Breeze by Lebua geschlossen

Das Kellerlokal ist unten angekommen

 

Die Idee, ein weltbekanntes Rooftop-Restaurant in Bangkok ausgerechnet im Keller des Frankfurter Hofs duplizieren zu wollen, war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Dieses Gefälle von ganz oben nach ganz unten brachte nun nach gerade einmal zwei Jahren den totalen Absturz: Das Breeze by Lebua hat geschlossen.

Das Breeze by Lebua in Bangkok ist wegen seiner spektakulären Aussicht und der aufregenden Illumination berühmt, nicht wegen seiner Küche. Im Frankfurter Ableger brauchte man eher eine Grubenlampe, um sich durch den dunklen Restaurantstollen zu kämpfen. Das schwarze Loch war obendrein mit Stolperfallen gepflastert, nicht wenige Gäste landeten in den flachen Wasserbecken.

Breeze Lebua Ein Lokal ohne Terrasse hat im Sommer in Frankfurt keine Chance, weshalb dann die kulinarischen Leistungen und der Service doppelt so gut sein müssen. Nicht selten erlebten wir in dieser Höhle einen entsprechend grottenschlechten Service, der affektiert oder plump kumpelhaft und selten professionell ausfiel. Einzig die Bar erwies sich noch als Hort der Gastfreundschaft. Anfangs war die Küche sogar gut, die Peking-Ente schmeckte großartig. Leider nahm der Küchenchef nach einem Jahr offenbar ausgerechnet dafür das Rezept mit. Sein Nachfolger erschreckte mit lauten  penetranten Aromen sowie dicken klebrigen und süßlichen Saucen, die jedes Gericht erstickten. Für solche bizarren Leistungen waren die Preise viel zu hoch, auch die Weine wurden übermütig kalkuliert. Mitunter saß man recht allein im Restaurant, offensichtlich fanden sich immer weniger Gäste ein, schließlich wurde mangels Erfolg jetzt ganz geschlossen. Sommelière Denise Horlbeck schaffte schon vorzeitig den Absprung und heuerte auf dem Weingut Markus Molitor an der Mosel an. Aufschlussreich am Rande vermerkt: Der CEO der Lebua Hotels, Deepak Ohri, ist derzeit in Frankfurt, wohnt aber nicht im Frankfurter Hof.

Ludwig Fienhold




Harald Wohlfahrt: Kein Nachruf

Wohin steuert die

Top-Gastronomie?

 

Im Gespräch mit

Harald Wohlfahrt

 

Harald Wohlfahrt ist gesund, Harald Wohlfahrt kocht weiter. Er zieht sich auch nicht ganz aus der Schwarwaldstube der Traube Tonbach zurück. Was sollen also jetzt diese ganzen eiligen Elogen, die wie Nachrufe klingen? Torsten Michel ist seit über zwölf Jahren Küchenchef in dem 3-Sterne-Restaurant, der weltbekannten Schwarzwaldstube. Der langsame Abschied von Harald Wohlfahrt steht seit Jahren fest, jetzt übergibt er im Juni nun eben ganz offiziell an seine langjährige rechte Hand. Dennoch liegen 40 bemerkenswerte Jahre in der Traube Tonbach hinter ihm – kein Küchenchef hat mehr ein Restaurant geformt und geprägt. Darin liegt vielleicht das einzige Problem, denn wie könnte jetzt Torsten Michel noch deutlicher seine eigene Handschrift einbringen, ohne Bewährtes aufzugeben?

Amuse

Amuse

Harald Wohlfahrt wird sich jetzt mehr um das Palazzo-Ess-Theater kümmern, das in verschiedenen Städten mit jeweiligen prominenten Köchen gastiert und ab Herbst auch wieder in Stuttgart zu sehen sein wird, wo er kochlöffelführend ist. So ganz raus aus der Traube Tonbach ist er ebenfalls noch nicht, dazu sind er und sein Patron Heiner Finkbeiner auch viel zu sehr vereint. Das Wort „Aufhören“ will auch nicht so recht zu ihm passen, zu einem disziplinierten Hardworker, der selbst noch mit Gipsbein am Herd stand. Von Rente also noch lange keine Spur. Es wäre aber vielleicht besser gewesen, das 40. Jubiläum von Harald Wohlfahrt zum Anlass einer großen Feier zu nehmen und bei dieser Gelegenheit en passant eine Übergabe zu inszenieren.

In unserem letzten Gespräch mit Harald Wohlfahrt war oft zu hören, wie stark Torsten Michel bereits seit Jahren die Geschicke des 3-Sterne-Restaurants Schwarzwaldstube mitbestimmte, weshalb er einem endgültigen Wechsel zuversichtlich gegenüberstehen konnte. 3 Sterne im Michelin und 19,5 Punkte im Gault & Millau sowie Höchstbewertungen in allen anderen Restaurantführern sind indes eine große Verpflichtung. Selbst wenn der Großmeister nicht mit am Herd stand und die Mannschaft ihren Aufgaben überließ, so schwebte sein Geist doch wie eine Aureole über dem Geschehen.

Tunfischbauch

Tunfischbauch

Harald Wohlfahrt ist sich sicher, kritische Gäste zu haben. „Wir stehen jeden Tag auf dem Prüfstand.“ Das Publikum versinkt nicht vor Ehrfurcht. „Ich lasse mich nicht feiern und bekomme ein ehrliches Feedback.“ Wenn es mal Kritik gab, so erinnert sich der Meister an die einigen Male, dann hatte das weniger mit der Küche und mehr mit dem Tempo zu tun.

Die Traube Tonbach und die Schwarzwaldstube werden sich nur behutsam verändern, grundsätzlich aber glaubt Harald Wohlfahrt an eine Wende vom Formellen zum Legeren. Mittags geht es auch in der Schwarzwaldstube ein wenig munterer zu, abends herrscht eher Candle Light Stimmung. Immerhin werden 40% des Gesamtumsatzes sogar mittags gemacht. Das vermögen nur wenige Toprestaurants, wie etwa das Tantris in München, denn sonst haben ja gerade von den hochdekorierten Restaurants immer mehr mittags geschlossen. So oder so: Grundsätzlich gibt es weltweit einen Trend zu großer Küche in lässiger Atmosphäre.

Saloppe Atmosphäre schätzt auch Harald Wohlfahrt, wobei für ihn in der Schwarzwaldstube nur eine gehobene Tischkultur vorstellbar ist. Beeindruckt haben ihn dennoch die Leistungen des Restaurants L´Astrance in Paris, das ebenfalls mit drei Sternen im Michelin ausgezeichnet ist. Dort trifft man auf ein Bistro-Dekor mit einfachem Mobiliar und schlichtem Besteck. „Es ist gut, wenn nur die Küche bewertet wird und nicht das Ambiente“, meint Wohlfahrt.

Ludwig Fienhold

 

Traube Tonbach:SchwarzwaldstubeDer scheidende Herausgeber und ehemalige Chefredakteur des Gault & Millau Deutschland, Manfred Kohnke, hat wie kein anderer Harald Wohlfahrt begleitet und seit 1985 bewertet. Sein kulinarisches Statement: Der Kochkünstler Harald Wohlfahrt ließ als Koch sich und seinen Mitarbeitern nicht die leiseste Unsicherheit, die kleinste Schwäche, das geringste Abweichen von seiner Idealvorstellung durchgehen und er grübelte als Künstler unablässig darüber, bei aller kulinarischer Opulenz noch puristischer zu werden, um prägnantere Aromen zu erreichen und größere geschmackliche Wirkung zu entfalten. So schuf er Gerichte (und mit denen Menüs), die so komplex und substanziell waren, wie sie nur die Weltklasse bietet. Hyperkreativität war ihm fremd, Modisches integrierte er nur, wenn es Geschmackserlebnisse bereicherte, ohne plakativ zu wirken. Dass er über 20 Jahre lang in allen großen Guides die Höchstbewertung bekam, resultiert auch daraus, dass Wohlfahrt als einziger deutscher Spitzenkoch einen kongenialen Sparringspartner und potenten Finanzier hatte, denn der erfolgreiche Hotelier Heiner Finkbeiner war mal Chef de Partie bei einem gewissen Eckart Witzigmann.

 

Foto oben rechts: Harald Wohlfahrt (l.) und Torsten Michel

Photocredit: Barbara Fienhold




Offener Brief an das Journal Frankfurt

Ihr Artikel Schlammschlacht in Frankfurts Gastroszene“ enthält leider viele unwahre Behauptungen und Fehler, die der Richtigstellung bedürfen.

Zunächst einmal ist festzustellen, dass es der journalistischen Sorgfaltspflicht bedurft hätte, mich zu den Vorwürfen und Behauptungen des Michael Riemenschneider zu befragen – dann wäre der Artikel nicht in eine so fahrlässige Einseitigkeit geraten und hätte einen weit höheren Wahrheitsgehalt gehabt.

Es ist falsch, dass ich in Abwesenheit von Riemenschneider sein Lokal aufgesucht hätte. Richtig ist, dass ich es nie betreten habe.Deshalb kann es auch nicht sein, dass ich mich als Vater von Riemenschneider ausgegeben habe, zumal mich die Mitarbeiter kennen. Auf eine so irre Behauptung kann nur jemand wie Riemenschneider kommen.

Sie erwähnen mit keinem Wort, dass Riemenschneider seine beiden Lokale Reinholds Enkel in Bad Homburg und Tischlerwirt in Kitzbühel aufgeben musste und sein Atelier Wilma unter Insolvenzverwaltung steht. Wer so etwas ignoriert, wie das Genuss-Magazin Frankfurt (Journal Frankfurt), verschweigt in nachlässiger Weise die Wahrheit.

Dass es bei Riemenschneider keine hohe Fluktuation gibt, entspricht nicht den tatsächlichen Begebenheiten. Wir können alleine drei wichtige Köche nennen, die dem Atelier Wilma in kurzer Zeit abhanden gekommen sind, zuletzt Küchenchef Alexander Sadowczyk, der schon seit 31. Dezember 2016 nicht mehr am Herd steht. Er wurde auch nicht abgeworben, sondern will sich selbständig machen.

Der Gault & Millau bewertet das Atelier durchaus kritisch, man muss sich nur einmal den Text im Guide durchlesen.

Ihre ungenaue Darstellung, wir hätten einen Artikel aus der FNP lediglich abfotografiert entspricht nicht den Tatsachen. Wir haben einen eigenen Artikel über den Fall gebracht und einen Link zur FNP gesetzt (plus Foto).

Ich werde keineswegs von der Ex-Partnerin von Riemenschneider, Flora Mascola finanziert und hatte noch nie Kontakt mit ihr. Außerdem verfüge ich über ausreichend eigene finanzielle Mittel, die meine Unabhängigkeit und die des BISS-Magazins gewährleisten. Eine solche strafbare Aussage und Unterstellung hätte der Autor des Artikels keinesfalls stehen lassen dürfen, ohne mich dazu gehört zu haben.

In BISS haben wir mehrfach über Riemenschneider berichtet. Aktuell über einen Test unseres Mitarbeiters Jeffe Mangold sowie die Insolvenz des Lokals Atelier Wilma, bei dem es allerdings in erster Linie um die Irrungen und Wirrungen des Michelin geht.

Das BISS Magazin ist kein Blog, sondern ein kritisches, hochprofessionelles und geachtetes kulinarisches Internet-Magazin, das in ganz Deutschland gelesen wird. Genau deswegen fühlt sich Riemenschneider auch nur von BISS ernstzunehmend durchschaut und verfolgt uns und nicht die anderen Medien.

Es hätte dem Genuss-Magazin Frankfurt gut gestanden, Riemenschneider einige kritische Fragen zu stellen. Beispielsweise die nach seinen angeblichen „Lehrern“, da er stets vorgab bei Großmeistern wie Pierre Gagnaire und Alan Ducasse gearbeitet zu haben – was keineswegs stimmt, und offenbart, wie es Riemenschneider mit der Wahrheit hält. Leider begibt sich das Genuss-Magazin auf das niedrige Niveau von Riemenschneider und zitiert ausschließlich dessen schäbige und vulgäre Auswürfe.

Es ist kein „wilder Streit“ zwischen BISS und Riemenschneider entbrannt, wie Sie schreiben, wir haben lediglich den Fall Riemenschneider gemäß unserer Chronistenpflicht verfolgt und bewertet. „Wild“ im Sinne von primitiv verhält sich ausschließlich Riemenschneider.

Wir haben Riemenschneider mehrfach aufgefordert, Stellung zu beziehen. BISS und andere Medien, die bislang über die fragwürdigen Handlungen von Riemenschneider berichtet haben, hatten ihm Gelegenheit gegeben, sich zu äußern – vor und nach der Veröffentlichung. Riemenschneider hat jegliche Gespräche dazu verweigert und nie sachlich Stellung bezogen oder auch nur ein einziges Argument vorgebracht. Umso mehr muss jeder, der bei klarem Verstand ist, Riemenschneiders inhaltslosen Ausflüchte und Denunzierungen als jämmerliche Polemik verstehen.

Ludwig Fienhold

Herausgeber & Chefredakteur

BISS Magazin

 

 

 

 

 




Degustation Deluxe: Hochwertiges für Weinfreunde

Beispielhaft: Hausmesse

von Frankfurt/Wein

im Restaurant Gustav

 

Ein guter Trend: Weinproben werden immer hochwertiger und individueller. Bestes Beispiel war die Weinprobe im Sterne-Restaurant Gustav in Frankfurt. Die Weinhändler von Frankfurt/Wein hatten damit eine perfekte Bühne für ihre hochwertigen Erzeugnisse gefunden. Es gab über 100 Weine zu probieren, wobei viele Winzer persönlich dabei waren. Gustav-Küchenchef Jochim Busch und sein Team präsentierten wunderbare Delikatessen dazu, die gleich am Pass bereit standen, wobei ein enorm flinker Service auch das Abräumen im Blick hatte.

Jochim Busch richtet an

Jochim Busch richtet an

Das Sekthaus Raumland aus Rheinhessen war mit sechs Perlen vertreten und hätte das Kommen schon gelohnt.  Der Blanc de Blancs Prestige Brut 2009 ragte unter den Sekten als unser Favorit hervor, weil er all Qualität mit Finesse, Dichte und Ausdruck bündelt. Simone Adams aus Ingelheim schafft durchweg gute Weine, ihr Spätburgunder Kaliber 15/3 zeigt dies jedoch besonders deutlich. Der GG Riesling Kallstädter Saumagen aus dem Jahr 2012 von Rings aus der Pfalz begeisterte durch Tiefe und perfekte Reife. Das Weingut Clemens Busch von der Mosel dokumentierte, dass man auch in dieser Region sehr wohl höchst trockene und gleichzeitig feine Weine erzeugen kann. Top-Weingüter wie Friedrich Becker, Rudolf Fürst, J.J. Prüm hatten ebenfalls gleich ein ganzes Sortiment dabei. Die Betreiber von Frankfurt/Wein, Gernot Dorsch und Wolfgang Feierfeil, konnten ein gutes Dutzend prominenter Namen und Jungwinzer zusammentrommeln, um daraus einen genussvollen Event zu machen.

Weinhändler Gernot Dorsch

Weinhändler Gernot Dorsch

Trotz der hohen Besucherzahl von über 150 Gästen gab es nur punktuell Gedränge. Immerhin lief die Veranstaltung von 15 bis 20 Uhr, wobei man auch danach noch munter weiter probieren konnte. Es ließ sich jedenfalls über weite Strecken entspannt mit den Winzern unterhalten und austauschen. Küchenchef Jochim Busch schickte nicht irgendwelches Fingerfood, sondern durchweg Gustav-typische erstklassige Tellerchen. Solche Weinproben gibt es selten, wobei diese kulinarisch unterfütterte Degustation Schule machen dürfte. Die geeistem Frankfurter Kräuter mit Vogelbeeren, Wacholder und Schmand sowie die Lachsforelle waren einige der Highlights, selbst das Mini-Radieschen-Brot schmeckte klasse.

Gipfeltreffen Gustav - 5Der Ticketpreis von 49 € für alles war angesichts der Leistungen sehr sozial, wobei dieser Betrag bei einem Wein-Einkauf von 250 € sogar noch verrechnet wurde. Die kulinarische Weinmesse von Gustav und Frankfurt/Wein soll kein einmaliges Ereignis bleiben und im nächsten Jahr wiederholt werden.

LF

 

 

Photocredit: Barbara Fienhold




Atelier Wilma: Insolvenz

Der Fall des Michael Riemenschneider

 

Ein unwürdiges gastronomisches Schauspiel geht langsam zu Ende. Nachdem Michael Riemenschneider bereits seine Lokale Tischlerwirt in Kitzbühel und Reinholds Enkel in Bad Homburg schließen musste, ging nun am 1. Mai auch sein Atelier Wilma in die Insolvenz.

Die Milliardärs-Witwe Flora Mascalo, mit der Riemenschneider während seiner Zeit in London privat und geschäftlich verbunden war, gab nicht eher Ruhe, bis sie ihren Expartner zur Strecke bringen konnte. Es ging immerhin um die Summe von über zwei Millionen Pfund. Schließlich konnte Flora Mascolo glaubhaft machen, dass Riemenschneider von ihr geliehenes Geld nicht nur in das Restaurant Atelier Wilma investierte, sondern auch in seinen protzigen Lebensstil. Bereits im Dezember letzten Jahres wurde Flora Mascolo vom Landgericht Frankfurt ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 2,13 Millionen Pfund zuerkannt. Schon seit Februar 2017 steht Riemenschneider unter Insolvenzverwaltung, am 1. Mai wurde das Insolvenzverfahren eröffnet (Geschäftsnummer: 8 IN 48/17). Zum Insolvenzverwalter wurde der Frankfurter Rechtsanwalt Christian Feketija bestellt.

Damit geht ein unappetitliches Gastronovenstück zu Ende. Die Blamage trifft aber nicht allein Michael Riemenschneider, den man schnell als Blender hätte entlarven können und der dreist vorgaukelte bei großen Sterneköchen wie Pierre Gagnaire gearbeitet zu haben. Das weit größere Unbehagen entsteht durch das Unvermögen des Michelin, ein gesundes Urteilsvermögen zu zeigen. Als im März 2016 das Atelier Wilma in Frankfurt eröffnete, blieben dem Michelin bis Redaktionsschluss nur höchstens sieben Monate Zeit. Der verantwortliche Chef-Tester Ralf Flinkenflügel hätte wissen müssen, dass sich bei Riemenschneider die Köche die Klinke in die Hand geben und man einem solch variablen und instabilen Restaurant nicht eilfertig einen Stern verleihen kann. Es gehört zum Verhaltenskodex des Michelin, so erklärte das auch deren Chef-Tester Ralf Flinkenflügel in einem Interview, dass man ein bislang unbekanntes Restaurant oder einen nicht bekannten Koch erst einmal über einen längeren Zeitraum von mindestens einem Jahr beobachtet, bevor man zu einer Wertung beziehungsweise der Vergabe eines Sterns kommt. Michael Riemenschneider war bislang ein völlig unbeschriebenes Blatt, zumindest was etwaige herausragende gastronomische Leistungen anbelangt. Ganz im Gegenteil hätte man aufhorchen können, denn wenn etwas über Riemenschneider bekannt gewesen ist, dann höchstens, dass er in England verbrannte Erde hinterließ und gastronomisch nichts zustande brachte. Wäre der Michelin nicht schon der Guide Rouge, müsste er rot vor Scham werden.

Ludwig Fienhold

Siehe auch BISS Artikel:

Außer Spesen nichts gewesen

Michael Riemenschneider verliert zwei Lokale

PS: Unter den Medien begleiteten nur das Handelsblatt sowie die Frankfurter Neue Presse und deren Regionalausgabe Taunus-Zeitung den Fall Michael Riemenschneider auf kritische Weise. FNP-Redakteur Marc Kolbe widmete dem Skandal gleich eine ganze Seite: Hier klicken Michael Riemenschneider, der Felix Krull der Sterneküche

Artikel FNP




Rocking Riesling

Riesling-Tage sind gute Tage

 

Glasklare Entdeckungen

& fröhliche Newcomer

 

Während die ProWein immer mehr zum Ballermann der Branche mutiert, bieten kleine feine Wein-Events mehr Individualität, persönliche Begegnungen und Entdeckungen. Der Riesling-Tag, der jetzt zum dritten Mal im Horst der Adlerwerke stattfand, ist ein gutes Beispiel dafür.

Philipp Kettern von der Mosel

Philipp Kettern von der Mosel

Über 100 Rieslinge wurden von Winzern und Weinhändlern ausgeschenkt, wobei man jede Menge Newcomer und gute Weine für kleine Preise kennenlernen konnte. Die Basisweine und Gutsrieslinge haben in Deutschland eine hohe Qualität erreicht, die enorm Spaß macht. Das freut den Endverbraucher, ist aber besonders für die Gastronomie wichtig, die dadurch Hochsolides zum moderaten Preis anbieten kann. Ein schönes Beispiel dafür ist der Riesling von Christian Bamberger aus der Weinregion Nahe, von dem die Literflasche  7,50 € kostet. Dieser frische, quellreine, spritzige Wein flitzt fröhlich über die Zunge und macht bei jedem Schluck Lust auf mehr. Solche Weine braucht jeder, insbesondere die Gastronomie, da Gäste nicht gleich nach dem ersten Glas schlapp machen und durch zu viel Wucht und Alkohol sensorisch ermüden. Auch das Weingut Forster aus Rümmelsheim im Trollbachtal an der Nahe zeigt mit seinem Riesling vom Kies (10,90 €) sowie anderen Rieslingen und Weißburgundern, wie es mit saftigen und würzigen Tropfen frischaufwärts geht. In den ökologisch bewirtschafteten Weinbergslagen wachsen auch wilder Knoblauch, Kamille, wilde Möhren und einiges mehr.

Winzerin Irene Söngen, Frankfurter Weinkönigin Marilane Maul, Weinhändler Patrick Trampenau

Winzerin Irene Söngen, Frankfurter Weinkönigin Marilen Maul, Weinhändler Patrick Trampenau

Der Riesling „Herr Mehling“ vom Bio-Weingut Mehling aus Deidesheim in der Pfalz ist auch ein munterer Begleiter, der sich durch eine trockene glasklare Art jeder Stimmung anpasst und mit 6,80 € jedes Budget erreicht. Die Verschlussart „Twist & Plopp“ symbolisiert auch den Wein selbst. Unter den Newcomern gehört Julia Eller aus Rheinhessen bereits zu den etablierten Jungwinzerinnen. Mit ihrem neuen Jahrgang 2016 zeigte sie wieder, auf welcher Höhe ihre Weine stehen.

Philipp Kettern belegt mit seinen trockenen Weinen, dass die Mosel im Gegensatz zu den unausrottbaren Vorurteilen kein Hort der Lieblichkeit ist. Der junge Winzer muss sich beinahe schon als Bergsteiger betätigen, denn seine Reben wachsen in halsbrecherischen Steillagen, wobei der knackige saftige Piraten-Riesling besonders großen Trinkspaß bietet. Kompromisslos puristisch präsentierte sich das Weingut Kampf aus dem rheinhessischen Flonheim, von asketischer Ernsthaftigkeit waren die Weine von Kerner aus Waluff im Rheingau. Beide empfehlen sich für Kenner mit Hang zur flüssigen Geradlinigkeit.

Rieslingtag Martin Tesch aus dem Rheingau dokumentierte, wie wichtig es ist durch ein Konzept und wiedererkennbare ansehnliche Etiketten Profil zu zeigen. Mit von der Partie auch Irene Söngen aus Hattenheim im Rheingau, die einen schmissigen Riesling-Sekt und einen erstklassigen schäumenden Blanc de Noir Brut erzeugt. Das Weingut Thörle aus dem rheinhessischen Saulheim offenbart mit seiner ganzen Palette Klasse. Arrivierte Winzer neben jungen Newcomern – so spannend und erkenntnisreich können Weinproben sein. Es gab viele tolle Weine zu entdecken, die an einem lauen Abend noch mehr Spaß machen. Das Wetter sollte so langsam mal zum Riesling passen.

Ludwig Fienhold

 

Die teilnehmenden Aussteller: Frankfurt/Wein, K&M Gutsweine, Weinhalle am Merianplatz, Die Weinhandlung, Weinsocietät, Dealer de Vin, Surfing Wein. Nach dem 3. Frankfurter Riesling-Tag steht fest, dass diese Veranstaltung in den Terminkalender eines Weintrinkers gehört. Für kleine 10 € Eintritt kann man 100 verschiedenen Weine, mehrheitlich Rieslinge verkosten.

Photocredit: Barbara Fienhold

 

 

 

 

 

 

 

 




Gault & Millau: Manfred Kohnke geht endgültig

Ein großer Restaurantkritiker

verlässt den Gourmet Guide

 

Von Ludwig Fienhold

 

Unter den Restaurantkritikern war Manfred Kohnke allein schon wegen seiner Körperlänge von 1,96 Meter der Größte. Aber auch sonst galt er als Leuchtturm, der manchen den richtigen Weg zeigte, andere in die Klippen lenkte. Seine spitze Zunge wird er behalten, doch nicht mehr für den Gault & Millau Deutschland einsetzen. Manfred Kohnke tritt nach 34 Jahren an der Spitze des Gourmet Guides ab. Er hatte die Branche seit 1983 als Chefredakteur des Restaurantführers begleitet und war die letzten fünf Jahre als Herausgeber tätig, während Patricia Bröhm die Chefredaktion inne hatte. Sie wird nun weiter allein für die Geschicke des Gault & Millau Deutschland verantwortlich sein.

Gault MillauDer scheidende Manfred Kohnke ist journalistisch bestens geschult, arbeitete für den Spiegel, Capital, Wirtschaftswoche und Forbes sowie als Chefredakteur für den Rheinischen Merkur. Das legendäre Gourmet-Magazin Vif brachte er zumindest fachlich auf ungeahnte Höhen. Als Gourmet-Schlacks ohne Gewichtsprobleme schlenderte er durch Deutschland und war nicht überall ein gerne gesehener Gast. In dieser langen Zeit haben sich Freundschaften und Feindschaften gleichermaßen herausgebildet. Ein Kritiker, der bei allen beliebt ist, muss auch etwas falsch machen. Der 77 Jahre alte Manfred Kohnke wird seinen Mund weiterhin aufmachen, nicht nur beim Essen. Doch will er jetzt keine Pflichtbesuche mehr absolvieren, sondern nur noch dort speisen, wo es ihm Spaß macht. Der große Blonde mit der spitzen Feder hat zwar seine Position, nicht aber seinen Kopf an den Nagel gehängt. Den will er wie bisher benutzen, vor allem schreibend. Genussthemen stehen dabei nicht zwingend im Vordergrund, Manfred Kohnke ist auch als Ghostwriter gefragt.

Der heute 89 Jahre alte Christian Millau, Mitbegründer des Gourmet Guides in Frankreich, beendete übrigens seine Kritikerkarriere 1995 nach über 30 Jahren, weil er nur noch aus Spaß essen wollte und es satt hatte „von nervösen Köchen durch die Küche geführt“ zu werden. Schon damals nervte es ihn, dass er als Gast ständig beim Gespräch unterbrochen wurde, weil der Sommelier sein Wissen ausschütten und der Service das Essen anpreisen wollte. Gleiches regt heute noch Manfred Kohnke auf – wie sich die Zeiten manchmal doch nicht ändern.

Um die Restaurantkritik ist es derzeit nicht allzu gut bestellt, Scharlatane und Möchtegerns aller Art machen sich breit, ohne ein Gramm Existenzberechtigung einzulösen. Manfred Kohnke pflegt Telefonate mit einem „Kohnke stört“ einzuläuten. Dass er keine Störfeuer mehr leuchten lässt, macht die Branche nicht eben heller.

 

BISS Interview mit Manfred Kohnke

 

Was hat Sie in den 34 Jahren Gault & Millau besonders beeindruckt?

Positiv: Dass die einst bestenfalls belächelte deutsche Küche heute in ihrer Spitze mit der internationalen Elite auf Augenhöhe ist. Negativ: Dass die deutschen Köche diesen Fortschritt nicht global vermitteln können, da ihnen die kollegiale Solidarität abgeht (Franzosen beispielsweise sind nur untereinander missgünstig, aber nach außen hin immer zum kraftvollen Schulterschluss fähig) und dass ihnen im internationalen Wettbewerb jedwede offizielle Unterstützung fehlt.

Außerdem beeindruckten mich besonders die zunehmende deutsche Offenheit für die großen Küchen der Welt und die Entwicklung des deutschen Weins zum angenehmen Begleiter der Großen Küche.

Welches war Ihr unappetitlichstes Erlebnis? Das muss sich nicht zwangsläufig auf ein Essen beziehen, sondern kann auch eine Situation sein.

In den ersten Jahren machten mich Maden, die unterm Salat hervorkrabbelten, oder Schlimmeres als Haare in der Suppe sprachlos. Man findet sich damit ab, dass so etwas vorkommt. Aber ich habe Mühe, mich an solche Appetitzügler zu gewöhnen:

– gebratene Jakobsmuschel mit sous vide gegarter Banane, marinierte Gelbflossenmakrele im Staub dehydrierter Erbsen oder Slash-Speisekarten mit Radieschen | Mandel | Dunkle Schokolade;

– den Service-Übermut, unaufhörlich Tischgespräche zu unterbrechen, um u.a. den Gast ausdrücklich aufmerksam zu machen, dass man ihn nun durchs Ausheben eines leergegessenen Schälchens „befreie“;

– die floskelhafte Redseligkeit junger Sommeliers, die mindestens zu jedem zweiten Gang einen Wein von sonst woher kredenzen, „der richtig Spaß macht“.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Restaurantkritik in Deutschland?

Das können deren Leser besser beurteilen. Ich wünsche mir, dass die Kopisten unter den Köchen nicht so hoch bewertet werden wie die Kopierten und dass Kritiker und Kritisierte in ihrer Genussfreude so gut sind wie im Dünnhäutigsein und Rechthaben.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Gastronomie in Deutschland?

Es grämt mich, dass nirgends so gedankenlos kopiert wird wie in deutschen Küchen. Und dass Lieferanten, Geschäftemacher und (unprofessionelle) Journalisten in keinem Land so hemmungslos neue Trends ausrufen können. Rannten allzu viele Köche früher zu jeder Telefonzelleröffnung, wenn ihnen jemand was von einer Gourmetveranstaltung erzählte, wollen sie heute bei jedem Trendgerede ganz weit vorn sein.

Es freut mich, dass sich in der Gastronomie das Casual fine Dining durchsetzt, dass immer mehr Köche in der Reduktion auf das Wesentliche auf streberhaftes Teller-Ikebana aus Küchentechniken und Produkten verzichten und dass immer mehr Gäste nicht länger prestigeträchtige Produkte essen und trinken, um Bedeutung zu dokumentieren, sondern das bestellen, was ihrem jeweiligen Lebensgefühl und generellen Lebensstil entspricht.

Und: Warum hören Sie eigentlich auf?

Ich werde bald 78 und bin kein Goethe, von dem in diesem Alter noch Faust II sowie Dichtung und Wahrheit zu erwarten sind.




Restaurantkritik: Vietnam-Küche Top & Flop

Die vietnamesische Küche hat in der Beliebtheit längst die thailändische eingeholt. Doch genau wie diese, sind deren Vertreter sehr unterschiedlich in den Leistungen. Drei ausgesuchte Lokale in Frankfurt im Test. 

V´uisine enttäuscht

 

Dieses Lokal sollte noch einmal schließen, hinter den Kulissen ordentlich üben und erst wieder eröffnen, wenn man deutlich besser geworden ist. Derzeit dürfte man selbst ahnungslose Gäste nicht überzeugen, weil die nachlässigen Leistungen zu offensichtlich sind.

Das Essen kommt schnell und kaum lauwarm an den Tisch – und wirkt wie gerade einmal schnell aufgewärmt. Ein deutliches Indiz dafür ist auch das zu trockene Fleisch. Ente und Schweinebauch sollten zudem so spicy sein, wie man sich das von einer vietnamesischen Küche wünscht. Wenn man es nicht anders sehen könnte, würde man glauben, in der Küche stünde ein Koch ohne asiatischen Background.

Ente und Schweinebauch

Ente und Schweinebauch

Die Hühnchen-Satays waren frittiert, trocken und zu fest. Calamaris? Eine einzige Kalamität. Der Tintenfischspieß mit Zwiebeln und Paprika wirkte wie aus schlechter Vorzeit, die man überwunden glaubte. Besonders ärgerlich: Die Calamari waren einfach nur zäh und geschmacksneutral. Den akzeptablen Glasnudelsalat haben wir tausendmal gegessen – und immer besser als hier. Shrimps im Süßkartoffelmantel zu frittieren, macht keinen Sinn, wenn Garnelen und Kartoffel nur auf plumpe Weise miteinander verkleben.

V'uisine

Kartoffel-Garnelen

Dass ein Schälchen Reis 2 Euro kostet empfinden wir als kleinlich. Überhaupt erscheinen die Gerichte nur auf den ersten Blick preiswert, sind es aber in der Gesamtbetrachtung keineswegs. Der Gast zahlt für die asiatischen Tapas nicht wenig, kommt aber geschmacklich keineswegs auf seine Kosten. Der Betreiber, ein Banker, glaubt rechnen zu können. Doch wird seine Rechnung auf diese Weise nicht aufgehen. Die Idee, vietnamesische Küche häppchenweise zu präsentieren und nicht nur große Portionen anzubieten, ist gut. Doch außer dieser Grundidee stimmt hier einfach viel zu wenig.

Glasnudelsalat

Glasnudelsalat

Eine Weinkarte existiert nicht, die wenigen Tropfen, die es gibt, zwingen zum Wasserkonsum. Der sympathische Service und das nette Ambiente können das negative Bild leider nicht wesentlich verbessern. Schade, denn solche Vertreter einer vermeintlich vietnamesischen Küche sind keine guten Vertreter ihres Landes und seiner eigentlichen kulinarischen Finessen.

Im V´uisine, gleich gegenüber von Eis-Christina, war zuvor das Pasta- und Pizzalokal Amoroso zu Hause. Der Italiener betreibt einige Schritte weiter noch das Settimo Cielo und will (wie im Mai 2016 in BISS berichtet) im Sommer das jetzige Bistro am Opernplatz neu eröffnen.

LF

 

V´uisine, Frankfurt, Wielandstr. 61, Tel. (069) 98 95 99 85. Preise: Tapas 5,50, Gerichte 9,90 €. 

 

Góc Phô Street Food

Goc PhoWenn man das bezaubernde Lächeln von Phuong Anh Pham sieht, dann weiß man, was der Gastronomie am meisten fehlt: Lächeln. Die junge Frankfurterin mit vietnamesischen Wurzeln führt ihr Lokal gemeinsam mit den Eltern und hat einen guten Start hinbekommen. Die Lage neben dem Dominikanerkloster in dem höchstens bei alten Frankfurtern bekannten Schärfengässchen, ist zwar zentral, erfordert aber doch ein wenig Pfadfindergeist. Die wechselnden Vorgänger des Lokals waren nicht besonders erfolgreich, doch das Góc Phô ist vom ersten Tag an gut besucht, auch von auffällig vielen Asiaten.

Kleine Familienbetriebe genießen einen Sympathiebonus. Wenn aber eine gerade einmal 23 Jahre alte studierte Betriebswirtin ein Lokal führt, so ist dies schon etwas Besonderes. Vater und Mutter arbeiten in der Küche, die Tochter zeigt gemeinsam mit anderen aparten Mitarbeiterinnen wie man einen freundlichen Service führt. Das mag mitunter noch nicht professionell erscheinen, wer aber so herzlich arbeitet, dem sieht man kleine Fehler gerne nach.

Die Karte ist klar gegliedert und versucht erst gar nicht durch eine falsche Vielseitigkeit zu blenden. Die vietnamesischen Sommerrollen sind den Frühlingsrollen vorzuziehen, weil sie mehr Frische, Substanz und Aromen bieten. Doch hier schmecken beide Varianten. Die fingerdünnen Frühlingsrollen Tom Stick mit Garnelen, Mungobohnen, Frühlingszwiebeln und Nuoc Mam Sauce, der klassischen Fischsauce, sind ein leckerer Einstieg. Bei den Garnelen im Süßkartoffelteig darf man sich an Kartoffelpuffer erinnern, wobei der Kartoffelmantel zum Glück nicht zu dick ausfällt. Die Süßkartoffel war durch das Frittieren indes leider nicht mehr als solche wahrzunehmen, was das Gericht aber keineswegs abwertet. Für Freunde würzigen Rauch-Aromas ist Bun Cha Ha Noi richtig: Marinierte Frikadellen aus Schweinefleisch mit gegrillten Schweinebauchstreifen und Reisnudeln (siehe Bild).

Goc Pho

Pho (Faa gesprochen) steht für die traditionelle Suppe der vietnameischen Küche, die hier auch probiert werden sollte. Man könnte den Namen Góc Phô aber auch mit Stadt-Eck übersetzen. Interpretationen lässt auch der Stil des Lokals zu. Die Küche im neuen Góc Phô ist leicht rustikal und so gestrickt, dass sie Anfänger nicht erschreckt und Kenner nicht abschreckt. Das Lokal selbst sieht sich als einen Vertreter von Street Food.

Neben hausgemachten Limonaden und vietnamesischem Bier gibt es derzeit nur zwei Weine, diese aber immerhin von August Kesseler aus dem Rheingau –  Riesling und Rosé gehen gut mit der asiatischen Küche. Das einfache und ruhige Ambiente und die etwas triste Umgebung könnten all jene abschrecken, die Glamour suchen. Vielleicht ist das auch gut so.

LF

Góc Phô, Frankfurt, Schärfengässchen 6, Tel. (069) 29723639.

Geöffnet: Mo 17 bis 22 Uhr, Di-Do 11 bis 22 Uhr, Fr-Sa 11 bis 23 Uhr, So12 bis 22 Uhr. Preise: Vorspeisen 3,50 – 4,90 €, Hauptgerichte 7,50 – 14,90 €. 

 

 

Mit Weisheit gewürzt: Der Altmeister Toan

Die Nr. 1 unter den Vietnamesen

ToanToan zeigt zwanzig Jahren, wie man mit Zitronengras, Ingwer und Minze so umgeht, dass daraus kein wirres Crossover, sondern ein präziser abgeschmeckter Genuss von großer Harmonie wird. Die aromatische Bac-Ha-Suppe, die delikat-saftige und entbeinte Hähnchenkeule in Tamarinden-Sauce und die knusprige Ente in einer Sauce aus Ingwer und Soja gehören zu den Highlights von Toan. Immer ein Hochgenuss ist die knusprig geröstete Ente mit Crêpe, Lauch und Hoisinsauce.

Ingwer, Kokos, Curry, Minze, Basilikum und andere Kräuter und Gewürze mehr werden in den sensiblen Händen des vietnamesischen Küchenchefs Toan deutlich, aber nie überstrapazierend eingesetzt. Der kunstvoll gedrechselte Tintenfisch mit Knoblauch und würziger Saté-Kruste gehört zu den Klassikern der Küche. Die lackierte Ente auf heißer Platte möchten wir ebenso wenig missen, wie die gegrillten Garnelen im knusprigen Schinkenmantel mit Reispapier und Kräutern. Bei der Sommerrolle mit Schwein, Garnele, Minze und Koriander müssen die Gäste ein wenig mitarbeiten – wer Zigaretten drehen kann, hat es leichter. Im Sommer schmecken gegrilltes Hähnchenfilet mit frischem Zitronengras sowie Papaya- und Glasnudelsalat besonders gut. Für uns bleibt Toan weiterhin die Nr. 1 der vietnamesischen Küche in Frankfurt.

Toans Schwester Thi Ngoc-Anh erklärt die Speisen in bestem Deutsch. Das Lokal blüht im Sommer durch seine kleine Terrasse auf. Neben einigen bemerkenswerten französischen Weinen gibt es auch einen guten Prosecco sowie Lotus-Tee aus Vietnam.

Toan, Frankfurt, Friedberger Anlage 14, Tel (069) 44 98 44. Geöffnet: Di.-So. 12 – 14:30 & 18 – 23. Geschlossen: Samstagmittag, Montag.

Vorspeisen 4 – 8,50 €, Hauptgerichte 12 – 21 €.

LF

 




Vorhang auf für die neue Emma Metzler

Anton de Bruyn serviert junge Bistroküche in heiterer Atmosphäre

 

Von Ludwig Fienhold

 

Der Main schlägt Wellen: Nach über einem Jahr der Leere wird im März das Museumsufer-Restaurant Emma Metzler mit neuem Leben erfüllt. Anton de Bruyn, Küchenchef und Betriebsleiter in Personalunion, setzt dabei auf eine junge Küche , pralle Farben und lässige Atmosphäre. Die neue Emma hat mit der alten Emma nichts mehr zu tun und wurde komplett erneuert, nur der Räuchereiche-Parkettboden mag noch ein wenig an die vergangenen Zeiten erinnern.

Emma Metzler InnenMan könnte meinen, in der neuen Emma Metzler müsste sich auch Astrid Lindgrens unsterbliche Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf wohlfühlen, doch hinter dem amüsanten Design und den kindlich anmutenden Baukastenelementen stecken schöne Design-Ideen mit praktischem Inhalt  –  die verschiebbaren Elemente beispielsweise dienen dem Service als Stauraum für Gläser, Geschirr und anderes mehr. Dadurch müssen die Mitarbeiter nicht ständig den Raum verlassen und können näher am Gast bleiben. Eine schwungvolle Lichtergirlande breitet sich über dem Lokal aus, als hätte sie gestern noch einen Partykeller beleuchtet. Das Unprätentiöse ist Absicht, der heitere Schick wurde nicht überstrapaziert. Das Ergebnis ist ein Gute-Laune-Lokal zum Wohlfühlen. „Es soll ungezwungen und frei zugehen“, meint Anton de Bruyn. „Ich möchte einen Ort, der von der Atmosphäre lebt und sich optisch verändert und weiterentwickelt.“ Auf die massiven unbehandelten Ahornholztische kommen keine Tischdecken, die Frankfurter Bistro-Stühle sind Designklassiker aus den 30er Jahren, wobei alle 80 Stück von Anton de Bruyn und seinen Freunden selbst aufgemöbelt wurden. Die Emma Metzler bietet 80 Plätze innen, 60 auf der Terrasse. Die (Park)Terrasse zählt zu den schönsten Plätzen der Stadt.

Das Konzept der Küche mag ebenfalls nach Understatement klingen, wenn Anton de Bruyn von jungen modernen Bistro-Gerichten spricht, die keinen verrückten Kombinationen bieten und das Einfache mit einem kreativen Dreh verbinden wollen. Doch genau wie alle anspruchsvollen Köche, stellt auch Anton de Bruyn das Produkt in den Mittelpunkt. Immerhin kann er mit seinen 28 Jahren auf einige erstklassige Berufsstationen zurückblicken, darunter die Sterne-Restaurants Piment (*) in Hamburg, das Victor´s von Christian Bau (***) in Perl Nennig oder das Steirereck (**) in Wien. In Frankfurt wurde er durch seine Mitarbeit im Chairs bekannt. Die Emma Metzler ist das erste eigene Restaurant von Anton de Bruyn

Emma MetzlerAm Eingang der neuen Emma Metzler wartet ein langer Stehtisch, den man zur Wartezeit nutzen kann oder für ein erstes oder letztes Glas Wein. Grundsätzlich sind zu jederzeit auch Gäste willkommen, die nur etwas trinken wollen, Wein oder Kaffee vom jungen Frankfurter Startup Due Mani. Die Weinkarte wird europäisch mit Schwerpunkt Deutschland, Österreich, Frankreich. Es soll dabei auch Flaschen von Cool Climate von Christian Lebherz geben, der in der Berliner Straße in Frankfurt seine eigenwilligen bis charakterfesten Tropfen anbietet.

Die alte Emma Metzler schloss am 26. Dezember 2015. Schon bald danach wurden sich Anton de Bruyn und der das benachbarte Museum für Angewandte Kunst als Vermieter einig. Man hätte schon gerne im Frühling 2016 eröffnet, doch solche Schnelligkeit darf man bei den städtischen Mühlen nicht erwarten. Immerhin sollten der neue Pächter und einige ebenfalls handwerklich talentierte Mitstreiter wenig später einiges selbst in die Hand nehmen, seit Monaten konnte man sie hämmernd, sägend und malend erleben. Jetzt wird am 31. März offiziell der Vorhang geöffnet.

Emma Metzler, Frankfurt, Schaumainkai 17. Mittagessen, Kaffee & Kuchen, Abendessen. Geöffnet ab 31. März Dienstag – Sonntag, 12 – 22 Uhr. 

 

Photocredit: Barbara Fienholod




Muss die Ente in Wiesbaden Federn lassen?

Das Grandhotel Nassauer Hof stellt sich neu auf

 

Cem Yoldas löst Egbert Engelhardt

beim Consortium ab

 

Das Restaurant Ente im Grandhotel Nassauer Hof in Wiesbaden gehört zu den Wegbereitern des deutschen Küchenwunders, das vor über 40 Jahren begann. Der ingeniöse Marketingmeister Hans-Peter Wodarz, der im Nebenberuf auch Küchenchef war, brachte den Betrieb einst zum Laufen, den gerade die letzten Jahre Michael Kammermeier mit bemerkenswerten Gerichten kulinarisch unterfütterte. Der Nassauer Hof befindet sich im Umbruch, es stehen Veränderungen ins Haus, die nicht nur die Logis, sondern auch die Gastronomie betreffen. Der langjährige Restaurantleiter der Ente und jetzige Food & Beverage Manager, Cem Yoldas, verlässt das Hotel und tritt ab Mai als Geschäftsführer die Nachfolge von Egbert Engelhardt bei der Consortium Gastronomie in Wiesbaden an. Dieses vielseitige Unternehmen ist bei weitem kein gewöhnlicher Caterer und Eventgestalter und arbeitet mit einem herausragenden Team von teilweise ehemaligen Sterneköchen, wobei Egbert Engelhardt als Spitzenkoch einst mit dem Grauen Haus im Rheingau das seinerzeit beste Restaurant der Region betrieb. Cem Yoldas hinterlässt beinahe schon so etwas wie eine Fangemeinde, denn er war mehr als ein Restaurantchef und nicht selten Seelentröster. Das Restaurant „Ente“ bekräftigt jedoch den festen Willen auch weiterhin herausragende Leistungen zu zeigen: „Wir wollen mit der Ente Höhenflüge unternehmen und sind in der Küche und im Service nach wie vor sehr gut aufgestellt“, meint Küchenchef Michael Kammermeier. Die noch relativ neue Sommeliere Marcella Pickeleien hat mit Gastfreundlichkeit und Kompetenz die Gäste auf ihre Seite bringen können, wobei sie immerhin in die großen Fußstapfen von erstklassigen Vorgängern wie Kai Schattner und Sebastian Mac Lachlan Müller treten musste.

Restaurant Ente

Restaurant Ente

Das Grandhotel Nassauer Hof befindet sich in dem größten Umbruch seiner Geschichte. Die Visitenkarte war stets das Restaurant „Ente“, anfangs noch „Ente vom Lehel“ genannt, weil HP Wodarz dort im Münchner Viertel einst zu Hause war. An diesem Aushängeschild Hand an zu legen, wäre sicher der größte Fehler des Hotels überhaupt.  Die anderen beiden Outlets im Haus, die Orangerie und das Enten-Bistro, haben nicht die gleiche Wertigkeit und stehen derzeit auch durchaus zur Disposition. Der Bismarck unter den Hoteliers, Karl Nüser, ist als Lotse schon 2013 von Bord gegangen und hat sich aus dem operativen Geschäft verabschiedet. Er mag zwar mit gewisser Strenge regiert haben, ließ aber gerade der Gastronomie viel Freiraum, zumal er sich insbesondere in diesem Bereich auf hoch ambitionierte Mitarbeiter verlassen konnte, unter denen der Food & Beverage Manager Harald Schmitt stellvertretend genannt sei.

Michael Kammermeier

Michael Kammermeier

Der Nassauer Hof wird Ende des Jahres umgestaltet. Statt 159 Zimmern und Suiten soll es nur noch 100 Suiten sowie 12 Luxus-Apartments als Eigentumswohnungen mit Hotelservice geben. Die Führungsebene beim Nassauer Hof hat sich inzwischen verschoben. Maßgebend beteiligt ist der Kölner Unternehmer Dirk Iserlohe, der auch die Mehrheit an der Dorint-Gruppe hält. Seit Anfang des Jahres führt beim Grandhotel Nassauer Hof Constantin von Deines die Geschäfte, der zuvor in leitender Position verschiedene Dorint-Hotels führte. Im Gegensatz zum Nassauer Hof steht der Name Dorint nicht für herausragende kulinarische Leistungen. Karl Nüser macht dabei deutlich, dass der Nassauer Hof eigenständig bleibe und nicht als Dorint-Hotel geführt werde. Angesichts der Entwicklung beim Parkhotel Bremen auch die einzig richtige Entscheidung – seit der Übernahme durch Dorint wurde es kulinarisch ins Abseits geführt.

Ludwig Fienhold