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Warum Sommeliers nerven

Und Weine auf

den Tisch gehören

 

Von Ludwig Fienhold

 

Ich bestelle keine Menüs mit Weinbegleitung. Das wäre bequem, macht aber meist keinen Spaß. Zu viele Sommeliers wollen auf diese Weise Weine entsorgen – problematische, überalterte, irgendwann einmal schlecht eingekaufte. Ich lege keinen Wert darauf, dass der Weinkellner die passenden Weine zum Essen auswählt. Ich möchte nur, dass er mir Weine einschenkt, die zu mir passen.

Wie kann es passieren, dass in Restaurants, bei denen ich und meine Abneigung für Weine mit deutlicher Restsüße bekannt sind, Weine mit deutlicher Restsüße auf den Tisch kommen? Wie kann es geschehen, dass bei einem Drei-Komponenten-Gericht ausgerechnet ein Wein ausgewählt wird, der sich nach dem schwächsten Teil auf dem Teller und nicht nach dem dominanten Geschmack richtet?

Wieso versuchen Sommeliers ihr einstudiertes Wissen mit überdeutlichem Aktionismus kundzutun? Weshalb merken Weinkellner nicht, dass sie zu oft wie Streber wirken, die vielleicht mit viel Verstand, aber ohne Herz und Seele auftreten? Warum entscheidet ein Sommelier einfach die Weinauswahl, ohne die Vorlieben der Gäste zu kennen und danach zu fragen? Und warum kann ein Sommelier nicht einfach eine andere Meinung akzeptieren und muss lange debattieren? Man sollte nicht nur Wein schlucken können, sondern auch hin und wieder ein Widerwort runterschlucken können. Eine Sonderausschüttung kann man auch immer wieder beim Wasser erleben, das oft einfach ungefragt nachgegossen wird.

Ich möchte nicht von einem Sommelier bedient werden, der sich so parfümiert hat, als wolle er für Chanel Werbung machen. Ich lege keinen Wert darauf, zu erfahren, welche Socken der Winzer bei der Lese getragen hat. Und ich empfinde es als Belästigung, wenn ein Sommelier statt eines Weins nur sein Wissen ausschüttet.

Große Weinkarten mögen beeindrucken, vor allem aber zwingen sie Gäste zu langen Studien oder in die Hände des Weinkellners. Bevor man sich in eine dickleibige Weinkarte vertieft und damit seinem Gegenüber eine unfreundliche schweigsame Seite zeigt, muss man sich einem Sommelier anvertrauen. Möglichst kurz und ohne große Diskussion. Das aber erfordert Vertrauen, das zumindest bei einem Erstbesuch fehlt. Natürlich gibt es Sommeliers, die alles richtig machen, doch sind diese so selten zu finden wie ein Goldrückenrüsselhündchen in der Antarktis.

Wieso stehen Champagner und Weine stets weit ab vom Gast? Man ist immer auf die Aufmerksamkeit des Weinkellners oder anderer Mitarbeiter angewiesen. Zudem schenken diese nie so ein, wie man es selbst gerne hätte, im Regelfall zu viel oder zu wenig. Nein, wir Gäste können schon sehr gut selbst entscheiden, wie viel wir im Glas haben möchten. Bitteschön, stellt uns einen Kühler mit unserem Wein an die Seite und lasst uns selbst einschenken. Zum Wohl von allen.

 

Bild oben: Harry H. Hochheimer ist kein nerviger Sommelier, sondern Weinhändler und Event-Mundschenk

Photocredit: Barbara Fienhold

 

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Cheese please: Die Käse vom Rheingau-Affineur

Meisterhafte Käse & edelsüße Weine beim Gourmet-Festival

 

Aus dem Rheingau kommt nicht nur fabelhafter Wein, sondern auch großartiger Käse. Die „Rheingau-Affineure“, ein feines und handwerklich hochsolide arbeitendes Familienunternehmen, macht mit ihren Erzeugnissen Furore. Beim kommenden Gourmet & Wein-Festival im Kronenschlösschen in Hattenheim wird diesem Thema eigens ein moderiertes Mittagessen gewidmet. Das Festival beginnt zwar erst im nächsten Jahr, doch die Tickets sind stets schnell bereits im Vorverkauf vergriffen, der jetzt begonnen hat.

Affineur Reiner Wechs

Affineur Reiner Wechs

Rheingau KäseDer Affineur hat in Frankreich als Beruf eine lange Tradition. Dieser „Käse-Verfeinerer“ spürt die besten Käse auf und pflegt die Rohkäse in seinen eigenen Reifekellern, bis sie im idealen Klima das typische Aroma und den perfekten Reifegrad haben. Jeder Affineur hat seinen persönlichen Stil, was „seinen“ Käse so einzigartig macht. Die Rheingau-Affineure Reiner Wechs und Anke Heymach (Vater und Tochter) produzieren heimische Käse-Spezialitäten in höchster Qualität, wobei sie Kleinkäserein in der Region anleiten und unterstützen. Die Käse sind nach Meinung des Gourmet-Festival-Veranstalters H.B. Ullrich den großen französischen Käsen nicht nur ebenbürtig, sondern inzwischen sogar überlegen.

Beim kommenden Gourmet & Wein-Festival soll es eine Auswahl der besten Sorten geben: Rheingauer Runde (Munstertyp, samtweich, würzig-zart); Rheingauer Spätburgunder-Tresterkäse (Rarität, im Gewölbekeller gereift und eingelegt im Spätburgundertrester); Zisterzienser-Käse (kräftiger Bergkäse,würzig und markant); Äppelwoi-Käse; Bierkäse (aus dem Vorarlberg, mit Rheinhessen Braubier verfeinert); Honig-Nuss-Käse; Blauschimmel-Lakritze. Die Milch stammt immer von heimischen Ziegen und Schafen, die Käse reifen in Gewölbekellern.

Der Rheingau AffineurZum Abschluss gibt es heimische Camembert und Brie im Blätterteig gebacken mit glasierten Portwein-Äpfeln. Dazu werden rare Ports von Ramos Pinto (Collector Reserva 2011 Late Bottled Vintage und 1994 Quinta da Ervamoira Single Quinta Vintage Port) serviert. Das Käse-Menü begleiten mit ihren Weinen außerdem die Winzer Bernd Schönleber (Weingut F.B. Schönleber, Rheingau) mit Alte Reben, Oestricher Klosterberg Riesling trocken und Oestricher Doosberg Riesling Auslese edelsüß sowie Michael Gross aus dem Familienweingut Gross/Südsteiermark mit seinen Spezialitäten Gewürztraminer und Sauvignon Blanc. Moderiert wird der Lunch von Kulturhistoriker und Journalist Erwin Seitz.

Käse-Lunch, Mittwoch 7. März 2018, Kronenschlösschen Hattenheim. Preis für Käse und sämtliche Weine: 85 € pro Person.

Kronenschlösschen, Eltville-Hattenheim, Rheinallee, Tel. 06723 640. Buchungen über: info@kronenschloesschen.de

www.kronenschloesschen.de

 

 

 

 

 

 

 




Regionale Entdeckungen: Landgasthof Zum Hirsch von Markus Nagy

Der kreative Regionalkoch steht jetzt im Hirsch am Herd

 

Markus Nagy ist ein Regionalkoch erster Klasse. Zwölf Jahre stand er im „Löwen“ in Eggenstein bei Karlsruhe an Herd und betrieb nebenbei noch den ebenfalls hervorragenden Landgasthof „Zum Hirsch“ in Remchingen. Inzwischen hat Nagy den Löwen aufgegeben und kocht nun nur noch im Hirsch. Nagy arbeitete einst im legendären Bareiss, dem Deidesheimer Hof und in der Villa Hammerschmiede in Pfinztal. Allesamt hochdekorierte Adressen, wobei sein Löwe auch mit einem Michelin-Stern und 16 Punkten im Gault & Millau ausgezeichnet wurde

Markus Nagy

Markus Nagy

Der Hirsch ist wahrlich der Platzhirsch im Kraichgau. Der talentierte Christoph Bakowski servierte als Küchenchef geräucherte und geschmorte Kraichgauer Spanferkelbäckchen oder fabelhaften Flusszander in aromatischem Waldpilzschaum mit Steinpilzen und Wilferdinger Kartoffeln. Die temperamentvolle und leidenschaftliche Regionalküche ist nach wie vor so anzutreffen. Und hat mit Markus Nagy jetzt noch an Kraft und Ideen gewonnen. Geschmorte Jungbullenschulter, gegrillte Wachtel mit Entenleber in Nussbutterschaum oder knusprig gebratener Rascasse auf heimischen Steinpilzen in Weißburgundercreme und Kartoffel-Schnittlauch-Stampf sind einige der Highlights. Zudem erlebt man schöne Einfälle, wie die verschiedenen gebratenen Bauernstullen, beleget mit gegrilltem Pulpo oder Anis Lachs und Dill-Senf. Unsere besondere Empfehlung sind die kleinen Köstlichkeiten von Land & Meer, die auf einer Etagere mit herausnehmbaren Tellerchen serviert werden (4 für 21,50 €). Allein die großartige hausgemachte und rösche Blutwurst mit Röstzwiebeln und Spätburgunderjus vermittelt schönsten ländlichen Genuss.

Hirsch von Nagy

Die Desserts werden auf dem Holztablett (im Einweckglas) hübsch präsentiert und sind durchweg gut. Grundsätzlich bietet der Landgasthof hohes Niveau zu geerdeten Preisen. Zu den Lieferanten zählen einige umliegende Biobauern und Biolandhöfe, das Wild bezieht der „Hirsch“  komplett aus heimischer Jagd, der Fisch kommt vom Rheinfischer Schwab.
Der Kräutergarten wurde um rund 30 verschiedene Wildkräuter erweitert, ebenso werden Tomaten, Bohnen, Rettich und vieles mehr aus eigenem Anbau verarbeitet. Das alles macht den Landgasthof genauso sympathisch, wie der herzliche Service von Britta Nagy und die behagliche Atmosphäre in der Ofenstube. Man sollte bevorzugt zu Weinen aus Baden und Württemberg und vor allem dem Kraichgau greifen, die es zudem ausreichend glasweise gibt. Ganz hervorragend schmeckt aber auch der frisch gepresste naturtrübe Apfelsaft aus eigener Ernte.

LF

Landgasthof Zum Hirsch, Remchingen/Wilferdingen, Hauptstr. 23, Tel. 07232 79636. Geöffnet: Di-Sa 12-14 Uhr, 18-20.45 Uhr, So + Mo geschlossen. 17 Gästezimmer, EZ 65 € inkl. Frühstück, DZ 95 € inkl. Frühstück. www.hirsch-remchingen.de