die mit Additiven und Maltodextrin Instagram-taugliche Skulpturen schaffen. Um Geschmack geht es bei diesen Köchen schon lange nicht mehr. Geschmack nämlich kann niemand auf Instagram und Facebook erfassen. Es geht um Follower und Likes, die sich in Werbe- und Sponsorengelder verwandeln lassen. Die Trickser stehen im Moment ganz oben in der internationalen Hierarchie der internationalen Medienlandschaft, die ehrlichen Handwerker ganz unten. Hier hat der Michelin so lange die Nase vorn, wie ein Bacquié, ein Pacaud, ein Ducasse oder ein Passard mit drei Sternen glänzen – denn er will ja ein Guide für Genießer bleiben.

 

Photocredit: Marc Veyrat




Neu: Thai Tea Lounge & Sabai Spa: Tolle Kombination aus Essen, Massage & Kosmetik

Neue einzigartige Idee

in Frankfurt

 

Der Sabai Thai Spa im Frankfurter Nordend nahe Oeder Weg ist vielen Schönen und solchen, die es bleiben wollen längst ein Begriff. Jetzt wurde der Salon durch eine Tea Lounge erweitert, in der kleine feine Thai-Happen serviert werden. Eine solche Kombination ist einzigartig in der Stadt. Es gibt nur Kleinigkeiten, die aber richtig gut und hausgemacht. Die Sommerrolle (aus Reisnudeln mit Mango, Karotten, Minze und Tofu) mit zwei leckeren Saucen ist ebenso harmonisch und authentisch zubereitet wie der Papayasalat und die anderen Gerichte. Unser großer Favorit ist Sticky Rice mit Mango (Bild oben rechts), den es so nirgendwo in Frankfurt gibt. Es wird dabei erstklassige Thai-Mango verwendet, die derzeit außerhalb der Saison sehr schwer zu bekommen ist. Dazu gibt es schönen Klebereis mit salzig-süßer Kokossauce. Eine ganz wunderbare Delikatesse, an der man das Qualitätsgefühl von Kaewmanee Kahlcke erkennt, die den Tee-Salon führt. Dort kann man zudem selbstgemachte Kuchen und Törtchen bekommen, die weniger süß und leichter als vielleicht erwartet ausfallen. Alle Gerichte gibt es auch zum Mitnehmen. Im Frühling soll vor der Tür eine kleine Terrasse eröffnet werden.

Kaewmanee

Kaewmanee

Kaewmanee ist die Schwester von Welmanee Riedel, die den Sabai Thai Spa führt. Jetzt haben sich die beiden hübschen Schwestern endlich zusammengetan, um gemeinsam etwas Neuartiges in Frankfurt anzubieten. Im Sabai Thai Spa kann man Kosmetik in allen Varianten erleben und sich mit Massagen verwöhnen lassen.

Thai Tea Lounge & Sabai Thai Spa, Frankfurt, Bornwiesenweg 14. Tel. Thai Tea Lounge 0172 7794334. Di-Fr. 11-17 Uhr, Sa 10-17 Uhr.

www.thaitealounge.de

Sabai Thai Spa, Frankfurt, Bornwiesenweg 14, Tel. 069 59797800. Mo-Sa 11-20 Uhr.

www.sabai-thai-spa.de

 




Michelin Frankreich 2018: Marc Veyrat und Christophe Bacquié sind die neuen 3-Sterne-Stars

Der Michelin holt aber auch viele Sterne wieder vom Himmel

 

Von unserem

Frankreich-Korrespondenten

Jörg Zipprick

 

Sie sind die Stars des neuen Michelin 2018: Marc Veyrat in Manigod und Christophe Bacquié in Le Castellet dürfen sich ab jetzt mit drei Sternen schmücken. Veyrat (im Bild mit Souschef Muletti) ist ein Wiedergänger: Mit höchsten Weihen in Megeve and am Lac d’Annecy ausgezeichnet, warf ihn 2005 ein Ski-Unfall physisch und psychisch aus der Bahn. Er rammte damals seine eigene Tochter von der Piste. Die Anfänge im neuen Lokal waren mühsam, ein Feuer vernichtete den Dachstuhl und die Kritiken waren nicht gerade enthusiastisch: „Die Kantine von Yps mit Gimmick“ (im Original: Pif Gadget“) urteilte „Le Figaro“.

Christophe Bacquié

Christophe Bacquié

Bacquié ist verglichen mit dem flamboyanten Veyrat eher ein stiller Star. Ein Koch, über den alle nur Gutes reden und dem der große Durchbruch dennoch bisher versagt blieb. Seine Küche ist dem modern-mediterranen Genre verpflichtet, gern streut er französische Klassiker wie „Hase königlicher Art“ ins Menü ein. Zwei grundverschiedene Köche also. Beide Urteile werden in den nächsten Tagen zumindest in Frankreich heftig diskutiert werden. Die Fans der anderen Favoriten (Jean-Francois PIège, Olivier Bellin, Christophe Pelé u.v.a.m.) werden ihrem Ärger lautstark Luft machen und erklären, dass die Urteile der 2018er Ausgabe zutiefst ungerecht sind. So war es jedes Jahr in den letzten Jahrzehnten. Man kann es auch anders sehen: Urteile des Michelin sind Ausdruck der redaktionellen Freiheit, die jeder andere Medienschaffende selbstverständlich auch für sich in Anspruch nimmt. „Mein Lieblingskoch wurde nicht ausreichend gewürdigt“ oder „Ich kenne einen Koch, der einen Stern verdienen würde“ – das sind die bekannten kleinen Sticheleien von Gastronomiekritikern. Wenn sie einen Guide wünschen, der ihrem persönlichen Geschmack folgt, dann müssen diese Kritiker ihn selbst schreiben und vor allem selbst finanzieren. Spätestens hier scheitert das Unterfangen.

Marc Veyrat: Maison des Bois

Marc Veyrat: Maison des Bois

Die internationale Presse umjubelte dieses Jahr einen Abwesenden: Sébastien Bras aus Laguiole. Dieser Koch verkündete über soziale Medien, er würde aus dem Guide aussteigen wollen, weil die Bewertung Druck erzeugen würde. Tatsache ist: Bras kocht von Mitte April bis Mitte September. Man muss nicht lange suchen, um Köche zu finden, die etwas mehr Druck ausgesetzt sind und ihm täglich standhalten. Tatsache ist auch: Vater Michel Bras war ein visionärer Kult-Koch, der mit dem Gargouillou de légumes eines der meist imitierten Gerichte überhaupt schuf. Sohn Sébastien hat sich diesen Status nicht erarbeiten können, seine Küche wirkt oft angestrengt und bemüht. Wir werden sehen, wo das Haus Bras in fünf Jahren wirtschaftlich steht. Auch Alain Senderens gab ja unter Mediengetöse seine Sterne zurück – und war dann doch recht froh, zügig wieder mit zwei Himmelskörpern ausgezeichnet zu werden.

 

Michelin Frankreich 2018: Gewinner und Verlierer

 

Mit Veyrat und Bacquié hat Frankreich zwei neue Drei-Sterne-Häuser. Fünf Etablissements rücken in die Zwei-Sterne-Kategorie auf:

Saint-Amour-Bellevue Au 14 Février
Lyon Takao Takano
Talloires Jean Sulpice
La Turbie Hostellerie Jérôme
Nice Flaveur

 

Jean Sulpice zog in die Auberge de Père Bise in Talloires und nahm seine Bewertung mit. Der bewährte Bruno Cirino von der Hostellerie Jérôme hatte seinen zweiten Stern 2014 verloren. Eine Abwertung, die damals für Aufsehen sorgte und von vielen Kritikern als zutiefst ungerecht bezeichnet wurde. Im Jahr 2018 kehrte der zweite Stern zurück.

Doch wo es Gewinner gibt, muss es auch Verlierer geben. Da ist zuerst einmal Pierre Gagnaire, dessen Restaurant im Hotel Les Airelles geschlossen wurde. Gagnaire eröffnet Filialen in aller Welt, doch wirtschaftlich erfolgreich sind nur wenige. Berlin, Seoul und eben Les Airelles – diese Gagnaire-Ableger gibt es nicht mehr. Im L’Amphytrion in Lorient ging der exzellente Chefkoch Jean-Paul Abadie in Rente, die Abstufung ist logisch.

Besorgniserregender liest sich die Liste der Verluste in der ein-Sterne-Klasse. Einige Restaurants schlossen ihre Pforten, andere wechselten den Küchenchef. Dennoch bleibt der Eindruck, dass das „erste Haus am Platze“ in kleineren Orten der französischen Provinz nicht mehr ausreichend Gäste anzieht. Le Bacon in Cap d’Antibes, Le Charlemagne in Pernand-Vergelesses, Octopus in Béziers, Château de Castel Novel in Brive-la-Gaillarde, La Briqueterie in Epernay, Château de Locguénolé in Hennebont, Claude Darroze in Langon, La Laiterie nahe Lille, Le Château de Montreuil in Montreuil, Le Manoir de Lan-Kerellec in Trébeurden und viele andere mehr – das waren vor wenigen Jahren noch Adressen mit einem Ruf wie Donnerhall. Ehrwürdige Klassiker sind von den Sterneverlusten genauso betroffen wie junge, kreative Köche, die eigentlich als Nachwuchstalente galten. Mit wenigen Ausnahmen haben diese Adressen eines gemeinsam: Sie waren in den letzten Jahren wirtschaftlich nicht wirklich erfolgreich. Und bleiben die Gäste aus spart mancher Koch zuerst am Wareneinsatz…

Fazit: Das „erste Haus am Platze“ zu sein, reicht heute nicht mehr. Die Konkurrenz ist zu groß geworden, die gastronomische Landschaft ist vielfältiger denn je zuvor. In Hennebont, Langon oder Pernand Vergelesses stehen die Gäste nicht Schlange um mehr als hundert Euro pro Kopf zu zahlen

Von zwei auf einen Stern heruntergestuft:

Le Bourget du Lac (73) Le Bateau Ivre, Ombremont

Lorient (56)     L’Amphitryon

Diese Restaurants verlieren ihren einzigen Stern:

Aix-en-Provence (13)   L »Esprit de la Violette (geschlossen)

Angers / à Briollay (49)      Château de Noirieux

Annecy (74)     La Ciboulette

Annonay (07)  Le W

Antibes / Cap d’Antibes (06)     Bacon

Auxerre (89)    L’Aspérule

Beaune / Pernand-Vergelesses (21)       Le Charlemagne

Béziers (34)     Octopus

Bosdarros (64)       Auberge Labarthe

Brive-la-Gaillarde / à Varetz (19)     Château de Castel Novel

Dijon (21) La Maison des Cariatides

Épernay / Vinay (51)    La Briqueterie

Erbalunga (2B)   Le Pirate

Grasse / à Magagnosc (06) Au Fil du Temps

Hennebont (56)      Château de Locguénolé

Langon (33)     Claude Darroze

Lille (59)   La Laiterie

Lille/ à Gruson (59)       L’Arbre

Lumio (2B)       Chez Charles

Lyon (69)  L’Alexandrin

Missilac (44)   Le Montaigu

Montreuil (62)     Château de Montreuil

Paris 5e     Itinéraires (geschlossen)

Paris 5e     Sola

Paris 7°      Les Fables de la Fontaine

Paris 7°      Il Vino d’Enrico Bernardo (geschlossen)

Paris 8°      La Table du Lancaster

Paris 16°   Relais d’Auteuil (geschlossen)

Pont Aven (29)       Le Moulin de Rosmadec (geschlossen)

Poitiers / Saint Benoît (86)     Passions et Gourmandises (geschlossen)

Port-Lesney (39)   Château de Germigney

Pringy (77)       L’Inédit

Puteaux (92)   L’Escargot 1903

Quimper (29)  L’Ambroisie

Rennes (35)     Aozen

Rodez (12)        Goût et Couleurs

Saint-Emilion (33)     Les Belles Perdrix de Troplong Mondot

Tarare (69)      Jean Brouilly

Terrasson-Lavilledieu (24)       L’Imaginaire

Tournus (71)   Quartier Gourmand

Trébeurden (22)    Manoir de Lan-Kerellec

Villefranche-sur-Saône (69)       Le Juliénas – Fabrice Roche

Villeneuve-sur-Lot (47)       La Table des Sens

 

Photocredit: Marc Veyrat, Christophe Bacquié




Feingeist & Weingeist: August F. Winkler ist tot

Abschied von einem großartigen Gourmet-Journalisten

 

Unser langjähriger Freund und Mitarbeiter August F. Winkler ist tot. Er war einer der profiliertesten Wein- und Gourmet-Journalisten. August F. Winkler war auf seiner Alm in der Steiermark zu Hause, lebte aber auch einige Monate im Jahr in Bonn, wo er einst als Mitarbeiter der „Welt“ seine Laufbahn begann. Tips für Gourmets, Vif Gourmet Journal und Falstaff waren einige unserer gemeinsamen Stationen. Viele Bücher hat Winkler verfasst, darunter die 100 besten Köche mit ihren genialen Rezepten oder das lebensweise Frühstück, Fenster zum Tag. Nun ist August F. Winkler am 31. Januar 2018 verstorben.

Vom Habitus her schien August F. Winkler ganz und gar Old School. Die Auszeichnung Gentleman traf auf ihn besonders zu, wobei er seine Herzlichkeit mit österreichischem Charme sonor unterlegte. Als weltgewandter Konservativer war er in den Salons und Weinkellern ein gern gesehener Gast. Als redestarker Wein-Conférencier glänzte er auch alljährlich beim Rheingau Gourmet- und Wein-Festival. Für seinen Freund, den Festivalgründer Hans Burkhardt Ullrich, ist Winklers Tod auch ein großer persönlicher Verlust. Berühmt und unvergessen waren auch die zahlreichen internationalen Sorten- und Panelverkostungen, wie jene im bayrischen Aschau in der Residenz seines Namenskollegen Heinz Winkler, wo in Blindverkostung auf Auwi’s Einladung führende deutsche Weinjournalisten und Sommeliers österreichische Topweine mit den internationalen Mitbewerbern vergleichen konnten. Gut 50 Weine verlangten von jedem höchste sensorische Sorgfalt und Konzentration. Erst danach begann der gesellige Teil mit einem Menü und Champagner zur Auffrischung.

August F. Winklers mondäner und stets pointierter Stil wollte unterhalten und vergnüglich Informieren. Auf seinen Internetseiten „Die Feinschmeckerey, Journal für Wein, Kochkunst & Lebensart“ griff Winkler auf seine ihm gegebene kultivierte Art unzeitgemäße Betrachtungen feingeistig auf. Der letzte Eintrag ist vom 15. Dezember datiert.

August brauchte keinen Anlass, um zu feiern, weshalb für ihn Geburtstage auch keiner weiteren Würdigung wert waren. August war alterslos, aber leider nicht unsterblich. Wir hätten noch gerne ein paar Gläser mit ihm getrunken.

Ludwig Fienhold

 

Photocredit: Barbara Fienhold




Alexandre Sadowczyk wird neuer Küchenchef im Sterne-Restaurant Weinsinn in Frankfurt

Neueröffnung überraschend ohne André Rickert

 

Menu surprise: Die mit Spannung erwartete Neueröffnung des Restaurants Weinsinn wird im März stattfinden, aber nicht mit dem bisherigen Küchenchef André Rickert, sondern mit Alexandre Sadowczyk an der Spitze. Wie berichtet, siedelte das Sternerestaurant Weinsinn letztes Jahr von der Fürstenberger Straße in die Weserstraße in die Nähe von Theater und Mainufer. Auf Nachfrage erfuhr das BISS-Magazin von Betreiber Matthias Scheiber, dass sich sich die Wege von ihm und seinem Küchenchef Rickert trennen, weil beide unterschiedliche Vorstellungen von einer Neuaufstellung des Restaurants gehabt hätten. André Rickert ist jedenfalls nicht mehr dabei und unterstützt derzeit das Team vom Bidlabu in der Kleinen Bockenheimer Straße in der Innenstadt – vielleicht wird ja noch mehr daraus.

Alex Sadowczyk (r.), Fabian Hildebrandt

Alex Sadowczyk (r.), Souschef Fabian Hildebrandt im Atelier Wilma

Der neue Küchenchef des Weinsinn, Alexandre Sadowczyk, ist kein Unbekannter mehr und war zuvor Küchenchef im umstrittenen Atelier Wilma. Das kleine Lokal wurde von Michael Riemenschneider betrieben, bis dieser im Mai 2017 in die Insolvenz ging und das Weite suchen musste. Der neue Pächter, Carl-Philipp Graf zu Solms-Wildenfels, versuchte zunächst mit Alexandre Sadowczyk weiter zu machen, musste inzwischen aber erkennen, dass das Lokal mit 18 Plätzen zu klein ist, um es wirtschaftlich erfolgreich zu betreiben. Graf zu Solms will das Lokal mit einem anderen Konzept weiterführen und gestaltet es derzeit um. Wie die Geschichte zu Tage förderte, war es Alexander Sadowczyk, der dem Atelier Wilma zwei Jahre lang einen Stern im Michelin brachte. Wahrscheinlich wird Alex Sadowczyk seinen bisherigen Souschef Fabian Hildebrandt mit ins Weinsinn nehmen können.

Küchenchef Alex Sadowczyk ist ein bescheidener, ruhiger junger Koch (27), der sich auf gute Stationen stützen kann. Er arbeitete als Jungkoch im Restaurant Jules Verne von Alan Ducasse im Eiffelturm in Paris, als Chef de Partie im Per Se von Thomas Keller in New York und  ebenfalls als Postenchef im Restaurant L´Arnsbourg im elsässischen Baerenthal – allesamt Sterne-Lokale. In Frankfurt hat sich Alexandre Sadowczyk beliebt gemacht, weil er für ein Jahr im Restaurant Lafleur arbeitete, zunächst unter Alfred Friedrich und dann bei Zwei-Sterne-Koch Andreas Krolik.

André Rickert

André Rickert

Milica Trajkovsko Scheiber und ihr Mann Matthias betreiben außer dem Weinsinn auch das ebenfalls mit einem Stern und 16 Punkten im Gault & Millau ausgezeichnete Restaurant Gustav im Reuterweg, wobei sie mehr für Gustav und er in erster Linie für das Weinsinn verantwortlich ist. Hinter dem Restaurant Weinsinn liegen acht erfolgreiche Jahre, es wurde bis zur aktuellen Ausgabe des Michelin mit einem Stern geehrt, der nur wegen des Umzugs nicht mehr verliehen wurde. Das neue Weinsinn wird über deutlich mehr Plätze als das alte verfügen, was für die Küche eine zusätzliche Herausforderung ist.

Ludwig Fienhold

 

Bild ganz oben rechts: Das alte Weinsinn




Österreichs Topkoch Andreas Döllerer begeistert mit Cuisine Alpine

Mutige Gerichte, Brot & Butter in Bestform

 

Der Döllerer kann´s, der hat´s einfach drauf. Selten konnte man einen Koch so entspannt beim Rheingau Gourmet & Wein-Festival arbeiten sehen. Dabei sind seine Gerichte ungemein energiegeladen.

Andreas Döllerer

Andreas Döllerer

Andreas Döllerers Cuisine Alpine ist Eiskunstlauf für die Zunge. Geschmeidig tanzen die Aromen, die Küche schwingt elastisch zwischen Grazie und Grandezza. Der Tauernlammsattel mit Buddhas Hand, soufflierten Kartoffeln, Brokkoliröschen und Selchbernaise ist ein Paradegericht von umwerfend guter Qualität und Dichte. Das wunderbare, saftig-zarte hocharomatische Fleisch mit knuspriger Kruste in erotischer Lammschmorsauce wird mit Thymian gewürzt, was den freilaufenden und Kräuter fressenden alpinen Tauernlämmern Rechnung trägt. Die Selchbernaise ist ein kleines Zauberwerk für sich und trotz seiner Ausdrucksstärke luftig-locker, wobei ein schönes Raucharoma Sinnenlust verbreitet. Das Gel aus Zitronensaft, Birnensaft, Limettenblättern und Zitronengras wird mit einem Abrieb der Schale des Zitronenbaums Buddhas Hand verfeinert und verhilft dem Gericht zu Frische und Leichtigkeit. Es gab viele herausragende Weine an diesem Abend, wie die vom berühmten Mosel-Molitor, wobei der zum Lamm servierte großartige Blaufränkisch Hochberg 2013 von Gesellmann aus dem Burgenland den Höhepunkt setzte.

Lamm, aber nicht fromm

Lamm, aber nicht fromm

Andreas Döllerer traut sich was. Er legt einen Romanasalat auf den Teller, der von nichts weiter begleitet wird als einer Salsa aus Hollerblütenessig, Kapern, auf 3000 Metern geerntetem Almrosenhonig sowie getrockneten Mairitterlingen. Spinnert? Ja, schmeckt aber und verbreitet Frühlingsduft. So ein Gericht entsteht wohl nur in luftigen Höhen. Eines der bekanntesten Gerichte von Andreas Döllerer ist die „Alpine Jacobsmuschel“. Sie ist natürlich keine Jacobsmuschel und sieht dieser nur sehr ähnlich. Vor allem aber schmeckt dieser Fake aus Ochsenmark ganz hervorragend und wird von Spitzkraut und einem Dashi-Sud aus Gemüsefond, Ingwer, Limetten, Misopaste, geröstetem Sesam und vielem mehr aufgeheitert. Ähnlich überraschend aufgebaut ist auch das Gericht Gletscherschliff. Ein im Salzteig gebackene Fenchel mit Kaviar von Walter Grüll, Österreichs erstem Stör-Kaviar-Produzenten aus dem Salzburger Land. Die Teller von Andreas Döllerer wirken optisch eher zurückhaltend arrangiert, was bei österreichischen Köchen auffällig oft vorkommt, weil sie offenbar auf Geschmack und weniger auf Dekoration wert legen.

Dessert: Salzzwetschgen, Schoko & Pilze

Dessert: Salzzwetschgen, Schoko & Pilze

Unvergesslich beim Döllerer-Dinner aber bleiben nicht nur einige Gerichte, sondern auch ein famoses sinnliches Erlebnis aus der Welt der Backstube: das Tauernroggenbrot aus dem Holzbackofen (mit hausgeräuchertem Hirschschinken und aufgeschlagener Butter). Das kraftvolle, saftige und deftig krustige Brot mit Fenchel gehört zu einer fast vergessenen und raren Sorte und zum Schönsten, was diese Welt auf den Tisch bringen kann. Gleiches gilt für die dazu servierte aufgeschlagene Butter mit Speck und in Eichenfässern gereiftem Apfel-Balsamico-Essig von Gölles aus der Steiermark. Grandios!

Andreas Döllerer aus Golling nahe Salzburg betreibt nicht nur ein Lokal sondern eine Genusswelt mit Gourmet-Restaurant, Wirtshaus, Enoteca, Metzgerei, Feinkost und Hotel. Und was denkt man nach einem so besonders schönen Dinner im Kronenschlösschen in Hattenheim? Man denkt: Warum kann der Döllerer eigentlich nicht immer im Rheingau sein.

Ludwig Fienhold

 

Gourmet FestivalInfos & Tickets

Tickets telefonisch unter +49 (0)6723 640, per E-Mail info@kronenschloesschen.de oder unter www.rheingau-gourmet-festival.de. Festival-Arrangements mit ausgewählten Veranstaltungen werden mit Übernachtungen im Hotel Kronenschlösschen angeboten. 

Hier finden Sie mit einem Klick das komplette Programm des Gourmet & Wein-Festivals

 




Das Rheingau Gourmet-Festival tischt auf: Aromen aus Südafrika & 960 Gläser Wein

Ein kleiner Ort führt Genießer

durch die ganze Welt 

 

Von Ludwig Fienhold

 

In diesen Tagen wird eine Fahrt in den Rheingau zu einer kulinarischen Weltreise, die nach Südafrika, Sansibar oder Salzburg führt. Wenn Reuben Riffel im Kronenschlösschen in Hattenheim kocht, dann glaubt man Tafelberg und Atlantik näher zu sein als dem Rhein. Bei Reuben Riffel darf man getrost den überstrapazierten Begriff Starkoch verwenden, denn er ist in Kapstadt ein Celebrity und steht für die neue junge südafrikanische Küche. Er ist einer von vielen Topköchen, die auch in diesem Jahr wieder beim Rheingau Gourmet & Wein-Festival dabei sind, das jetzt voll im Gang ist und noch bis zum 11. März geht.

Festival-Gründer HB Ullrich (l.), Kronenschlösschen-Chef Simon Stirnal (M.), Reuben Riffel

Festival-Gründer HB Ullrich (l.), Kronenschlösschen-Chef Simon Stirnal (M.), Reuben Riffel

Reuben Riffel schwingt mit der Lässigkeit eines Barack Obama durch die Küche. Seine Gerichte haben Temperament und lassen flirrende Düfte aufsteigen. „Ich liebe ausdrucksvolle Aromen“, meint Riffel, der diese ausreizt, ohne sie zu überdehnen. Er kocht intensiv und energiegeladen, bleibt dabei aber leicht und geschmeidig. Eines seiner Signature Gerichte ist der Tintenfisch mit Chili, der von einem Salat aus Basilikum, Minze und Koriander sowie einer zitronigen Mayonnaise begleitet wird. Dieses Gericht gab es ebenso beim Gourmet-Festival, wie ein weiteres typisches Gericht von Riffel, den Springbock mit Kalahari-Trüffel. Noch lange auf der Zunge blieb die hinreißend würzige malaiische Meeresfrüchte-Suppe mit zwei unterschiedlich gefüllten Samosas. Der ebenfalls mit Aromen brillierende Le Mont Demi-Sec 2008 von der Domaine Huet von der Loire passte hervorragend dazu.

Modernes Kinderdessert

Modernes Kinderdessert

Auch bei der Limonen-Eisenkraut-Creme mit Mandeln, Spätlese-Sorbet und Aprikosen schmeckte man, wie Riffel sehr einfühlsam Traditionelles in einen modernen Kontext setzt. Wer noch weitere Delikatessen, wie Straußenfleisch in Pinotage-Sauce oder Schweinebauch mit Ingwer erleben will, muss nach Franschhoek reisen, dem Geburtsort von Reuben Riffel und einem Hort der Genüsse und guten Restaurants. Neben seinem Reuben´s dort betreibt der 42 Jahre alte Südafrikaner als Concept Chef noch das Reuben´s im One & Only in Kapstadt und das Reuben´s in Robertson. Zudem ist er als Kochbuchautor und TV-Koch erfolgreich. Es ist unglaublich, wie viele Deutsche Reuben Riffel und seine Küche kennen. Und wer ihn noch nicht kannte und beim Gourmet-Festival erlebte, den hat er ganz bestimmt zu einem Besuch in Südafrika angeregt.

Furiose Fischsuppe

Furiose Fischsuppe

Das Rheingau Gourmet & Wein-Festival führt unterhaltsam dazu, über den Tellerrand zu blicken. Beim Essen, aber auch bei den Weinen. Auch dabei konnte man eine Reise um die halbe Welt erleben. Bei der Blindprobe von Kultweinen ging es anspruchsvoll und sportlich zu. Es gab 14 Weißweine (Jahrgang 2011) und 18 Rotweine (Jahrgang 1995) aus den unterschiedlichsten Anbaugebieten dieser Welt zu verkosten, aber allesamt berühmte oder zumindest bei Kennern als Besonderheiten bewertete Tropfen. Darunter den australischen Kometen Grange, den großen spanischen Klassiker Vega Sicilia Unico und den kraftvollen Chateauneuf du Pape „Deus ex Machina“ von der Domaine Clos Saint Jean. Für eine solche Weinrunde hätte man bei einem Flaschenkauf viele tausend Euro investieren müssen, doch hier konnte jeder der 26 Gäste für einen Obolus von 650 Euro sehen, welche Weine er sich vielleicht noch kaufen möchte und welche garantiert nicht, was letztlich Geld spart.  Außerdem galt es bei dieser Blindprobe durch eine Wahl den persönlichen Favoriten und den der ganzen Gruppe festzustellen. Diesen Weinrunden sind zu einem beliebten Gesellschaftsspiel bei Weintrinkern geworden, seit dem im Jahr 1976 bei einer verdeckten Weinprobe in Paris kalifornische Weine einige der ganz großen Namen aus Frankreich überflügelten. Dies führte in Fachkreisen zu einem Glaubenskrieg, wobei das Thema in Frankreich zunächst ignoriert wurde, während in den USA Jubel herrschte. Seinerzeit gewannen die Montelena Winery bei den Weißen und Stags Leap Wine Cellars bei den Roten.

Im Glashaus

Im Glashaus

Die Blindprobe im Kronenschlösschen in Rheingau war ebenfalls eine Lehrstunde. Zunächst einmal zeigte sie, dass auch einige renommierte Weißweine nicht gut altern und ziemlich die Backen hängen lassen können. Am meisten Feuer hatte noch der Chardonnay Private Reserve von Beringer aus Kalifornien, der auch bei den meisten Gästen am besten ankam (neben einem merkwürdig ausgezehrten Riesling von Schlumberger aus dem Elsass). Die Rotweine zeigten besseres Alterungspotential, wobei auch hier die Weine der Neuen Weinwelt teilweise überlegen waren. Vega Sicilia, Beringer und sogar die Domaine A aus Tasmanien bewiesen altersmürbe Eleganz, vom australischen Grange hätte man noch gerne ein Fläschchen trinken wollen. Solche Lehrstunden sind unbezahlbar, es geht nichts über learning by drinking. Das Kronenschlösschen setzte allein für diese exklusive Weinprobe 960 Gläser ein.

 

Kronenschlösschen

Infos & Tickets

Tickets telefonisch unter +49 (0)6723 640, per E-Mail info@kronenschloesschen.de oder unter www.rheingau-gourmet-festival.de. Festival-Arrangements mit ausgewählten Veranstaltungen werden mit Übernachtungen im Hotel Kronenschlösschen angeboten. 

Hier finden Sie mit einem Klick das komplette Programm des Gourmet & Wein-Festivals

 

Photocredit: Barbara Fienhold