1

Holbein´s: Lohninger geht, Großmayer jetzt Küchenchef

Sushi-Meister Kawano Hirofumi bleibt

 

Es war eine Vernunftehe und keine Liebesheirat, jetzt gehen Mario Lohninger und Gregor Meyer wieder getrennte Wege. Gastronom, Feinkosthändler & Caterer Meyer holte den Spitzenkoch Mario Lohninger 2102 als Küchendirektor ins Frankfurter Restaurant Holbein’s im Frankfurter Städel Museum. Lohninger wird sich jetzt wieder stärker in den gleichnamigen Familienbetrieb einbringen, während sein langjähriger Souschef Patrick Großmayer die Leitung im Holbein´s übernimmt. Sushi-Meister Kawano Hirofumi, der ebenfalls schon viele Jahre an der Seite von Lohninger für erstklassige Kreationen sorgte, bleibt dem Holbein´s vorerst erhalten.

Ein frisches gastronomisches Konzept mit neuer Küchen-Crew und anderem Innendesign waren im August 2012 Ausgangspunkt für die Zusammenarbeit von Gregor Meyer und Mario Lohninger. Meyer empfindet die vergangenen drei Jahre „als erfolgreich“. Mehr noch: „Es hat großen Spaß gemacht, wir haben viele neue Stammkunden generiert.“

Mario Lohninger (l.) und Patrick Großmayer

Mario Lohninger (l.) und Patrick Großmayer

Ab Juli wird nun Mario Lohninger seinen Posten an den aktuellen Küchenchef in der Holbein’s-Küche Patrick Großmayer übergeben. Seit mehr als zehn Jahren an Lohningers Seite, will Großmayer die Küche auf dem gewohnten Niveau weiterführen.

Die Ausrichtung und Ansprüche der seit nunmehr 16 Jahren etablierten, gehobenen Küche im Holbein‘s werden sich nach den Worten Gregor Meyers durch die personelle Umstrukturierung nicht verändern.

Bis Juli sowie anlässlich der Monet-Ausstellung zum 200jährigen Jubiläum des Städels wird Mario Lohninger noch einmal einige durchaus typische Gerichte wie Sashimi vom Gelbflossenthunfisch mit Ingwer- Soja-Infusion, Miso-Lachs vom Grill in Orangen-Ingwer-Marinade oder hausgemachte Angel-Hair-Pasta mit Ofentomate, Basilikum und Parmigiano Reggiano zubereiten.

Der neue Küchenchef Patrick Großmayer begann seine Kochlehre im bekannten Restaurant-Hotel Obauer bei Karl und Rudi Obauer in Werfen bei Salzburg und war unter anderem Souschef in Mario Lohningers seligen Toprestaurants Silk und Micro. Ab 1. Juli wird es die erste eigenständige Speisekarte von ihm im Holbein´s geben.

PL

 

Photocredit: Markus Basler, Holbein´s

 

 

 

 

 

 




On The Road Again: Street Food

Ein Trend rennt um die Welt

 

Von Ludwig Fienhold

 

Street Food ist auf der Überholspur, kann aber auch in der Sackgasse enden, wenn dieser Begriff weiter falsch interpretiert und bloß ausgeschlachtet wird. Plötzlich will jeder auf die Straße, doch Imbiss und Fast Food gehören in eine ganz andere Kategorie. Was aber ist Street Food und was haben wir davon?

Thomas Funke von Soul Food

Thomas Funke von Soul Food

 

Edel-Burger

Edel-Burger

Unter die große Kochmütze mit den Namen Street Food scheint alles zu passen, von der Currywurst bis zum Döner. Das schadet der an sich guten Grundidee, denn Street Food definiert sich nicht allein durch ein „von der Hand in den Mund“. Die Wiege der Straßenstände und Garküchen steht in Bangkok und Hongkong. Dort findet man die eigentliche Volksküche. Frischer, besser und preiswerter kann man kaum sonst wo essen. Es handelt sich meist um kleine Familienbetriebe, die sich nie ein eigenes richtiges Restaurant leisten könnten. Und sie geben jenen Platz, denen wiederum einen Restaurantbesuch unerschwinglich ist. Zudem sind in Hongkong und Bangkok, wo das Essen von allergrößter Bedeutung ist,  die Restaurants alle derart gut belegt, dass man nicht so einfach einen Tisch bekommt. An den Garküchen unter freiem Himmel ist jedoch immer ein Hocker frei.

Wie alle Wiegen der Kultur, werden auch die des Street Foods nicht selten verschaukelt. Manche machen sich einfach nur einen Spaß daraus, viele wollen sich an einen Trend hängen, leider mit nur mageren Ideen. Street Food ist handwerklich & frisch, regional & international, schlicht & kreativ, schnell zubereitet & unkompliziert aus der Hand zu essen. Und nie langweilig. So zumindest das Idealbild. Der Brooklyn Food Market in New York bietet über 100 Ständen Platz für aberwitzige Kapriolen und Ethno-Essen. Im Grunde schon mehr ein kulinarisches Happening und Treffpunkt für Szene-Köche. Beim Real Food Market am Southbank Centre Square in London geht es etwas anspruchsvoller zu, stehen interessante und hochwertige Erzeugnisse im Mittelpunkt. Zentrum der deutschen Street Food Märkte sind Berlin und überraschenderweise Nürnberg.

Wein-Pause

Wein-Pause

Der Street Food in der Markthalle Neun in Berlin-Kreuzberg ist wie die ganze Stadt wunderbar bunt und erstaunlich um Qualität bemüht. In Nürnberg treffen sich regelmäßig Food Trucks, junge Straßenköche und Straßenkünstler zu einem Festival. Der neue Street Food Markt am 7. Mai soll Auftakt zu einer weiteren Veranstaltungsreihe sein, die indes ziemlich nach Party aussieht. Markt oder reine Vermarktung?

In Frankfurt hat sich noch kein Street Food entwickelt, wenngleich der Markt im Hof in Sachsenhausen schon deutlich in diese Richtung geht. Außer auf Food Guerillas trifft man dort auf individuelle Kaffeeröster, Craft Beer und handwerkliche Apfelweine. Wahrscheinlich dürfte es in Frankfurt aber wegen der bürokratischen Hürden sehr schwierig werden, Street Food zum Leben zu erwecken. Ähnliches hat Wien erfahren müssen. Immerhin flackern hie und da einige Ideen dazu auf, wie jetzt im Frischeparadies in Frankfurt-Griesheim.

Thomas Macyszyn                                                                Restaurant Navette

Thomas Macyszyn Restaurant Navette

Dass Street Food mehr sein kann und will als ein Grillwürstchen am Rande des Bürgersteigs sieht man an manchen exemplarischen Beispielen. Das Frankfurter Frischeparadies rief ein Street Food Festival aus – und über 500 Besucher von Hotellerie, Gastronomie und Fachhandel kamen. Vor allem Thomas Funke von Soul Food nahm das Konzept der Straße klug auf und zeigte, das Schnelligkeit auch mit Qualität einhergehen kann. Es bedarf schließlich auch bei Street Food soliden handwerklichen Könnens. Funke servierte zwei famose Burger, den einen mit saftigem Duroc-Schwein und krosser Kruste, den anderen mit leicht asiatisch gewürzten Garnelen. Das Burger-Brötchen war auch nicht von Pappe, ganz im Gegenteil: Es stammte vom Ausnahmebäcker Arnd Erbel aus Dachsberg, der für seine Spitzenerzeugnisse auch von Topköchen geschätzt wird. Die dezent süße Mole-Würzmischung aus Kakao, Nelke und Zimt passte jedenfalls hervorragend zum Duroc-Schwein und den Garnelen. Gute individuelle Produkte sind die Basis von Street Food, Massenware gehört nicht dazu.

Ein Koch muss wissen, wo es langgeht

Ein Koch muss wissen, wo es langgeht

Gleiches gilt für die passenden Getränke. Selbstgemachte Limonaden, handverlesener Kaffee oder Craft Beer gehen gut. Und natürlich ausgesuchte und gerne auch preiswerte Weine, abseits des Mainstreams. So wie sie Kai Schattner beim Street Food Festival im Frischeparadies ausschenkte. Allen voran der pfiffig-pfeffrige Grüne Veltliner der Zwillingsbrüder Sax aus dem österreichischen Kamptal.

Die Straßenschlacht um Street Food hat gerade erst begonnen.

 

 

 

 

 

Bilder von Barbara Fienhold im Frischeparadies

 

 




3-Sterne-Koch Kevin Fehling zieht nach Hamburg

Konzept mit Chef´s Table

und wenig Gästen

 

3-Sterne-Koch Kevin Fehling verlässt nach zehn Jahren das Belle Epoque in Travemünde, um im Juni sein eigenes Restaurant in Hamburg zu eröffnen. Gerade noch mischte er beim Rheingau Gourmet-Festival mit, bei dem auch die Gerüchteküche angeheizt wurde. Jetzt ist es offiziell, dass er sich in der von Flüssen und Kanalläufen durchzogenen Hamburger Hafencity selbständig macht, gemeinsam mit seinem Restaurantleiter David Eitel. In dem neuen Lokal soll es nur einen großen Tisch und Platz für 18 Gäste geben, den Chef´s Table mit  Blick auf die Küche. Ein solches Konzept gibt es auch im Hamburger 2-Sterne-Restaurant Haerlin mitten in der Küche, allerdings neben dem normalen Gästebereich. Kevin Fehling, der für extravagante Kompositionen à la Kassler mit Auster und gefrorenem Senf bekannt ist, wurde vom Michelin mit drei Sternen bedacht, während ihn der Gourmet Guide Gault & Millau (17 Punkte) deutlich kritischer sieht und ihm oft Effekthascherei vorwirft. Das Restaurant Belle Epoque im Columbia Hotel Casino Travemünde will auch weiterhin eine hochwertige Küche anbieten. Kevin Fehling wiederum tritt in Hamburg ganz neu und damit ohne jegliche Sterne-Auszeichnung an und muss sich das Vertrauen der Restaurantführer und anderer Gäste erneut erwerben.

Bild oben: Kevin Fehling (M.), Sebastian Lühr vom Kronenschlösschen Eltville (r.), Richard Ekkebus , Mandarin Oriental Hongkong (l.) beim Rheingau Gourmet-Festival




Durst nach flüssigen Antiquitäten

Das Verlangen nach dem besonderen Geschmack

 

Vom Rheingau Gourmet & Wein Festival bleibt ein guter Nachhall

 

Von Ludwig Fienhold

 

Learning by drinking. Nirgendwo trifft das besser zu, als bei Weinverkostungen, wie man sie beim Rheingau Gourmet & Wein Festival erleben konnte, das die Region mit flüssigen Antiquitäten und ungewöhnlichen Tafelfreuden zum kulinarischen Zentrum der Welt machte.

Seminarhafte Oberlehrerattitüde erlebte man nicht, Sommeliers wie Kai Schattner und Florian Richter geben ihr Wissen ganz nonchalant im Plauderton weiter, und bei August F. Winkler, dem Grandseigneur unter den Wein-Experten, wird ohnehin der Schalk aus den Flaschen gelassen. Essen & Trinken sollten einen hohen Spaßfaktor haben, wobei gerade beim Gourmet Festival ganz entspannt sehr viel Wissenswertes dabei vermittelt wird.

Wissensdurst

Wissensdurst

Manche Journalisten, die der Pilsstübchen-Mentalität wohl nie entwachsen, verkünden Halbwahrheiten und sagen, solche Weinverkostungen wären horrend im Preis. Sie sind es nicht, bei genauer Betrachtung noch viel weniger. Weinproben können als Verbraucherberatung dienen und bei Kaufentscheidungen helfen. Investitionen erweisen sich nicht selten als lohnenswert. Der Raritäten-Event mit Roederer Cristal, Château Lafleur und Montrachet-Weinen gehörte mit 890 Euro zu den eher kostspieligen Veranstaltungen, bescherte am Ende aber neben hohem Genuss- auch großen Erkenntniswert.

Roederer Cristal zählt zu den besten und teuersten Champagner, eine Flasche des aktuellen Jahrgangs 2006 kostet etwa 170 Euro. Gleich elf verschiedene Jahrgänge gab es zu probieren bis zum Jahr 1961. Wer sich diese Flaschen kaufen will, muss also mindestens 2000 Euro ausgeben, wobei einige ältere Champagner (wie der 99er) über 300 Euro kosten oder gar nicht mehr zu haben sind. So aber konnte jeder unter den elf seinen Lieblingschampagner ausfindig machen, von dem es sich vielleicht lohnt etwas mehr anzuschaffen. Aber auch Freunde von gereiften Champagner konnten sehen, dass der Jahrgang 1994 nur nach überreifem Obst, Sherry und verwehtem Herbst schmeckte und somit auch nicht mehr gekauft oder getrunken werden muss.

Champagner-Riegel

Champagner-Riegel

Roederer Cristal als Lehrstunde. Der Knackigste unter den großen Champagner zeigte sich in seiner ganzen Bandbreite, von energisch vital bis sinnlich gealtert. Das Jahr 2006 beschert einen noch jungen ungestümen Champagner, der Reife benötig, in jedem Fall aber noch Luft nach dem Öffnen. Nach einer halben Stunde gerierte er sich schon etwas sanfter. Und ganz am Schluss floss er aus der Magnum so schön, dass man ewig Durst haben wollte. 2004 war von ganz anderer Stilistik, viel fleischiger und leicht wollüstig mit dezent speckiger Note. 2002, 1999 und 1995 waren in Würde gereift – elegant, geschmeidig, nobel. Der Roederer Cristal aus dem Jahr 1961 offenbarte sich als der Schatten seiner selbst, duftete merkwürdig nach abgestandenem Kaffee und schmeckte nach schalem Rumtopf. Die aufregendste Aromatik entströmte der Flasche aus dem Jahrgang 1993: Kokos, Rum, Rosinen, Mirabelle. In der normalen Flasche hatte die Perlage schon an Lebhaftigkeit eingebüßt, in der Magnum, die es an diesem Tag nicht gab, wäre der Champagner noch temperamentvoller gewesen. Die Magnum 1993 gehört jedenfalls zum Champagner-Olymp – aber nicht in den Keller, sondern gleich auf den Tisch.

Alte Herren

Alte Herren

Von Roederer Cristal werden im Jahr 450 000 Flaschen produziert, jedoch nicht in jedem Jahr. Die Bedingungen dafür müssen optimal sein, verspricht er an Säure einzubüßen oder zu viel an Alkohol zu gewinnen, verzichtet man lieber. Im Handel sind meist nur die aktuellen Jahrgänge zu bekommen, andere ältere Flaschen höchstens noch auf Auktionen oder bei auf Raritäten spezialisierten Händlern. Die beim Rheingau Gourmet & Wein Festival probierten Champagner stammten größtenteils aus dem eigenen Weinkeller des Kronenschlösschens. HB Ulrich, Besitzer des Hotels in Eltville-Hattenheim und Gründer des inzwischen seit 19 Jahren stattfindenden Festivals, hat sich als Sammler großer Weine einen enormen Fundus einrichten können, von dem er immer noch zehrt.

Sommelier Florian Richter

Sommelier Florian Richter

Die Weine von Lafleur enttäuschten, nicht eine einzige bemerkenswerte Flasche (2001, 1999, 1998, 1995, 1986). Kaum mehr als feuchter Waldboden und unsauberer Pilzgeruch plumpsten aus den Gläsern. Aber auch das dient ja der Wahrheitsfindung, denn danach wusste man: Nicht kaufen oder, sofern noch im Keller, gleich wegtrinken. Gleiches galt auch noch für den d´Yquem 1971. Fünf verschiedene Montrachets und drei Edelsüßweine ergänzen das Programm, das mit einem kleinen Menü von Kronenschlösschen-Küchenchef Sebastian Lühr delikat begleitet wurde. Bei solchen Raritäten-Degustationen nähert man sich schlückchenweise den größeren Einsichten. Am Ende hatte jeder eine Nippvisite durch 22 verschiedene Weine und Champagner unternommen. Wissensdurst in seiner schönsten Form.

 

 

 

 Bilder Galerie

 

Photocredit: Barbara Fienhold

 

 

 

 

 

 

 




Das Methusalem Kompott:
Molekularküche für Alte & Kranke

Vom Labor auf den Tisch 

 

Molekular malade. Die Molekularküche ist jetzt dort gelandet, wo man sie schon immer vermutete: in Krankenhäusern und Altenheimen. Schäumchen, Gelees und Pulver muss man nicht groß kauen und sind einfach zu schlucken. Nachdem die Köche das Interesse an Molekular weitgehend verloren haben, konnte die Firma Texturas Care einen neuen Absatzmarkt ausfindig machen. Das Unternehmen in Icking bei München, das Ferran Adriàs Gelier- und Bindemittel vertreibt, beliefert inzwischen Alten- und Pflegeheime in ganz Deutschland.

Es sind wieder die üblichen Verdächtigen beisammen, von Agar bis Xantana. Texturas Care meint, dass mit ihren Mitteln zubereitete Gerichte von Menschen mit Kau- und Schluckbeschwerden, mit Demenz oder Parkinson „problemlos und mit Genuss“ gegessen werden können. Die verwendeten Produkte seien gesundheitlich völlig unbedenklich. Der Schweinebraten wird mitsamt der Bratensauce püriert und mit einer Metil-Geliertmittel-Grundmischung verrührt. Beim Abkühlen wird das Ganze wieder zähflüssig, unterscheidet sich aber spürbar von der Konsistenz eines echten Sauerbratens.

Die Molekularküche hat also jene erreicht, die sich nicht mehr wehren können. Die Vertreiber von Texturas Care sehen sich eher als Heilsbringer, die Avantgardeküche in Pflegeheime bringen und eine neue Speisenvielfalt bieten. Molekular-Schaumschläger Ferran Adrià soll sich gerührt zeigen und freut sich, dass dadurch ältere Menschen „ein Stück Genuss und Lebensfreude“ erfahren. Jörg Zipprick, Autor des Buchs „In Teufels Küche“ und Verfasser des stern-Artikels  „Dünnpfiff für fünf Personen“ über Molekularküche warnt seit jeher vor einer „Lebensmittelchemie“, für die Ferran Adrià & Co stehen. In Bezug auf Texturas Care meint Zipprick: „Auch Köchen gegenüber wurde argumentiert, dass diese Zusatzstoffe Zeit und Geld sparen. Natürlich handelt es sich nicht, wie die Website behauptet, um völlig neue Geliermöglichkeiten aus der Werkstatt eines Spitzenkochs, sondern um handelsübliche Zusatzstoffe, deren Einsatz von Verbraucherschützern regelmäßig kritisiert wird.“ Außerdem moniert Jörg Zipprick die Preispolitik: „Wer diese Mittel in einer Kantine oder ähnlichen Einrichtungen einsetzen möchte, sollte wissen, dass er absolut identische Substanzen anderswo weit günstiger bekommt. Auf den Namen „Adrià“ und die hübsche Verpackung muss man dann freilich ebenso verzichten, wie auf die Behauptung, man würde in der Gemeinschaftsverpflegung von der Avantgardeküche lernen.

Wo werden „Molekular-Texturen“ demnächst noch auftauchen? In Krabbelstuben, wo der Nachwuchs ohnehin auf dem Zahnfleisch kriecht, und in Milchzahn-Kindergärten, in denen man auch keine harten Brocken kauen und schlucken soll? Vielleicht noch in Gefängnissen, um mit Sphären und Air die Luft von Freiheit vorgaukeln zu können? Oder im Kasino des Deutschen Bundestags, wo man sich ja laut Joschka Fischer bevorzugt flüssig ernährt und der geistige Dünnpfiff nach geeigneter Gesellschaft sucht?

Ludwig Fienhold

 

 




Asian Style: Kein Trend, sondern neue deutsche Küche

Hummer mit Kokos & Chili

East meets West

 

Kaum ein Koch lässt sich nicht asiatisch inspirieren und versucht Gerichte mit expressiven Aromen aufzufrischen. Selbst der als erz-französisch geltende Harald Wohlfahrt setzt munter Kokosschaum, Thailauch, Miso-Mayonnaise und Chili-Würfel ein. Dennis Mayer sorgt im Sra Bua by Juan Amador in Gravenbruch für eine hochfeine euro-asiatische Küche. Der Berliner Tim Raue kann gar nicht anders und fusioniert, was die Gewürze nur hergeben.

Zwei der großen Asia-Pioniere waren Albert Bouley und André Jäger. Der selige Albert Bouley servierte in seinem Restaurant Waldhorn in Ravensburg bereits in den achtziger Jahren japanisch und chinesisch beeinflusste Gerichte, in Shiso und Bambus gedämpftes Zanderfilet oder Wan Tan von Wasserkastanien in Pflaumensauce mit Glasnudeln. Juan Amador sagt, dass er Bouley einen Großteil seiner Karriere zu verdanken hätte. „Er brachte die asiatische Küchenkultur nach Deutschland, wir werden sie im Sra Bua ihm zu Ehren weiterführen.“ André Jäger übernahm 1975 von seinem Vater die Fischerzunft in Schaffhausen in der Schweiz und machte in seinem am Rhein gelegenen Restaurant recht schnell mit euro-asiatischen Kombinationen auf sich aufmerksam. Er kannte die asiatische Küche aus erlebter Erfahrung, denn er war unter anderem Food & Beverage Manager im Pensinula in Hongkong. Nach 40 Jahren schließt nun am 30. Juni sein Restaurant. Bis dahin gibt es spezielle Offerten und ein Memories Menü, dabei auch Hausklassiker à la Lachs in Teriyaki sowie die Bento Box.

Sebastian Lühr

Sebastian Lühr

Sternekoch Sebastian Lühr vom Kronenschlösschen im Rheingau steht zwar nicht für eine euro-asiatische Küche, vermag aber durch seine einfühlsame Art und schlüssige Kombinationen die verschiedensten Stilrichtungen umzusetzen. Auch er greift den anfangs als Trend gesetzten und inzwischen zum festen Bestand deutscher Spitzenküche gewordenen Asian Style auf und bietet ein East-West-Menü an. „Raffinierte Gewürze sind nicht nur ideale Zutaten, sondern führen auch zu ungeahnten Geschmackserlebnissen.“ Bei seinem Menü, das am 12. Juni mit ausgesuchten Weinen serviert wird, kommen unter anderem Curryblätter, Ingwer, Koriander und Zimt zum Einsatz. Es gibt beispielsweise Hummer mit Kokos und Chili sowie Taubenbrust mit Curry und Mango. Sebastian Lühr, der unter den asiatischen Küchen die Thai-Küche favorisiert, wird fünf Gänge zubereiten. Dazu werden vor allem auf die asiatische Küche abgestimmte Rieslinge und Weißburgunder ausgeschenkt.

P.L.

 

Adresse & Infos

Kronenschlösschen Sommerterrasse

Kronenschlösschen Sommerterrasse

East-West Menü, fünf Gänge mit passenden Weinen, Mineralwasser und Tee: 145 Euro pro Person. Freitag, 12. Juni, 19.30 Uhr.

Kronenschlösschen, Eltville-Hattenheim, Rheinallee, Tel. 06723 640.

www.kronenschloesschen.de

Bei solchen Veranstaltungen ist es ratsam, den eigenen Wagen stehen zu lassen. Man kann sich gleich im Kronenschlösschen ein Zimmer reservieren oder mit dem Zug anreisen: Von Frankfurt Hauptbahnhof über Wiesbaden und Mainz-Kastel nach Hattenheim, ohne Umsteigen. Fahrtzeit 1 Stunde von und bis Frankfurt. 25 min von und bis Wiesbaden. Hinfahrt
 ab Frankfurt Hbf alle 60 min (z.B. 10.53 / 11.53 / 16.53 / 17.53). Rückfahrt
 ab Hattenheim alle 60 min. 

 

Bild oben rechts:  Langostino asiatisch von Harald Wohlfahrt, Schwarzwaldstube Traube Tonbach

Photocredit: Barbara Fienhold

 

 

 

 

 




Gastro News Rhein-Main

Frank Hartung ist neuer Küchenchef

im Hotel Jumeirah Frankfurt

 

Als neuer Küchenchef des Jumeirah Frankfurt hat Frank Hartung die Leitung des gesamten kulinarischen Bereichs im Hotel übernommen. Neben Positionen in Deutschland war der Hesse bereits zu Beginn seiner Karriere in den USA, der Schweiz und den Vereinigten Arabischen Emiraten tätig. Nach seinem Abschluss zum Küchenmeister an der Hotelfachschule in Heidelberg war Frank in leitender Position im Hilton in Mainz und danach Chef de Cuisine im Ritz Carlton in Wolfsburg. Vor seinem Eintritt bei Jumeirah Frankfurt führte er als Executive Chef die Küchenbrigade im Steigenberger Hotel Graf Zeppelin in Stuttgart. Der 39ährige ist nun im Jumeirah verantwortlich für das Restaurant Max on One, den In-Room Dining Service sowie den Bankettbereich des Hotels. Seinen Vorgänger Marc Schulz hielt es nur kurz im Jumeirah, er ist jetzt Küchenchef im Steigenberger Parkhotel in Düsseldorf.

 

Straub kocht jetzt im Höerhof

Straub (l.) und Buer

Straub (l.) und Buer

Sebastian Straub verstärkt jetzt als Souschef von Christian Buer den Höerhof in Idstein. Der Frankfurter hat im Tigerpalast gelernt, im Maintower Restaurant gearbeitet und stand am Herd bei Schellers in Bad Homburg und den Opelvillen in Rüsselsheim. Zuletzt war Sebastian Straub Souschef im Restaurant Weinsinn in Frankfurt.

 

 

 

 

Neue Grill & Winebar

auf Burg Schwarzenstein im Rheingau

Grill & Winebar Burg Schwarzenstein

 

Mit der neuen Grill & Winebar ist jetzt ein drittes Lokal auf Burg Schwarzenstein in Geisenheim im Rheingau zu Hause.  Eine besondere Attraktion ist der große Holzkohlegrill, auf dem Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte vor den Augen der Gäste zubereitet werden. Limousin Rind aus dem Taunus, Dry Aged Beef aus Amerika, das Wolllschwein aus dem Pfälzer Wald und Bratwurst vom heimischen Metzger, Geflügel aus der Bresse oder Vogelsberger Lamm. Daneben gibt es in der Sektion Fish & Seafood aus der Bretagne, Kanada oder Schottland. Der Grill hat 60 Plätze und noch einmal 70 auf der Terrasse. Auf der Weinkarte stehen 60 Positionen, 20 davon im offenen Ausschank. Küchenchef Falk Richter ist bereits seit drei Jahren auf Burg Schwarzenstein und war bislang stellvertretender Küchenchef im Gourmet Restaurant unter Leitung von Dirk Schröer. Zuvor arbeitete er in München bei Altmeister Otto Koch.

 

 

 

 

 

 

 

 

 




Villa Vinum: Endlich eine richtig gute Wein-Bar

Und das auch noch

in Offenbach

 

Viele sehen in Offenbach einen Arbeiter- und Bauernstaat, der dauerhaft vom Bierdunst umnebelt ist. Tatsache aber ist, dass immer mehr von den angeblich so feindlich gesinnten Frankfurtern den Weg in die Nachbargemeinde finden. Dies hat vor allem kulinarische Gründe. Mit dem schauMahl gibt es ein handwerklich hochwertig aufgestelltes und authentisches Lokal, wie es selbst in Frankfurt eher selten zu erleben ist. Und der Markt auf dem Wilhelmsplatz mit seinen 70 heiteren und qualitativ guten Open-Air-Ständen ist schon lange eine Attraktion. Inzwischen haben sich um ihn herum einige interessante Lokale gruppiert, wobei die Wein-Bar Villa Vinum heraussticht.

Villa Vinum Im Großraum Frankfurt gibt es keine einzige richtige Wein-Bar. Die, welche es trefflich sein könnten, wie etwa die Heimat in Frankfurt, sind schon zu sehr Restaurant. Und die anderen vertreten vor allem ihre eigenen und zum Weingut gehörenden Tropfen. Was macht aber eine Wein-Bar aus? Ein sehr gutes Sortiment, gerade auch bei den offenen Weinen ist Voraussetzung. Grundsätzlich außerdem faire Preise und ein keineswegs zu gieriges Korkgeld für die Gäste, die nicht für Zuhause einkaufen, sondern gleich an Ort und Stelle ein Glas trinken möchten. Zu einer Wein-Bar gehört selbstredend ein Charakterkopf, der zu beraten weiß, aber all die nervigen Sommelier-Attitüden meidet. Eine große Theke und andere kommunikationsfördernde Plätze sind ebenso unabdingbar. Und ein gutgemachter Happen, der mehr als nur eine Grundlage sein will, ist nicht ganz unwichtig. Kurzum: Eine gute Wein-Bar aufzubauen klingt einfacher als ein Restaurant zu etablieren, erfordert aber wesentlich mehr Voraussetzungen als die meisten ahnen, weshalb es auch so wenige Vertreter dieser Spezies gibt. In Offenbach existiert aber seit gut einem Jahr mit der Villa Vinum eine Wein-Bar, die diesen Namen auch verdient.

Helgo Karrer

Helgo Karrer

Vorstand in dieser vor allem an Markttagen (Dienstag, Freitag, Samstag) sehr lebhaften Lokalität ist der Weinhändler und Gastronom Helgo Karrer, der bereits in Frankfurt zwei (Wein)-Lokale betrieb, aber mit der Lage in Bornheim und am Westhafen nicht die richtige Wahl treffen konnte. Jetzt hat er jedoch einen Volltreffer gelandet und darf sein Know-how am richtigen Platz einsetzen. Über 30 Weine sind allein glasweine zu haben, zudem kann man sich jede Flasche im Weinladen öffnen lassen – für 10 Euro Korkgeld, die zum Verkaufspreis dazugerechnet werden.

Zum Einstieg darf es ein Glas vom ordentlichen Crémant Langlois blanc für 4 € (0,1l) sein oder gleich etwas sehr Hochwertiges à la Bollinger Champagner für 14 € (0,1l). Fabelhaft ist allein schon die Auswahl an Weinen vom Weltklasse-Winzer Markus Molitor, der an Mosel und Saar Filigranarbeit leistet. Sein Schiefersteil vom aktuellen Jahrgang 2013 gehört zum Schönst-Süffig-Sagenhaften, was es überhaupt gibt. Und das auch noch für einen minimalen Einsatz von Geld, das man ohnehin flüssig machen sollte. In der Wein-Bar von Helgo Karrer kann man aber auch, und das ist besonders lobenswert, gereifte Weine glasweise genießen. Und zwar unbedingt das Erdener Treppchen von Molitor aus dem Jahr 2003. Da merkt man, wie aufregend solche Weine reifen können. Höhepunkt eines Besuchs in der Wein-Bar von Helgo Karrer dürfte aber zumindest für Spezialisten der schönste und schlankste Riesling der letzten Jahre sein: Der Kahlenberg von Dönnhoff von der Nahe. So leise und intelligent kommt kaum ein Wein auf die Welt. Es gibt davon auch nur 5000 Flaschen. Aber das für unglaublich animierende 32,50 € in der Villa Vinum in Offenbach. Wenn die Luft noch reicht, darf es auch noch ein Riesling Großkarlbacher Osterberg von Knipser aus der Pfalz sein, einer Rarität aus der Magnum. 5 € das Glas, 60 € die 1,5 Literflasche. Nur so auf ein Gläschen kommt niemand vorbei, die Gäste sind neugierig auf das stetig wechselnde Angebot.

Jules Möhrstädt

Jules Möhrstädt

Mag manchen die Marke Villa Vinum vielleicht als Gruppe mit sechs verschiedenen Filialen bekannt sein, Helgo Karrer führt sein Geschäft individuell und überzeugt auch mit seiner eigenen Weinauswahl. Jeden Dienstag, Freitag und Samstag werden zudem einige kleine Gerichte angeboten. Jules Möhrstädt kauft frisch vom Markt vor der Haustür ein, vor allem Gemüse, Salate und Kräuter. Dann gibt es Lammkoteletts mit Wurzelgemüse aus dem Ofen inklusive Kapernäpfel und Tahinapaste. Oder geröstetes Landbrot mit Filet und Kaviar von der Forelle. Und Retrogerichte, wie die Schnecken mit frischen Kräutern. Samstags, wenn schon eine gemäßigte Partystimmung herrscht, wird Helgo Karrer von seiner Frau und Pit Punda vom schauMahl unterstützt.

Offenbach, bis gestern noch als verbotene Stadt empfunden, wird so langsam selbst dem härtesten Gegner sympathisch. Die ersten Frankfurter haben bereits die Offenbacher Staatsbürgerschaft beantragt.

 

Ludwig Fienhold

 

Villa Vinum, Offenbach, Wilhelmsplatz 10, Tel. 069 88 21 84. Geöffnet: Montag 15 – 19, Uhr
, Dienstag – Freitag: 10 – 19 Uhr, 
Samstag: 10 – 17 Uhr. Jeden Dienstag, Freitag und Samstag Mittagstisch von 11.30 – 15.30 Uhr.  www.villavinum.de

 

 

 

 

 

 




Hotelwelt: Sex & Drugs & Rock ´n’ Roll oder nur Blood & Sweat & Tears?

Experte Carsten K. Rath

schreibt an die Hoteliers und

Gastronomen der Zukunft

 

Es gibt viele Gründe, warum Menschen glauben, sie können in ihrem Leben ein Restaurant eröffnen oder gar ein Hotel führen. Mindestens genauso viele Gründe gibt es, warum Menschen denken, das sei einfach. Das ist ein bisschen wie mit den 80 Millionen deutschen Bundestrainern, die die Nationalmannschaft besser aufstellen können als Jogi Löw: Fast jeder hat schon einmal Fußball gespielt und meint deshalb, er könne diesen Job beurteilen. Genauso hat jeder schon in Restaurants gegessen oder war zu Gast in einem Hotel und glaubt, Bescheid zu wissen. Hoteliers sind über dieses Phänomen ein bisschen amüsiert und auch ein bisschen genervt, es heißt dann: »Jeder, der schon mal erfolgreich einen Cappuccino getrunken hat, fühlt sich zum Hotelier berufen.«

Was wir da so tun, mag aussehen wie Sex & Drugs & Rock ’n’ Roll. So sah es auch für mich aus, bevor ich in die Hotellerie einstieg. Und das soll es auch – für die Gäste. Doch in Wahrheit ist es eher Blood & Sweat & Tears.
Wir erleben alle immer wieder ordentlichen, manchmal sehr guten und häufig weniger guten Service. Aus unserer Perspektive als Kunde sind wir dann davon überzeugt, ein Gefühl dafür entwickelt zu haben, was gut ist oder was wir als gut empfinden. Und daraus basteln wir uns dann einen Maßstab. Reicht das, um erfolgreich ein Service-Unternehmen zu führen? Die meisten glauben – ja.

Grand Budapest HotelDoch ganz so einfach ist es nicht. Auch wenn ich einen Cappuccino machen kann, bin ich deswegen noch lange kein Gastronom. Exzellenter Service erwächst nicht aus einer Fertigkeit, sondern aus der Empathie für den Gast. Es gibt sie nicht auf Knopfdruck aus dem Kaffee-Vollautomaten. Wir Hoteliers sehen uns heute sehr erfahrenen und stets bestens informierten Reisenden gegenüber. Gästen, die viele Erfahrungen rund um den Globus machen. Unsere Gäste kennen die Herzlichkeit der Balinesen ebenso wie die State of the Art Service Centres mit den schnellsten Internetzugängen in New York, die Business Suiten in Frankfurt genauso wie die Übersetzungsdienste in koreanischen Taxis. Sie kennen die Seifen-Concierges von Ritz-Carlton, die abends vom Bauchladen aus den Gästen zum Turn-down-Service eine große Auswahl der feinsten Waschutensilien reichen. Bei Hochzeiten auf den Malediven haben sie Romantik pur erlebt und in Familienhotels oder Resorts wie den Robinson-Clubs Sport, Wellness und Action auf Weltklasse-Niveau genossen. Sie haben Kobe-Steaks in Japan gegessen und kennen sich mit organischem Gemüse aus dem Hochland von Bhutan aus.

Diese Menschen, denen man nichts vormachen kann, sind unsere Gäste. Ihre gesammelten Service-Erlebnisse haben sich auf ihrer Festplatte eingebrannt. Bei jedem neuen Hotelaufenthalt werden sie abgerufen und mit der aktuellen Service-Erfahrung abgeglichen. Top oder Flop? Für uns bedeutet das, frei nach Sepp Herberger: Nach dem Besuch ist vor dem Besuch. Wir Gastronomen sind immer nur so gut wie das letzte Essen, das wir serviert haben.

Bell BoyWorauf lässt man sich also ein, wenn man heute Grand Hotelier oder auch Top-Gastronom werden möchte? Was zeichnet den Gastgeber des 21. Jahrhunderts aus, der sich diesen Herausforderungen stellen darf? Hoteliers müssen, im Unterschied zu vielen anderen Berufen, bei ihren Kunden in die Tiefe und in die Breite denken und fühlen. Als Hotelier braucht man Leidenschaft und Ausdauer. Hier ist kein schnelles Geld zu machen. Ähnlich sieht es in der Gastronomie aus. Im Gastgewerbe – dem zweitältesten Gewerbe der Welt – kann man nur noch mit nachhaltiger Rundumbetreuung Gäste, nein: Freunde fürs Leben gewinnen. Hinter einem Tresen hervorzulächeln, so wie in der Werbung, reicht längst nicht mehr.

Die Aufgabe eines Hoteliers besteht darin, alles zu tun, damit der Gast sich wirklich wohlfühlt. Alles. Das klingt so einfach – und ist es doch nicht. Den hybriden Kunden kann nur noch überzeugen, wer sich aufrichtig für ihn interessiert und sich physisch, emotional, kulinarisch, manchmal sogar psychologisch und immer persönlich um ihn kümmert – vom Moment seiner Ankunft bis zur Abreise. In anderen Branchen gibt es Öffnungszeiten, in manchen sogar Betriebsferien – nicht bei uns. Wir Hoteliers sind 24 Stunden, 365 Tage, ein Leben lang für unsere Gäste da. Gastgeber haben keine Öffnungszeiten. Was auch immer im letzten Moment verändert oder langfristig optimiert werden muss, geschieht bei uns im laufenden Betrieb – wir schließen nie.

LobbyHotels sollten maßgeblich zur Steigerung unserer Lebensqualität beitragen, denn viele unserer Kunden verbringen erhebliche Teile ihres Lebens in Restaurants und Hotels. Und manchmal, zum Glück nur ganz selten, reisen sie sogar »kalt« ab, wie wir das in der Hotellerie nennen. Tatsächlich hatte eine alte Dame, die bei uns im Hotel Grand Roche in Paarl praktisch lebte, verfügt, ihre Asche möge von uns über dem Tafelberg verstreut werden. Sie starb nicht im Hotel, aber ihre letzte Anreise tätigte sie in einer Urne, versehen mit einer Kopie jenes Testaments, in dem sie uns bat, ihr diesen letzten Wunsch zu erfüllen. Und wir streuten ihre Asche über dem Tafelberg aus.

Unsere Gäste erwarten zu Recht, dass wir uns liebevoll um sie kümmern, während sie oft weit weg von ihren Familien sind. Sie verlassen sich darauf, dass wir ihnen fern von zu Hause ein Zuhause bieten. Sie wollen aber auch inspiriert und überrascht werden. Sie erwarten außergewöhnliche Erlebnisse, Harmonie und maximalen Komfort. Am liebsten – das ist für beide Seiten der Idealfall – möchten sie mit der Hotelmarke eine Beziehung eingehen. Kurz: Sie wollen ein Hotel, das ihr Leben lebenswert macht. Deshalb gibt es für Hoteliers vor allem dieses eine Gesetz, das alles andere begründet und bedingt. Ich habe dies von meinem geschätzten Kollegen und Freund, dem Grand Hotelier Frank Marrenbach, CEO der Oetker Hotel Collection, gelernt: M4 = Man muss Menschen mögen.

Hotelgäste erwarten für die Zeit ihres Aufenthalts das perfekte Leben. We make it happen! Leicht ist das nicht. Doch wenn es gelingt, dann ist Hotelier die schönste Aufgabe der Welt.

 

Der Hotelier Carsten K. Rath hat ein flottes Buch geschrieben: Sex bitte nur in der Suite. Als Insider erzählt er von Menschen im Hotel, von Prominenten und anderen Paradiesvögeln. Dabei bekommt der Leser einen interessanten Blick hinter die Kulissen der Fünf-Sterne-Welt. Der hier an dieser Stelle veröffentlichte Auszug ist vielleicht weniger brisant und investigativ als die anderen, zeigt aber die Ansprüche und Nöte eines Hoteliers und Gastronomen in unserer Zeit. Carsten K. Rath hat gerade sein Hotel Kameha Grand in Zürich eröffnet. Außerdem betreibt er die Kameha Suite in Frankfurt.

 

 

Rath Buch Cover

Carsten K. Rath

Sex bitte nur in der Suite

Aus dem Leben eines Grand-Hoteliers

Klappenbroschur, 288 Seiten, 
19,99 €.

Herder Verlag. Auch als Audio-CD, 17,99  €.

 

 

 

 

 

Bilder aus dem großartigen Film The Grand Budapest Hotel

 

 




Knackpunkt Hummer

Ein Menü mit verschiedenen Arten sorgt für Aufklärung

 

Hummer gilt als Symbol der Luxus-Delikatessen und des guten Geschmacks. Dabei war er im heutigen Lobster-Paradies Neuengland bis 1900 ein Arme-Leute-Essen, er wurde Gefangenen aufgetischt und diente Bauern als Düngemittel. Wenngleich sein Ansehen und sein Preis enorm gestiegen sind, macht der Hummer oft Kummer, zeigt sich zäh und zieht sich wie Kautschuk oder wird in Mayonnaise ertränkt.

Im Gegensatz zu Beginn des deutschen Küchenwunders in den siebziger Jahren ist das Krustentier heute gar nicht mehr so oft auf den Speisekarten der Spitzenrestaurants zu finden. Dafür eher Langusten und noch mehr die Roten Riesengarnelen Carabineros, die Aristokraten unter den Gambas. Hummer machen Arbeit, müssen frisch gehalten und vor allem sekundengenau gegart werden. Jeder Koch hat seine ganz eigene Vorstellung, die einen schätzen ihn knackig, die anderen zart, einige auch glasig. Viele kochen nur mit Wasser, andere geben Weißwein, Estragon, Salz oder weißen Pfeffer hinzu. Das Ergebnis muss stimmen. Und es stimmt, wenn der Hummer eine besondere Zartheit mit hauchfeinem Biss hat und ein delikates dezent süßliches und nussiges Aroma mit einem Hauch frischer Meeresbrise aufweist.

Lass knacken im Kronenschlösschen

Lass knacken im Kronenschlösschen

Die beste Zeit für Hummer liegt zwischen April und September. Frischen Hummer erkennt man übrigens an seinem Temperament: Wenn man ihn aus dem Becken nimmt, muss er noch angriffslustig sein und Scheren und Schwanz strecken. Wirkt er apathisch, sollte man die Finger davon lassen. Am verbreitetsten sind die amerikanischen Hummer aus Kanada und den USA, die auch preiswerter sind als die europäischen Verwandten. Die europäischen Krustentiere sind feiner im Geschmack, ihre amerikanischen Kollegen fallen etwas derber aus. Als Spitzenware werden von Köchen Hummer aus Bretagne und der Normandie sowie Irland und Schottland bevorzugt. Wegen der starken Kostenunterschiede ist Etikettenschwindel weit verbreitet, oft wird gewöhnlicher Mainstream als rarer bretonischer Hummer verkauft und serviert.

Jetzt kann man sich selbst ein Bild machen und beim Essen die feinen Unterschiede kennenlernen. Sebastian Lühr vom Kronenschlösschen in Hattenheim im Rheingau serviert am 18. April ein Menü mit vier Hummergängen, wobei die Krustentiere aus unterschiedlichen Fanggründen kommen: Maine USA, Kanada und Irland. Lühr schätzt Hummer wegen seiner Zartheit und der ganz besonderen Konsistenz. Die europäischen Hummer sind ihm eine Spur lieber. Gekocht werden sie bei ihm alle lediglich in Wasser, das nicht einmal Salz enthält. Dafür macht er sich bei der Zubereitung im Nachgang seine Gedanken. Ein Gang wird Hummer asiatisch sein, mit dezent japanischer Note und chinesischem Hummer Dim Sum als Begleitung. Bei einem anderen Gang wird es puristisch zugehen. Sebastian Lühr und seine Hummerknackerbande aus der Küche wollen dabei nicht verraten, wo die Krustentiere herkommen und den Gästen überlassen, ob sie es herausschmecken. Learning by Eating – ein genussvoller Unterricht mit kleiner Warenkunde.

 

 

Hummer

Hummer-Dinner, vier Gänge plus Dessert, 18. April, 19.30 Uhr.

Weinbegleiter Sancerre von der Loire, Chablis/Burgund, Chardonnay/Kalifornien und Grauburgunder/Baden. Einzeltische, keine Moderation. Pauschalpreis für Aperitif, 5-Gänge, Weine, Wasser 165 €. Reservierung notwendig.

Kronenschlösschen

Eltville-Hattenheim, Tel. 06723 640.

www.kronenschloesschen.de