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Gault & Millau Weinguide 2018: Die besten Winzer Deutschlands

Horst & Sandra Sauer

aus Franken sind Winzer

des Jahres 2018

 

Zum 25. Mal zeichnet der Gault & Millau Weinguide die besten Winzer und Weine Deutschlands aus. Zu „Winzern des Jahres“ kürte die Redaktion Horst und Sandra Sauer aus Franken. Außerdem erhielten erstmals drei trockene Weine die Höchstnote von 100 Punkten.

Der Gault & Millau Weinguide Deutschland versteht sich als kompetenter und genüsslicher Wegweiser zu den besten Weingütern Deutschlands. Das Team um die neue Chefredakteurin Britta Wiegelmann begutachtete und bewertete für die Ausgabe 2018 über 11.000 Weine. 965 von 1034 getesteten Betrieben erscheinen im Buch. Britta Wiegelmann fasst ihre Eindrücke zusammen: „Die deutsche Weinszene erlebt momentan einen einzigartigen Moment. Noch nie haben so viele junge, bestens ausgebildete Winzer die Szene mitgeprägt. Und gleichzeitig sind da unsere Ikonen: jene Garde von Winzern, die sich seit Jahrzehnten und oft ohne großen Lärm für die Pflege der historischen Terroirs einsetzt und mit ihrer Kompetenz und Kontinuität das Gesicht des deutschen Weins im In- und Ausland prägt. Ihnen verdanken wir, wo der deutsche Wein heute steht: auf Weltklasse-Niveau. Dass diese beiden Generationen, mit all ihren unterschiedlichen Ideen und Philosophien, so harmonisch und inspiriert zusammenspielen, ist einmalig.“

 

Winzer des Jahres:

Horst und Sandra Sauer aus Franken

Sandra & Horst Sauer

Sandra & Horst Sauer

Zu Winzern des Jahres kürt die Redaktion Horst Sauer und seine Tochter Sandra aus Escherndorf in Franken. „Dank Horst und Sandra Sauers energischem und genussvollen Bekenntnis zum Silvaner in allen Facetten feiert diese alte Rebsorte heute ungeahnte Erfolge und ist zum Symbol der Frankenwein-Renaissance geworden“, würdigt der Gault & Millau das Duo. „Was der immer unter Strom stehende Winzer zusammen mit seiner Tochter an Weinen über eine lange Zeit hinweg erschafft – das ist außergewöhnlich. Vor allem den Silvaner aus der weltberühmten Lage Escherndorfer Lump dekliniert keiner so wie sie: vom genüsslichen Trinkwein über das Große Gewächs bis hin zu hinreißenden Edelsüßen. Aufs Schönste zeigten die Beiden, welche Vielfalt in Deutschlands Rebbergen möglich sei. Für diese Leistung erhält das Weingut vier rote Trauben von fünf möglichen sowie die seltene Höchstnote von 100 Punkten für den Escherndorfer Lump Silvaner Eiswein 2016.

 

Aufsteiger des Jahres:
Stefan Lergenmüller, Schloss Reinhartshausen, Rheingau

Zum Aufsteiger des Jahres wählten die Experten Stefan Lergenmüller, Inhaber von Schloss Reinhartshausen im Rheingau. Das Gut blickt auf über 600 Jahre Weinbautradition zurück, verfügt über ein Portfolio von herausragenden Lagen und eine legendäre Schatzkammer von Weinraritäten. In den letzten Jahrzehnten lag es jedoch im Dornröschenschlaf. Dank Lergenmüller, so die Redaktion, sei es nun neu erwacht. „Mit Pfälzer Ruhe steuerte er selbstbewusst und mit jungem Team das Flaggschiff der Rheingauer Weinkultur in nur fünf Jahren aus der Schlagseite. Strahlende Rieslinge mit präziser Lagendifferenzierung zeichnen den neuen Kurs aus.“ Vor allem aber habe Stefan Lergenmüller eine Gesamtvision für das Gut entworfen, „geprägt von Exzellenz, Weltoffenheit, Nachhaltigkeit und Gastfreundschaft.“ Die Gault & Millau-Equipe vergibt dafür vier Trauben und ist überzeugt: „Die Renaissance von Schloss Reinhartshausen hat gerade erst begonnen.“

 

Entdeckung des Jahres:
Stefan Müller, Mosel

Die Entdeckung des Jahres kommt aus dem Anbaugebiet Mosel, genauer gesagt von der Saar. „Der 28-jährige Stefan Müller ist ein Junger, doch er macht Weine wie ein alter Hase. Er erfindet nichts neu und ist doch resolut modern. Mit Weinen, die von Handwerk und Herkunft erzählen, bringt er die unbekannteren Terroirs der Saar zu Klingen“, so die Redaktion – und sagt voraus: „Dieser junge Winzer wird in zehn Jahren zu den Großen gehören.“

 

Erstmals 100 Punkte auch für trockene Weine

Fünf Weine zeichnet der Gault & Millau 2018 mit der Höchstnote von 100 Punkten aus. Erstmals erhalten dabei auch drei trockene Weine die Bestnote. “Was in deutschen Weinregionen Jahr für Jahr entsteht, ist Weltklasse,“ sagt Britta Wiegelmann. „Überdies waren 2015 und 2016 zwei qualitativ außergewöhnliche Jahrgänge, die außergewöhnliche Weine hervorgebracht haben.“ Es werden erstmals 100 Punkte übergreifend in allen Kategorien gegeben. Diese Ausnahmeweine sind:

2016 Forster Kirchenstück Riesling GG
Weingut Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan, Pfalz

2015 Malterdinger Bienenberg Spätburgunder GG Wildenstein Weingut Bernhard Huber, Baden

2015 Bürgstadter Hundsrück Spätburgunder GG Weingut Rudolf Fürst, Franken

2016 Escherndorfer Lump Silvaner Eiswein Erste Lage Weingut Horst Sauer, Franken

2016 Lenchen Riesling Große Lage Auslese Weingut Peter Jakob Kühn, Rheingau

 

Fünf neue 5-Trauben-Güter

Fünf Betriebe steigen neu oder wieder in die 5-Trauben-Gruppe auf und reihen sich damit in die Kategorie „Weltklasse“ ein: die Weingüter Aldinger (Württemberg), Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan (Pfalz), Dr. Heger (Baden), Markus Molitor (Mosel) sowie Joh. Jos. Prüm (Mosel). Damit umfasst die Spitzengruppe nun insgesamt 18 Betriebe, mehr als je zuvor.

 

3848 Empfehlungen unter 10 Euro

Mit seinem neuen Redaktionskonzept führt der Gault & Millau unter anderem eine Punkteschwelle ein. Nur Weine, welche die Hürde von 84 Punkten nehmen, erscheinen im Guide. „Damit möchten wir den Blick deutlich mehr als bisher auf das Gelungene und Empfehlenswerte lenken“, so Britta Wiegelmann. 3848 dieser Empfehlungen liegen preislich unter 10 Euro.

Neu: Verkostungsnotizen

Als weitere Neuerung enthält der Guide neben den Weinbenotungen auch Verkostungsnotizen. Nicht unbedingt die Besten werden dabei herausgehoben, sondern Weine, die das Team – darunter Janek Schumann, Otto Geisel und Natalie Lumpp – auf ganz persönliche Weise beeindruckt oder berührt haben.

 

18 x 5 Trauben:
Die besten Weingüter

Weingut Aldinger, Württemberg
Weingut Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan, Pfalz Weingut Hermann Dönnhoff, Nahe
Weingut Forstmeister Geltz Zilliken, Mosel
Weingut Rudolf Fürst, Franken
Weingut Fritz Haag – Dusemonder Hof, Mosel
Weingut Dr. Heger, Baden
Weingut Bernhard Huber, Baden
Weingut Keller, Rheinhessen
Weingut Knipser, Pfalz
Weingut Peter Jakob Kühn, Rheingau
Weingut Schloss Lieser – Thomas Haag, Mosel
Weingut Markus Molitor, Mosel
Weingut Egon Müller – Scharzhof, Mosel
Weingut. Jo. Jos. Prüm, Mosel
Weingut Ökonomierat Rebholz, Pfalz
Weingut Schäfer-Fröhlich, Nahe
Weingut Robert Weil, Rheingau

 

5 x 100 Punkte:
Die besten Weine 

2016 Forster Kirchenstück Riesling GG
Weingut Geheimer Rat Dr. von Bassermann-Jordan, Pfalz

2016 Lenchen Riesling Große Lage Auslese Weingut Peter Jakob Kühn, Rheingau

2015 Malterdinger Bienenberg Spätburgunder GG Wildenstein Weingut Bernhard Huber, Baden

2015 Bürgstadter Hundsrück Spätburgunder GG Weingut Rudolf Fürst, Franken

2016 Escherndorfer Lump Silvaner Eiswein Erste Lage Weingut Horst Sauer, Franken

 

So bewertet der Gault & Millau Weinguide Die Bewertung der Betriebe

5 Trauben: 4 Trauben: 3 Trauben: 2 Trauben: 1 Traube: Blatt:

Rote Trauben:

Weltklasse Deutsche Spitze Sehr gut
Gut Aufstrebend Empfehlenswert

Diese Betriebe bilden die Spitze ihrer Kategorie

Die Bewertung der Weine

99 bis 100 Punkte: Einzigartig

Weine, die man nicht mehr besser machen kann. Wahre Weltklassegewächse mit Potenzial für Jahrzehnte.

95 bis 98 Punkte: Herausragend

Außergewöhnliche Weine von höchster Harmonie, Eigenständigkeit, Vielschichtigkeit, Finesse und Eleganz. Für die Reife gemacht.

90 bis 94 Punkte: Ausgezeichnet

Beeindruckende Weine mit großer Komplexität und Tiefe, ausgeprägter Typizität und sehr gutem Reifepotenzial.

86 bis 89 Punkte: Sehr gut

Sehr gute Weine mit Ausdruck und Charakter sowie einem guten Reifepotenzial.

84 bis 85 Punkte: Gut

Ausgewogene, rebsortentypische Weine. Von der Qualität deutlich über dem Durchschnitt.

Weine unter 84 Punkten erscheinen nicht im Buch.

 

ZS Verlag
Gaul t& Millau Weinguide
Deutschland 2018,
960 Seiten, 39,99 € 

 

 




Champagner: Newcomer, Entdeckungen & süffige Erotik

Champagner en Vogue

 

Frankfurt ist immer für einen Rausch zu haben, aber selten auf einem so hohen Niveau wie bei der Champagner-Verkostung im Holzhausenschlösschen. „Champagner en Vogue“ fand nun zum zweiten Mal dort statt und lieferte viele junge und erstklassige Champagner-Winzer, Raritäten und Entdeckungen. Allein der Bio-Pionier der Champagne, Fleury, hätten mit seinen fünf Spitzen einen Besuch gelohnt, aber es gab noch weitere aufregende vierzig Flaschen zu probieren.

Yann Vadin

Yann Vadin

Der Logos d´Héraclite Rosé de Saignée 2005 ist eine absolute Rarität. Es gibt von diesem Pinot Noir Champagner nur 814 Flaschen, Traube für Traube wird per Hand selektioniert. Timothée Stroebel, der besonnene Winzer aus dem 1er Cru Dorf Villers-Allerand, gönnt seinem Ausnahme-Rosé acht Jahre Ruhe auf der Hefe. Das Ergebnis ist ein tiefgründiger, sehr weiniger und nach Waldbeeren schmeckender Champagner von faunischer Finesse. 75 € für ein solches Erzeugnis aus einem Top-Terroir sollten für Liebhaber kein Problem sein. Eine ausgezeichnete Kollektion präsentierte Yann Vadin von Vadin-Plateau. Seine sieben Champagner überzeugten auf ganzer Linie (26 – 70 €). Der Pinot Noir basierte Bois des Jots, von dem es nur 266 Flaschen gibt, ist vielschichtig, aber auch so stark und lustvoll im Trinkfluss, dass man ihn mit gedankenlosem Genuss wegschlabbern kann. Superb auch der Chene la Butte, ein Chardonnay, der ebenfalls aus einer 1er Cru Einzellage kommt. Von Jahr zu Jahr besser wird Guillaume Sergent, der genau so frisch und lebendig wie seine Champagner sind.  Glasklar und präzise im Ausdruck, schwebt der Chardonnay-Champagner Les Prés Dieu fein perlend über die Zunge. Durch seine salzige Mineralität und eine beschwingte Zitrusnote animiert er zum zweiten und dritten Glas und ist damit bestens als Aperitif geeignet und überhaupt für die Gastronomie gut einsetzbar, wo die Gäste ja nicht nach einem Gläschen aufhören sollen.

Benoit Fleury

Benoit Fleury

Périne Baillette ist so zauberhaft, dass man ihr auch Wasser abkaufen würde, zum Glück erzeugt sie aber sehr persönliche Champagner von feinsinniger Struktur. Ihre beiden Blanc de Noirs „Coeur de Craie“ werden in Eichenholzfässern ausgebaut und verströmen ein dezent würziges, elegant fruchtiges Weinaroma. Thomas Perseval erzeugt knochentrockene Weine, aber nicht solche, bei denen man auf Kreide beißt. Seine Grande Cuvée  (Pinot Noir, Meunier, Chardonnay) entstammt selektionierten Einzellagen. Das Ergebnis ist ein komplexer Champagner mit spannender Fruchtaromatik und kräuterwürzigem Finale. Benoit Fleury präsentierte die Champagner seiner Familie, die als erste biodynamischen Weinanbau in der Champagne betrieb. Der Bolero, ein Blanc de Noirs Jahrgangschampagner, hat einen stahlig-kühlen Kern, der jedoch in Samt und Seide gehüllt wird. Wenn man diese Praline auspackt, so entfaltet sich ein harmonisches Duftspektrum aus Vanille, Quitten und Limonen. Eine Prise extravaganter zeigt sich der ebenfalls extra-brute Sonate 2011 aus Pinot Noir und Chardonnay. Der maskuline und sehr puristische Charakter wird durch schöne Buttrigkeit geschmeidig gemacht und erhält von delikaten Nuancen aus Apfel, Datteln, Brioche, Walnuss und Mandeln einen leicht weihnachtlichen Glanz. Ein weiterer Feingeist ist die Cuvée Robert Fleury 2005, eine im Eichenfass ausgebaute Rarität aus Pinot Noir, Chardonnay, Pinot Blanc und Meunier. Dieser wunderbar gereifte Champagner liegt acht Jahre auf der Hefe und gewinnt dadurch eine satte Statur mit Tiefgang. Aus dem Glas steigt ein flamboyanter Duft aus Bäckerei, kandierten schwarzen Früchten, Tabak, Kaffee und orientalischen Gewürzen. Dieser Champagner erreicht eine süffige Erotik, wie sie nur die Besten der Spezies erreichen.

Champagner AvantgardeGrundsätzlich setzt die bei „Champagner en Vogue“ vertretene junge Avantgarde auf Bio-Qualität und eine sehr trockne Art von Brut bis Extra Brut, Null-Dosage ist keine Ausnahme. Die Veranstalter dieser exquisiten Weinmesse gönnen den 130 Gästen einen exklusiven, intimen und kommunikativen Rahmen. Stéphane Drieux, der aus Reims in der Champagne stammt, hat sich gemeinsam mit seiner deutschen Frau Julia auf handgefertigte Champagner spezialisiert. Die beiden bieten in ihrer eBoutique über 130 verschiedene Champagner online an.

Ludwig Fienhold

 

Julia & Stéphane Drieux

Julia & Stéphane Drieux

Bezugsadresse

 

2drieux Champagner Selektion

Julia & Stéphane Drieux
, Frankfurt
 (069) 878 759 97

Mobil 0173 738 51 61

champagner@2drieux.de

www.2drieux.de

 

Photocredit: Barbara Fienhold

 

 

 

Champagner-Handtaschenhalter

TH-Kollektion ChampagnerDer beste Freund der Frau mag ein Champagner sein, doch der schönste und nützlichste ist ein Handtaschenhalter im Champagner-Look von Emilie Dux Design. Dort gibt über 100 verschiedene Einzelstücke, bei denen die unterschiedlichsten Champagner-Kapseln zu besonders individuellen Schmuckstücken verarbeitet wurden. Hier geht es zur Webseite: www.dux-design.de

 




Besser zarte Ente als fette Gans

Unsere Favoriten

fürs Hochgeflügel

 

Keine Zeitungsente: Ente ist besser als Gans. Das Fleisch ist feiner und geschmacksreicher, dabei weniger fett und nicht faserig. Im Resultat flattert die Ente auch nicht so im Magen herum und erweist sich als gut verträgliches Tierchen. Während die Gans vor allem im November und Dezember Saison hat, ist die Ente das ganze Jahr über zu haben, wobei sie im Winter am besten schmeckt. Die Ente im Ofen macht warm ums Herz, vor allem in einem Restaurant, das sich auf die Zubereitung versteht. Ob Barbarie Ente, Nantaiser Ente oder die von Harald Wohlfahrt so geschätzte Nobis Ente vom gleichnamigen Geflügelhof auf den norddeutschen Weiden in Bakum, jede Küche hat ihr eigenes Erfolgsrezept. Das genialste Enten-Gericht stammt vom seligen Helmut Thieltges vom Waldhotel Sonnora in Wittlich in der Vulkan-Eifel, seine Ente aus der Challans mit orientalischer Gewürzhaut und Orangen-Ingwer-Sauce bleibt unvergessen.

Knusprige Challlans Ente

Knusprige Challlans Ente im Restaurant Ente

Die Leiter

Leiter-Restaurantleiter Fernando (r.)

Das Wappentier vom Restaurant Ente im Nassauer Hof in Wiesbaden steht immer in irgendeiner Variante auf der Speisekarte. Die Heide-Ente aus dem Rohr ist ein Klassiker, die gehobelte Entenleber mit Quitte, Quittengelee, Kakaosplittern und Salzbutterbrioche könnte man täglich essen, und die Challans-Ente gehört zum Besten, was man überhaupt bekommen kann. Die rosa gebratene Ente ist ein Bravourstück.von Küchenchef Michael Kammermeier und seinem Team. Sie ist saftig, zart und feinaromatisch, doch die ganz große Pointe setzt die knusprige und umwerfend gut gewürzte karamellisierte Haut. Schwarzer Pfeffer, Szechuanpfeffer, Senfkörner, Fenchelsaat, Piment, Koriander, essbare Lavendelblüten, Steineichenhonig und Meersalz sind die Grundlage dafür. Und Paradieskörner, auch Guineapfeffer genannt. Dieser dient nicht nur als Gewürz und Heilkraut, man kann auch Rauschmittel daraus machen. Wir sind jedenfalls süchtig nach dieser Ente. Michael Kammermeier variiert die Canards de Challans und wählt als Begleitung Kürbisspätzle, Rosenkohl und Zimtblütenjus oder Sellerie Pumpernickel-Knödel, Pfifferlinge und Chicorée. Sehr schön auch die Challans-Ente mit Bohnencreme, Pfirsichspalten und Steinpilzen. Kammermeier gehört zu den wenigen Köchen in Deutschland, die auch mit einer Entenpresse arbeiten – ein schönes Schaustück, das eine wunderbare Sauce aus Entensaft, Cognac und Madeira ermöglicht.

Die Ente von Erno´s Bistro

Die Ente von Erno´s Bistro

Einer der Klassiker in Erno´s Bistro im Frankfurter Westend ist die grandios zubereitete Dombes-Ente von Miéral in zwei Gängen: Entenbrust mit einer krossen Gewürzkruste mit Szechuanpfeffer in einer hinreißenden, aus der Entenkarkasse gezogenen Jus nebst Spitzkohl-Cannelloni mit Haselnusscrème sowie angebratenem Pfirsich. Als zweites Enten-Highlight folgen butterzarte Stücke aus der Keule mit knuspriger Haut in einer glanzvollen Boullion mit Ingwer, Chili, Limetten und Koriander. Der zweite Keulchen-Gang schmeckt sogar noch ein Quäntchen besser als die Brust. Der langjährige Küchenchef des Restaurants Die Leiter an der Frankfurter Freßgass, Alexander Gschaider, sorgt gegen Ende des Jahres immer wieder für eine ausgezeichnete Barbarie-Ente, die Restaurantleiter Fernando stets mit Freude am Tisch tranchiert(siehe Bild rechts oben). Die zarte Ente mit krosser Haut hat einen optimalen Umgang erfahren. Sie wurde mit einem Semmelknödel gefüllt, der das überschüssige Fett gut aufsaugt, ohne dabei selbst fett und nur saftig zu sein. Die aus der Karkasse gezogene und mit vielen Gewürzen sowie einem Hauch Orange perfekt abgestimmte Sauce wird glücklicherweise zusätzlich á part in der Sauciere serviert, die man bis zum letzten Tropfen begeistert austunken wird. Diese famose Sauce wird obendrein mit einer Leichtigkeit entworfen, wie man dies eher selten erlebt. Zur Ente gibt es karamellisierte Maronen und einen lange marinierten, saftigen und aromatischen Rotkohl.

Jumeirah

Jumeirah

Das Frankfurter Hotel Jumeirah und sein Max on One bieten nicht nur normale Hotelküche, Küchenchef Nils-Levent Grün zeigt bei einigen Gerichten, was wirklich in ihm steckt. Die Roasted Duck sweet-sour ist der Höhepunkt der Speisekarte. Dieses saftstrotzende würzige Fleisch, umrahmt von krosser Kruste, gehört jedenfalls auch zu den schönsten Enten-Gerichten in Frankfurt.

Ludwig Fienhold

 

 




Atelier Wilma: Ein Gastro-Krimi und kein Ende

Alex Sadowczyk

will neu starten

 

Ein Gastronov, ein Graf, ein Michelin-Tester und ein junger Koch kommen in einem kleinen Frankfurter Restaurant zusammen und sorgen für eine bizarre Story, die es so noch nicht in der deutschen Gastronomie gegeben hat. Dass dabei ein unerträglicher Aufschneider auf der Strecke blieb, mag man als Lauf der Gerechtigkeit werten. Doch ein bislang im Schatten stehender Koch kann nun endlich die Öffentlichkeit und vielleicht auch die Anerkennung bekommen, die er wahrscheinlich verdient hätte. Alexandre Sadowczyk ist jetzt wieder der Küchenchef des umstrittenen Frankfurter Restaurants Atelier Wilma, wobei er dort bis Dezember 2016 auch schon Küchenchef war. Er war jedenfalls so lange offiziell Küchenchef, bis das Atelier Wilma einen Michelin-Stern erhielt, den sich der seinerzeitige Inhaber des Restaurants, Michael Riemenschneider, sogleich auf die Küchenjacke nähen ließ, obwohl er nach der Wahrnehmung seines Küchenchefs Alex Sadowczyk selbst eher selten am Herd stand. In einem TV-Beitrag für die Sendung „Mein Lokal, Dein Lokal“ stellt Riemenschneider Alex Sadowczyk auch entsprechend als seinen Küchenchef vor.

Alex Sadowczyk (r.), Fabian Hildebrandt

Alex Sadowczyk (r.), Fabian Hildebrandt

Wie von uns berichtet, ging Michael Riemenschneider am 1. Mai in die Insolvenz. Dann kaufte Carl-Philip Graf zu Solms das Lokal Atelier Wilma und feuerte den bisherigen Betreiber Riemenschneider fristlos, weil er sich von ihm betrogen und bestohlen fühlt. Eine entsprechende Strafanzeige wurde vor zwei Wochen bei der Staatsanwaltschaft in Frankfurt gestellt. Michael Riemenschneider wird darin unter anderem vorgeworfen, Weine und Waren aus dem Restaurant entwendet zu haben. Wieso aber hatte sich Graf zu Solms überhaupt mit einer solch zweifelhaften Gestalt wie Riemenschneider eingelassen, dessen ramponierter Ruf längst bekannt war? In einem persönlichen Gespräch räumte Graf zu Solms eine gewisse Fehleinschätzung ein, glaubte aber die Lage und vor allem Riemenschneider im Griff zu haben. Dass er ihm nicht wirklich vertraute, belegen indes auch die Zeugenaussagen von Angestellten und eines Freundes, die Graf zu Solms zu erhöhter Aufmerksamkeit gegenüber Riemenschneider anhielt. Während viele Medien ihre kritische Haltung gegenüber Riemenschneider aufrecht erhielten, brachte die Frankfurter Rundschau einen naiven und einseitigen Bericht, in dem Riemenschneider unerwidert auftischen konnte, was er wollte. Auch der Restaurantführer Michelin interessiert sich offenbar nicht für Hintergründe und lichte Wahrheit. Dass man sich ein offenkundig instabiles Lokal mit einem hochstapelnden Betreiber nicht näher anschaute und hinterfragte, ist fahrlässig genug. Dass man einem solchen No Name aber gleich einen Stern im ersten Jahr verlieh, wo die Testphase zirka sechs Monate als Zeitrahmen betrug, entspricht keineswegs den Ansprüchen eines Michelin. Verwunderlich auch, dass Riemenschneider bereits Wochen vor Erscheinen des Michelin sicher war, einen Stern zu bekommen und dies am 26. Oktober in die Welt posaunen ließ.

Jakobsmuschel

Jakobsmuschel

Alex Sadowczyk steht seit der Eröffnung vom Atelier Wilma im März 2016 am Herd. Bereits im Dezember 2016 verließ er das Restaurant, um sich „nach anstrengender Zeit“ eine längere Pause zu gönnen. Nach seinem Weggang ging es turbulent im Atelier Wilma zu. Plötzlich kochte der damalige Restaurantleiter Max Schnell dort für einige Monate selbst, weil Riemenschneider angeblich „krank“ war. Am 1. Mai musste Riemenschneider Insolvenz anmelden. Im September wollte Graf zu Solms das Atelier Wilma als neuer Besitzer unter dem erweiterten Namen „Atelier Wilma by Michael Riemenschneider“ wieder eröffnen. Dazu kam es nicht mehr, weil das Vertrauen längst Risse hatte, bis es zum endgültigen Bruch kam und Riemenschneider laut Aussage von Graf zu Solms Ende Oktober fristlos entlassen wurde.

US Beef

US Beef

Wie auch immer das unappetitliche Geschehen bislang verlief, jetzt kann das Atelier Wilma einen Neuanfang wagen. Der Name des Lokals und das Konzept sollen Ende Januar 2018 geändert werden. Küchenchef Alex Sadowczyk ist ein bescheidener, ruhiger junger Koch (27), der sich auf gute Stationen stützen kann. Er arbeitete als Jungkoch im Restaurant Jules Verne von Alan Ducasse im Eiffelturm in Paris, als Chef de Partie im Per Se von Thomas Keller in New York und ebenfalls als Postenchef im Restaurant L´Arnsbourg im elsässischen Baerenthal – allesamt Sterne-Lokale. In Frankfurt hat Alexander Sadowczyk nicht wenige Freunde gefunden, weil er für ein Jahr im Zwei-Sterne-Restaurant Lafleur war, zunächst unter Alfred Friedrich und dann bei Andreas Krolik.

Karottenkuchen nouvelle

Karottenkuchen nouvelle

Die rechte Hand von Alex Sadowczyk ist Fabian Hildebrandt, der zuvor in Österreich und der Schweiz arbeitete und dem Naturell nach gut zu Sadowczyk passt. Mehr an Köchen gibt es nicht, aber das kleine Lokal hat ja auch nur 18 Plätze. Die Küche im Atelier Wilma schlägt keine kreativen Kapriolen und überrascht nicht mit ungewöhnlichen Kombinationen. Es geht recht solide und unspektakulär zu. Gute Produkte werden gut zubereitet. Etwa eine perfekte Tranche vom Rind mit Schalotten, Schwarzwurzel und Rosenkohlblättern. Sehr schön sind auch die Desserts. Auffällig ist von Anfang an und bis jetzt, dass sich viele Pünktchen-Cremes und andere Vorbereitungen auf dem Teller finden, aber kaum Saucen. Auch die aktuelle Speisekarte trägt noch nicht die Handschrift von Alex Sadowczyk. Doch das einstige und nicht von ihm stammende kulinarische Konzept will Sadowczyk nach der dreiwöchigen Winterpause Ende Januar 2018 ändern. „Dann gibt es auch wieder mehr Saucen, gerade zum Fisch.“ Es wäre gut und wichtig, wenn sich der junge Koch von seinen Fesseln befreien könnte und mutig einen neuen Weg einschlagen würde.

Ludwig Fienhold

 

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www.fienholdbiss.de/aktuelles/atelier-wilma-das-ende/

 

www.fienholdbiss.de/aktuelles/atelier-wilma-rauswurf-fur-michael-riemenschneider/

 

A N Z E I G E

Die Leiter Anzeige

 




Israel Dinner mit Weinen von den Golanhöhen

Das volle Programm: Rheingau Gourmet & Wein-Festival

 

Gal Ben Moshe ist ein ungewöhnlicher Koch mit einer interessanten Biografie. Er wurde 1985 in Israel geboren, begann seine Karriere in Gourmet-Restaurants von Tel Aviv und stand dann in London im Berkeley bei Marcus Weirang und bei Gordon Ramsey im Maze am Herd. Ein weiteres Highlight war für ihn Grant Achatz im Alinea in Chicago, wo er als Souschef arbeitete. Nach so viel geballter Sterne-Küche fühlte sich Gal Ben Moshe stark genug, um 2012 sein eigenes Restaurant zu eröffnen: das Glass in Berlin. Seine moderne israelische Küche ist phantasievoll, kreativ und aromastark. Gal Ben Moshe war bereits 2017 beim Gourmet-Festival dabei. „Er hat ein grandioses Dinner gekocht, unsere Gäste waren begeistert“, erinnert sich Festival-Gründer H.B. Ullrich.

Gal Ben Moshe

Gal Ben Moshe

Bei dem großen Israel-Dinner gibt es zum Menü von Gal Ben Moshe nach dem Aperitif-Champagner israelische und deutsche Weine. Israel nennt sich das älteste Weinanbaugebiet der Erde, denn Noah war der erste namentlich erwähnte Winzer überhaupt. Doch es dauerte lange, bis man von Qualitätsweinen sprechen konnte. Erst Ende des 19. Jahrhunderts begann die Familie Rothschild in Israel mit der Produktion von anspruchsvollen Weinen. Inzwischen ist Israel eines der dynamischsten Weinländer der Welt. Es gibt Partnerschaften zwischen israelischen und deutschen Winzern: Twins. Mit Hilfe von René Salzmanhaben die Festival-Veranstalter diese jeweiligen Twins zum Israel Dinner eingeladen. Die Gäste genießen eine spannende Weinreise durch Israel zu den vulkanischen Golanhöhen, ins kalksteingeprägte Obere Galiläa, ins judäische Bergland und in die Wüste Negev. Aus den verschiedenen Regionen Israels und Deutschlands werden erstklassige Weiß- und Rotweine präsentiert: S.A. Prüm, Mosel (Wehlen Sonnenuhr, 2014 Alte Reben GG) – Recanati-Winery (Marselan 2013) / Kaufmann, Rheingau (2015 Tell Riesling trocken) – Seahorse-Winery (Antoine 2012) / Eymann, Pfalz (2016 Ménage á trois) – Somek Winery (Carignan 2012) /Prinz Salm, Nahe (2007 Johannisberg Wallhausen Riesling Auslese) – Tulip Winery (Espero 2015) / Selbach-Oster, Mosel (2007 Graacher Domprobst Riesling Spätlese) – Tzora Winery (Shoresh 2015) / Schloss Westerhaus, Rheinhessen (2015 Weisser Burgunder trocken Reserve) – Yatir Winery (Yatir Forest 2013). Digestif: Lustau Solera Gran Reserva. Moderation: Romana Echensperger, Master of Wine.

 

Israel Dinner

28. Februar 2018

19.30 Uhr

Kronenschlösschen Eltville-Hattenheim

210,00 Euro

 

Infos & Buchungen

Tickets telefonisch unter +49 (0)6723 640, per E-Mail info@kronenschloesschen.de oder unter www.rheingau-gourmet-festival.de. Diverse Festival-Arrangements mit ausgewählten Veranstaltungen werden mit Übernachtungen im Hotel Kronenschlösschen angeboten. 

Hier finden Sie das komplette Programm

 

 




Demarchi Bar: Sexy Music & Coole Drinks

Avantgarde mit Latino-Flair:

Ein Abend mit

Carla Casanova

 

Die Demarchi Bar ist ein Chamäleon. Sie verändert aber nicht nur ihre Farben, sondern ihren ganzen Auftritt. Mal ist sie Bar, mal Lounge und dann wieder gemeinsam mit dem Club Azzurro eine ganz besondere Tanz & Show-Allianz. Die Demarchi Bar serviert bei einem richtigen Aperitivo Italiano zu allen Getränken Fingerfood zum Nulltarif, lässt bei der Reihe Capri Colony bekannte DJ´s antanzen und präsentiert Cucina, Amore e Musica mit Live Musik. Für die mystisch-schöne Carla Casanova (im Bild) aus Mexiko geht erneut am 9. Dezember um 21 Uhr der Vorhang auf. Ihre avantgardistische Musik verbindet Deep-, Minimal- und Tech-House mit einer scharfen Prise Latino-Flair.

Hier das ganze Programm mit einem Klick: http://www.demarchibar.de

Demarchi Bar & Tabacchi, Frankfurt, Walther-von-Cronberg-Platz 9, Tel. (069) 68977625. Mo-Do 11-1 Uhr, Fr 11-2 Uhr, Sa 18-2 Uhr, Sonntag geschlossen. 

 

 

Cocktails

Auch aus der Kaffeemaschine

 

Demarchi BarReden Sie kein Mixgetränk! Sagen wir zu Menschen, die sich wirre artikulieren. Für Barkeeper gilt dies auch, je klarer sie sich durch ihre Arbeit ausdrücken, desto besser und eindeutiger ihr Drink. Dandy Bermisa (rechts im Bild) ist ein smarter freundlicher Barkeeper, der Reintönigkeit und Harmonie in einem Drink sucht und keine infantilen Pussyfoot Cocktails serviert. Mit wenigen und gut aufeinander abgestimmte Ingredienzen entstehen exakte Geschmacksbilder, wie beim „Bubble Bath“ aus Holunderblütenlikör, Prosecco und Zitronensorbet von Frankfurts bestem Eis-Salon nebenan, dem Firenze. Klasse auch „Stan´s Journey“ mit kräuterwürzigem Montenegro Bitter aus Bologna, frischem Limettensaft, feinfruchtigen Granadilla-Extrakt und Prosecco. Barchef Dandy, er heißt wirklich so, hat philippinische Wurzeln, kam aber mit 18 Jahren bereits nach Deutschland und lebte zunächst in der weinseligen Schunkelstadt Rüdesheim. Er hat einige Bars in Frankfurt bereichert, unter andere die Luna Bar und das Chinaski. Seit einem Jahr ist er nun Barchef im Demarchi. Ihm zur Seite steht Hamza Bell. Man sollte sich von ihm einmal Vod Cà Phê bringen lassen. Dieser Drink wird in einer originellen vietnamesischen „Kaffeemaschine“ serviert, als Cold Brew mit kräftigem sizilianischem Espresso, Vodka, Limone, Zucker und frischem Himbeersaft. Ob im intimen Separee, auf den Lounge-Sofas, an der langen Theke oder auf der Terrasse, man kann sich je nach eigener Stimmung gut in der Bar platzieren.

Dandy

Dandy

Die Demarchi-Barkeeper mixen auch gerne passende Cocktails und alkoholfreie Drinks zum Essen. Gäste von den Partner-Restaurants Biancalani und A Casi di Tomilaia nutzen die Alternative gerne. In der Bar gibt es außerdem kleine Happen (für jeweils 4 €, von 16 – 23 Uhr), beispielsweise Rigatoni Carbonara oder geschmortes und mit Zimt, Wacholder und Nelken gewürztes Wildschwein. „Capry Colony“ nennt sich eine Gemeinschaftsproduktion der Demarchi Bar und dem Club Azzurro, der als Eventlocation dazugehört. Jeden Donnerstag wird jetzt um 19 Uhr mit Aperitivo Italiano gestartet. Damit ist nicht nur einfach ein Aperitif gemeint, in Italien ist dies ein Get-together mit Wein, Drinks und kleinen Happen. Für den Sound zuständig ist das DJ-Duo Mario Vecera und Martin Kühnel.

Es fällt übrigens auf, dass sonst viele Barkeeper in der Szene nicht gerne lächeln, weil sie vielleicht glauben, dies wäre uncool. Wir erinnern uns aber gut an Davide Demarchi, dessen Todestag jetzt fünf Jahre zurückliegt, und der strahlte, als wäre er der Verwalter der Sonne. Die von ihm gemeinsam mit Patron Tom Bock aufgebaute Demarchi Bar hat nichts an Ausstrahlung verloren.

Demarchi Bar & Tabacchi, Frankfurt, Walther-von-Cronberg-Platz 9, Tel. (069) 68977625. Mo-Do 11-1 Uhr, Fr 11-2 Uhr, Sa 18-2 Uhr, Sonntag geschlossen. 

www.demarchibar.de

 

In der lockerer Folge „Betreutes Trinken“ werden in BISS immer wieder gute Bars vorgestellt.

Photocredit: Barbara Fienhold, Demarchi Bar

 




Vietnams Nr. 1 schließt: Adieu Meister Toan!

Abschied von Frankfurts bestem Vietnamesen

 

Er würzt mit Weisheit und kocht mit Seele. Toan, der vor über zwanzig Jahren von Brüssel nach Frankfurt kam, um hier in der Nähe des Zoos ein eigenes Restaurant zu eröffnen, hat sich mit einer besonders aromafeinen Küche beliebt gemacht. Im nächsten Jahr wird Toan 70, Zeit kürzer zu treten. Toan wird leider am 23. Dezember zum letzten Mal am Herd stehen. Wir sind sehr traurig, dass er geht. Wir sind aber auch froh, dass es einen solchen Koch wie ihn überhaupt gegeben hat.

Toan

Toan

Toan zeigt seit über zwanzig Jahren in Frankfurt, wie man mit Zitronengras, Ingwer und Minze so umgeht, dass daraus kein wirres Crossover, sondern ein präziser abgeschmeckter Genuss voll großer Harmonie wird. Die Speisekarte besteht im Grunde nur aus Evergreens. Die aromatische Bac-Ha-Suppe und mehr noch die delikat-saftige und entbeinte Hähnchenkeule in Tamarinden-Sauce sowie die knusprige Ente in einer Sauce aus Ingwer und Soja gehören zu den Highlights von Toan. Immer ein Hochgenuss ist die knusprig geröstete Ente mit Crêpe, Lauch und Hoisinsauce.

Ingwer, Kokos, Curry, Minze, Basilikum und andere Kräuter und Gewürze mehr werden in den sensiblen Händen des vietnamesischen Küchenchefs Toan deutlich, aber nie überstrapazierend eingesetzt. Der kunstvoll gedrechselte Tintenfisch mit Knoblauch und würziger Saté-Kruste gehört zu den Klassikern der Küche. Die lackierte Ente auf heißer Platte mochten wir ebenso wenig missen, wie die gegrillten Garnelen im knusprigen Schinkenmantel mit Reispapier und Kräutern. Bei den Garnelen in der Mandelhülle begeistert eine Sauce, deren Rezept wir dem Altmeister bis zuletzt nicht entlocken konnten. Die Frühlingsrolle schmeckt so viel besser als überall. Bei der Sommerrolle mit Schwein, Garnele, Minze und Koriander müssen die Gäste ein wenig mitarbeiten – wer Zigaretten drehen kann, hat es leichter. Gegrilltes Hähnchenfilet mit frischem Zitronengras sowie Papaya- und Glasnudelsalat sind nach wie vor ebenfalls eine gute Wahl. Für uns ist/war Toan die Nr. 1 der vietnamesischen Küche in Frankfurt und darüber hinaus eine der sympathischsten Adressen. Seine Schwester Anh erklärt die Speisen in bestem Deutsch. Neben einigen bemerkenswerten französischen Weinen gibt es mit dem Le Colture auch einen ausgezeichneten Prosecco. Die gutmütigen Preise für Essen und Getränke haben es den Gästen leichter gemacht als dem Gastronom. In einigen Wochen wird an gleicher Stelle wieder ein Vietnamese einziehen und nach dem Umbau im neuen Jahr eröffnen. Der Betreiber Khanh Ngoc Luong führt das Lokal Ong Tao (Küchengott) am Dammgraben in der Nähe der Messe.

Ludwig Fienhold

Toan, Frankfurt, Friedberger Anlage 14, Tel (069) 44 98 44. Geöffnet: Di.-So. 12 – 14:30 & 18 – 23. Geschlossen: Samstagmittag, Montag.

 

 




Gault & Millau 2018: Christian Bau ist Koch des Jahres

Tigerpalast und

Villa Rothschild

nicht mehr mit an der Spitze

 

Christian Bau (Bild rechts) wurde vom Gourmet Guide Gault & Millau für seine kosmopolitischen Gerichte von Weltrang zum „Koch des Jahres“ gekürt. Mit 18 Punkten ist auch Nils Henkel von der Burg Schwarzenstein im Rheingau wieder in der Elite angekommen. Aus diesem erlauchten Kreis verstoßen wurden die Villa Rothschild in Königstein und der Frankfurter Tigerpalast. Während der Michelin die Streichung der Sterne von beiden mit Zeitnot erklärte, demonstriert der Gault & Millau Aktualität und vergibt an die Villa Rothschild 15 und an den Tigerpalast nur noch 14 Punkte. Die Gewinner werden heute am Abend in der BMW-Welt in München ausgezeichnet. Dabei werden erstmals die Preisträger des Restaurantguides gemeinsam mit denen des Weingutes prämiert. 

Der neue Gault & Millau fordert mehr öffentliche Unterstützung für die deutsche Küche. Außerdem übt er Kritik an zu viel Technologie am Herd. Eine besondere Würdigung erfahren junge Talente. „Die deutsche Küche ist heute so facettenreich und kreativ wie nie zuvor“, lobt die französische Gourmet Guide  Gault & Millau in seiner jetzt erscheinenden Deutschlandausgabe 2018. „Nur leider: Das ist in der Welt immer noch viel zu wenig bekannt. Während nacheinander die spanische, nordische und südamerikanische Küche, unterstützt durch gezielte Marketingaktivitäten der jeweiligen Regierungen, global gefeiert werden, bleibt das deutsche Küchenwunder eine nationale Angelegenheit.“

Die Restauranttester fordern auch „mehr Anerkennung im eigenen Land für den unschätzbaren Wert einer guten Ausbildung. Die Kochlehre in den deutschsprachigen Ländern ist die beste weltweit – anderswo gilt das Prinzip „learning by doing“. Bei uns lernen junge Menschen noch, wie man eine Sauce ansetzt oder einen Fisch perfekt glasig brät. Schade nur, dass dieses Wissen in den Betrieben oft nicht weitergefördert wird, weil der neueste Trend gerade vorschreibt, dass ein Fisch im Vakuum gegart oder – wie aktuell landauf, landab üblich – geflämmt wird. Wenn in vielen und gerade in jungen deutschen Küchen immer weniger gekocht und immer mehr mit Technologie hantiert wird, dann ist das ein riskantes Spiel, weil überlieferte Fertigkeiten dabei verloren gehen. Wie schön, dass es auf der anderen Seite derzeit wieder mehr junge Köche gibt, die herrlich süffige Béarnaise auftischen, statt nur noch mit der Spritztüte Püreetupfer auf den Teller zu platzieren.“

 

Die neusten kulinarischen Trends

Boris Rommel, Schlosshotel Friedrichsruhe

Boris Rommel, Schlosshotel Friedrichsruhe

Als wichtigste kulinarische Trends beobachten die Tester:

• Ike Jime, die traditionelle japanische Kunst, einen Fisch so zu töten, dass er ein besseres Geschmackserlebnis bietet – und nicht leidet.

• Eine neue Generation von kreativen Asia-Restaurants in Deutschland, die gehobenen kulinarischen Anspruch mit fernöstlicher Aromatik und entspannt-stylishem Ambiente verbinden.

• Die „Ceviche-Invasion“: Als Nachfolger der New Nordic Cuisine sind weltweit die Küchen Südamerikas auf dem Vormarsch – vor allem Peru und Mexiko schmeckt man auch bei uns immer öfter.

• Ein wachsendes Gästebedürfnis nach alkoholfreien Essensbegleitern, für das immer mehr Köche kreative Alternativen zum Wein entwickeln.

 

Der „Koch des Jahres“ bietet kosmopolitische Gerichte von Weltrang

Für seine „kosmopolitischen Gerichte von Weltrang, in denen er klassisch französische Kochkunst, japanische Inspiration und ein fanatisches Verhältnis zum guten Produkt verbindet“, kürt der Guide den 46-jährigen Christian Bau vom Restaurant Victor’s Fine Dining by Christian Bau im saarländischen Perl zum „Koch des Jahres“. „Langoustine grillt er über der Holzkohle von japanischer Steineiche und glasiert sie mit einem Hauch süßer Miso, zum Reh mit japanischer Aubergine, winzigen gerösteten Zwiebeln und knuspriger Innereien-Praline gibt er eine geradezu kühn erscheinende Sauerbratensauce und die Gänseleberterrine überzieht er mit Gelee von Arabica-Kaffee, legt obenauf eine vergoldete geröstete Haselnuss und anbei etwas Sauerkirsche sowie geeiste Perlen aus Gänseleber.“ Für solche Gerichte erhält der gebürtige Badener, der seine Freizeit am liebsten mit Frau und Töchtern verbringt und gern mit ihnen reist, erstmals 19,5 von 20 möglichen Punkten. Sie stehen in dem Guide, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, für „weltbeste Restaurants”.

 

Deutschlands beste Köche

An der Spitze der kulinarischen Hitparade des Gault & Millau stehen mit je 19,5 Punkten:

• Klaus Erfort vom GästeHaus in Saarbrücken: „Dass dem meistkopierten deutschen Koch die Experimentierfreude nicht verlorengeht, zeigt der kross gebratene Schweineschwanz: Zwölf Stunden vakuumiert er die seltene Delikatesse in Pökellauge, dann wird sie gepresst, auf der Haut kross gebraten und mit einem kleinen Auberginensalat serviert, dazu gibt es Pfeffer-Gel mit feiner Zitrussäure und Chili-Jus.“

• Joachim Wissler vom Vendôme in Bergisch Gladbach bei Köln: „Er führt mit nie erlahmender Kreativität schon seit einem Jahrzehnt die deutsche Avantgarde an und erhebt beispielsweise Kalbshirn-Piccata zum kongenialen Partner eines blauen Hummers mit jungen Erbsen und kleinen Pfifferlingen à la nage und einem Masala-Tandoori samt Hummertatar in einem Sepiaknusperblatt.“

• Christian Jürgens vom Restaurant Überfahrt in Rottach-Egern: „Für seine ‚Tarte Saint Tropez‘ schichtet er kunstvoll ein Türmchen aus knusperndem Blätterteig, aromensatter Tomate und einer 1a-Rotbarbe. Sie ist auf der Haut gebraten, wobei die Schuppen mit siedend heißem Öl übergossen wurden, sodass ein reizvoller Knuspereffekt entsteht. Die Tomate wurde in Tomatenbutter und aus Ofentomaten bereitetem Püree getränkt und durch kalten Holzkohlerauch aromatisiert.“

• Christian Bau vom Victor’s Fine Dining by Christian Bau im saarländischen Perl: „Er verbindet in seinen kosmopolitischen Gerichten von Weltrang klassisch französische Kochkunst, japanische Inspiration und ein fanatisches Verhältnis zum guten Produkt.“

• Sven Elverfeld vom Aqua in Wolfsburg: „Er entwickelte in seiner Küche, die auf wunderbar unaufgeregte Art weltoffen und bodenständig zugleich ist, aus Traditionsgerichten eine Essenz zeitgemäßer deutscher Kulinarik, die er mit Inspirationen aus aller Welt spickt. Ein Geistesblitz zum Fisch ist das ‚gebeizte Soja-Ei‘: Der Dotter wird in einer Mixtur verschiedener Sojasaucen stundenlang nur knapp über Zimmertemperatur bis zur vollendeten Cremigkeit gegart.“

• Torsten Michel von der Schwarzwaldstube in Baiersbronn: „Schon seit April 2016 Küchenchef und bietet auch nach Harald Wohlfahrts Abgang die gewohnte ganz Große Küche. Im ‚Mosaik von kleinen Schalentieren‘ sind die Schätze aus dem Meer (wie Belon- und Gillardeau-Austern, Stab-, Kamm- und Entenmuscheln) roh belassen, Muschelgelee und Austernwasser unterstreichen die Meeresaromatik, Limonenmarinade sorgt für feines Säurespiel und als Clou sind Kaviarnocken wie ein schwarzer Seestern angerichtet.“

• Clemens Rambichler vom „Waldhotel Sonnora“ in Dreis bei Wittlich in der Südeifel: „Er stand sieben Jahre an der Seite des im Juli 2017 verstorbenen Helmut Thieltges, der ihn als kongenialen Souschef lobte. Nun setzt er dessen Philosophie, Küchenstil und Einsatz allerbester Produkte fort. Die Poularde mit Gänselebertalern unter einer dünn gehobelten Sellerieschicht, einem Trüffelragout und sämiger Gänselebersauce bleibt seligmachend.“

 

Ihnen folgen mit je 19 Punkten

• Thomas Bühner vom „La Vie“ in Osnabrück, der „den mit allerbestem Wagyu-Roastbeef umhüllten Kabeljau nur sanft in einem am Tisch angegossenen Sud mit Soja, Kombu-Alge, selbst getrocknetem Kabeljau nebst Rogen sowie Safran, Zitronengras, Kaffirlimette und Ingwer gart“.

• Claus-Peter Lumpp vom „Bareiss“ in Baiersbronn, bei dem „jedes Gericht so opulent ausfällt wie die Gänseleber, die als Terrine, Crème brûlée, Schaum sowie gebraten mit Gänselebermacaron und altem Balsamico dargeboten wird“.

• Tim Raue vom Restaurant „Tim Raue“ in Berlin, „der als subtiler Süß-Sauer-Scharf-Spezialist mit genauer Balance zwischen Wucht und Frische, leichthändigem Spiel der Konsistenzen, asiatischem Gewürzhauch und dosierter Schärfe im Detail brilliert“.

• Christoph Rüffer vom „Haerlin“ in Hamburg, den „nach angeräuchertem Meerforellentatar im Curry-Kefirsud mit Sauerkraut-Sauerrahmcreme, Sauerklee und Sauerampfer, beide mariniert, sowie knusprigen Körnern von rosa Pfeffer und Quinoa niemand mehr fragt, warum das Menü hier Gaumenparty heißt“.

• Peter Maria Schnurr vom „Falco“ in Leipzig, bei dem „die Langoustine nur sekundenkurz in der glühend heißen Pfanne verweilt, dann in eine hauchdünn geschnittene, gepökelte Kalbszunge gehüllt und mit Mandarinenmarmelade, ätherischem Shiso und einer superben Wasabi-Creme serviert wird“;

• Hans Stefan Steinheuer von „Steinheuers Restaurant zur alten Post“ in Bad Neuenahr, der „ein geräuchertes Eigelb unter einer blättrigen Champignonbeschichtung in einem Nest aus Makkaroni, die kunstvoll mit würziger Poulardenfarce gefüllt sind, sanft in einem warmen Geflügelfond mit leichtem Rauchteearoma und würzigen Speckwürfelchen zerfließen lässt“.

Auf 18 Punkte steigern sich Kevin Fehling vom „The Table“ in Hamburg, Dirk Hoberg vom „Ophelia“ in Konstanz, der für seine „spezielle Begabung, einfache Gerichte auf das Niveau der Spitzenküche zu erheben“, als „Aufsteiger des Jahres“ gekürt wurde, und Diethard Urbansky vom „Dallmayr“ in München. Die gleiche Note erkocht sich auch Nils Henkel vom „Schwarzenstein“ in Geisenheim, der nach Schließung des „Schloss Lerbach“ in Bergisch Gladbach Ende 2014, wo er 19 Punkte hatte, in die Spitzenküche zurückkehrte.

Auf 17 Punkte verbessern sich Lars Keiling vom „Keilings“ in Bad Bentheiman der holländischen Grenze, Christian Lohse vom „Fischers Fritz“ in Berlin (der Ende 2017 geht), Christian Sturm-Willms vom „Yunico“ in Bonn, Pierre Nippkow von der „Ostseelounge“ in Dierhagen/Darß, Daniel Raub von der „Genießer Stube“ in Friedland bei Göttingen, Christian Richter vom „Perior“ in Leer/Ostfriesland, Philipp Stein vom „Favorite“ in Mainz, Peter Hagen vom „Ammolite“ in Rust bei Freiburg und Boris Rommel vom „Le Cerf“ in Öhringen bei Heilbronn. Die gleiche Note erreichen auf Anhieb auch die erstmals als Küchenchef agierenden René Klages vom „17fuffzig“ in Burg/Spreewald und Maurice Kriegs vom „Schuhbecks Fine Dining“ in München.

 

Christian Sturm Willems vom Yunico in Bonn

Christian Sturm Willems vom Yunico in Bonn

Weitere Auszeichnungen des Gault & Millau 2018

• Gastgeber des Jahres: Christiane Grainer vom Restaurant „Christian“ in Kirchdorf/Oberbayern), die „als charmante und herzliche Gastgeberin in einer bayerischen Edelversion des guten alten Gasthauses (auch mit ihrer Weinkenntnis) beeindruckt“.

Aufsteiger des Jahres: Dirk Hoberg vom „Ophelia“ in Konstanz.

Entdeckung des Jahres: René Klages 17fuffzig In Burg/Spreewald.

• Sommelier des Jahres: Christian Wilhelm vom „Falco“ in Leipzig, der „schier allwissend eine aromenstarke Küche begleitet und engagierter Botschafter der aufstrebenden Winzer im deutschen Osten ist“.

• Pâtissier des Jahres: Matthias Spurk vom „Gästehaus Klaus Erfort“ in Saarbrücken, der „traditionelle Dessertwünsche ohne jede modische Effekthascherei in zeitgemäßer Leichtigkeit erfüllt“.

• Gastronom des Jahres: Boris Radczun und Stephan Landwehr (u. a. „Pauly-Saal“, „Grill Royal“, „Kin Dee“) in Berlin, die „mit großem Gespür für den Wandel der Gästewünsche und neue gastronomische Formen in der modernen Urbanität die kulinarische Szene Berlins bereichern“,

Bester Deutscher Koch im Ausland: die Berliner Zwillinge Thomas und Mathias Sühring vom „Sühring“ in Bangkok, die „mit zeitgemäßer deutscher Küche Thailands Foodies begeistern“,

• Hotelier des Jahres: die Gebrüder Carl, Michael und Stephan Geisel (u. a. „Beyond“, „Königshof“, „Excelsior“, „Anna“) in München, die als „Vollblutgastronomen und geborene Gastgeber ihre Stadt voller unternehmerischem Mut und Gestaltungsfreude um wegweisende Hotelprojekte bereichern“,

Kochschule des Jahres: Hans Haas von der Hans Haas-Kochschule (und dem Tantris) in München, weil er „Begeisterung für beste Produkte vermittelt und Leidenschaft für genussvolle Küche entfacht“.

 

Die „Jungen Talente“ des Gault & Millau

Anton de Bruyn von der Emma Metzler in Frankfurt

Anton de Bruyn von der Emma Metzler in Frankfurt

Ausdrücklich würdigt der Guide junge Köche, die in dieser Testsaison erstmals Küchenchef wurden und aufgrund ihres Talents und Engagements das kulinarische Deutschland bereichern können:

Clemens Rambichler, 27, vom „Waldhotel Sonnora“ in Dreis bei Wittlich/Südeifel (19,5 Punkte),

Maurice Kriegs, 26, von „Schuhbecks Fine Dining“ in München (17 Punkte), Tobias Gräf, 26, vom „Moro“ in Neustadt/Weinstraße und Felix Weber, 27, von der „Hofstube“ in Schmallenberg/ Sauerland (beide 16 Punkte), Dylan Watson-Brawn, 25, vom „Ernst“ in Berlin und Anton de Bruyn, 28, vom „Emma Metzler“ in Frankfurt/Main (beide 15 Punkte).

 

Insgesamt beschreibt und bewertet der Gault & Millau in seiner neuen Ausgabe 900 Adressen, darunter 104 neu aufgenommene. 749 Gourmetlokalen und Landgasthöfen, Bistros und Hotelrestaurants verleihen die 31 Tester die begehrten Kochmützen. Der Guide erscheint im Münchner ZS Verlag(736 Seiten, 39.99 €).

 

Mit einem Klick alles auf einen Blick:

Gault & Millau 2018 Bestenliste

 

 




Gault & Millau 2018: Die besten Köche in Hessen

Roastbeef mit

Popcorn-Polenta

 

Fulminanter Neustart von Nils Henkel im Rheingau. Gewinner ist auch Christoph Kubenz vom Biancalani in Frankfurt. Als „Junges Talent“ erfolgreich in Frankfurt gestartet: Anton de Bruyn von der Emma Metzler.

Einen glanzvollen Neustart mit „seiner nach wie vor aufregende Akzente setzenden Kochkunst“ feiert Nils Henkel im Restaurant Schwarzenstein in Geisenheim im Rheingau. Er kochte zuvor bis zu dessen Schließung Ende 2014 auf Schloss Lerbach in Bergisch Gladbach bei Köln. Seit Februar 2017 „bietet er mit seinen Menüs ‚Flora‘ und ‚Fauna‘ rein vegetarisch oder mit Fisch und Fleisch einen kulinarischen Fanfarenstoß, der im ganzen Rhein-Main­Gebiet und weit darüber hinaus sein geräuschvolles Echo findet. In der ‚Flora‘ zündet er ein grünes Feuerwerk bei der Liaison von Waldpilzen und Wurzeln mit grüner Karottenjus und rassigem Kreuzkümmel, in der ‚Fauna‘ verblüfft zu kurz angebratenem Waller ein Kartoffel­Meerrettich­Schaum im Mantel von saurem Apfel.“

Für solche Gerichte bekommt er in der jetzt erscheinenden Deutschlandausgabe 2018 des französischen Restaurantführers Gault & Millau, der nach dem französischen Schulnotensystem urteilt, 18 von 20 möglichen Punkten. Sie stehen für „höchste Kreativität und bestmögliche Zubereitung”. Eine höhere Note haben nur 13 Köche in Deutschland.

16 Punkte erkocht sich Christoph Kubenz als neuer Küchenchef des nach fast vierjährigem Umbau wiedereröffneten „Biancalani“ in Frankfurt dank „einer Küche von gelassener Grandezza, in der erstklassige Gamberi rossi mit leicht geräuchertem Fenchel in famosem Garnelenfond demonstrieren, wie man mit wenigen hervorragenden Komponenten zu einem optimalen Genusserlebnis kommen kann“.

Auf 15 Punkte steigert sich Alex Nixdorf vom „Stanley Diamond“ (Bild oben rechts) in Frankfurt durch „zeitgemäß interpretierte Klassiker wie Lachs mit filigranem Blumenkohlgeröstl, Kartoffelmousseline und Zitrus­-Kapern-­Sud“. Die gleiche Note erreichen in neuen Küchenchefpositionen in Frankfurt auch

• der als „Junges Talent“ gewürdigte Anton de Bruyn, 28, der das Museumsrestaurant „Emma Metzler“ nach dessen Facelift übernahm und „in seiner jungen, zeitgemäßen Hochküche das Freilandhuhn mit Reineclauden, Pesto und Pastinaken bietet“;

Alfred Friedrich, 60, der „zum Urgestein der Frankfurter Spitzengastronomie zählt und nun das Traditionslokal „Zur Golden Kron“ mit österreichischen Klassikern und verfeinerter Landhausküche zum Edelgasthaus erhebt“;

Hai Minh Hoang, der in der „Frankfurter Botschaft“ das „Handkäsetatar mit gebackenem, grün­tapeziertem Kräuterei ebenso delikat schickt wie gedämpften Steinbutt in zarter Yuzu­ Sauce“.

Alexander Hohlwein

Alexander Hohlwein vom 360 Grad in Limburg

Die besten Köche in Hessen 

Platz 1 der kulinarischen Hitparade des Gault & Millau in Hessen teilt sich Newcomer Nils Henkel mit Andreas Krolik vom Frankfurter „Lafleur“. Über dessen Küche schwärmen die Tester: „Er intoniert in seinen virtuosen Aromenkonzerten voller Harmonien keine Paukenschläge, sondern ein fein abgestimmtes Spiel der Süße und Schärfe. Zum hauchdünn geschnittenen, roh marinierten Kaisergranat, der mit Kaviar, Gurke, Haselnuss und Zitrone eine perfekte Begleitung hat, gibt er noch ein tomatisiertes Krustentier­Eis, das wie ein neues Meerestier verblüfft.“

Auf Platz 2 stehen weiterhin mit 17 Punkten, die sie für inspirierte Gerichte bekommen:

Patrick Bittner vom „Restaurant Français“ in Frankfurt („Gänseleber mit einem Parfait von der Herzkirsche, Haferknusper und leichtem Kaffeearoma“),

Carmelo Greco vom „Carmelo Greco“ in Frankfurt („Potpourri von Meeresfrüchten mit

Austernkresse und luftigem Sud aus reduziertem Rosé­Spumante und einem leichten Schuss Essig“),

Michael Kammermeier von der „Ente“ in Wiesbaden („beim Zander sorgt Gulaschsaft für den Aha-Effekt, zum Roastbeef, das mit Honig und Piment d’espelette glasiert ist, überrascht Popcorn-Polenta“),

Mario Lohninger vom „Lohninger“ in Frankfurt („schlicht großartig der bretonische Seeteufel mit Eierschwammerlgulasch in feiner Schalotten­Thymian­Jus“),

Patrick Spies vom „L’Etable“ in Bad Hersfeld („zur dicken Seezunge mit sesamgewürzter Selleriecreme schwimmt in der klassischen hellen Fischsauce ein mit geraspelten Macadamianüssen bestreutes Eigelb, das beim Anstich sanft in der Sauce zerfließt“).

Die Tester beschreiben und bewerten dieses Jahr insgesamt 68 Restaurants in Hessen. 63 Küchenchefs zeichnen sie mit einer oder mehreren Kochmützen aus. Darunter sind auch die neueröffneten oder wiederaufgenommenen Lokale „Fabbri-Ca“ in Frankfurt (14 Punkte), „Das kleine Restaurant“ in Marburg und „Backschaft“ in Offenbach (je 13 Punkte). Im Vergleich zur Vorjahresausgabe serviert der Gault & Millau in Hessen 10 langweilig gewordene Restaurants ab und nimmt 8 neu auf, 4 werden höher, 9 niedriger bewertet. Der Guide erscheint im Münchner ZS Verlag (736 Seiten, 39.99 €).

Christoph Kubenz vom Biancalani in Frankfurt

Christoph Kubenz vom Biancalani in Frankfurt

 

Die besten Restaurants des Gault & Millau 2018

in Hessen

 

 

 

 

 

18 Punkte

Lafleur in Frankfurt

** Schwarzenstein in Geisenheim

 

17 Punkte

Carmelo Greco, Français und Lohninger in Frankfurt

L’Etable in Bad Hersfeld

Ente in Wiesbaden

 

16 Punkte

Philipp Soldan in Frankenberg (Eder)

**Biancalani, Erno’s Bistro, Gustav und Weinsinn in Frankfurt

360° in Limburg

Schaumahl in Offenbach

 

15 Punkte

Drei Birken in Birkenau

Adler Wirtschaft und ***Kronenschlösschen in Eltville

Emma Metzler, *Frankfurter Botschaft, Heimat, **Stanley Diamond, Villa Merton und *Zur Golden Kron in Frankfurt

Schützenhof in Glashütten/Taunus

Krone in Höchst/Odenwald

Sänger’s in Bad Homburg

*** Villa Rothschild in Königstein

Kraftwerk in Oberursel

Gutshof Itterbach in Willingen

*Newcomer **Aufsteiger  ***Absteiger

 

Mit einem Klick: Gault & Millau 2018 Bestenliste

 

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Schweizer Stuben reloaded: Riesling-Gala erinnert an das deutsche Küchenwunder

Großes Fest im Kloster Eberbach im Rheingau

 

Eine großartige Idee, die seligen und leider fast vergessenen Schweizer Stuben mit einer Gala wieder für einen Abend aufleben zu lassen. Die erste alte Garde der damaligen Köche war vertreten: Jörg und Dieter Müller, Hans Stefan Steinheuer und Johann Lafer sowie Egbert Engelhardt und Burkhard Schork, der im Restaurant seine Ausbildung machte. Egbert Engelhardt, der zwei Jahre in den Schweizer Stuben in Wertheim am Herd stand, band sich für ein letztes Gastspiel noch einmal die Schürze um. Engelhardt, der im Rheingau durch sein Graues Haus in guter Erinnerung bleibt, war mit seiner Consortium Gastronomie viele Jahre für die kulinarische Seite der Riesling-Gala verantwortlich und übergab Anfang des Jahres die Geschäftsführung an Cem Yoldas vom Nassauer Hof in Wiesbaden, der bei der Riesling-Gala im Kloster Eberbach als guter Geist und Gastgeber allgegenwärtig war.

Wilhelm Weil begrüßt die Gäste

Wilhelm Weil begrüßt die Gäste

657 Gäste kamen zur großen Riesling-Gala ins Dormatorium des Klosters Eberbach. Im einstigen monumentalen Schlafsaal ging es  quicklebendig zu. Die festliche Stimmung war dem Ereignis angemessen, denn diese Gala ist auch ein gesellschaftliches Ereignis, zu dem einige von weit her anreisen. Man erinnerte nicht nur mit manchem Gericht an Adalbert Schmitt und seine Schweizer Stuben, die Bühne gehörte auch den Erinnerungen an diesen außergewöhnlichen Fabrikanten und Gastronom. Den Köchen blieb er vor allem als „Motivator“ und „Visionär“ sowie „strenger, aber auch freundschaftlicher Hausherr“ in Erinnerung, wie Jörg und Dieter Müller meinten. Bilder vom jungen Charmeur Adalbert Schmitt machten die Runde, aber auch solche vom famosen und jung verstorbenen Sommelier Pedro Sandvoss. Jörg Müller servierte getrüffeltes Gänseleberparfait im Baumkuchenmantel mit Apfelsalat und Riesling-Gelee. Unglaublich, dass man seinerzeit in den siebziger Jahren in den Schweizer Stuben damit Furore machen konnte. Damals gab es aber neben Witzigmanns Aubergine und dem Tantris in München, der Schwarzwaldstube in Baiersbronn sowie der Ente in Wiesbaden auch nur eine Handvoll Spitzenadressen in Deutschland. Die Schweizer Stuben haben so oder so das deutsche Küchenwunder möglich gemacht und die gesamte Gastronomie des Landes bewegt und nach vorne gebracht.

Dirk Würtz & sein dickes Bottle-Baby

Dirk Würtz & sein dickes Bottle-Baby

Die leicht nostalgische Riesling-Gala war vor allem ein Ereignis für Weinfreunde. So viel herausragende Tropfen an einem Abend kann man nur selten erleben. An jedem Tisch waren andere Winzer mit ihren Erzeugnissen vertreten, meist Große Gewächse und andere Spezialitäten, auch aus der Doppelmagnum oder der übergroßen Salmanasar-Bottle mit 9 Litern. An unserer Tafel wurde das sechs Gänge-Menü von wunderbaren Weinen von Wilhelm Weil (Rheingau) und Ernst Loosen (Mosel) serviert. Die größte Flasche des Abends tischte Dirk Würtz vom Rheingauer Weingut Balthasar Ress auf. Ganz passend eine Balthasar mit einem Fassungsvermögen von 12 Litern (Rüdesheimer Riesling, Jahrgang 2013). Man konnte auch an anderen Stationen probieren und viel Gutes vom Schlossgut  Diel (Nahe) und den Rheingauer Weingütern Leitz und Spreitzer entdecken. Der Event wurde zum Fass ohne Boden.  Die Service-Brigade der Consortium Gastronomie Wiesbaden vollbrachte schwungvoll eine logistische Meisterleistung. Die erste Riesling-Gala fand vor fast 30 Jahren statt, zweimal fand sie nicht statt. Zum 30. Jubiläum im übernächsten Jahr darf man ein Highlight erwarten.

LF

Riesling GalaIm Tickets-Preis von 230 € enthalten: Aperitif, Gala-Menü mit begleitenden Weinen, Dessert, Kaffee und Weinbar mit weiteren Herzhaftigkeiten. Zeit: 11 – 18 Uhr Gala, danach open end. Insgesamt über 30 Weingüter vertreten. Weitere Infos: Verband deutscher Prädikatsweingüter (VdP) Rheingau, Kiedrich, Tel. 06123 / 67 68 12 . www.vdp-rheingau.de

 

Photocredit: Barbara Fienhold

 

 

 

 

 

Historischer Nachschlag aus dem Archiv

Das Ende einer Legende

 

Abschied von Adalbert Schmitt

und den Schweizer Stuben

 

Unvergessen, wie er mit dem Blick des Künstlers unterm Strohhut rastlos übers Gelände streifte, als sei er auf der Suche nach einem Motiv. Die Schweizer Stuben waren seine Inspiration, die ihn zu einer kulinarischen Palette greifen ließ, mit der er immer wieder neue Farben hintuschte – vor allem aber das Lavendellila Südfrankreichs und die Erdtöne Italiens. Jetzt ist die Leinwand weiß und trägt einen Trauerrand. Adalbert Schmidt wurde zu Grabe getragen, die Legende Schweizer Stuben ebenso.

Den 70. Geburtstag hatte er noch in seinem Hotel in Wertheim am Main gefeiert, in der ihm eigenen Mischung aus Lebensfreude, Schnodderigkeit und Ironie. Zu diesem Zeitpunkt hatte Schmitt gar gehofft, dass die Outlet-Factory-Stores des neu entstehenden „Wertheim Village“ zusätzliche Gäste bescheren würden, doch die Insolvenz war nicht mehr aufzuhalten. Adalbert Schmitt, dessen Privathaus nur wenige Schritte von den Schweizer Stuben entfernt stand, glitten nach einem Jahre währenden Krisengalopp die Zügel vollends aus der Hand. Dass ein solch vitaler Mann mit 73 Jahren durch einen Schlaganfall aus dem Leben scheidet, hängt mit dem Verlust seines Lebenswerkes zusammen, denn die Schweizer Stuben waren weit mehr als eine herkömmliche Hotelanlage: Hier fand vor 33 Jahren die Geburtsstunde eines deutschen Küchenwunders statt. In dieser Talentschmiede wurden viele spätere Sterneköche geformt und gefördert: Dieter und Jörg Müller, Fritz Schilling, Hans Stefan Steinheuer, Stefan Marquard, Ingo Holland, Harald Rüssel und Johann Lafer. Als Spiritus rector sorgte Adalbert Schmitt für jene Prise Geschmacksgenialität, aus der Gutes zu Großem zu werden vermag. Mit untrüglicher Sensorik und kompromissloser Strenge war er der Coach seiner Köche und entwickelte sich dabei selbst zu einer der schillerndsten und maßgebendsten Figuren der deutschen Gastronomie. Er schimpfte auch nach 30 Jahren im politisch baden-württembergischen und lokalkoloriert fränkischen Wertheim noch in bester hessischer Mundart, denn er wuchs in der Bornheimer Heiligkreuzgemeinde im unweiten Frankfurt auf, wo der auch in ihm sitzende Schalk schon immer zu Hause war. Alles, was Schmitt einst als Kunststofffabrikant an einem Millionenvermögen verdient hatte, steckte er in seine Schweizer Stuben, zumal sie ganz im Gegensatz zum Plastik genau die Lebendigkeit versprachen, die er wirklich suchte.

Durch gleich drei Restaurants, die sich zwischen feudalen Chalets auf grüner Wiese in Wertheim-Bettingen am Main verteilten, erwuchs aus den Schweizer Stuben ein Feinschmeckerdorf. Hier erblühte im Hauptrestaurant die Aromenküche Südfrankreichs, ließ die Taverna La Vigna Italien kaum vermissen, zeigte der Landgasthof Schober wie gut fränkische Dorfküche sein kann. Auch das Frühstück geriet stets besser als in den meisten Hotels und wurde à la carte serviert. Das Relais- & Châteaux-Haus hatte insgesamt 33 Wohneinheiten (22 DZ, 3 Suiten, 8 Appartements), wobei die im Landhaus schon eher bungalowartig ausfielen. Schwimmbad, Tennisplätze und Beautyfarm verschafften Urlaubsgefühle, welche durch die Lage in heiler Natur verstärkt wurde. In den siebziger und achtziger Jahren reisten die Gäste zu einem solchen Hort der Glückseligkeit selbst von weit an, Anfang der neunziger hatten sie irgendwo auf der Welt längst auch andere schöne Plätze erkundet. Den Schweizer Stuben haftete trotz aller kulinarischen Anstrengungen und Erfolge plötzlich das negative Bild des Verstaubten an.

Nach dem (vorläufigen) Ende der Schweizer Stuben vor drei Jahren – die besten Köche befanden sich bereits in anderen Hotels – übernahmen zwei neue, gastronomisch unkundige Betreiber aus Leipzig das Unternehmen. Helmut Materna und Siegmar Sasek (GbR) führten die Anlage ohne Konzept und Fortune und mussten Ende letzten Jahres ebenfalls in die Insolvenz gehen. Mit einem Schlag standen die verbliebenen Mitarbeiter des Hotels ohne Arbeitgeber da, wobei sich die vorausschauenden der einst 80 Angestellten ohnedies schon längst abgesetzt hatten. Inzwischen haben die Gläubigerbanken den Besitz an eine gewisse East Western Real Estate Company verkauft, dem Vernehmen nach für einen Schnäppchenpreis von 1,3 Millionen Euro. Langfristig will das Unternehmen aus dem ehemaligen Resort Miet- und Eigentumswohnungen machen, wobei im hinteren Bereich, wo einst das italienische Lokal war, ein nobles Altenwohnheim entstehen soll. Bis dieses, von der Stadt Wertheim abzusegnende Vorhaben umgesetzt werden kann, herrscht eine eher gespenstische Situation. Derzeit sind die schönen Zimmer bereits ab 55 Euro zu haben. Im einstigen Gourmetrestaurant werden Billig-Schnitzel in allen Varianten serviert, auf dem gleichen feinen Porzellan wie in den großen Zeiten des Hotels. Wer heute über das wie ausgestorben wirkende Gelände in Wertheim streift, den ergreift ein Gefühl der Beklemmung. Aber auch der Dankbarkeit, dass es so etwas wie die Schweizer Stuben überhaupt gegeben hat.

Ludwig Fienhold

 

Nachtrag

Zur Beerdigung von Adalbert Schmitt kamen 350 Menschen, darunter fast alle Spitzenküche aus seiner einstigen Brigade, wie die Brüder Dieter und Jörg Müller. Der Chefredakteur des Restaurantführers Gault Millau Manfred Kohnke nannte Schmitt in einer bewegenden Grabrede einen leidenschaftlichen, phantasievollen und hochsensiblen Schöngeist, der mit dazu beigetragen habe, dass Deutschland nicht nur als Land der Dichter und Denker, sondern auch der Genießer bekannt wurde. Adalbert Schmitts Frau Petra leitet nach wie vor das Vier-Sterne-Seehotel Niedernberg bei Aschaffenburg, Sohn Andreas ist Wirtschaftsdirektor bei Privathotelier Althoff und für die gastronomischen Belange aller Häuser verantwortlich, Sohn Roman führt das Upstalboom Strandhotel auf Wangerooge

Dieser einzige größere Nachruf in Deutschland erschien am 30. Juli 2005 in der Frankfurter Neue Presse