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Lufthansa: Schafft endlich die Bordküche ab!

Ein offener Brief

gegen fieses Essen

 

Der Kranich ist ein komischer Vogel. Versteht aber gar keinen Spaß. Wenn man ihm sagt, dass er aussieht wie ein Pleitegeier, wird er nur seine Krallen ausfahren. Macht aber nichts, denn wir wollen dem gerupften Vogel ja helfen. Mit gutem Rat, der lediglich ein offenes Ohr und kein Geld erfordert. Weit mehr noch als die Lufthansa-Aktie, befindet sich die Bordküche im Tiefflug.

Liebe Lufthansa, schaffe einfach die Bordküche ab, jedenfalls das bisherige Schema der Armenspeisung. Das Essen in der Economy schmeckt tatsächlich nach Holz. Die Alufolien gehen ja vielleicht nur deshalb so schwer auf, damit die Passagiere das Essen nicht auspacken sollen. Die Business Class ist nicht besser und bietet ebenfalls viel heiße Luft. Die First mag zwar mit dem einen oder anderen bekannten Koch als Ideengeber aufwarten, doch würde der grabesbleich ante mortem rotieren, wenn er erleben könnte, was aus seinen Gerichten an Bord wird. Mögen die dauernden LH-Streiks auch zu Unsicherheiten führen, die Bordküche ist jedenfalls zuverlässig flau.

Bordküche 1954Also lieber Kranich, lass die Flügel nicht hängen, wir sagen jetzt, was zu Höhenflügen verhilft. Die Antwort auf heiße Pappe in Alu heißt Pausenbrot. Stulle. Superstulle natürlich. Gut belegte Bauernbrote mit Schinken, Tiroler Speck oder koscherer Pastrami. Jeder Imbiss ist besser und origineller als die LH-Bordküche. Imbiss liebt die ganze Welt. Pulled Pork in der Economy, Beef vom Angus in der Business und Wagyu in der First. Veggie für die anderen. So einfach ist das.

Es wäre auch sehr schön, liebe Lufthansa-Manager, wenn ihr nicht nur Kleingeldtropfen und gesponserte Weine an Bord holen würdet. Kein nachdenkender Winzer sollte ein Präsentsein bei euch als Werbung empfinden und sich billig verkaufen wollen, weil einfach im Umfeld das kulinarische Bewusstsein fehlt, dem man sich anschließen sollte. Über den Wolken schmecken nur wenige Weine, aber noch weniger die, welche ihr durch die Gänge schubst. Liebe Lufthansa, Du könntest Dir auch einen Namen machen, indem Du gute junge Winzer förderst, die es derzeit mehr denn je in allen deutschen Anbaugebieten gibt. Als deutsche Airline musst Du dich auch nicht mit Allerweltsweinen anbiedern und darfst ruhig Nationalflagge zeigen. Die meisten guten Restaurants in Deutschland machen dies längst so.

Unsere Ideen minimieren die fixen Kosten und fördern das Image. Das ist viel Geld wert. Und dafür verlangen wir nur ein Upgrade vom Rumpf in den Kopf. Also lieber Kranich, die Vorschläge unserer Fluggastabteilung „Friedenstaube“ sollen bei Dir Wind unter den Flügeln machen. Und jetzt mach endlich die Flatter und ändere Deine Bordküche. Übrigens: Für eure geplante neue Billig-Airline empfehlen wir den Namen Chicken Wings. Dann weiß auch wenigstens jeder, was ihn an Bord zu essen erwartet.

Ludwig Fienhold

 




Das neue Restaurant 1718 mit Alfred Friedrich

Weindorf Deidesheim hat

eine weitere Topadresse

 

Hotel-Hideaway Ketschauer Hof wird immer besser

 

Der Ketschauer Hof im pfälzischen Deidesheim gehört zu den besten Adressen der Republik. Das dazugehörige Sternerestaurant L.A. Jordan von Küchenchef Daniel Schimkowitsch allein ist schon ein herausragendes kulinarischen Ziel, jetzt wurde gleich gegenüber das Restaurant 1718 eröffnet, in dem der einst sternegekrönte Alfred Friedrich Regie führt. Er sorgt dort für eine prägnante Küche der intelligenten Herzhaftigkeit. Das Interieur ist extravagant und setzt sich drastisch von der hier üblichen Weinstubenseligkeit ab. Rustikale Gasthäuser gibt es schon genug in der Region, das amüsante Ambiente soll auch ein jüngeres Publikum ansprechen. Auf der Innenhofterrasse lässt es sich dieser Tage besonders angenehm schwelgen.

Küchenchef Alfred Friedrich

Küchenchef Alfred Friedrich

Zum modernen Design im alten Gemäuer passt die Küche durchaus gut. Sie ist im Grunde zwar zeitlos, schafft aber doch mit einer gewissen Leichtigkeit entstaubte Klassiker in Bestform auf den Tisch zu bringen. Für sein wunderbares Wiener Schnitzel ist Alfred Friedrich bekannt, weshalb es hier keinesfalls fehlen darf. Ein solches Wiener sucht man in dieser Klasse nicht nur in Deidesheim vergebens.

Ungarisches Gulasch von Ochsenbacken mit Topfenknöpfle oder Backhuhn vom Maishähnchen mit Kartoffel-Gurkensalat sollte man sich auch nicht entgehen lassen. Wer sagt, dass solche Gerichte einfach wären, hat keine Ahnung, wie schwer es gerade ist, diese vermeintlich schlichten Genüsse auf Topniveau zu vermitteln. Ein Wiener Schnitzel kann ebenso anspruchsvoll sein wie Languste, Hummer oder Gänseleber. Luxusküche kann langweilen, Bodenständiges spannend sein. Gut gemacht muss es einfach sein und schmecken soll es, das eine wie das andere. So wie das eher der Haute Cuisine zuzuschreibende Schwarzfederhuhn vom französischen Spitzenzüchter Mieral. Alfred Friedrich serviert es im neuen 1718 als saftig-fleischige Keule und zarte Brust mit leicht krosser Haut. Dazu gibt´s aromatische und leicht beschwipste Morcheln und cremige steirische Polenta. Bei den Desserts geht es auf höchster Ebene weiter, der Apfelstrudel im großen breiten Glas mit Vanille Panna Cotta und Apfelconfit nebst Zimtblüten-Eis und karamellisierten Strudelblättern ist einfach erste Sahne. Das alles hat Sterne-Qualität, zielt aber schon durch lockere Atmosphäre und sympathische Preise gewollt nicht darauf, weil solche Auszeichnungen eine Belastung sein können, die hier gar nicht erwünscht sind.

1718 Ketschauer Hof - 3Der Ketschauer Hof ist nicht allein ein hübsches Hotel, denn dahinter steht das große Niederberger-Unternehmen, zu dem unter anderem gleich mehrere sehr gute Weingüter gehören: Reichsrat von Buhl. Bassermann-Jordan und Von Winning sowie Dr. Deinhard. Von diesen gibt es reichlich Gutes im Keller des neuen 1718, der Weißburgunder von Bassermann-Jordan etwa ist ein sympathischer Jedermannsfreund, ohne flach zu sein. Ein beschwingt fröhlicher   Jungmädchenservice sorgt ebenfalls für gute Laune und lädt zu längerem Umtrunk ein.

1718 Ketschauer Hof - 2Das Restaurant 1718 nennt sich nach dem Gründungsjahr des heutigen Weingutes Bassermann-Jordan, dessen mystischer alter Weinkeller genau darunter liegt. Just, wo nun das 1718 zu Hause ist, soll die einstige Bibliothek gestanden haben, weshalb die plastische Wandtapete daran auf schöne Weise erinnert. Das Restaurant 1718 ist erstaunlich anders, was dem traditionellen Deidesheim gut tut. Hat Alfred Friedrich nun hier seine neue Heimat gefunden? Friedrich war einst neben Hans Haas die große Zugnummer vom verblichenen Frankfurter Brückenkeller, dies war dem Michelin zwei Sterne und dem Gault Millau 18 Punkte wert. Danach machte sich der Österreicher mit dem Humperdinck im Westend in Frankfurt selbstständig und zog später ins Restaurant Marcobronn aufs Schloss Reinhartshausen in den Rheingau. Zuletzt war Friedrich Küchenchef im Frankfurter Restaurant Lafleur, das er nicht gerade in Freundschaft mit der betreibenden Tigerpalast-Gastronomie verließ. Derzeit kocht der große Altmeister so entspannt wie selten zuvor.

Ludwig Fienhold

 

1718 Ketschauer Hof - TitelKetschauer Hof, Restaurant 1718, Tel. 06326 70000.

Dienstag bis Sonntag von 12 – 14.30 Uhr und 18 – 22 Uhr, sowie kleine Karte und Kuchen zwischen 14.30 – 18.00 Uhr. Montag Ruhetag.

Photocredit: Barbara Fienhold

 




Restaurantkritik: Die Leiter in Frankfurt

Der pikante Charme der Reife

 

Das Restaurant Die Leiter ist ein kulinarisches Fossil. Alt zu sein, ist noch keine Leistung, aber Beständigkeit schon. Seit 33 Jahren gehört das Lokal zu den besonderen Frankfurter Adressen und zu den ganz wenigen guten in der Innenstadt. Die Küche ist eine schlüssige österreichisch-italienisch-deutsche Freundschaft, die der ruhige Riese Alexander Gschaider aus der Steiermark grundsolide pflegt.

Küchenchef Alexander Gschaider (l.), Restaurant-Leiter Fernando

Küchenchef Alexander Gschaider (l.), Restaurant-Leiter Fernando

Kein anderes Innenstadtlokal bewegt sich so lange auf gutem Niveau wie Die Leiter in der Kaiserhofstraße an der Freßgass. Hochzeit hatte das Lokal, als man in der Stadt Dinner & Dance noch auf anspruchsvolle Weise miteinander verband und gleich nach dem Restaurantbesuch ins gegenüberliegende Le Jardin von Tatjana Gemming ging. Damals war die Leiter nicht nur ein Ess-Lokal, sie war weit mehr ein gesellschaftlicher Treffpunkt mit hohem Flirtfaktor. Während an den Tischen noch die Nudeln zwischen den Lippen entschlüpften, versuchten sich an der Theke bereits die Nimmersatten im amourösen Aufgabeln. Das Lokal war rappelvoll, mitunter auch einige Gäste, was aber nie störte. Diese ungezwungene gute Laune, die einmalige Mischung aus Restaurant und Bar, gab es nie zuvor und auch nie wieder danach. Gegenüber der Leiter, in der Kaiserhofstraße 11, wohnte übrigens der Frankfurter Schriftsteller jüdisch-russischer Herkunft Valentin Senger, den man endlich wiederentdeckt hat.

Pasta mit Meeresfrüchten

Pikante Pasta mit Meeresfrüchten

Drei Namen sind untrennbar mit dem Lokal Die Leiter verbunden: Hausherr Chester Sauri, der unter anderem noch den Evergreen Fattoria in Mörfelden-Waldorf betreibt, Restaurantleiter Fernando Mezzadra und Küchenchef Alexander Gschaider. Selbstredend gelingen dem Österreicher Heimatgerichte wie Wiener Schnitzel, Backhendl und Tafelspitz besonders gut, aber auch die Lammkoteletts sind ein Must-have. Standards italienischer Art machen ebenfalls Spaß, etwa die saftigen Papardelle mit würziger Salsiccia-Wurst oder die temperamentvollen Spaghettini mit Calamaretti, Garnelen, Steinpilzen, Knoblauch und Chili sowie das Pimento-Risotto mit Erbsen und Sesam-Wachtel. Es geht aber auch noch etwas kreativer. Da gibt es dann in der Pfanne hellbraun gedünsteten Zander auf cremigem Sauerkraut mit Speck und Kartoffelpüree oder die in Zimt und Nelken marinierten Kalbsbäckchen. Hervorragend auch die Spanferkelbäckchen mit gerührter Polenta, jungen Bohnen und krossem Speck. Es lohnt sich jedenfalls zu den Tagesempfehlungen zu greifen. Neben den Hausklassikern werden täglich sieben neue Positionen offeriert, das Drei-Gang-Menü kostet sozialverträgliche 32 €.

Team-Geister

Team-Geister

Küchenchef Alexander Gschaider steht seit 22 Jahren in der Leiter am Pass. Er hat im famosen Bareiss in Baiersbronn gelernt, stand in den seligen Unterberger Stub´n in Kitzbühel am Herd, wo Eckart Witzigmann Stammgast war, und kochte mit Alois Köpf im verblichenen Restaurant de France in Wiesbaden. Gschaiders Souschef Erwin Mayer steht seit 17 Jahren an seiner Seite.

Auch der Service ist eine gastronomische Antiquität. Fernando, der aus der italienischen Provinz Pavia stammt, schwirrt von Anfang an durchs Lokal.Die älteren Gäste kennen ihn sogar noch aus seiner Zeit beim Frankfurter Hof. Das Leiter-Team besteht vor allem aus altgedienten Mitarbeitern, wie Katharina oder Alberto und anderen ewig bekannten Gesichtern. Am Ambiente hat sich scheinbar wenig geändert, noch immer herrscht das Bild des sehr schlank geschnittenen Bistros vor. Doch es gibt inzwischen einige Veränderungen, der Gastraum wird dezent aufgemöbelt, das Licht hat sich bereits deutlich verbessert. Rechtzeitig zur Terrassensaison soll auch der Außenbereich schöner dastehen. Die Atmosphäre in Der Leiter hat etwas Unbeschwertes und erinnert auf angenehme Weise an gute alte Zeiten, ohne verstaubt zu wirken.

Immer nah am Gast arbeiten

Immer nah am Gast arbeiten

Die Leiter hat einen gutgefüllten Weinkeller, es lohnt sich, Fernando nach seinen letzten Entdeckungen zu fragen. Ganz neu im Repertoire sind Avantgarde-Champagnerwinzer, derzeit im offenen Ausschank ist ein Blanc de Noirs von Clement Perseval, der zum Mittagsmenü angeboten wird.  Außerdem interessant: Die Weine des französischen Drei-Sterne-Kochs Michel Guérard sind sonst nirgendwo in Deutschland zu bekommen, man sollte sie einmal probieren, vor allem den köstlich duftigen und enorm saftigen Sauvignon Blanc Baron de Bachen. Manchmal muss es auch ein Prosecco sein, der von Dal Din ist ein guter beschwingter Vertreter seiner Spezies.

Die Themen-Wochen und Events der Leiter gehören in den Kalender, die Österreich-Tage waren besonders gut gebucht. Die beiden Steirer Alexander Gschaider und Erwin Mayer zeigten sich in Bestform. Sehr gut etwa die Selchfleischtascherl mit brauner Butter, das Fiakergulasch vom Ochsenwadl mit Breznknöderl sowie Arme Ritter mit Blutwurstfüllung nebst gebackenem Haferflockenleberknödel. Einige Gerichte der Österreich-Tage werden auch immer wieder Einzug auf die Speisekarte finden. Von uns aus könnte es die Österreich-Tage das ganze Jahr über geben.

Ludwig Fienhold

 

Die LeiterDie Leiter, Frankfurt, Kaiserhofstr. 11, Tel. (069) 29 21 21.

Österreich Woche, 14.-23. April, ab 18 Uhr.

www.dieleiter.de

 

 

 

 

 

Photocredit: Die Leiter, Barbara Fienhold




Restaurantkritik Werkskantine: Die neue Ess-Klasse

Lokal der Luxusmobile

mit mehr PS am Start

 

Mehr noble Karossen stehen vor keinem Lokal in der Stadt. Die Klassikstadt nahe der Hanauer Landstraße in Frankfurt hat sich längst als Treffpunkt von Sportwagenfahrern und Oldtimerfans etabliert. Jetzt wird die Gastronomie dort von neuen Betreibern gelenkt. Thomas Haus, bekannt als Chef des Goldman-Restaurants, und Delikatessen-Gastronom Gregor Meyer steuern das Großraumlokal seit Anfang des Jahres im Zweisitzer. Die neuen Haus-Herren im Lokal sind Thomas Haus (r.im Bild) und Mario Herr (l.). Sie wollen gute Gasthausküche bieten, was in Frankfurt seltener ist als Haute Cuisine

Fabrik-Schick

Fabrik-Schick

Auf der Speisekarte stehen Gassenhauer und Evergreens sowie Meyers Met-Ware. Das hat ein klares Profil und bietet ganz viel, worauf man immer Lust hat. Wiener Schnitzel vom Münster-Kalb mit Bratkartoffeln oder geschmorte Ochsenbäckchen in kräftiger Sauce mit hausgemachten Spätzle etwa, beides von guter Qualität und mit Schmackes zubereitet. Lachs in Wirtshäusern ist eher selten gut, hier macht der hausgebeizte, zarte und feinaromatische Wildwasserlachs mit Honig-Senf-Sauce und Dill einfach Freude. Salate werden in der Gastronomie vernachlässigt, die in Höhls Apfelessig marinierten Blattsalate mit pikantem Mix aus Mango, Cashewnüssen und Chili enttäuschen nicht. Unter der Rubrik Metzger-Ware steht unter anderem der gegrillte Fleischkäse mit süßem Senf und Kartoffelsalat – mehr als ordentlich. Aus Meyers Delikatessenhandel könnte ja noch einiges Einzug halten, wie der wunderbare speckige Kartoffelsalat oder das saftige Sauerkraut. Simmentaler Rind vom Grill, Bauernenten und Bio-Hähnchen sowie Backfisch vom Angeldorsch ergänzen die animierende Karte. Einiges ist hausgemacht, wie die Spätzle und die Fritten mit jungem Knoblauch und frischen Kräutern. Eine willkommene Idee ist auch die Schinken-Vesper, frisch mit der Berkel aufgeschnittener luftgetrockneter Holsteiner Kernschinken. Wer von der Gourmetküche pausieren will und nach Herzhaftigkeiten sucht, wird genauso fündig, wie der gehobene Fresssack.

Werkskantine, parkplatzsicher

Werkskantine, parkplatzsicher

Thomas Haus ist zwar der Spiritus rector der Gastronomie, doch als Küchenchef der neu aufgestellten Werkskantine fungiert der 34 Jahre alte Mario Herr, der aus dem Badischen kommt und einige bemerkenswerte Stationen absolviert hat. Gelernt hat er im verblichenen Adler in Todtnau, den seinerzeit zwei Michelin-Sterne zierten. Danach ging es zu Dieter Müller nach Bergisch Gladbach und für ein Jahr ins Clouds nach Zürich zu David Martinez (1 Stern, 17 Punkte im Gault Millau). Ein wenig von der weiten Welt schnupperte Mario Herr bei den Robinson Clubs, wo er nicht mehr für wenige Gourmetgäste kochte, sondern auch größere Gruppen versorgte und Bankette arrangierte. Ein gutes Rüstzeug, um mit der großen Werkskantine umgehen zu können.

Kantine mit Porsche

Kantine mit Porsche

Mario Herr kann sich auf zehn Mitarbeiter stützen, die im Wechsel arbeiten. Eine solide Crew ist auch notwendig, denn es wollen 120 Plätze bedient werden, wobei die große Terrasse zusätzlich gut 100 Gäste fassen kann. Die Weinkarte versucht analog zur Speisenkarte sehr kompatibel für viele zu sein, ohne einen gewissen Anspruch zu verlieren. Weine von Knewitz, Spreitzer oder Pfannebecker sprechen auch den Ausgepichten an. Glasweise wird in der angenehmen Füllung von 0,1,5l ausgeschenkt, ein Glas von Markus Schneiders Rosé Saigner kostet beispielsweise 5,50 €. Den Service dirigiert Janka Krauzpaul, die durch ihre Arbeit im Frankfurter Haus und der Gerbermühle gelernt hat, mit Gästescharen umgehen zu können. Der vorherige Betreiber der Werkskantine, Sympathie-Gastronom Kay Exenberger, führt übrigens nach wie vor seinen überschaubaren kleinen „Frankfurt Imbiss“ in der Textorstraße in Sachsenhausen.

Terrasse mit Regendach

Terrasse mit Regendach

Die amüsant im New Yorker Tribeca Look designte Werkskantine könnte so auch in anderen Weltstädten stehen. Das auf den Namen „Klassikstadt“ getaufte Riesenreich von17.000 Quadratmetern, deren Teil die Werkskantine ist, entstand vor gut fünf Jahren aus einer 100 Jahre alten ehemaligen Fabrik. Das Backsteinschloss ist Eventlocation, Showroom und Werkstatt mit angeschlossenem Lokal. Das Industrie-Design und die solide Wirtshausküche gehen eine spannende Verbindung ein. Gastronomisch ist hier vielleicht so etwas gelungen, wie ein zeitgemäßer Oldtimer.

Ludwig Fienhold

 

WerkskantineKlassikstadt & Werkskantine, Frankfurt, Orber Str. 4a,

Tel. 069 41674151. Geöffnet Montag – Samstag, 11 – 23 Uhr durchgehend, Sonntag 11 – 18 Uhr.

Vorspeisen & Salate, 11,50 – 16,50 €, Hauptgerichte 13 – 28,50 €, Desserts 3,80 – 8,80 €. Stammessen (1 Gericht + Süßes) Mo.-Fr., 12-14.30 Uhr für 9,90 €. 

 

BILDER GALERIE

 

Photocredit: Barbara Fienhold

 




Neu & Gut: Winzer-Bier von der Rheingau-Insel

Der Winzer schäumt: Weizenbier Rheinhell

von der Insel im Strom Mariannenaue

 

Die Winzer werden immer frecher, jetzt machen sie auch noch Bier. Und dazu noch ein Gutes. „Rheinhell“ heißt das Winzer-Bier, dessen wild wachsende Hopfen von der märchenhaften Rheininsel Mariannenaue stammen. Die Idee dazu hatten Stefan und Jürgen Lergenmüller vom Weingut Schloss Reinhartshausen in Erbach, gebraut wird der Stoff von der Privatbrauerei Bischoff im pfälzischen Winnweiler. Das Resultat: Ein feines, leichtes, hoch delikates Weizenbier, mit nobler dichter kleiner Perlung und duftiger Frische. Ein besonders schönes süffiges und naturtrübes Weizenbier, obergärig und unfiltriert, mit einer Stammwürze von 12,4%.

Winzer-BierPate stand die traditionsreiche Weinbergslage „Rheinhell“, aus deren Rebgut die bekannten Insel-Weine von Schloss Reinhartshausen erzeugt werden. Der wilde Hopfen, der gleich neben den Rebstöcken wächst, wurde als zweiter Schatz der Eilands wiederentdeckt.  Nachdem durch das Hochwasser des Rheins im Juni 2013 der Weinjahrgang  auf der Insel Mariannenaue fast komplett ausfiel, hat man aus der Not eine Tugend gemacht und das Inselbier dankbar in Kleinstauflage gebraut.

Das Winzer-Bier wendet sich auch an Weinliebhaber, die nach der Weinprobe ein besonderes Bier zu schätzen wissen. Zu bekommen ist das Winzer-Bier ab Weingut Schloss Reinhartshausen, in ausgewählten Gastronomiebetrieben im Rheingau und im gut sortierten Weinfachhandel. Das Fläschchen (330 ml) kostet 3,57 €. Ein Bier für Weintrinker.

PL

 




Restaurantkritik: Fabian Günzels Loft ist der Himmel über Wien

Tolle Location mit

Blick über Wien

 

Von Ludwig Fienhold

 

Juan Amador steigt in den Weinkeller, Fabian Günzel kocht über den Wolken. Wien dreht gerade ein kulinarisches Riesenrad. Österreichs Metropole wird gastronomisch immer besser und bewegt sich dabei elegant zwischen Klassik und Moderne. Besonders spannend ist das Restaurant Loft im Sofitel am Stephansdom, in dem der unkonventionelle Fabian Günzel als Küchenchef Regie führt.

Aal-Gericht

Aaal-Gericht, aber nicht aalglatt

Das Restaurant Loft ist eine verglaste Dachterrasse auf dem 18. Stockwerk des 74 Meter hohen Hotels mit großartigem Rundumblick auf Wien. Die von animierenden Videos verstärkten Deckengemälde von Pipilotto Rist an der Decke legen sich wie ein Teppich über die Stadt. Toller Sternenhimmel, doch hat Fabian Günzel einen anderen Horizont: „ Lieber einen Stern und Geld verdienen, als drei Sterne und die Hütte ist leer.“ Egal, wie die Auszeichnungen der Restaurantführer demnächst auch ausfallen mögen, die Küche im Restaurant Loft paart Originalität und Qualität. Mehr noch: Es macht einfach Spaß hier zu essen – das vielleicht längst wichtigste Kriterium für einen Restaurantbesuch. Panorama-Restaurants in luftiger Höhe setzen oft nur auf dieses besondere Highlight. Im Loft will man aber auch eine Spitzenküche und Topweine in prickelnder Atmosphäre bieten.

Küchenchef Fabian Günzel

Küchenchef Fabian Günzel

Die Küche von Fabian Günzel möchte so unkompliziert erscheinen, dass jeder Lust darauf bekommt. Doch hinter dieser vermeintlichen Schlichtheit steckt eine Strategie der intelligenten Herzhaftigkeit. Viele kleine Schweinereien und Lustmacher zum netten Preis stehen vor amüsant aufgebauten Gerichten der Haute Cuisine. Egal, wozu man tendiert, alles hat einfach Geschmack und Kraft bei gleichzeitiger Finesse. Diese Küche spricht viele an – und ist doch keine Allerweltsküche. Das Sauerteigbrot von der Backstubenboutique „Joseph Brot“ ist schon eine Klasse für sich und wird toll aufgetischt mit schaumiger Butter und Oliven (oder geröstetem Knoblauch und Oliven sowie wahlweise Speckmarmelade und Fourme D´Ambert).

Rib Eye

Rib Eye

Die „Vorspiel“ genannten Entrees sind durchweg sexy: Erstklassiger BBQ Aal aus der Berliner Havel mit Zitrone, Radieschen, Haselnuss, Schnittlauch oder Jakobsmuschel-Ceviche mit Kokos, Limette, Chili, Ingwer. Sehr gut auch die getrüffelte Polenta mit Ei und Gewürzmilch, Spitze die cremige Entenstopfleber mit Rosinen, Blutorangen, Quinoa und Mandel sowie der Cappuccino von Kalbsschlepp, Linsen, Petersilienwurzel und Malz. Wie sympathisch schlichtes Risibisi sein kann, erlebt man hier im Loft, wobei der Knuspermantel mit Mozzarella gefüllt ist und mit einer Koriander-Safran-Sauce aufgefrischt wird. Noch ein Beispiel für die Geschmeidigkeit der Küche: Das saftige feinkrustige Spanferkel (Freilandschwein) wird mit geschmorten Aprikosen, Spargel, Morcheln und einer durch Rosmarin und Thymian abgeschmeckten Sauce Albufera gut begleitet. Die Küche schafft jedenfalls ganz unangestrengt den Spagat zwischen klassisch und hipp, obwohl dahinter viel mehr Mühe liegt als es dem Gast wahrscheinlich bewusst ist.

Gänseleber

Exotischer Gänseleber-Teller

Küchenchef Fabian Günzel ist ein extrem forscher Tattoo-Typ, aber trotz aller ungestümen Lebenskraft und verbalen Direktheit sehr diszipliniert und strukturiert bei der Arbeit. Wien ist ihm fast zu gemütlich, dafür geht es bei ihm in der Küche umso heftiger zu. Während die Gäste ganz bequem in lässigen Lounge-Sitzen tafeln, herrscht dort ziemliches Gedränge. 100 bis 150 Couverts müssen herausgeschickt werden, da hat jeder Handgriff zu sitzen. Wenn man erlebt, welche Qualität Fabian Günzel und sein Team für eine solche Vielzahl bieten, vermag man sich leicht vorzustellen, wie diese erst für die Hälfte der Gäste ausfallen würde. Die Könnerschaft kommt bei Fabian Günzel nicht von ungefähr, denn er kann sich auf eine großartige Restaurantlaufbahn stützen. Der erst 30 Jahre alte Erfurter arbeitete zuvor als Souschef bei Silvio Nickol im Wiener Palais Coburg und stand bereits bei Topadressen wie Heinz Winklers Residenz in Aschau, Seehotel Überfahrt in Rottach-Egern, La Vie Osnabrück oder dem Restaurant Schlossstern auf Schloss Velden am Wörthersee am Herd.

Loft Bar

Loft Bar

Der recht eigensinnige Sommelier Steve Breitzke passt bestens zum unkonventionellen Stil des Restaurants, er berät kreativ und hält viele Entdeckungen und Raritäten auf seiner mit 600 Positionen gelisteten Karte parat. Man legt sich vielleicht schnell mit ihm an, doch es macht durchaus Spaß, mit ihm zu streiten. Er gehört zu den ganz wenigen, die Probleme mit den Grünen Veltlinern von Bernhard Ott haben. Aber er ist ja auch kein Österreicher, sondern wie Küchenchef Günzel Thüringer. Steve Breitzke ist grundsätzlich ein großer Rieslingfreund und schätzt darüber hinaus die Weine aus dem Jura und von der Loire. Zur Lammkrone mit orientalischer Gewürzmischung Raz el Hanout empfiehlt er den Syrah Felsenstein vom Österreicher Christian Tschidas. All das zeigt, wohin die Weinreise mit ihm geht – Langeweile ausgeschlossen.

Risi Bisi

Risi Bisi

„Wir wollen kein Hotelrestaurant sein“, meint General Manager Alexander Moj, „wir verstehen uns als Repräsentanten des neuen Wiens.“ Rock me Amadeus. Auf einer Galerie mitten im Restaurant liegt leicht erhaben die Bar von Michael Fortner, die wegen ihrer famosen Drinks ebenfalls unbedingt besuchenswert ist. Die Loft-Musik will quietschvergnügt erscheinen, quietscht aber vor allem in den Ohren. Als Tom Cruise zu Besuch war, kam er nur flink ins Loft, um ein paar Bilder von hier oben zu schießen. Das Essen ließ er links liegen, aber für einen Genießer hatten wir ihn ohnehin nicht gehalten. Das Loft ist eher für Gäste gedacht, die ganz losgelöst von der Erde aus allen Wolken fallen wollen.

 

Sofitel WienSofitel am Stephansdom, Fünf-Sterne-Hotel zentral am Donaukanal und eher nicht am Stephansdom gelegen, sondern mit Blick auf ihn und viele andere Sehenswürdigkeiten, Praterstraße 1, Tel. +43 1 90 616 8110. Hotel mit 182 Zimmern, Übernachtung ab 180 €. Restaurant Loft, Taste of Loft, vier Gänge vom großen Menü: 72 €. Vorspeisen 12 – 22 €, Hauptgerichte 30 – 36 €. 

www.dasloftwien.at

 

 

Photocredit: Sofitel Wien, Ludwig Fienhold

 




Gastro News Rhein-Main

Neues Lella Mozzarella mit

Boots-Bar und Gewächshaus

 

Das Gute-Laune-Lokal Lella Mozzarella in Sachsenhausen bekommt einen großen Bruder. Nach dem stürmischen Erfolg vom letzten Jahr war schnell klar, dass dieses heitere Gastronomiekonzept für weitere Adressen umgesetzt werden würde. Das neue Lella Mozzarella will nach den Worten des Betriebsleiters Denis Rimonti auch „kein Standard-Italiener“ sein und soll im Dezember am Platz der Republik/Mainzer Landstraße gegenüber vom Hotel Fleming´s eröffnen. Es wird sich im Untertitel „Pizza & Cucina“ nennen. Die Pizza kommt im ersten Lella Mozzarella in Sachsenhausen nicht vor, weshalb diese Ergänzung an anderer Stelle naheliegt. Einige Bio-Ideen gibt es auch, manche Erzeugnisse kommen von den eigenen Braumannswiesen im Taunus. Neu auf der Speisekarte wird eine Demeter-Hähnchenkeule sein. Daneben soll es einige bekannte Hausklassiker geben, Tortellini, Gnocchi oder Focaccia werden hausgemacht sein. Neben dem Restaurantbereich ist eine wie ein klassisches Riva-Boot gestaltete Bar geplant, außerdem ein echtes Gewächshaus als optisches Highlight. Lella Mozzarella „Pizza & Cucina“ wird deutlich größer als der ältere Erstling und hält 80 Plätze im Lokalbereich, 50 an der Bar und 40 auf der Terrasse bereit. Während bei Lella Mozzarella in Sachsenhausen Meerestürkis den Grundton bestimmt, will man im neuen Lokal mit Orange Farbe zeigen.

 

Allgaier´s in Königstein

schneidet gerne auf

 

Stefan Allgaier

Stefan Allgaier

Stefan Allgaier hat inzwischen sein drittes Lokal eröffnet, nach Frankfurt und Kronberg nun in Königstein. Dort werden besonders gerne zwei exklusive Küchengeräte eingesetzt: Der Molteni-Herd und die Berkel-Schneidemaschine. Auf den Molteni-Herd kommen Steaks jeder Größe, mit der Berkel werden Parmaschinken, Mortadella, Ibericoschinken, Wildschweinsalami und anderes mehr frisch aufgeschnitten. Das Allgaier´s nennt sich Restaurant & Weinbar, ein Glas Wein und eine Schinkenplatte oder eine Kalbsfrikadelle genügen ja oft, um glücklich zu sein. Gerichte à la Carte und Wein-Menüs gehören ebenso zum Repertoire des preislich moderaten Lokals. Insgesamt stehen rund 200 offene Weine im Angebot. Küchenchef ist, wie bereits berichtet, Jens Hirsch, der davor in der verblichenen Emma Metzler am Herd stand.

Allgaier´s, Königstein, Limburger Straße 5, Tel. 06174 639 67 20

www.allgaiers-koenigstein.de

 

 

Stefan Nesshold hat das Bricks verlassen

 

Stefan Nesshold

Stefan Nesshold

Küchenchef Stefan Nesshold hat das Bricks in der Frankfurter Innenstadt verlassen. Der solide Handwerker, der schon bei Mario Lohninger gute Arbeit leistete, passte nicht mehr zur Neuausrichtung des Lokals, das sich jetzt verstärkt als Party-Location bekannt machen will. So wie wir das Lokal Bricks im November als den „Geheimsten Geheimtipp Frankfurts“ vorgestellt hatten, ist es nicht mehr. Junge Küche mit Omas Rouladen, gutem Wiener Schnitzel und Kalbsgulasch war einmal. Wir bedauern diese Entwicklung. Stefan Nesshold hat sich nach Spanien zurückgezogen, um über einen Neuanfang an anderer Stelle nachzudenken.

 




Villa Ratatouille: Das ganz andere Restaurant

Geistvolles in der Gespenstervilla

 

Die Kulisse: Eine gespenstisch schöne leerstehende Stadtvilla in der Windmühlstraße 9 im Bahnhofsrevier. Das Dinner: Jedes Ma(h)l serviert ein anderer Koch ein Menü, insgesamt 13 Köche an 12 Abenden, begleitet von Malern und Musikern. Veranstalter: Der ideenreiche Event Organiser Peyman Far, der auch die Secret Dinner inszenierte und das Landwehrstübchen in Sachsenhausen betreibt. Die Tickets für den Zugang zur Villa Ratatouille werden ihm aus den Händen gerissen. Die Dinner-Serie ist limitiert und wird am 7. Mai enden.

Anton de Bruyn (l.), Dennis Aukili

Anton de Bruyn (l.), Dennis Aukili

Schon die Auswahl der Köche ist erstaunlich, darunter die talentierte Privatköchin Sabrina und die Barkeeper Yared und Hellen vom Parlour. Aber auch eine Köchin von der Heimat, Thomas Haus vom Restaurant Goldman oder die drei Saravini-Schwestern. Jeden Abend eine andere Überraschung. Die beiden Köche vom Bornheimer Chairs, Dennis Aukili und Anton de Bruyn sind keine ganz Unbekannten mehr und konnten sich einen großen Fankreis erobern. Sie haben ihren Husarenritt bereits mit Bravour hinter sich gebracht. Für über 80 Gäste aus einem Hinterzimmer mit abenteuerlichen Arbeitsbedingungen heraus ein Menü zu schicken, ist schon für sich eine Leistung. Wenn dann die Gerichte noch originell und gut sind, umso mehr. Oft gegessen und für banal empfunden – doch das handgeschnittene Tatar vom Vogelsberger Rind mit marinierten Spargelscheibchen und geräucherten Eigelb war effektvoll kombiniert und schmeckte ausgezeichnet. Als Lehrstück zeigten sich die Gelben Bete mit Quittenöl und Kapuzinerkresse. Gelbe Bete gibt es eher selten, obwohl sie toll und von eigenständigem Charakter sind. Man tut gut daran, sie auch nicht fein zu schnitzen, sondern als Knolle zu belassen. Voller Geschmack, schöne Haptik. So geht vegetarisch. Perfekt außerdem der Wilde Kabeljau, der im Grunde nur etwas Fleur de Sel bedarf, um großartig zu sein. Hier wurde er von Bärlauchcreme und Cedrat-Zitronatzitrone begleitet. Die schöne hausgemachte Mascarpone mit Rhabarber und Hibiskus am Schluss war, wie vieles an diesem Abend handgestrickt, aber eben sehr persönlich.

Villa Rat. Die Weinauswahl entsprach ebenfalls nicht dem Mainstream und passte zur individuellen Gesamtlage. Christian Lebherz von Cool Climate brachte einige eigensinnige Flaschen mit, unfiltrierte Naturweine. Ohne jegliche Kosmetik kommen die Bio-Weine vom Gut Carl Koch aus dem rheinhessischen Oppenheim aus, der Crapeau ist ein ganz ursprünglicher Müller-Thurgau. Spannend auch der vitale La Jeanne von Joseph Jefferies aus dem Languedoc, eine seltene Cuvée aus Marsanne, Grenache Blanc und Terret. Der supernette Service verlor nie den Überblick, was bei vollem Haus keineswegs einfach war. Nicht übersehen sollte man auch die Etage mit den Bildern, die während der ganze Dinner-Serie die Wände zieren.

Ab 22 Uhr kamen dann auch Flaniergäste ohne Tickets, die sich Wein, Drinks und Musik von Pedo Knopp und Casey Keth genehmigten. Die ungewöhnlichen Events in der Villa Ratatouille ziehen illustre Typen an, die durch das knarzende Treppenhaus schleichen. Auch der Hausmeister ist filmreif. Szenen wie aus dem phantastischen Film „The Grand Budapest Hotel“. Viele schöne Augenblicke.

Ludwig Fienhold

 

Infos & Tickets unter: https://fsc.ticket.io/2jfk9hxw/

Menü 49 €, Weinbegleitung 25 €. Je nach Veranstaltung unterschiedlich.

Photocredit: Barbara Fienhold

 




Ach, wie süß: Der Naschmarkt am Dom

Ein Café der besonderen Art

 

Rund um den Frankfurter Kaiserdom haben sich inzwischen enorm viele Cafés angesiedelt, darunter die ausgezeichnete Holy Cross Brewing Society, die lässige Margarete, die putzige Japanstube Iimori und das adrette Bitter & Zart. Mit dem Naschmarkt am Dom gibt es eine besonders bunte Wundertüte, die neben Kaffee und tollen Kuchen noch sehr viele andere Leckereien bereit hält. Darunter eine noch unbekannte Delikatesse aus Dänemark.

Naschmarkt am Dom - 03Die talentierte Kuchenbäckerin Dianne Sinclair ist für sich schon köstlich, doch ihre Kuchen können mithalten. White Chocolate Cheesecake und Zitronenkäsekuchen schmecken einfach großartig. Kuchen zum Kuscheln. Wenn diese dann noch von einem so gutgelaunten sympathischen Original wie Dianne serviert werden, ist der Tag gerettet. Sie ist in der Szene längst keine Unbekannte, denn die aus Boston nach Frankfurt zugereiste Amerikanerin betrieb zuvor das beliebte Cookie in the Box neben der Galerie Jacky Strenz an der Alten Brücke. Sie und ihre Kuchen wären allein schon ein Grund von weither anzureisen, doch es gibt noch mehr Gutes.

Tina (l.) und Dianne

Tina (l.) und Dianne

Haribo Colorado ist sehr gut gemachter Mainstream, den man mögen muss. Doch Lakrids by Johan Bülow aus Dänemark  ist die definitive Gourmet-Version. Besser war Lakritz nie. Der weiche Lakritzkern wird von verschiedenen feinen Geschmacksmänteln umhüllt – weiße Schokolade & Schwarze Johannisbeere, Schokolade & Himbeere, Chili & Cranberry. Die Lakrids Eggs mit Schweizer Dulce de Leche Schokolade sind umwerfend, doch die mit Karamell und Fleur de Sel sind vielleicht noch eine Prise aufregender. Die Basis gebenden Süßholzwurzeln werden bei Bauern in Afghanistan, Italien und dem Irak ausgesucht. Der aus Bornholm stammende Johan Bülow hat aus seiner Kindheitsliebe einen Erwachsenentraum verwirklicht. Eine schöne Geschichte mit märchenhaftem Ergebnis.

Naschmarkt am Dom - 11Manches im Naschmarkt ist hausgemacht, einiges wird von anderen Tophandwerkern geliefert, etwa von der Patisserie Graff und der Bäckerei Hanss. Sogar die tiefgekühlt aus Paris kommenden und hier wieder belebten Macarons sind erstaunlich gut. Der ganze Raum ist erfüllt von Naschwerken und Geschenkeartikeln, Produkten fürs kleine Glück. Daneben gibt es auch noch viele Frankfurt-Erzeugnisse (Senf, Essig, Öl etc.) von Kornmayer und Apfelwein von Kelterer Jörg Stier. Sogar einen Schoppe Gumm, „der Gerippte zum kaue“.

Der Naschmarkt, der sich ja nach dem berühmten Markt in Wien benennt und im Juli 2014 just dort einzog, wo für eine gefühlte Ewigkeit die Nachtkneipe „Kuckuck“ zu Hause war, hat sich gut entwickelt. Um die Kuchentheke herum scharen sich sechs kleine Tische, auf der Galerie oben ist auch noch Platz. Die kleine Terrasse mit Domblick ist jetzt bei gutem Wetter ein besonders beliebter Ort.  Naschmarkt-Inhaberin Christiane Kern hat ein Händchen für ausgesuchte Artikel und Dekoration. Offenbar aber auch eines für Menschen. Eine solch strahlende und einsatzfreudige Mitarbeiterin wie Tina würde man sich in vielen Lokalen der Stadt wünschen, wo leider oft der raunzende Kröterich Hausrecht hat. Der Naschmarkt am Dom ist jedenfalls eines der schönsten und herzigsten Cafés in Frankfurt. Ach was, auf dem Planeten.

Ludwig Fienhold

Naschmarkt am Dom - 06Naschmarkt am Dom, Frankfurt, Domstr. 4, Tel. 069 27279663.

www.naschmarktamdom.de

 

 

 

 

Photocredit: Barbara Fienhold