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Skandal: Das Ende von Street Food in Bangkok

Garaus für Garküchen

Bangkok verliert sein kulinarisches Herz

 

Ein solcher Irrsinn ist kaum zu glauben: Bangkok will sich seiner kulinarischen Wurzeln entledigen und die weltweit gerühmten Garküchen verbieten. Damit würde die Stadt eine ihrer absoluten Attraktionen verlieren, die zudem eine wirtschaftliche Grundlage für zehntausende Familien bedeutet. 15.000 Straßenküchen wurden bereits vertrieben, bis Ende 2017 sollen alle 50 Distrikte komplett geräumt werden. Gesichtslose Shoppingarkaden und Großketten breiten sich dagegen ungehindert aus. Bangkok ist leider nicht nur Hauptstadt der Genüsse, sondern eine Metropole, in der Korruption und Willkür herrschen. Thailands Generäle reißen mit ihrem Ordnungswahn der Stadt das kulinarische Herz heraus. Sie orientieren sich an Singapur, wo eine nach Sterilität strebende Staatsmacht den Stadtstaat in ein blasses Finanzzentrum verwandelte. Wegen der weltweiten Proteste rudern die Verantwortlichen inzwischen ein wenig zurück und wollen angeblich nicht ganz rigoros vorgehen  – vor allem „hygienische Standards“ sollen verbessert werden.  Wir haben uns zwar in einigen Restaurants auf der Welt schwer den Magen verrenkt, noch nie aber in den Garküchen auf den Straßen Bangkoks. Es werden in jedem Fall einige Straßen „gesäubert“ und der „Ordnung“ zum Opfer fallen. So wie es heute ist, wird es wohl nie mehr sein.

Viele bekannte und wohlhabende Persönlichkeiten Bangkoks haben in solchen Garküchen ihre Karriere begonnen – und sollten ihre Stimme für den Erhalt einsetzen. Ian Kittichai ist der bekannteste Koch in Bangkok und so etwas wie der Johann Lafer von Thailand. Er hat ebenfalls eine eigene Koch-Show, besitzt ein komfortables Küchenstudio als Cooking School und schreibt kulinarische Bücher. Mit seinem Konterfei lassen sich auch mittelmäßige Weine gut verkaufen. Ian Kittichaias „Issaya Siamese Club“ wird überrannt, vor allem von der lokalen Society, westlichen Managern und kundigen Food-Touristen. Die über 100 Jahre alte Villa im indo-portugiesischen Kolonialstil und ihr Garten entfalten einen ganz eigenen Zauber, der die Hektik Bangkoks abfedert. Ian Kittichaia kommt aus einer Street Food Familie und schob schon als Kind den Imbisskarren seiner Mutter durch die Straßen, um frische Curries zu verkaufen. Die Grundlage dafür sind damals wie heute frische Produkte und gute Gewürze, doch ist die Küche moderner und internationaler geworden.

Street Food BangkokDie richtige Thai-Küche lernt man am besten auf der Straße kennen. Street Food gab es schon immer in Bangkok, dort ist sie Teil der Kultur und keine Modeerscheinung. Das kulinarische Rückgrat zieht sich durch die ganze Stadt, doch gibt es auch unter den Garküchen einige Highlights. Eine große Auswahl an Ständen mit den unterschiedlichsten leckeren Gerichten findet man in der Sukumvhit Soy 38. Thais, Expats und Touristen teilen sich in wuseliger Atmosphäre wacklige Tische. Food Pioniere picken sich ihre Spezialisten heraus und scheuen auch keine Abwege auf ihren Touren durch Bangkoks Gassen. Extrem beliebt ist die Garküche namens Phra Athit Boat Noodle in der gleichnamigen Straße. Dort gibt es auf einem Parkplatz die traditionellen, intensiv aromatischen Boat Noodles, darunter eine besonders köstliche Variante mit Sirloin Beef. Bekannt für frische handgemachte Eiernudeln ist die Garküche Bah Mee Sawang in der Rama Road 4, wobei vor allem die mit Barbecue Pork und dem Krebsfleisch der Blue Swimmer Crab famos sind. Bangkoks Garküchen sind extrem gut und sehr preiswert. Die Khao San Road ist weltberühmt und beherbergt allein schon über 200 Garküchen. Die Teller bei allen Garküchen kosten zwischen einem und sechs Euro, man sollte passend dabei haben, denn oft fehlt das Wechselgeld.

Mit Kreditkarte darf man dagegen bei der neusten und exklusivsten Form von Street Food bezahlen, dem BangkokEathai  im Konsumtempel Central Embassy, wo Ian Kittichaia auch sein großes Issaya-Küchenstudio betreibt. Im Eathai sind alle wichtigen Regionen Thailands kulinarisch vertreten, Obst und Gemüse gibt es in bester Qualität im Überfluss. Wer Street Food ganz proper und klimatisiert erleben will, ist an der richtigen Adresse, denn gerade diese Happen sind hier top, ob Chicken, Seafood oder Nudelsuppen. Für 30 Cent beziehungsweise 1,50 Euro gibt es außerdem nichts Besseres als den salzigen Thai Crispy Crêpe und den Traditionel Style Thai Baked Rice Cake. Diese saubere Version eines Straßenmarkts ist durchaus eine legitime Bereicherung der gastronomischen Szene, kann sich aber nicht mit den kulinarisch einzigartigen und atmosphärisch seelenvollen Garküchen auf den Straßen Bangkoks messen.

Die wuseligen und ewig dampfenden Garküchen sind ein Teil des Charakters und der Identität der Stadt. Das Garaus für Bangkoks Garküchen wäre dramatisch und mehr als ein kulinarisches Thema, da es auch ein Beispiel für Menschenverachtung ist.

Ludwig Fienhold

 

Photocredit: Ludwig Fienhold 




Das 1. Internationale Sparkling Festival

Prickelnde Schaumweinkunst

in Frankfurt

 

Frankfurt perlt. Das 1. Internationale Sparkling Festival lässt Großes erwarten. Rund 40 renommierte Kellereien präsentieren am 12. Juni in der Villa Kennedy über 120 Schaumweine der Spitzenklasse aus Deutschland, England, Frankreich, Italien, Österreich, Luxemburg, Spanien sowie Südafrika. Viele große Champagner wie Roederer, Alfred Gratien und Deutz sind dabei, aber auch spanische Top-Cavas von Recaredo und Gramona. Deutschland ist stark vertreten, unter anderem durch Raumland, Reichsrat von Buhl und dem Sektgut F.B. Schönleber.

Schönleber Sekt

Schönleber Sekt

„Als Gastgeber ist Deutschland geradezu prädestiniert: In keinem anderen Land der Welt wird mehr Schaumwein getrunken“, weiß Sommelière Gerhild Burkard aus Köln, die das Festival auf die Beine gestellt hat. Ein solch großes Forum für Schaumweine hat es bislang nicht gegeben. Man darf sich auf viele gute Bekannte freuen, aber auch Neuentdeckungen machen. Diese Mischung macht das Festival besonders spannend. Deutsche Sekte werden in der Gastronomie immer noch vernachlässigt, obwohl sie enorm an Qualität gewonnen haben. Volker Raumland aus Rheinhessen hat dem Thema bei einem großen Publikum den Weg geebnet, da von dort massenkompatible Sekte und solche für Kenner gleichermaßen erzeugt werden. Reichsrat von Buhl aus dem pfälzischen Deidesheim orientiert sich mit seinen hochspeziellen, extrem trockenen und schlanken Sekten mehr an Fortgeschrittene und hat damit ebenfalls großen Erfolg. Die Sektmanufaktur F. B. Schönleber aus Oestrich-Winkel im Rheingau überzeugt mit hervorragenden Erzeugnissen, die vorzugsweise auf Riesling basieren. Die barocken Sekte von Norbert Bardong aus Geisenheim (Reifezeit auf der Hefe mindestens 36 Monate) sind zwar durchaus rheingautypisch, aber doch eigenständig. Dies zeigt auch der rare Sekt aus der Weißweinsorte Hölder. Diese höchst selten zu erlebende Kreuzung aus Riesling und Ruländer wurde dem wunderbar lyriktrunkenen Dichter Friedrich Hölderlin gewidmet („Nur Einen Sommer gönnt, ihr Gewaltigen! Und einen Herbst zu reifem Gesange mir“).

Gramona Cava

Cava Gramona

Warum Spaniens Cava immer noch unterschätzt wird, ist eher eine Frage der Marktwirtschaft sowie schlichter Unkenntnis und keinesfalls eine Frage von fehlender Qualität. Ganz im Gegenteil, gibt es kaum einen anderen Schaumwein dieser Güte zu einem solch sozialen Preis. Wir reden hier natürlich nicht von Freixenet und ähnlichen Billigprodukten, sondern von der Top-of-the-range, die indes gegenüber dem Champagner auch enorm preiswert erscheint. Juvé Y Camps hält eine breite Palette bereit, von sympathisch einfach bis hochwertig. Gramona gehört zur Cava-Elite, man sollte nur einmal den Gramona Impérial probieren, den es für unglaubliche 20 Euro zu kaufen gibt. Der großartige, straffe und sehr trockene Recaredo ist dagegen eher etwas für Fachtrinker. Allein die Cavas lohnen bereits den Besuch des 1. Internationalen Sparkling Festivals. Italiens Spumante genießen zwar eine gewisse Reputation, werden aber immer noch gedanklich mit Prosecco in einen Gärbottich geworfen. Prosecco ist auch weit besser als sein Ruf, doch der Spumante erreicht andere Höhen. Dies sieht man bei einem Topprodukt wie dem Ca´del Bosco, der ebenfalls bei der prickelnden Schau dabei ist. Das Sparkling-Festival verspricht jedenfalls großes Vergnügen und viele neue Einsichten.

Ludwig Fienhold

 

Villa Kennedy

Villa Kennedy

 

Location: Hotel Villa Kennedy in Frankfu
rt.

Termin: 12. Juni 
15-18 Uhr ausschließlich für Fachbesucher, gegen Nachweis mit Sonderkonditionen an:       info@sparklingfestival.de

18-21 Uhr für Endverbraucher, Eintritt 59 €, Frühbucher 49 €.  


Hier für Tickets klicken auf Eventbrite
. Eintritt nur nach vorheriger Online-Anmeldung.

 

Photocredit: Roederer, Gramona, Schönleber, Villa Kennedy

 

 

 

Sparkling Menü

in der Villa Kennedy  

 

Amouse Bouche

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Trilogie von Quiche Lorraine, Steinbuttterine, Parmesanflan an Erbsenjus

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Wolfsbarschfilet mit Ratatouille und Camargue-Reis

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Kalbsrücken mit Macadamianuss-Kartoffelpüree, jungen Möhren, Thymianjus

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Käsevariation

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Hochwertige Schaumweinbegleitung

1998 Bardong Reserve Brut, Sektmanufaktur Bardong

2015 Rosé Brut b.A, Reichsrat von Buhl

2013 Chardonnay Brut, Sektkellerei Reinecker

2014 Creation Riesling und Spätburgunder Brut, F. B. Schönleber

2012 Riesling, Strauch Sektmanufaktur

2014 Pinot Blancs Sekt Brut, Schloss Vaux

2013 Pinot B brut, Wilhelmshof

2006 Celler Batlle, Bodega Gramona

Grüner Veltliner Brut, Schlumberger

Brut Rosé, Bründlmayer

Brut Rosé, Loimer

2013 Traminer, Sektkellerei Gebrüder Szigeti

Champagner Brut Premier Champagne Louis Roederer

Champagner Roederer Brut Nature Philippe Starck

Termin: 12.06.2017
19.00-22.00 Uhr
Preis 149 € (4-Gang Menu und 14 begleitende Schaumweine)

KLICK HIER TICKETS SCHAUMWEINMENÜ 
Eintritt nur nach vorheriger Online-Anmeldung

 

 




Offener Brief an das Journal Frankfurt

Ihr Artikel Schlammschlacht in Frankfurts Gastroszene“ enthält leider viele unwahre Behauptungen und Fehler, die der Richtigstellung bedürfen.

Zunächst einmal ist festzustellen, dass es der journalistischen Sorgfaltspflicht bedurft hätte, mich zu den Vorwürfen und Behauptungen des Michael Riemenschneider zu befragen – dann wäre der Artikel nicht in eine so fahrlässige Einseitigkeit geraten und hätte einen weit höheren Wahrheitsgehalt gehabt.

Es ist falsch, dass ich in Abwesenheit von Riemenschneider sein Lokal aufgesucht hätte. Richtig ist, dass ich es nie betreten habe.Deshalb kann es auch nicht sein, dass ich mich als Vater von Riemenschneider ausgegeben habe, zumal mich die Mitarbeiter kennen. Auf eine so irre Behauptung kann nur jemand wie Riemenschneider kommen.

Sie erwähnen mit keinem Wort, dass Riemenschneider seine beiden Lokale Reinholds Enkel in Bad Homburg und Tischlerwirt in Kitzbühel aufgeben musste und sein Atelier Wilma unter Insolvenzverwaltung steht. Wer so etwas ignoriert, wie das Genuss-Magazin Frankfurt (Journal Frankfurt), verschweigt in nachlässiger Weise die Wahrheit.

Dass es bei Riemenschneider keine hohe Fluktuation gibt, entspricht nicht den tatsächlichen Begebenheiten. Wir können alleine drei wichtige Köche nennen, die dem Atelier Wilma in kurzer Zeit abhanden gekommen sind, zuletzt Küchenchef Alexander Sadowczyk, der schon seit 31. Dezember 2016 nicht mehr am Herd steht. Er wurde auch nicht abgeworben, sondern will sich selbständig machen.

Der Gault & Millau bewertet das Atelier durchaus kritisch, man muss sich nur einmal den Text im Guide durchlesen.

Ihre ungenaue Darstellung, wir hätten einen Artikel aus der FNP lediglich abfotografiert entspricht nicht den Tatsachen. Wir haben einen eigenen Artikel über den Fall gebracht und einen Link zur FNP gesetzt (plus Foto).

Ich werde keineswegs von der Ex-Partnerin von Riemenschneider, Flora Mascola finanziert und hatte noch nie Kontakt mit ihr. Außerdem verfüge ich über ausreichend eigene finanzielle Mittel, die meine Unabhängigkeit und die des BISS-Magazins gewährleisten. Eine solche strafbare Aussage und Unterstellung hätte der Autor des Artikels keinesfalls stehen lassen dürfen, ohne mich dazu gehört zu haben.

In BISS haben wir mehrfach über Riemenschneider berichtet. Aktuell über einen Test unseres Mitarbeiters Jeffe Mangold sowie die Insolvenz des Lokals Atelier Wilma, bei dem es allerdings in erster Linie um die Irrungen und Wirrungen des Michelin geht.

Das BISS Magazin ist kein Blog, sondern ein kritisches, hochprofessionelles und geachtetes kulinarisches Internet-Magazin, das in ganz Deutschland gelesen wird. Genau deswegen fühlt sich Riemenschneider auch nur von BISS ernstzunehmend durchschaut und verfolgt uns und nicht die anderen Medien.

Es hätte dem Genuss-Magazin Frankfurt gut gestanden, Riemenschneider einige kritische Fragen zu stellen. Beispielsweise die nach seinen angeblichen „Lehrern“, da er stets vorgab bei Großmeistern wie Pierre Gagnaire und Alan Ducasse gearbeitet zu haben – was keineswegs stimmt, und offenbart, wie es Riemenschneider mit der Wahrheit hält. Leider begibt sich das Genuss-Magazin auf das niedrige Niveau von Riemenschneider und zitiert ausschließlich dessen schäbige und vulgäre Auswürfe.

Es ist kein „wilder Streit“ zwischen BISS und Riemenschneider entbrannt, wie Sie schreiben, wir haben lediglich den Fall Riemenschneider gemäß unserer Chronistenpflicht verfolgt und bewertet. „Wild“ im Sinne von primitiv verhält sich ausschließlich Riemenschneider.

Wir haben Riemenschneider mehrfach aufgefordert, Stellung zu beziehen. BISS und andere Medien, die bislang über die fragwürdigen Handlungen von Riemenschneider berichtet haben, hatten ihm Gelegenheit gegeben, sich zu äußern – vor und nach der Veröffentlichung. Riemenschneider hat jegliche Gespräche dazu verweigert und nie sachlich Stellung bezogen oder auch nur ein einziges Argument vorgebracht. Umso mehr muss jeder, der bei klarem Verstand ist, Riemenschneiders inhaltslosen Ausflüchte und Denunzierungen als jämmerliche Polemik verstehen.

Ludwig Fienhold

Herausgeber & Chefredakteur

BISS Magazin

 

 

 

 

 




Rocking Riesling

Riesling-Tage sind gute Tage

 

Glasklare Entdeckungen

& fröhliche Newcomer

 

Während die ProWein immer mehr zum Ballermann der Branche mutiert, bieten kleine feine Wein-Events mehr Individualität, persönliche Begegnungen und Entdeckungen. Der Riesling-Tag, der jetzt zum dritten Mal im Horst der Adlerwerke stattfand, ist ein gutes Beispiel dafür.

Philipp Kettern von der Mosel

Philipp Kettern von der Mosel

Über 100 Rieslinge wurden von Winzern und Weinhändlern ausgeschenkt, wobei man jede Menge Newcomer und gute Weine für kleine Preise kennenlernen konnte. Die Basisweine und Gutsrieslinge haben in Deutschland eine hohe Qualität erreicht, die enorm Spaß macht. Das freut den Endverbraucher, ist aber besonders für die Gastronomie wichtig, die dadurch Hochsolides zum moderaten Preis anbieten kann. Ein schönes Beispiel dafür ist der Riesling von Christian Bamberger aus der Weinregion Nahe, von dem die Literflasche  7,50 € kostet. Dieser frische, quellreine, spritzige Wein flitzt fröhlich über die Zunge und macht bei jedem Schluck Lust auf mehr. Solche Weine braucht jeder, insbesondere die Gastronomie, da Gäste nicht gleich nach dem ersten Glas schlapp machen und durch zu viel Wucht und Alkohol sensorisch ermüden. Auch das Weingut Forster aus Rümmelsheim im Trollbachtal an der Nahe zeigt mit seinem Riesling vom Kies (10,90 €) sowie anderen Rieslingen und Weißburgundern, wie es mit saftigen und würzigen Tropfen frischaufwärts geht. In den ökologisch bewirtschafteten Weinbergslagen wachsen auch wilder Knoblauch, Kamille, wilde Möhren und einiges mehr.

Winzerin Irene Söngen, Frankfurter Weinkönigin Marilane Maul, Weinhändler Patrick Trampenau

Winzerin Irene Söngen, Frankfurter Weinkönigin Marilen Maul, Weinhändler Patrick Trampenau

Der Riesling „Herr Mehling“ vom Bio-Weingut Mehling aus Deidesheim in der Pfalz ist auch ein munterer Begleiter, der sich durch eine trockene glasklare Art jeder Stimmung anpasst und mit 6,80 € jedes Budget erreicht. Die Verschlussart „Twist & Plopp“ symbolisiert auch den Wein selbst. Unter den Newcomern gehört Julia Eller aus Rheinhessen bereits zu den etablierten Jungwinzerinnen. Mit ihrem neuen Jahrgang 2016 zeigte sie wieder, auf welcher Höhe ihre Weine stehen.

Philipp Kettern belegt mit seinen trockenen Weinen, dass die Mosel im Gegensatz zu den unausrottbaren Vorurteilen kein Hort der Lieblichkeit ist. Der junge Winzer muss sich beinahe schon als Bergsteiger betätigen, denn seine Reben wachsen in halsbrecherischen Steillagen, wobei der knackige saftige Piraten-Riesling besonders großen Trinkspaß bietet. Kompromisslos puristisch präsentierte sich das Weingut Kampf aus dem rheinhessischen Flonheim, von asketischer Ernsthaftigkeit waren die Weine von Kerner aus Waluff im Rheingau. Beide empfehlen sich für Kenner mit Hang zur flüssigen Geradlinigkeit.

Rieslingtag Martin Tesch aus dem Rheingau dokumentierte, wie wichtig es ist durch ein Konzept und wiedererkennbare ansehnliche Etiketten Profil zu zeigen. Mit von der Partie auch Irene Söngen aus Hattenheim im Rheingau, die einen schmissigen Riesling-Sekt und einen erstklassigen schäumenden Blanc de Noir Brut erzeugt. Das Weingut Thörle aus dem rheinhessischen Saulheim offenbart mit seiner ganzen Palette Klasse. Arrivierte Winzer neben jungen Newcomern – so spannend und erkenntnisreich können Weinproben sein. Es gab viele tolle Weine zu entdecken, die an einem lauen Abend noch mehr Spaß machen. Das Wetter sollte so langsam mal zum Riesling passen.

Ludwig Fienhold

 

Die teilnehmenden Aussteller: Frankfurt/Wein, K&M Gutsweine, Weinhalle am Merianplatz, Die Weinhandlung, Weinsocietät, Dealer de Vin, Surfing Wein. Nach dem 3. Frankfurter Riesling-Tag steht fest, dass diese Veranstaltung in den Terminkalender eines Weintrinkers gehört. Für kleine 10 € Eintritt kann man 100 verschiedenen Weine, mehrheitlich Rieslinge verkosten.

Photocredit: Barbara Fienhold

 

 

 

 

 

 

 

 




Gault & Millau: Manfred Kohnke geht endgültig

Ein großer Restaurantkritiker

verlässt den Gourmet Guide

 

Von Ludwig Fienhold

 

Unter den Restaurantkritikern war Manfred Kohnke allein schon wegen seiner Körperlänge von 1,96 Meter der Größte. Aber auch sonst galt er als Leuchtturm, der manchen den richtigen Weg zeigte, andere in die Klippen lenkte. Seine spitze Zunge wird er behalten, doch nicht mehr für den Gault & Millau Deutschland einsetzen. Manfred Kohnke tritt nach 34 Jahren an der Spitze des Gourmet Guides ab. Er hatte die Branche seit 1983 als Chefredakteur des Restaurantführers begleitet und war die letzten fünf Jahre als Herausgeber tätig, während Patricia Bröhm die Chefredaktion inne hatte. Sie wird nun weiter allein für die Geschicke des Gault & Millau Deutschland verantwortlich sein.

Gault MillauDer scheidende Manfred Kohnke ist journalistisch bestens geschult, arbeitete für den Spiegel, Capital, Wirtschaftswoche und Forbes sowie als Chefredakteur für den Rheinischen Merkur. Das legendäre Gourmet-Magazin Vif brachte er zumindest fachlich auf ungeahnte Höhen. Als Gourmet-Schlacks ohne Gewichtsprobleme schlenderte er durch Deutschland und war nicht überall ein gerne gesehener Gast. In dieser langen Zeit haben sich Freundschaften und Feindschaften gleichermaßen herausgebildet. Ein Kritiker, der bei allen beliebt ist, muss auch etwas falsch machen. Der 77 Jahre alte Manfred Kohnke wird seinen Mund weiterhin aufmachen, nicht nur beim Essen. Doch will er jetzt keine Pflichtbesuche mehr absolvieren, sondern nur noch dort speisen, wo es ihm Spaß macht. Der große Blonde mit der spitzen Feder hat zwar seine Position, nicht aber seinen Kopf an den Nagel gehängt. Den will er wie bisher benutzen, vor allem schreibend. Genussthemen stehen dabei nicht zwingend im Vordergrund, Manfred Kohnke ist auch als Ghostwriter gefragt.

Der heute 89 Jahre alte Christian Millau, Mitbegründer des Gourmet Guides in Frankreich, beendete übrigens seine Kritikerkarriere 1995 nach über 30 Jahren, weil er nur noch aus Spaß essen wollte und es satt hatte „von nervösen Köchen durch die Küche geführt“ zu werden. Schon damals nervte es ihn, dass er als Gast ständig beim Gespräch unterbrochen wurde, weil der Sommelier sein Wissen ausschütten und der Service das Essen anpreisen wollte. Gleiches regt heute noch Manfred Kohnke auf – wie sich die Zeiten manchmal doch nicht ändern.

Um die Restaurantkritik ist es derzeit nicht allzu gut bestellt, Scharlatane und Möchtegerns aller Art machen sich breit, ohne ein Gramm Existenzberechtigung einzulösen. Manfred Kohnke pflegt Telefonate mit einem „Kohnke stört“ einzuläuten. Dass er keine Störfeuer mehr leuchten lässt, macht die Branche nicht eben heller.

 

BISS Interview mit Manfred Kohnke

 

Was hat Sie in den 34 Jahren Gault & Millau besonders beeindruckt?

Positiv: Dass die einst bestenfalls belächelte deutsche Küche heute in ihrer Spitze mit der internationalen Elite auf Augenhöhe ist. Negativ: Dass die deutschen Köche diesen Fortschritt nicht global vermitteln können, da ihnen die kollegiale Solidarität abgeht (Franzosen beispielsweise sind nur untereinander missgünstig, aber nach außen hin immer zum kraftvollen Schulterschluss fähig) und dass ihnen im internationalen Wettbewerb jedwede offizielle Unterstützung fehlt.

Außerdem beeindruckten mich besonders die zunehmende deutsche Offenheit für die großen Küchen der Welt und die Entwicklung des deutschen Weins zum angenehmen Begleiter der Großen Küche.

Welches war Ihr unappetitlichstes Erlebnis? Das muss sich nicht zwangsläufig auf ein Essen beziehen, sondern kann auch eine Situation sein.

In den ersten Jahren machten mich Maden, die unterm Salat hervorkrabbelten, oder Schlimmeres als Haare in der Suppe sprachlos. Man findet sich damit ab, dass so etwas vorkommt. Aber ich habe Mühe, mich an solche Appetitzügler zu gewöhnen:

– gebratene Jakobsmuschel mit sous vide gegarter Banane, marinierte Gelbflossenmakrele im Staub dehydrierter Erbsen oder Slash-Speisekarten mit Radieschen | Mandel | Dunkle Schokolade;

– den Service-Übermut, unaufhörlich Tischgespräche zu unterbrechen, um u.a. den Gast ausdrücklich aufmerksam zu machen, dass man ihn nun durchs Ausheben eines leergegessenen Schälchens „befreie“;

– die floskelhafte Redseligkeit junger Sommeliers, die mindestens zu jedem zweiten Gang einen Wein von sonst woher kredenzen, „der richtig Spaß macht“.

Wie sehen Sie die Entwicklung der Restaurantkritik in Deutschland?

Das können deren Leser besser beurteilen. Ich wünsche mir, dass die Kopisten unter den Köchen nicht so hoch bewertet werden wie die Kopierten und dass Kritiker und Kritisierte in ihrer Genussfreude so gut sind wie im Dünnhäutigsein und Rechthaben.

Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Gastronomie in Deutschland?

Es grämt mich, dass nirgends so gedankenlos kopiert wird wie in deutschen Küchen. Und dass Lieferanten, Geschäftemacher und (unprofessionelle) Journalisten in keinem Land so hemmungslos neue Trends ausrufen können. Rannten allzu viele Köche früher zu jeder Telefonzelleröffnung, wenn ihnen jemand was von einer Gourmetveranstaltung erzählte, wollen sie heute bei jedem Trendgerede ganz weit vorn sein.

Es freut mich, dass sich in der Gastronomie das Casual fine Dining durchsetzt, dass immer mehr Köche in der Reduktion auf das Wesentliche auf streberhaftes Teller-Ikebana aus Küchentechniken und Produkten verzichten und dass immer mehr Gäste nicht länger prestigeträchtige Produkte essen und trinken, um Bedeutung zu dokumentieren, sondern das bestellen, was ihrem jeweiligen Lebensgefühl und generellen Lebensstil entspricht.

Und: Warum hören Sie eigentlich auf?

Ich werde bald 78 und bin kein Goethe, von dem in diesem Alter noch Faust II sowie Dichtung und Wahrheit zu erwarten sind.




99 Weine, mit denen Sie alles richtig machen

Otto Geisel gibt wichtige Tipps für alle Lebens- und Trinklagen

 

Der Harley-Fahrer Thomas Seeger ist ein markanter Typ und vinifiziert ebensolche Weine. Der  Winzer aus Leimen bei Heidelberg steht für eine eigene, sehr selbstbewusste Weinstilistik, welche vor allem bei seinen gesuchten Rotweinen von einer ganz eigenen, in ganz Deutschland wirklich einzigartigen kräftigen Aromatik geprägt ist. Am ehesten lassen sich diese Pretiosen mit den besten roten Gewächsen aus der sogenannten Neuen Welt, wie Australien, Neuseeland oder Kalifornien vergleichen. Diese beeindruckende und bei den Spitzenweinen ebenfalls selbstbewusst bepreiste Wein-Kollektion besticht allerdings schon im Basissegment mit dem für diese 99-Besten Selektion ausgesuchten, feinnervigen und trocken ausgebauten Heidelberger Auxerrois ‚AS’, der enorm viel Trinkvergnügen bietet. Dazu meint der Winzer selbst: „Manchmal gibt es so Tage abseits von Riesling und Chardonnay wo einem überhaupt nichts schmeckt was man so im Keller hat und dann greife ich einfach in die Kiste mit dem Auxerrois ‚AS’ und alles wird gut!“

Thomas Seeger

Thomas Seeger

Das Herzstück der harmonisch abgestuften Wein-Palette aus dem zehn Hektar großen VDP-Weingut sind die überragenden Spätburgunder, die weit über die Region hinaus ihresgleichen suchen. Sie sind geprägt durch ihre Harmonie mit einem Struktur gebenden kräftigen Holzeinsatz. Seeger pflegt einen kraftvollen Stil, der von dunklen Früchten, markanten Gerbstoffen und einer zarten Fruchtsüße getragen wird. Großartig sind hier natürlich auch die immer würzigen Großen Gewächse vom Weiß- und Grauburgunder.

Beitrag aus Otto Geisels sehr lesenswertem Buch 99 x Deutsche Weine mit denen Sie garantiert alles richtig machen. Die besten Weine unter 15 Euro. Christian Verlag, 192 Seiten,14,99 €.

 

 

Otto Geisel

 

Otto Geisel wurde im Jahr 1999 als erster Sachverständiger in Deutschland für die Bewertung von Wein öffentlich bestellt und vereidigt. 2007 kürte ihn der Gault&Millau Deutschland zum Restaurateur des Jahres. Bis heute ist er permanentes Mitglied des renommierten internationalen Expertenkreises »Grand Jury du Vin«. Weinwissen ohne hochgestochene Fachsprache und verklausulierte Formeln zu vermitteln, ist ihm eine Herzensangelegenheit, denn er weiß: »Für Geschmack gibt es keine Mathematik!«

 

 

 

 

 




Albtraum Neswine

Weinfreunde sitzen auf

dem Pulverfass

 

Ein Bericht aus der Schleuderkegelkolonne

 

Von Peter Hilgard

 

Das Aufsichtsratsmitglied einer kleinen Textilfirma, Martin F. war, zusammen mit seinem Chauffeur, auf dem Wege zur Jahressitzung dieses Gremiums am nächsten Tag in einer fränkischen Kleinstadt. Ein Motorschaden zwang die beiden Herren in einem nahe gelegenen Dorf eine Werkstatt aufzusuchen. Da es schon spät geworden war, entschloss man sich statt im Zielort im Dorfgasthof zu nächtigen. Die Speisekarte im Hotel war eher bescheiden und eine Weinkarte nicht vorhanden. Der Chauffeur wählte ein Bauernomelette, zu dem er sich ein Bier bestellte. Herr F. bat die Kellnerin um ein Glas stilles Mineralwasser, aber bitte in einem großen Weinglas! Als ihm die verwunderte Bedienung das Glas auf den Tisch stellte, griff  er in seine Jackentasche und holte ein kleines Tütchen hervor, in Form und Größe einem Umschlag für einen Teebeutel nicht unähnlich. Er riss eine Ecke auf und kippte den Inhalt in das Glas. Das Wasser färbte sich durch das Pulver tief rot. Er schwenkte das Glas vorsichtig und schnupperte: „Ist o.k.“ ließ er verlauten, während sein Chauffeur ihm wie versteinert gegenüber saß und versuchte das leere Tütchen über den Tisch zu sich zu ziehen. Er las, immer noch reglos: „NESWINE – Red  Bordeaux, Type Pomerol“. Während Herr F. sichtlich zufrieden an dem Glas hing und schnupperte, war sein Chauffeur verwirrt und unsicher ob des gerade Erlebten.

RotweinpulverIst diese Geschichte wahr? Vielleicht noch nicht ganz, aber die ersten Schritte zu ihrer Verwirklichung sind bereits getan. Im April 2014 wurde in den USA Alkoholpulver zum Konsum offiziell freigegeben. Zunächst hat man Rum-, Tequila- oder Bieraromen dazu gemischt und bot entsprechende „Instant Cocktails“ bzw. “Instant Beers” an. Hintergrund ist das berüchtigte Laborgerät namens “Schleuderkegelkolonne” (engl.: Spinning Cone Column). Es vermag auf physikalische Art jede Flüssigkeit, so auch Wein, in seine Bestandteile aufzuspalten. Diese können dann wieder in beliebigen Verhältnissen zusammengebaut werden, d.h. Alkoholgehalt, vielfältige Aromen und Tannine können pulverisiert und exakt und reproduzierbar zu einem beliebigen „Wein“ komponiert werden. Selbstverständlich gibt es keine Jahrgangsangaben, denn die Willkür der Meteorologie hat die Schleuderkegel-Technik endlich in ihre Schranken gewiesen.

Ich habe gelesen, dass im Staate Kalifornien angeblich bereits an die 500 Kellereien eine teure Schleuderkegelkolonne besitzen und für die Weinbereitung nutzen. In Europa hat man dieser Manipulation eine regulatorische Absage erteilt. Das erwähnte Fraktionierungsverfahren ist für die Weinherstellung nicht zugelassen. Trotzdem können die „Kunstweine“ aus Übersee auf den europäischen Markt kommen und mit den lokalen, weitestgehend „unverfälschten“ Tropfen in Wettbewerb treten. Nebenbei bemerkt, Weinpulver mit Burgundergeschmack gibt es schon, allerdings wird es bislang, Gott sei Dank, nur zum Kochen empfohlen.

Manipulationen während der Vinifikation sind bei den Winzern eine uralte Unsitte und wurden, wie wir aus zahlreichen Quellen zuverlässig wissen, schon im Altertum angewendet. Häufig ging es darum Fehler im Wein zu beseitigen. Dies geschah durch Zugabe verschiedenster Ingredienzien, die den fehlerhaften Geschmack und Geruch überdecken sollten. In modernen Zeiten sind Methoden wie die Umkehrosmose, bei der aus dem Wein Wasser entfernt wird, oder die Zugabe von Holzspänen zur Aromatisierung en vogue. Auch das Hinzufügen bestimmter Chemikalien um sensorisch ungewünschte Moleküle zu binden und dadurch zu eliminieren ist gang und gäbe. Dünnen Mosten gibt man Zucker oder Honig zu, um den Alkoholgehalt hoch zu puschen. Leider muss die Anwendung dieser Techniken nicht auf dem Etikett vermerkt werden, d.h. der Konsument läuft auch bei uns in Europa Gefahr nicht das wirkliche Original am Gaumen zu spüren. Daher ist und bleibt Vertrauen in die Ehrlichkeit der Arbeit einer Kellerei, egal aus welcher Weinregion, das wichtigste Qualitätskriterium für den anspruchsvollen Genießer.