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Restaurant-Kritik: Villa Merton

Küchenstil: Intelligente Herzhaftigkeit

 

André Großfeld will ein größeres Publikum ansprechen

 

Die Villa Merton im Frankfurter Diplomatenviertel zählt zu den schönsten Adressen in Deutschland und hat manchen großen Koch hervorgebracht. Vor allem den virtuosen und so leicht und beschwingt kochenden Hans Horberth und den von der Natürlichkeit der Wiesen und Wälder beseelten Matthias Schmidt. Jetzt führt mit dem 38 Jahre alten André Großfeld ein ganz anderes Naturell das Restaurant – sehr geerdet, aber nicht ohne Raffinesse. Der aus Telgte im Münsterland stammende Koch war für knapp zwei Jahre Commis de Cuisine bei Hans Haas im legendären Tantris in München, arbeitete bei Alfons Schuhbeck in Waging am See, stand mit Volker Drkosch im Brick in Frankfurt am Herd und machte sich mit einem auf seinen Namen getauften, guten Restaurant in Friedberg-Dorheim selbständig. Keine schlechten Voraussetzungen für einen Neustart.

Glattbutt in Malzbierbutter

Glattbutt in Malzbierbutter

Die Noblesse der Villa ist trotz anderer Gestaltung geblieben, neu ist vor allem das Bistro eine Tür neben dem Gourmetrestaurant, das aber optisch nicht minder attraktiv ausfällt. Beide Abteilungen teilen sich die kleine Gartenterrasse, die sehr intim und unbeschwert wirkt. Das mitunter zu vernehmende dezente Ploppen kommt mehr von den Bällen des hauseigenen Tennisplatzes als von Champagnerkorken. Die Villa Merton gehört nach wie vor dem Union International Club, ist deshalb entgegen weitverbreiteter Meinung aber nicht nur den Mitgliedern vorbehalten, sondern kann und soll von jedem besucht werden.

Restaurant

Restaurant

Das hausgebackene Malzbrot ist gefährlich gut, man mag sich nur ungern davon trennen. Ein Highlight der Küche ist analog dazu das perfekt gebratene saftige Filet vom Glattbutt mit Hopfensprossen und wunderbar konzentrierter Malzbierbutter. Sehr gut auch die pralle Tranche von der Dorade Rosé mit Kichererbsen und Koriander-Joghurt. Der zarte Rücken vom Odenwälder Hirsch mit Gänseleber, Feige und Sellerie hat das Format eines Klassikers. In der Patisserie ist ein junges Talent am Werk, das aus Zitrone, Staudensellerie, Minze und Fenchel eine federleichte Finesse zaubert. Die kreative deutsche Küche lässt sich deutlich regional inspirieren, muntert die Gerichte jedoch auch hin und wieder mit asiatischen oder orientalischen Prisen auf. Das derzeitige Konzept, welches ausschließlich ein Menü aus sechs respektive acht Gängen vorsieht, halten wir für überdenkenswert. Der zwanglosen Entscheidungsfreiheit des Gastes zuliebe, sollte es Menüs geben, bei denen man jede Position auch einzeln bestellen kann.

Bistro

Bistro

Im Bistro ist ohnehin alles etwas unkomplizierter, was aber keine Banalität beim Essen mit sich bringt. Frankfurter Curry-Fischeintopf beispielsweise ist eine besonders schöne Variante der allseits bekannten Bouillabaisse. Vom Wiener Schnitzel bis zum geschmorten Ochsenbäckchen gibt es viele Evergreens. Die Weinkarte und ihre 250 Positionen gelten für Restaurant und Bistro und bieten vor allem eine persönliche Auswahl von André Großfeld. Es ist vieles dabei, was einem allgemeingültigen Geschmackbild entspricht, aber auch einiges für ausgepichte Kenner. Vor allem, wenn es sich um einen so großartigen sehr trockenen, frischen und animierenden Sekt, wie dem Haus Klosterberg von Markus Molitor handelt, der ganz viel an schäumenden Weinen in den Schatten stellt. Das eine oder andere Glas lässt sich entspannter trinken, wenn man gleich eins der hübschen Zimmer über dem Restaurant reserviert. Nicht nur für Anreisende aus dem Umland zu empfehlen, auch für Frankfurter, die so in der eigenen Stadt ein schönes Weekend im Grünen verbringen können.

André Großfeld

André Großfeld

Küche, Keller und Service der Villa Merton zeigen ein homogenes positives Bild. Das Restaurant macht Lust, wenn auch auf andere Art als zuvor. Der vormals vielleicht als zu speziell empfundene Küchenstil dürfte nun in seiner nonchalanten Ausprägung als weniger anstrengend empfunden werden. Unpoliert oder volkstümlich ist die Küche deshalb noch lange nicht.

Ludwig Fienhold  

 

 

 

Villa Merton, Frankfurt, Am Leonhardsbrunn 12, Tel. (069) 70 30 33.

Restaurant Montag bis Freitag 18 – 22 Uhr (Küche). Menüs 108 €, sechs Gänge, 128 €, acht Gänge.

Bistro täglich 12 – 14 und 18 – 22 Uhr (Küche). À la carte, Hauptgerichte 21 – 32 €.

www.restaurant-villa-merton.de

 

Photocredit: Barbara & Ludwig Fienhold

 

 

 




Ritz Paris: Tischgespräch mit Direktor Christian Boyens

Die Diva tanzt bald wieder

 

Hotel-Legende eröffnet im Dezember

 

Neuer 2-Sterne-Küchenchef

 

Von Ludwig Fienhold

 

Das Ritz in Paris ist vielleicht das berühmteste Hotel der Welt, eine Legende ist es ganz sicher. Doch in der französischen Metropole gibt es gleich ein Dutzend Weltklassehotels, was den Konkurrenzdruck drastisch erhöht. Deshalb musste die in die Jahre gekommene Diva einem gründlichen Facelift unterzogen werden. Noch aufwendiger als gedacht, im August 2012 schlossen sich die Türen des Luxushotels, die jetzt erst wieder im Dezember für die Gäste geöffnet werden. Direktor ist der Deutsche Christian Boyens, der in einem Tischgespräch im Frankfurter Restaurant Lohninger mit Biss über seine Pläne sprach.

Ritz ParisDas Ritz will nicht nur sein Gesicht wahren, sondern auch seine Seele behalten. „Man muss das Gefühl haben, das Coco Chanel um die Ecke biegen und Ernest Hemingway an der Bar sitzen könnte“, bringt es Christian Boyens auf den Punkt. Viele Berühmtheiten waren nicht nur Stammgäste, sondern lebten regelrecht im Ritz, weshalb die Suiten ihre Namen keineswegs willkürlich tragen. Um künftig den prominenten Gästen ein Paparazzi-freies Entree zu ermöglichen, wurde jetzt ein Tunnel angelegt, der diskret ins Hotel führt. Wer will, kann natürlich weiter über den roten Teppich durch die Drehtüren gehen. Das Hotel wird insgesamt luftiger, schlanker, heller und freundlicher. „Wir wollen ein neues Ritz, ohne die DNA des alten Ritz zu verlieren“, sagt Christian Boyens. Wenn auch die Zimmer und Bäder komplett renoviert werden, so liegen die Verbesserungen vor allem im technischen Bereich, vom Fahrstuhl bis zum Internet wurde alles auf den neusten Stand gebracht. Dabei soll jegliches High Tech einfach zu bedienen sein, „ohne eigens in einer Betriebsanleitung lesen zu müssen“. Technische Raffinessen, die besonders Sinn machen: Terrassen und Bäder werden beheizbarem Fußboden haben. Das Ritz wurde immerhin schon im Jahr 1898 eröffnet und will sich nicht nur kosmetisch verschönern.

Barockgarten

Barockgarten

Der grüne Außenbereich des Hotels wird nun auch mehr von innen aus sichtbar sein, sei es von den Salons oder dem Boutiquen-Flur. Der zauberhafte Garten ist eine Oase mitten in Paris. Bislang wurde er zu wenig als Trumpfkarte ausgespielt, jetzt soll er ein ganz wesentlicher Teil des Hotels werden und vom Frühstück bis zum Sundowner einladen. Vier Suiten werden eine Dachterrasse haben, mit Blick bis zum Eiffelturm. Kleine Zimmer gibt es nicht, die Größe beginnt bei 40 und endet bei 350 Quadratmetern. Auch die Deckenhöhe ist überall beachtlich, bei den Suiten geht sie bis zu sieben Metern. Das kommt nicht nur Direktor Christian Boyens entgegen, dessen zwei Meter bequem untergebracht sein wollen.

Direktor Christian Boyens

Direktor Christian Boyens

Christian Boyens, der mit 38 Jahren auf eine solide Karriere mit Stationen à la Atlantic Hamburg, Fous Seasons San Francisco und Peninsula Beverly Hills blicken kann, begann im Ritz Paris im Februar 2011 als Directeur Général. Er wuchs in Molfsee bei Kiel auf und ist entsprechend geerdet. Christian Boyens vertritt das Hotel Ritz mit offensivem Charme, jede Art von Überheblichkeit ist ihm fremd. Dabei galt das Ritz durchaus nicht allein als Hort der Schönen und Reichen, auch das Management schottete sich gerne vor allem gegenüber der Presse ab. Boyens wurde durch seine Zeit in Amerika geprägt, wo man wenig Berührungsängste kennt und die Dinge pragmatisch lächelnd angeht. Unterstützt wird er von seiner aparten Directrice de la Communication Anne Benichou, die zuvor bei der Vogue als Journalistin arbeitete. Und 580 weiteren Angestellten. Im neuen Ritz werden auch viele alte Bekannte zu erleben sein, etwa der Deutsche Manfred Mautsch, der seit 20 Jahren als Guest Relation Manager der gute und hilfreiche Geist des Hotels ist. Mit ihm werden weitere sieben mobile und im Haus allgegenwärtige Concierge-Mitarbeiter aktiv sein. Einer der besten Barkeeper der Welt, der wirklich von allen Gästen und Kollegen hoch geschätzte Colin Field, bleibt dem Ritz nach zwei Jahrzehnten ebenfalls erhalten und wird mit seinem großartig aufgestellten Team die Bar führen. Der Lieblingsplatz von Ernest Hemingway bleibt unverändert und wird auch weiterhin durch viel Holz und Leder gefallen.

Colin Field Bar Hemingway

Colin Field (r.) in der Bar Hemingway

Service ist die große Stütze eines jeden Hotels. Eine erstklassige Küche aber auch. Das hat man in Frankreich schon immer besser verstanden als in Deutschland. Das Restaurant L´Espandon war stets gut und sehr klassisch orientiert. Der Stil dürfte sich mit dem neuen Küchenchef Nicolas Sale ändern, der zuletzt vom Michelin mit zwei Sternen ausgezeichnet wurde und hochkreativ und modern ist. Außerdem ist er Pariser. Neu im Team ist auch Chef-Pâtissier Francois Perret, der zuvor im Shangri-la in Paris in gleicher Position arbeitete. Die Kochschule, getauft auf den einstigen Ritz-Küchenchef Auguste Escoffier, wird einen Chefs Table bekommen, von dem aus man auf die Hauptküche blicken kann.

Das Ritz soll im Dezember mit dieser Aufstellung eröffnen: 71 opulent gestaltete Zimmer, 71 Suiten inklusive 15 Prestige Suiten, 3 Restaurants und 3 Bars, zweistöckiges Spa sowie schickem Pool. Ab Juni werden die ersten Reservierungen entgegengenommen, im November soll Soft Opening sein, im Dezember dann die offizielle Eröffnung. Zimmer ab 1000 Euro. Das Hotel soll dem Vernehmen nach für weit über 200 Millionen Euro renoviert werden, offiziell redet man nicht über Geld. Der ägyptische Unternehmer und Hotelbesitzer Mohamed Al-Fayed hat allein durch den Verkauf des Kaufhauses Harrods in London jedenfalls genügend Kapital flüssig machen können.

Ritz ParisDas Ritz ist eine Vanity Fair, garniert mit einer Prise Snobismus. Als arrogant haben wir es aber nie kennengelernt. Bei einem Quality Check von uns im Jahr 2004 schnitt das Ritz insgesamt mit einem „sehr gut“ ab. Manchen Bereichen, wie etwa der Bar Hemingway, konnte das Prädikat „Weltklasse“ verliehen werden. Schwachpunkte waren das Frühstück und der extrem schlechte Cappuccino, der schon seinerzeit 9,20 Euro kostete.

129 Schiffscontainer mit Kunst und Antiquitäten sowie anderen noblen Accessoires werden derzeit aufbewahrt und nach der Renovierung wieder entladen und eingebracht. Die aristokratische Ausstattung ist indes nicht allein das Markenzeichen vom Ritz Paris. Direktor Christian Boyens nennt noch andere Gründe: Die Location an der Place Vendôme ist ebenso ruhig wie zentral. Der Barockgarten ist einmalig, die Ausstattung der Zimmer ungewöhnlich. Auch einen Pool hat nicht jedes Hotel in Paris zu bieten. Das Verhältnis der Angestellten zu den Zimmern verspricht einen souveränen Ablauf. Auf individuellen Service und exzellente Küche setzt Boyens besonders stark. Daneben gibt es viele neue persönliche  Ideen, die zu diesem ganz besonderen Haus passen: VIP-Gäste können eine Schiefertafel signieren, mit der das Dach gedeckt wird, womit sie Teil des Ritz werden.

 

Ritz, Paris, 15 Place Vendôme. www.ritzparis.com

 

 

 

Photocredit: Ritz Paris

 




Ist Monacos bestes Restaurant noch Weltklasse?

Aus Louis XV wird

Alain Ducasse

 

Küche und Optik

haben sich verändert

 

Von Jörg Zipprick

 

Das Louis XV in Monaco gibt es nicht mehr. Doch keine Angst, es heißt jetzt nur anders: Alain Ducasse à l’Hôtel de Paris. Damit wird der Koch gegenüber dem König aufgewertet, was irgendwo, irgendwie dem Zeitgeist entspricht. Die Umbenennung ist Teil des Renovierungsplans des Hôtel de Paris, derzeit wird das Haus regelrecht ausgehöhlt. Es bleibt die Fassade gegenüber dem Casino, die Bar, die Halle und eben das Restaurant. Das Resultat ist abzuwarten. Vergleichbare Renovierungen haben in etlichen Traditionshäusern zu einem Verlust an Identität geführt. Jetzt müssen Vielflieger am Morgen erstmal ihr Smartphone checken, um zu wissen, wo sie gerade schlafen. Am Stil des Hauses erkennt das nämlich niemand mehr – der wurde globalisiert.

Hôtel de Paris

Hôtel de Paris mit Restaurant Alain Ducasse

Le Louis XV war ein Lokal, das Feinschmecker und Köche gleichermaßen prägte. Der junge Alain Ducasse servierte hier erstmals eine fast bäuerlich inspirierte Mittelmeerküche mit Pasta und vegetarischen Gerichten, als Hotelrestaurants noch für klassische Luxusprodukte standen. Ambition und Talent waren dem Koch anzumerken, doch so ein Lokal hatte die Welt noch nicht gesehen: Gabeln, Messer und Platzteller waren vergoldet, Marmorpilaster, Deckengemälde, Antiquitäten verbreiteten das Flair eines Loire-Schlosses.  Vier Schichten Stoff, von Baumwolle bis Damast, bedeckten jeden Tisch. Ein Ballett aus grau und schwarz befrackten Service-Mitarbeitern brachte Gerichte an den Tisch, die in auffälligem Kontrast zum allgegenwärtigen Prunk standen. Statt Kaviar und Gänseleberterrine etwa Stockfischinnereien mit pochiertem Stockfisch, Perugina-Würstchen oder Muscheln, Krustentiere und Felskrake als Salat. Lange bevor andere Spitzenköche die Gemüse wiederentdeckten, gab es im Louis XV schon ein Gemüsemenü, zu dem beispielsweise ein Morchelrisotto mit wildem Spargel gehören konnte. Und lange bevor Köche die Besinnung auf lokale Zutaten predigten, servierte Ducasse diese: Der Fisch wurde zwischen San Remo und Marseille gekauft, Gemüse kam aus dem Hinterland. Wenig später kochte die halbe Welt mediterran. Etliche Köche machten dann die Erfahrung, dass Rotbarben in Münster anders schmecken als in Monaco.

Über die Jahre blieb die Küche ihrer Linie treu. Der bewährte Küchenchef Franck Cerruti wurde befördert, im Louis XV kochte danach Dominique Lory. Nach einer kurzen Gewöhnungsphase war der junge Koch technisch ebenso perfekt wie sein Vorgänger und erwies sich als ausgesprochen geschmackssicher. Jetzt, mit der Umbenennung, wurde das Lokal auch optisch vom Duo Patrick Jouin und Sanjit Manku umgestaltet. Dort, wo früher ein riesiger Blumenstrauß stand, befindet sich nun ein riesiges Multifunktions-Möbelstück, das entfernt an Science-Fiction Serien aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts erinnert. Löblicher Grundgedanke der neuen Installation ist es, den Service aufzuwerten: Hier werden Weine dekantiert und Butter geschnitten – wird das Möbelstück nicht mehr gebraucht, kann man es zuklappen. Freilich nimmt das Stück aus edlem Holz und mattem Metall einen beträchtlichen Teil des Saales ein und verbaut schlicht und einfach die Sicht auf die schönen historischen Details sowie die anderen Gäste.

Louis XV

Das alte Restaurant Louis XV

Das Restaurant ist nach wie vor mit drei Sternen im Michelin und vier von fünf Kochmützen im Gault & Millau sehr hoch bewertet. Die goldenen Platzteller wurden durch einen stilisierten, gebogenen Teller ersetzt, man sitzt jetzt auf Stühlen aus feinstem Leder, erleuchtet wird das Lokal von einem Lichterkranz. Letztlich kann man dies so oder so betrachten, was mehr zählt, ist die Küche. Hier bietet Küchenchef Dominique Lory die Klassiker wie Gamberoni aus San Remo mit Kaviar oder das erwähnte Stockfischragout in bewährter Qualität. Im Louis XV lag die Schönheit immer auch in der Schlichtheit. Mit neuen Gerichten, wie dem zartem, in Dampf gegartem Spargel mit gedickter Schafsmilch, erstklassigem Risotto von Erbsen und Bohnen oder dem Hummer mit Myrtebeeren und Ingwer setzt Lory diese Linie fort. Hier und da finden sich leider auch Anbiedereien an den Zeitgeist, an ein kleines Völkchen Kritiker, das Küche vor allem zerebral betrachtet statt sich dem sinnlichen Genuss zu widmen.

Neuer Look

Neuer Look mit ungetümlicher Service-Station

Das fängt mit dem Amuse-Bouche an: Da kommt ein Teller mit rohen Stücken Mittelmeerfisch auf Steinen über einer kochend heißen Unterlage an den Tisch. Der Service soll die Meerestiere mittels Aufgusses unter einer gläsernen Cloche im Dampf garen. Korrekte Garzeit ist da Glückssache, einem Gast wurde das Amuse-Gueule ausgetauscht, weil der Fisch fast roh blieb. Auch das Rhabarber-Dessert mit seinem neckischen Lecithin-Schäumchen blieb weit unter dem Niveau des Hauses. Auch im neuen Alain Ducasse à l’Hôtel de Paris sollte der Gast das Menü mit dem Baba au rhum aus dem alten Louis XV abschließen. Eine Reminiszenz, auch an die Qualität von einst. Den riesigen Blumenstrauß in der Mitte des Saales vermissen wir.

 

 

 

Louis XV

Da führt keine Auge dran vorbei: Die neue Service-Station

Hôtel de Paris

Place du Casino

www.hoteldeparismontecarlo.com

 

Photocredit: Hôtel de Paris + JZ

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 




Romantik Hotel Platte: Schlechte Gastgeber, gute Küche

Das Romantik Hotel Platte in Attendorn

 

Schönes Landhotel für Genießer & Golfer

 

Große Schwächen

beim Service

 

Von Sabine Hübner und Carsten K. Rath

Seit einigen Jahren verabreden wir uns mit 20 Freunden in wechselnden Hotels zum gemeinsamen Golfen. In diesem Jahr war es das Romantik Hotel Platte in Attendorn. Die Buchung des Zimmerkontingents übernahm einer unserer Freunde. Da Sabine ein gebranntes Kind ist, was die Bettengröße bei Einzelzimmern betrifft, erkundigte sie sich schon Wochen vor Anreise telefonisch danach. Aussage der Mitarbeiterin: „Jedes Einzelbett hat eine Breite von 140 Zentimetern.“ Damit war Sabine erst einmal beruhigt. Um aber ganz sicher zu gehen, griff sie am Morgen der Abreise erneut zum Hörer. Aussage dieses Mal: „Entschuldigen Sie, Ihr Anruf und Ihre Bitte zur Bettengröße wurden nicht festgehalten. Ich werde sehen, was sich machen lässt.“ Als hätten wir es nicht geahnt.

Blind Date mit dem Bock

Das Romantik Hotel Platte ist ein wunderschönes Fachwerkhaus inmitten der Wälder und Wiesen des südlichen Sauerlands. Der Welcome im Hotel war leider nicht als herzlich zu bezeichnen – freundlich, kühl aber nicht herzlich. Während des Eincheckens legte uns die Mitarbeiterin an der Rezeption ein Blatt mit drei Hauptgerichten vor. Jeder von uns sollte für das Abendmenü sein Wunschgericht auswählen. Eines der Gerichte war „Schnitzel vom Maibock“. Sabine wollte es genauer wissen: „Was ist denn das für ein Bock?“  Antwort: „Na, ein Bock halt.“ Sabine gab aber nicht auf: „Naja, ein Hirschbock, ein Rehbock, ein Gamsbock, ein Ziegenbock, ein Schafsbock – welcher Bock?“ Antwort mit großen Augen: „Das weiß ich nicht!“ Später stellte sich heraus, dass fast jeder Gast die gleiche Frage gestellt hatte. Offensichtlich war es aber nicht Grund genug für die Mitarbeiterin, sich schlauzumachen. Schade, wenn neben Neugier auch intelligente Prozesse fehlen. Wir entschieden uns für ein Blind Date mit dem „unbekannten“ Bock.

Leider fehlt im Romantik Hotel Platte ein Aufzug, weshalb wir unser Gepäck in den zweiten Stock schleppen mussten. Oben angekommen öffnete Sabine ihre Zimmertür und blickte auf ein 80 Zentimeter breites Bett. Für jeden Vielreisenden die Höchststrafe. In ein anderes Einzelzimmer umzuziehen, war nicht möglich, weil kein anderes mehr frei war. Nach einer längeren Diskussion mit der Rezeption konnte sie aber am nächsten Tag in ein Doppelzimmer umzuziehen – ohne Aufpreis – wenigstens etwas!

Lustloser Service, erstklassige Küche, knauseriger Restaurantchef

Das Essen am Abend war wirklich erstklassig: Vom Wildkräutersalat bis zum Dessert war es eine wahre Gaumenfreude. Leider vermissten wir jegliche Herzlichkeit im Service. Nur einer Mitarbeiterin gelang es, uns mit ihrem Charme zu überzeugen. Auch die Tatsache, dass wir den Weinkeller um einige Flaschen erleichterten und so den Umsatz deutlich ankurbelten, steigerte die Herzlichkeit nicht. Dazu kam, dass der Restaurantchef von Großzügigkeit in Kleinigkeiten nichts zu halten schien: Der Rest des hochwertigen Grappas reichte leider nur deutlich bis unter die 2cl-Marke. Anstatt unserem Freund, der diesen bestellt hatte, z.B. als Ausgleich einen Espresso anzubieten, diskutierte der Restaurantchef mit ihm über die Höhe des Preisnachlasses – kleinlich.

An der Rezeption wollten wir erfragen, wo sich die WLAN-Zugangsdaten befinden. Wir erhielten die schnodderige Antwort: „Auf dem Zimmer!“ Und nachdem wir auf eine Nachfrage „Wo denn genau?“  die gleiche Antwort noch einmal erhielten, platzte mir der Kragen: „Wenn ich wüsste, wo im Zimmer, würde ich nicht fragen. Also wo, unter der Dusche, auf dem Schreibtisch, in einer Mappe?“ Es stellte sich heraus, dass die Zugangsdaten auf einem sehr kleinen Schild standen, das sich hinter dem Telefon versteckt hatte. Wir konnten sie also gar nicht sehen. Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft sehen anders aus.

Das Romantik Hotel Platte ist eigentlich ein tolles Produkt: Das charmante Fachwerkhaus liegt in wunderschöner Umgebung. Es gehört ein Golfplatz dazu, der aufgrund seiner Lage landschaftliche Vorteile bietet. Außerdem gibt es eine Küche, die sich wirklich sehen lassen kann, und auch der Wellness-Bereich ist top. Wir hatten nur leider in den drei Tagen kaum das Gefühl herzlich willkommen zu sein. Weder eine charmante Kommunikation noch Hilfsbereitschaft oder Gastlichkeit wurden wirklich gelebt. Sehr, sehr schade, denn wie viel erfolgreicher könnte das Hotel sein, wenn die Mitarbeiter eine andere Begegnungsqualität zeigen würden!

 

Unsere Wertung: ++

 

+ = Willkommen in der Service-Wüste!

++ = Gute Ansätze – aber noch viel Luft nach oben

+++ = Der Service fällt weder positiv noch negativ auf

++++ = Nah dran am Service-Olymp

+++++ = Exzellenter Service – besser geht es nicht!

 

Weitere Informationen unter:

www.platte.de

 

Über die Autoren:

sabine huebner+carsten rathSabine Hübner ist erfolgreiche Unternehmerin, Vordenkerin und Praktikerin durch und durch. Als „Service-Expertin Nr. 1 in Deutschland“ (Pro 7), hat sie seit Jahren die Kundenbrille auf und weiß genau, was Kunden überzeugt. Ihren reichen Erfahrungsschatz als Unternehmerin in einer hochtechnisierten Branche im B2B- Sektor verbindet sie heute gekonnt mit ihrer Fachexpertise in der Beratung. Nationale und internationale Unternehmen aller Branchen vertrauen auf ihre Lösungsstrategien. Sabine Hübner ist mehrfache Buchautorin, Hochschuldozentin und Keynote-Speakerin auf großen Bühnen und im kleinen exklusiven Rahmen. Klarheit trifft auf österreichischen Charme, Professionalität auf Empathie und Kreativität auf Konsequenz.

Der Unternehmer Carsten K. Rath ist Leadership- und Service-Excellence-Experte. Als Hotelier hat er auf vier Kontinenten in Führungspositionen erfolgreich Grand-Hotels auf den Markteintritt vorbereitet, zum Beispiel das Kempinski Taschenbergpalais, das Berliner Hotel Adlon, das Kempinski London oder die zur Ritz-Carlton Gruppe gehörenden Luxushotels auf Jamaika, Sharm-el-Sheikh und Naples. Er etablierte hoch anspruchsvolle Leadership- und Service-Excellence-Standards. Carsten K. Rath ist CEO der Kameha Hotels & Resorts und Hochschuldozent. Er hält Vorträge auf nationalen und internationalen Bühnen. Als Service-Excellence & Leadership-Experte ist er auf Vorstands- und Geschäftsführungsebene international geschätzt. Sabine Hübner und Carsten K. Rath sind das Gründerduo der Management- & Unternehmensberatung RichtigRichtig.com.

Mehr darüber unter: www.richtigrichtig.com

 

 

 




Navette: Ein Stern erlischt

Columbia Hotels magern ab

Macyszyn folgt auf Fehling

 

Rüsselsheim wird wieder zur Diaspora. Mit dem Navette im Columbia Hotel schließt das einzige bemerkenswerte Restaurant der Stadt. Thomas Macyszyn erreichte 16 Punkte im Gault Millau und einen Stern im Michelin. Doch das blasse Business Class Hotel und seine unwirtliche Lage brachten für das Gourmet-Restaurant keine wirtschaftlich ertragreiche Existenz. Küchenchef Thomas Macyszyn wechselt nun am 1. Juli ins Columbia-Hotel nach Lübeck-Travemünde und folgt dort auf den ehemaligen 3-Sterne-Koch Kevin Fehling, der sich jetzt mit seinem eigenen Restaurant in der Hamburger Hafencity selbständig macht. Als wir vor zwei Monaten von dieser Rochade erfuhren, dementierte der Direktor des Columbia-Hotels Mike Hoffmann diesen Wechsel und meinte, dass ein solcher nicht von der Geschäftsführung beschlossen worden sei. Eine solche Entscheidung, so erklärte er inzwischen, wäre erst am  18. Mai beschlossen worden.  Wie dem auch sei, der Fall Navette ist abgeschlossen.

Marco Zanetti (l.) und Volker Drkosch

Marco Zanetti (l.) und Volker Drkosch

Das Restaurant Navette war schon von Anfang an ein Problemfall. Es war nurmehr das Hinterzimmer eines Tagungshotels und wollte mit seiner anspruchsvollen Küche einfach nicht dazu passen. Selbst kulinarische Schwergewichte wie Küchenchef Volker Drkosch und Sommelier Marco Zanetti, die 2007 dort kurz einzogen, konnten dem Restaurant kein wirkliches Leben einhauchen. Ambiente und Atmosphäre waren alles andere als animierend, zudem fehlte eine Terrasse.

Die Gruppe der Columbia-Hotels ist derzeit erheblich am Abspecken und strebt nicht mehr die große Luxusküche an.  Auch in Travemünde wird es das einst mit drei Sternen ausgezeichnete Spitzenrestaurant Belle Epoque nicht mehr in der gewohnten Form geben. Es ist außerdem fraglich, ob das Hotel in Rüsselsheim gehalten werden kann. Dem Vernehmen nach soll es ganz schließen und die Immobilie zum Verkauf angeboten werden.

 

L.F.

 

Rüsselsheim ist grundsätzlich ein schwieriges Pflaster und sicher nicht der richtige Ort für kulinarische Hausforderungen. Paride „Mimmo“ Nicoli bewirtschaftete dort immerhin auf gute Weise die schönen Opel-Villen, bevor er sich mit dem Vermieter zerstritt und in Ingelheim das Millennium eröffnete. Auch Christian Rubert bot in seinem L´ Herbe de Provence in Rüsselsheim-Bauschheim eine anspruchsvolle Küche und wurde dafür zwar von Gourmet Guides gewürdigt, nicht aber von Gästen überrannt. Inzwischen kocht er im pfälzischen Großkarlenbach in seinem Restaurant Karlbacher. Rüsselsheim ist nun von der kulinarischen Landkarte völlig verschwunden.

Bild oben rechts: Thomas Macyszyn

 

Siehe auch Wechsel von Kevin Fehling:

http://www.fienholdbiss.de/aktuelles/3-sterne-koch-kevin-fehling-zieht-nach-hamburg/

 

 




Champagner: Hier wird er in Strömen fließen

Im Rheingau

knallen die Korken

 

Neun Sorten

zum Sterne-Menü

 

Champagner ist kein Nippgetränk, man sollte es in vollen Zügen genießen. Diese Gelegenheit wird nun im Kronenschlösschen im Rheingau geboten, wo es am 24. Juli gleich neun verschiedene Perlen zum Dinner geben wird.

Mit von der Partie ist unter anderem der Billecart-Salmon von Antoine und Francoise Rolland-Billecart, der schon als Hauschampagner in Harald Wohlfahrts Schwarzwaldstube ausgeschenkt wurde, als dieser in Deutschland noch ein sehr geheimer Tipp war. Freuen darf man sich auch auf den Rosé von Alfred Gratien. Die Kellerei erzeugt seit 1864 Champagner, wobei Kellermeister Nicolas Jaeger und seine Vorfahren schon vier Generationen lang für Qualität sorgen. Gosset wiederum gilt als ältestes Weinhaus in der Champagner und perlt bereits seit 1584. Ein solcher Champagnerabend eignet sich für tiefere Einsichten. Man probiere nur einmal den Moet&Chandon nicht aus einem schmalen Glas, sondern aus einem rundlichen Weinglas – und sollte merken, dass er sich so weit besser entfaltet und elegant-süffiger ausfällt. Neben bekannten Namen wie Laurent-Perrier wird man im Kronenschlösschen auch auf einen neuen und eher unbekannten Champagner stoßen, dessen Name recht ungewöhnlich ausfällt. Mit Axel Kaltenbrunner erzeugt ein in Geisenheim ausgebildeter Önologe diesen Schaumwein, der den Rheingau und ganz Deutschland erobern soll. Als Partner fand Kaltenbrunner den Champagner-Winzer Arnaud Robert in Fossoy. „Wir wollen die Frische eines deutschen Winzersektes mit der Eleganz, Komplexität und Fülle eines Champagners kombinieren, meint Axel Kaltenbrunner und hofft damit den richtigen Geschmack getroffen zu haben. Eva Happersberger heißt die elegante frische Perle, benannt nach der Großmutter der Familie.

Sommelier Florian Richter

Sommelier Florian Richter

Learning by Drinking heißt die Devise, denn der Champagner-Abend wird von Fachautor Martin Maria Schwarz moderiert. Er stellt sich den Fragen und gibt Antworten zu den Themen: Welcher ist der teuerste Champagner der Welt? Wie lagert man Champagner? Welche Aromen zeigen die Champagner-Rebsorten? Was ist eine Assemblage? Und anderes mehr. Sternekoch Sebastian Lühr wird dazu vier Gänge kochen.

Der vollmundige Champagner-Abend passt zur aktuellen Nachricht, wonach die UNESCO die Champagne zum Weltkulturerbe ernannt hat. So etwas feiert man am besten mit Champagner.

 

 

 

 

Infos

Champagner-Dinner „In Strömen soll er fließen“, Freitag, 24. Juli, 19.30 Uhr. Menü, Aperitif, Champagner, Wasser, Kaffee zum Pauschalpreis von 145 €. 

Kronenschlösschen, Eltville-Hattenheim, Tel. 06723 640.  www.kronenschloesschen.de

 

Beim Champagner Zug statt Auto oder Übernachten

Bei solchen Veranstaltungen ist es ratsam, den eigenen Wagen stehen zu lassen. Man kann sich gleich im Kronenschlösschen ein Zimmer reservieren oder mit dem Zug anreisen: Von Frankfurt Hauptbahnhof über Wiesbaden und Mainz-Kastel nach Hattenheim (und zurück) ,ohne Umsteigen. Fahrtzeit 1 Stunde von und bis Frankfurt / 25 min von und bis Wiesbaden. Hinfahrt
ab Frankfurt Hbf alle 60 min (z.B. 10.53 / 11.53 / 16.53 / 17.53)
Ankunft Hattenheim 60 min später: (z.B. 11.53 / 12.53 / 17.53 / 18.53). Rückfahrt
ab Hattenheim alle 60 min (z.B. 15.04 / 21.04) Samstag, Sonntag auch 22.04 / 23.04
Ankunft Frankfurt Hbf (z.B. 16.05 / 22.05) Samstag, Sonntag 23.05 / 0.05.

 

 

 

 




Im Hinterhof italienischer Leidenschaft

Südländische Entdeckungen am Main

 

Italien liegt kurz vor Frankfurt. In Mühlheim am Main gibt es einen rein italienischen Lebensmittelmarkt mit einer wunderbaren Wurst- und Fleischtheke. Der Metzger bietet Produkte an, wie man sie sonst nirgendwo findet. Und der Hausherr macht sogar seinen eigenen Wein. Außerdem findet man ein Mini-Lokal, in dem nur italienisch gesprochen wird. Ein Besuch bei Guido Giovo wird zu einer ungewöhnlichen Entdeckungsreise.

Metzgerei im Markt

Metzgerei im Markt

Bullenhoden sind nichts für Weicheier. Giuseppe verkauft tägliche viele Portionen davon, wo sonst sollte man sie auch bekommen? Der Metzger aus Neapel hält einiges bereit, was man nicht im Supermarkt an der Ecke bekommt: Milz, Kutteln, Lungengulasch, Pferdeschnitzel. Das Rinderhirn wird an Ort und Stelle aus dem ganzen Tierkopf geschlagen und frisch präsentiert. Szenen wie auf dem dörflichen Hinterhof. Man findet außerdem das eher seltene und saftig-zarte Färsenfleisch, frisch gemachte Salsiccia und bratfertige Burger aus Rind und Schwein.

Koch Ernesto

Koch Ernesto

Lust macht außerdem die Frischetheke mit ausgesuchten Würsten, Schinken und Käse. Unser Lieblingsschinken heißt Bazzone und kommt aus der Toskana (100 gr. 3,90 €). Trüffelsalami und Mortadella sind ebenfalls ausgezeichnet, aber auch die Fenchelsalami und andere Salami-Sorten haben Qualität. Zu einem richtigen Affetato-Aufschnitt-Teller gehört zudem Coppa, der luftgetrocknete Schweinenacken. Probiert haben muss man unbedingt die lange gereifte Gran Riserva vom Parma-Schinken von Galloni aus Langhirano. Ein Gericht für sich ist Bresaola, ein luftgetrocknetes, leicht nach Wiesenkräutern schmeckendes und in dünne Scheiben geschnittenes Rindfleisch. Das saftige Salzfleisch erinnert ein wenig an Carpaccio und wird sehr oft ähnlich zubereitet – mit gutem Olivenöl und Zitronensaft, Rucola und Parmesan. Man kann es aber zudem mit Petersilie, Kapern, Paprika und vielem anderen kombinieren und variieren. Vor zehn Jahren gab es diese Spezialität aus dem Veltlin kaum in Frankfurt, inzwischen hantiert jedes zweite italienische Lokal damit. Gutes Olivenöl findet man natürlich auch in Guido Giovos Lebensmittelmarkt, zwei seien besonders empfohlen: Die Spitzen-Öle des Charakterkopfs Ugo Caldera vom Gardasee sowie Roberto Ranise und sein ligurisches Öl aus Taggiasca-Oliven.

Philomena & Ernesto

Philomena & Ernesto

Wie man mit einfachen Mitteln, aber stimmigen Grundprodukten, zu einem schönen Geschmackserlebnis kommt, zeigt eine Vermählung aus Olivenöl mit weichem Käse und etwas Pfeffer. Speziell dem La Tur aus dem piemontesischen Alta Langa, einem mildem Käse aus Kuh-, Schafs- und Ziegenmilch. Zusammengerührt und mit warmem Ciabatta-Brot gegessen, wird er zu einer cremigen Delikatesse. Dazu sollte es etwas Feigensenf von Claudio Lazzaris sein, am besten der aus Waldfrüchten.

Über 4000 Artikel stehen bei Giovo im Angebot, wobei es amüsant ist, auch die für den italienischen Markt produzierten Massenerzeugnisse deutscher Provenienz zu entdecken, welche optisch und geschmacklich anders ausfallen. Es warten viele gut gefüllte Regale mit 400 Weinen, verschiedenen Pasta-Sorten, Kaffee, Ölen und Gewürzen sowie eine eigene Pasticceria-Theke mit hausgemachten Süßigkeiten. Der ambitionierte Wein- und Lebensmittehändler Guido Giovo aus dem Piemont beliefert mit seinen Produkten viele Gastronomen im Rhein-Main-Gebiet. Weniger bekannt ist, dass er auch einen rein italienischen Großmarkt mit Feinkost und Alltagsbedarf betreibt, zu dem jeder Zutritt hat. In seinem Markt in Mühlheim geht man nicht nur so zum Shoppen, hier gerät der Einkauf zu einer interaktiven Entdeckungstour. Im Gespräch mit den Verkäufern erfährt man auch ein Stück italienischer Lebensart. Manchmal ist Hausherr Guido Giovo selbst vor Ort und berät die Kunden. Inzwischen hat er sogar einen eigenen Wein im Programm – einen Garganega namens SenzaFine. Dieser saftige Trinkspaß wartet nur auf die ersten Sonnenstrahlen.

Guido Giovo (Mitte)

Guido Giovo (Mitte)

Eine Welt für sich ist das benachbarte neue kleine Café. Der temperamentvolle Ernesto und seine feenhafte Frau Philomena sprechen nur italienisch, beherrschen aber die universelle Ausdrucksweise freundlicher Gastgeberschaft. Der Neapolitaner ist mit einem solchen Feuer bei der Sache, dass man ein Spiegelei auf seiner Zunge braten könnte. Kleine, einfache und doch gut gemachte preiswerte Gerichte mit Kabeljau, Calamari, Muscheln und gebackenen Sardinen sowie Salat- und Gemüseteller machen ebenso gute Laune, wie ein Glas Soave oder der Prosecco von Dal Din.

Ludwig Fienhold

Guido Giovo, Feinkost, Supermarkt, Weinhandel. Mühlheim am Main, Borsigstr. 17, Tel. 06108 91 09 19. Geöffnet Mo. – Fr. 9.15 bis 18.30 Uhr,
Sa. 9.00 bis 16.00 Uhr. www.giovo.de

Ernesto Café, Tel. 0151 75323799. Geöffnet Di. – Sa. 8-22 Uhr, So 9 – 12.30 Uhr, Mo. Geschlossen.

 

 

Photocredit: Barbara Fienhold

 

 

 

 




Guy Savoy: Das vielleicht schönste Restaurant von Paris

Neues vom großen 3-Sterne-Koch Guy Savoy

 

Umzug in ein Palais mit einmaligem Ausblick

 

Guy Savoy gehört zu den führenden Pariser Köchen. Mit absoluten Höchstnoten in Michelin und Gault & Millau ist er sozusagen die „stille Kraft“ in der Stadt an der Seine, denn in den einschlägigen Medien sieht man ihn hingegen eher selten. Das könnte sich jetzt ändern. Savoy verlegt am 19. Mai sein Restaurant in die Monnaie de Paris, die alte Münzprägeanstalt im Palais Conti aus dem 18. Jahrhundert. Dieses Werk des Architekten Jacques-Denis Antoine (1733-1801) kündet von Gloire et Grandeur. Durch das Peristyl geht es über eine hochherrschaftliche Treppe zum Restaurant. Der Elysée-Palast wirkt fast mickrig dagegen, eine solche Eingangshalle hat sonst nur noch der Vatikan. Ein paar Schritte weiter, im Lokal, braust jedoch Pariser Leben: Man sitzt mit Blick auf die Seine-Quais und die Bouquinisten, die ambulanten Antiquare mit ihren Mini-Boutiquen am Straßenrand. Schiffe und Boote ziehen vorbei, an den Quais wird flaniert, von gegenüber grüßt das seit langem geschlossene Kaufhaus La Samaritaine. Die Aussicht ist der eigentliche Star, das Interieur ist in sanften Grau-, Braun und Blautönen gehalten. Den maximal 60 Gästen stehen 350 Quadratmeter zur Verfügung, gekocht wird jedoch auf stolzen 500 Quadratmetern, erhellt von Tageslicht. In Pariser Profiküchen ist das noch die absolute Ausnahme. Tatsächlich ist Savoys neuer Wirkungsort ein Anwärter auf den Titel „schönstes Lokal von Paris“. Neu ist auch eine kleine Boutique, in der die Flaneure eine Savoy-Spezialität erstehen können: Das Brioche. Guy Savoy zählt zu den am höchsten dekorierten Köchen überhaupt: 3 Sterne im Michelin und 5 optimale Kochmützen im Gault & Millau.

Zum Glück hat Savoy mit dem Umzug seine Küche nicht geändert. Die Austern in geeister Nage und die Artischockensuppe mit schwarzen Trüffeln (garantiert ohne Trüffelöl!) bleiben erhalten. Neu ist hingegen der große Kaisergranat: Mit 300 Gramm Gewicht gehören diese Krustentiere wirklich zu den Kaisern der Meere. Savoy grillt sie einfach auf der Plancha und serviert sie mit einer Spur Piment aus Espelette sowie in Langustino-Reduktion gegarten, kunstvoll geschnittenen Rübchen. Hier darf man sich noch richtig verwöhnen lassen ohne von Küchen-Philosophien belästigt zu werden. Das altbekannte Restaurant bleibt uns Gästen auch noch erhalten: Es heißt jetzt „Etoile-sur-Mer“. Küchenchef Clément Leroy wird hier Meerestiere servieren. Und wenn ihm dies so gut gelingt wie zuletzt im „La Huîtrade“, einem Savoy-Ableger, dann hat Paris noch ein Spitzenrestaurant mehr.

Jörg Zipprick

 

 




Aldi-Weine: Grauen oder Genuss?

Ein Testversuch

mit glasklarem Ausgang

 

Von Ludwig Fienhold

 

Aldi ist ein standardisierter unpersönlicher Hardcore-Discounter mit Schnäppchen-Charakter. Die Kunden schreiten schnell und stumm die Gänge entlang, niemand kann mit Verkäufern sprechen, da es diese nicht gibt, die Kassierer rattern routiniert und schweigsam die Ware in die Kasse. Aldi bietet kein Einkaufserlebnis, Aldi will schnell und unkompliziert abfertigen. Aldi ist das Gegenteil von einem Markt. Doch Aldi gibt sich auch immer mehr als Spezialist für gute Weine. Mit Fritz Keller hat man sich einen findigen Winzer eingekauft, wobei das Wort eingekauft zu unterstreichen ist. Denn auch er vermag es nicht zu verhindern, das Aldi nach wie vor beim Wein erheblich schwächelt. Wir probieren Jahr für Jahr die von Aldi besonders gepriesenen Weine und sind regelmäßig enttäuscht. Hier der aktuelle Testbericht.

Aldi-Weine Inzwischen wirbt Aldi gerne mit Parker-Punkten und den Bewertungen im italienischen Wein-Guide Gambero Rosso. Alle drei von uns probierten Weine sind entsprechend von diesen beiden hervorgehoben worden. Der Albariño Burgáns der Bodegas Martin Códax Jahrgang 2013 wurde von Robert Parkers Wine Advocat mit 89 Punkten bedacht. Nicht schlecht für einen schlichten Weißwein – aber viel zu gut für einen schlechten Wein. Und nichts anderes hatten wir im Glas. Der Burgáns schrammt über die Zunge und kratzt im Hals. Das sind auch schon seine bemerkenswertesten Eigenschaften. Sonst ist er platt und weniger als gewöhnlich. Am auffälligsten ist sein grässlicher orangener Plastikkorken. Der Schwächling kostet 5,99 € – viel für einen Wein, den man nicht einmal für geschenkt haben will. Nun gut, Albariño ist grundsätzlich kein großer Wein, erreicht aber beispielsweise mit dem Pazo Señorans ein beachtliches Niveau.

Aldi-Weine Zweiter Kandidat: Il Pacchia von der Tenuta Moraia aus dem Jahr 2011. Laut Aldi ein „eleganter Wein“ aus der Toskana. Im Gambero Rosso mit einem Glas von drei möglichen ausgezeichnet, also als „gut“ bewertet. Doch dieser Tropfen ist ebenfalls ein armer Tropf, kaum Bouquet, kein Aroma, flacher als eine Pfütze. Ein Rotwein ohne Eigenschaften. Was sollen wir damit? Für die 5,99 € kaufen wir bei Aldi dann doch besser sechs Packungen Coconut Kisses.

Dritter Versuch: Ein Roter aus der Rebsorte Aglianico von der Cantina di Venosa aus der süditalienischen Region Basilikata, auch für 5,99 €. Der Gambero Rosso zeichnet ihn mit zwei von drei Gläsern aus, mithin einem „sehr gut“. Dem Wein fehlt es an Rückgrat durch ein Tanningerüst. Er wirkt mager und verschließt sich jeglichem Abgang. Der Geschmack nach Pflaume und Zimt sowie etwas Myrte verleiht dem Wein immerhin ein gewisses Maß an Würze und Ausdruck. Leicht gekühlt getrunken, gewinnt er. Insgesamt aber kein Wein, der einer besonderen Würdigung wert wäre.

Aldi-Weine Diese Aldi-Weine werfen einige Fragen auf: Waren sie schlecht gelagert oder kamen sie schon in einem zweifelhaften Zustand nach Deutschland? Alle drei Weine erschienen wie ausgezehrt, wahrscheinlich hätte man sie jung anbieten und trinken sollen. Der Rotwein von der Cantina di Venosa wird auch vom Gambero Rosso 2014 und nicht dem aktuellen 2015 mit zwei Gläsern bedacht. Allen drei Weinen ist zu eigen, dass sie offensichtlich schlecht reifen und schnell verfallen. Im Fachhandel oder in einem seriösen Restaurant wären sie wohl nicht mehr angeboten worden.

 

 

 

Photocredit: Barbara Fienhold 

 

 

 

 

 




Endlich: Ein Weinglas für alle Fälle

So macht trinken

noch mehr Spaß

 

Ein glasklarer Testbericht

 

Der Schrank ist voll mit Gläsern. Für Rotweine, Weißweine und Schaumweine. Bei Spezialisten noch differenzierter für Bordeaux, Burgunder, Rieslinge, Chardonnay, Champagner und und und. Das kostet Geld und macht Arbeit. Jeder Weinfreund und alle Gastronomen träumen von einem Glas, mit dem möglichst viele Weine abgedeckt werden können. Bislang konnten die All in One Gläser nicht überzeugen. Inzwischen wurde jedoch mit dem Gabriel-Glas ein universell einsetzbares Glas entworfen, das den Geschmack der verschiedensten Getränke fördert, optisch ansprechend ausfällt und sehr elegant in der Hand liegt. Das ist kein Zufallsprodukt, sondern entstand aus der Zusammenarbeit von dem Weinexperten und Degustator René Gabriel und dem Glas-Designer Siegfried Seidl. Sie fragten sich: Was wichtiger wäre – ein Schrank voller Gläser oder ein Keller voller Weine? Und geben sich und anderen die Antwort mit dem Gabriel-Glas.

Gabriel Glas

Gabriel Glas

Dieses ingeniöse Weinglas gibt es in zwei Varianten mit identischen Maßen: StandArt, Maschingengeblasen, etwa 150 Gramm und Gold-Edition, Mundgeblasen, ultraleicht, zirka 90 Gramm. Die einfache Ausführung kostet 13,50, die Luxusvariante 27,40 Euro. Geschmacklich fördern beide gleichermaßen den Genuss, doch die Gold-Edition federt derart leicht von der Hand in den Mund, dass es die Trinkfreude noch wesentlich mehr erhöht. Die normale Ausführung ist dafür robuster und kann in der Spülmaschine gereinigt werden, die Gold-Edition ist filigraner und verlangt eher nach manueller Säuberung, wobei sie bislang auch in der Spülmaschine keine Probleme oder gar Bruch verursachte.

Wir haben das Gabriel-Glas für alles nur Denkbare eingesetzt: Die unterschiedlichsten Rotweinsorten, die verschiedensten Weißweine, alle nur möglichen Schaumweine und auch Dessertweine – und nie hat es uns enttäuscht. Auch für Bier, Wasser und Saft ist das Glas gut einsetzbar. Wir haben den Schrank voll mit Gläsern von allen möglichen Herstellern wie Schott-Zwiesel, Spiegelau oder Riedel. Wir werden diese nicht entsorgen, setzen aber insbesondere bei Weinverkostungen und größeren Essen vor allem das Gabriel-Glas ein, weil es optimal einsetzbar ist und man den Tisch klarer bestücken kann. Für die Gastronomie und Caterer, aber auch für private Haushalte spart es Geld, Zeit und Platz und erleichtert das ganze Weinglas-Handling.

Auch bei einer Füllmenge von 0,1l erreicht das Gabriel-Glas eine gute Entfaltung beim Wein. Der Hersteller drückt das sehr schön aus und meint, dass der „Bouquet-Drive“ am Glasbauch die Aromenentfaltung beschleunige. Höhe, Kelchvolumen, dünne Glaswände und andere spitzfindige Ausführungen bieten jungen und gereiften gleichermaßen den richtigen Körper. Spitzenweine bleiben top, doch einfache Weine und mittelbegabte Champagner wie der Moët & Chandon gewinnen sogar noch.

Sommelier Hendrik Thoma

Sommelier Hendrik Thoma

Der Hamburger Top-Sommelier Hendrik Thoma war anfangs auch skeptisch, hat sich aber vom Gabriel-Glas überzeugen lassen und vertreibt es sogar. „Ein Glas für alle Weine habe ich für lange Zeit als reinen Marketinggag abgelehnt. Bis zu dem Tag, an dem ich das Glas meines Schweizer Weinfreundes René Gabriel kennenlernte.“ Hendrik Thoma hat es vielen Tests unterzogen und kommt zu dem Schluss: “Egal ob Champagner, Weiß-, Rot- oder Roséwein. Es wird jedem Anspruch gerecht, sogar dem von Säften à la Von Nahmen und Gegenbauer sowie Spezialbieren wie Indian Pale Ale.“ Hendrik Thoma verwendet das Gabriel-Glas regelmäßig in seiner Video-Show „Wein am Limit“ als bewährtes Universalglas. Trotzdem nutzt er daneben für den persönlichen Genuss und spezielle Weine auch andere Gläser, beispielsweise Zalto von DenkArt oder Riedel Extreme. Toprestaurants wie das Gustav in Frankfurt setzen ausschließlich das Gabriel-Glas ein, das auch bei den Gästen guten Anklang findet.

Ludwig Fienhold

 

Gabriel GlasInfos, Preise, Bestellungen:

Master Sommelier Hendrik Thoma ist Gastgeber und Betreiber des Video-Wein-Blogs und Shops: www.weinamlimit.de Deutschlands bekanntester Wein-Show im Internet. Bei ihm kann man die Gabriel-Gläser auch direkt bestellen.

Bild oben rechts: René Gabriel