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Ritz Paris: Tischgespräch mit Direktor Christian Boyens

Die Diva tanzt bald wieder

 

Hotel-Legende eröffnet im Dezember

 

Neuer 2-Sterne-Küchenchef

 

Von Ludwig Fienhold

 

Das Ritz in Paris ist vielleicht das berühmteste Hotel der Welt, eine Legende ist es ganz sicher. Doch in der französischen Metropole gibt es gleich ein Dutzend Weltklassehotels, was den Konkurrenzdruck drastisch erhöht. Deshalb musste die in die Jahre gekommene Diva einem gründlichen Facelift unterzogen werden. Noch aufwendiger als gedacht, im August 2012 schlossen sich die Türen des Luxushotels, die jetzt erst wieder im Dezember für die Gäste geöffnet werden. Direktor ist der Deutsche Christian Boyens, der in einem Tischgespräch im Frankfurter Restaurant Lohninger mit Biss über seine Pläne sprach.

Ritz ParisDas Ritz will nicht nur sein Gesicht wahren, sondern auch seine Seele behalten. „Man muss das Gefühl haben, das Coco Chanel um die Ecke biegen und Ernest Hemingway an der Bar sitzen könnte“, bringt es Christian Boyens auf den Punkt. Viele Berühmtheiten waren nicht nur Stammgäste, sondern lebten regelrecht im Ritz, weshalb die Suiten ihre Namen keineswegs willkürlich tragen. Um künftig den prominenten Gästen ein Paparazzi-freies Entree zu ermöglichen, wurde jetzt ein Tunnel angelegt, der diskret ins Hotel führt. Wer will, kann natürlich weiter über den roten Teppich durch die Drehtüren gehen. Das Hotel wird insgesamt luftiger, schlanker, heller und freundlicher. „Wir wollen ein neues Ritz, ohne die DNA des alten Ritz zu verlieren“, sagt Christian Boyens. Wenn auch die Zimmer und Bäder komplett renoviert werden, so liegen die Verbesserungen vor allem im technischen Bereich, vom Fahrstuhl bis zum Internet wurde alles auf den neusten Stand gebracht. Dabei soll jegliches High Tech einfach zu bedienen sein, „ohne eigens in einer Betriebsanleitung lesen zu müssen“. Technische Raffinessen, die besonders Sinn machen: Terrassen und Bäder werden beheizbarem Fußboden haben. Das Ritz wurde immerhin schon im Jahr 1898 eröffnet und will sich nicht nur kosmetisch verschönern.

Barockgarten

Barockgarten

Der grüne Außenbereich des Hotels wird nun auch mehr von innen aus sichtbar sein, sei es von den Salons oder dem Boutiquen-Flur. Der zauberhafte Garten ist eine Oase mitten in Paris. Bislang wurde er zu wenig als Trumpfkarte ausgespielt, jetzt soll er ein ganz wesentlicher Teil des Hotels werden und vom Frühstück bis zum Sundowner einladen. Vier Suiten werden eine Dachterrasse haben, mit Blick bis zum Eiffelturm. Kleine Zimmer gibt es nicht, die Größe beginnt bei 40 und endet bei 350 Quadratmetern. Auch die Deckenhöhe ist überall beachtlich, bei den Suiten geht sie bis zu sieben Metern. Das kommt nicht nur Direktor Christian Boyens entgegen, dessen zwei Meter bequem untergebracht sein wollen.

Direktor Christian Boyens

Direktor Christian Boyens

Christian Boyens, der mit 38 Jahren auf eine solide Karriere mit Stationen à la Atlantic Hamburg, Fous Seasons San Francisco und Peninsula Beverly Hills blicken kann, begann im Ritz Paris im Februar 2011 als Directeur Général. Er wuchs in Molfsee bei Kiel auf und ist entsprechend geerdet. Christian Boyens vertritt das Hotel Ritz mit offensivem Charme, jede Art von Überheblichkeit ist ihm fremd. Dabei galt das Ritz durchaus nicht allein als Hort der Schönen und Reichen, auch das Management schottete sich gerne vor allem gegenüber der Presse ab. Boyens wurde durch seine Zeit in Amerika geprägt, wo man wenig Berührungsängste kennt und die Dinge pragmatisch lächelnd angeht. Unterstützt wird er von seiner aparten Directrice de la Communication Anne Benichou, die zuvor bei der Vogue als Journalistin arbeitete. Und 580 weiteren Angestellten. Im neuen Ritz werden auch viele alte Bekannte zu erleben sein, etwa der Deutsche Manfred Mautsch, der seit 20 Jahren als Guest Relation Manager der gute und hilfreiche Geist des Hotels ist. Mit ihm werden weitere sieben mobile und im Haus allgegenwärtige Concierge-Mitarbeiter aktiv sein. Einer der besten Barkeeper der Welt, der wirklich von allen Gästen und Kollegen hoch geschätzte Colin Field, bleibt dem Ritz nach zwei Jahrzehnten ebenfalls erhalten und wird mit seinem großartig aufgestellten Team die Bar führen. Der Lieblingsplatz von Ernest Hemingway bleibt unverändert und wird auch weiterhin durch viel Holz und Leder gefallen.

Colin Field Bar Hemingway

Colin Field (r.) in der Bar Hemingway

Service ist die große Stütze eines jeden Hotels. Eine erstklassige Küche aber auch. Das hat man in Frankreich schon immer besser verstanden als in Deutschland. Das Restaurant L´Espandon war stets gut und sehr klassisch orientiert. Der Stil dürfte sich mit dem neuen Küchenchef Nicolas Sale ändern, der zuletzt vom Michelin mit zwei Sternen ausgezeichnet wurde und hochkreativ und modern ist. Außerdem ist er Pariser. Neu im Team ist auch Chef-Pâtissier Francois Perret, der zuvor im Shangri-la in Paris in gleicher Position arbeitete. Die Kochschule, getauft auf den einstigen Ritz-Küchenchef Auguste Escoffier, wird einen Chefs Table bekommen, von dem aus man auf die Hauptküche blicken kann.

Das Ritz soll im Dezember mit dieser Aufstellung eröffnen: 71 opulent gestaltete Zimmer, 71 Suiten inklusive 15 Prestige Suiten, 3 Restaurants und 3 Bars, zweistöckiges Spa sowie schickem Pool. Ab Juni werden die ersten Reservierungen entgegengenommen, im November soll Soft Opening sein, im Dezember dann die offizielle Eröffnung. Zimmer ab 1000 Euro. Das Hotel soll dem Vernehmen nach für weit über 200 Millionen Euro renoviert werden, offiziell redet man nicht über Geld. Der ägyptische Unternehmer und Hotelbesitzer Mohamed Al-Fayed hat allein durch den Verkauf des Kaufhauses Harrods in London jedenfalls genügend Kapital flüssig machen können.

Ritz ParisDas Ritz ist eine Vanity Fair, garniert mit einer Prise Snobismus. Als arrogant haben wir es aber nie kennengelernt. Bei einem Quality Check von uns im Jahr 2004 schnitt das Ritz insgesamt mit einem „sehr gut“ ab. Manchen Bereichen, wie etwa der Bar Hemingway, konnte das Prädikat „Weltklasse“ verliehen werden. Schwachpunkte waren das Frühstück und der extrem schlechte Cappuccino, der schon seinerzeit 9,20 Euro kostete.

129 Schiffscontainer mit Kunst und Antiquitäten sowie anderen noblen Accessoires werden derzeit aufbewahrt und nach der Renovierung wieder entladen und eingebracht. Die aristokratische Ausstattung ist indes nicht allein das Markenzeichen vom Ritz Paris. Direktor Christian Boyens nennt noch andere Gründe: Die Location an der Place Vendôme ist ebenso ruhig wie zentral. Der Barockgarten ist einmalig, die Ausstattung der Zimmer ungewöhnlich. Auch einen Pool hat nicht jedes Hotel in Paris zu bieten. Das Verhältnis der Angestellten zu den Zimmern verspricht einen souveränen Ablauf. Auf individuellen Service und exzellente Küche setzt Boyens besonders stark. Daneben gibt es viele neue persönliche  Ideen, die zu diesem ganz besonderen Haus passen: VIP-Gäste können eine Schiefertafel signieren, mit der das Dach gedeckt wird, womit sie Teil des Ritz werden.

 

Ritz, Paris, 15 Place Vendôme. www.ritzparis.com

 

 

 

Photocredit: Ritz Paris

 




Ist Monacos bestes Restaurant noch Weltklasse?

Aus Louis XV wird

Alain Ducasse

 

Küche und Optik

haben sich verändert

 

Von Jörg Zipprick

 

Das Louis XV in Monaco gibt es nicht mehr. Doch keine Angst, es heißt jetzt nur anders: Alain Ducasse à l’Hôtel de Paris. Damit wird der Koch gegenüber dem König aufgewertet, was irgendwo, irgendwie dem Zeitgeist entspricht. Die Umbenennung ist Teil des Renovierungsplans des Hôtel de Paris, derzeit wird das Haus regelrecht ausgehöhlt. Es bleibt die Fassade gegenüber dem Casino, die Bar, die Halle und eben das Restaurant. Das Resultat ist abzuwarten. Vergleichbare Renovierungen haben in etlichen Traditionshäusern zu einem Verlust an Identität geführt. Jetzt müssen Vielflieger am Morgen erstmal ihr Smartphone checken, um zu wissen, wo sie gerade schlafen. Am Stil des Hauses erkennt das nämlich niemand mehr – der wurde globalisiert.

Hôtel de Paris

Hôtel de Paris mit Restaurant Alain Ducasse

Le Louis XV war ein Lokal, das Feinschmecker und Köche gleichermaßen prägte. Der junge Alain Ducasse servierte hier erstmals eine fast bäuerlich inspirierte Mittelmeerküche mit Pasta und vegetarischen Gerichten, als Hotelrestaurants noch für klassische Luxusprodukte standen. Ambition und Talent waren dem Koch anzumerken, doch so ein Lokal hatte die Welt noch nicht gesehen: Gabeln, Messer und Platzteller waren vergoldet, Marmorpilaster, Deckengemälde, Antiquitäten verbreiteten das Flair eines Loire-Schlosses.  Vier Schichten Stoff, von Baumwolle bis Damast, bedeckten jeden Tisch. Ein Ballett aus grau und schwarz befrackten Service-Mitarbeitern brachte Gerichte an den Tisch, die in auffälligem Kontrast zum allgegenwärtigen Prunk standen. Statt Kaviar und Gänseleberterrine etwa Stockfischinnereien mit pochiertem Stockfisch, Perugina-Würstchen oder Muscheln, Krustentiere und Felskrake als Salat. Lange bevor andere Spitzenköche die Gemüse wiederentdeckten, gab es im Louis XV schon ein Gemüsemenü, zu dem beispielsweise ein Morchelrisotto mit wildem Spargel gehören konnte. Und lange bevor Köche die Besinnung auf lokale Zutaten predigten, servierte Ducasse diese: Der Fisch wurde zwischen San Remo und Marseille gekauft, Gemüse kam aus dem Hinterland. Wenig später kochte die halbe Welt mediterran. Etliche Köche machten dann die Erfahrung, dass Rotbarben in Münster anders schmecken als in Monaco.

Über die Jahre blieb die Küche ihrer Linie treu. Der bewährte Küchenchef Franck Cerruti wurde befördert, im Louis XV kochte danach Dominique Lory. Nach einer kurzen Gewöhnungsphase war der junge Koch technisch ebenso perfekt wie sein Vorgänger und erwies sich als ausgesprochen geschmackssicher. Jetzt, mit der Umbenennung, wurde das Lokal auch optisch vom Duo Patrick Jouin und Sanjit Manku umgestaltet. Dort, wo früher ein riesiger Blumenstrauß stand, befindet sich nun ein riesiges Multifunktions-Möbelstück, das entfernt an Science-Fiction Serien aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts erinnert. Löblicher Grundgedanke der neuen Installation ist es, den Service aufzuwerten: Hier werden Weine dekantiert und Butter geschnitten – wird das Möbelstück nicht mehr gebraucht, kann man es zuklappen. Freilich nimmt das Stück aus edlem Holz und mattem Metall einen beträchtlichen Teil des Saales ein und verbaut schlicht und einfach die Sicht auf die schönen historischen Details sowie die anderen Gäste.

Louis XV

Das alte Restaurant Louis XV

Das Restaurant ist nach wie vor mit drei Sternen im Michelin und vier von fünf Kochmützen im Gault & Millau sehr hoch bewertet. Die goldenen Platzteller wurden durch einen stilisierten, gebogenen Teller ersetzt, man sitzt jetzt auf Stühlen aus feinstem Leder, erleuchtet wird das Lokal von einem Lichterkranz. Letztlich kann man dies so oder so betrachten, was mehr zählt, ist die Küche. Hier bietet Küchenchef Dominique Lory die Klassiker wie Gamberoni aus San Remo mit Kaviar oder das erwähnte Stockfischragout in bewährter Qualität. Im Louis XV lag die Schönheit immer auch in der Schlichtheit. Mit neuen Gerichten, wie dem zartem, in Dampf gegartem Spargel mit gedickter Schafsmilch, erstklassigem Risotto von Erbsen und Bohnen oder dem Hummer mit Myrtebeeren und Ingwer setzt Lory diese Linie fort. Hier und da finden sich leider auch Anbiedereien an den Zeitgeist, an ein kleines Völkchen Kritiker, das Küche vor allem zerebral betrachtet statt sich dem sinnlichen Genuss zu widmen.

Neuer Look

Neuer Look mit ungetümlicher Service-Station

Das fängt mit dem Amuse-Bouche an: Da kommt ein Teller mit rohen Stücken Mittelmeerfisch auf Steinen über einer kochend heißen Unterlage an den Tisch. Der Service soll die Meerestiere mittels Aufgusses unter einer gläsernen Cloche im Dampf garen. Korrekte Garzeit ist da Glückssache, einem Gast wurde das Amuse-Gueule ausgetauscht, weil der Fisch fast roh blieb. Auch das Rhabarber-Dessert mit seinem neckischen Lecithin-Schäumchen blieb weit unter dem Niveau des Hauses. Auch im neuen Alain Ducasse à l’Hôtel de Paris sollte der Gast das Menü mit dem Baba au rhum aus dem alten Louis XV abschließen. Eine Reminiszenz, auch an die Qualität von einst. Den riesigen Blumenstrauß in der Mitte des Saales vermissen wir.

 

 

 

Louis XV

Da führt keine Auge dran vorbei: Die neue Service-Station

Hôtel de Paris

Place du Casino

www.hoteldeparismontecarlo.com

 

Photocredit: Hôtel de Paris + JZ

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 




Im Hinterhof italienischer Leidenschaft

Südländische Entdeckungen am Main

 

Italien liegt kurz vor Frankfurt. In Mühlheim am Main gibt es einen rein italienischen Lebensmittelmarkt mit einer wunderbaren Wurst- und Fleischtheke. Der Metzger bietet Produkte an, wie man sie sonst nirgendwo findet. Und der Hausherr macht sogar seinen eigenen Wein. Außerdem findet man ein Mini-Lokal, in dem nur italienisch gesprochen wird. Ein Besuch bei Guido Giovo wird zu einer ungewöhnlichen Entdeckungsreise.

Metzgerei im Markt

Metzgerei im Markt

Bullenhoden sind nichts für Weicheier. Giuseppe verkauft tägliche viele Portionen davon, wo sonst sollte man sie auch bekommen? Der Metzger aus Neapel hält einiges bereit, was man nicht im Supermarkt an der Ecke bekommt: Milz, Kutteln, Lungengulasch, Pferdeschnitzel. Das Rinderhirn wird an Ort und Stelle aus dem ganzen Tierkopf geschlagen und frisch präsentiert. Szenen wie auf dem dörflichen Hinterhof. Man findet außerdem das eher seltene und saftig-zarte Färsenfleisch, frisch gemachte Salsiccia und bratfertige Burger aus Rind und Schwein.

Koch Ernesto

Koch Ernesto

Lust macht außerdem die Frischetheke mit ausgesuchten Würsten, Schinken und Käse. Unser Lieblingsschinken heißt Bazzone und kommt aus der Toskana (100 gr. 3,90 €). Trüffelsalami und Mortadella sind ebenfalls ausgezeichnet, aber auch die Fenchelsalami und andere Salami-Sorten haben Qualität. Zu einem richtigen Affetato-Aufschnitt-Teller gehört zudem Coppa, der luftgetrocknete Schweinenacken. Probiert haben muss man unbedingt die lange gereifte Gran Riserva vom Parma-Schinken von Galloni aus Langhirano. Ein Gericht für sich ist Bresaola, ein luftgetrocknetes, leicht nach Wiesenkräutern schmeckendes und in dünne Scheiben geschnittenes Rindfleisch. Das saftige Salzfleisch erinnert ein wenig an Carpaccio und wird sehr oft ähnlich zubereitet – mit gutem Olivenöl und Zitronensaft, Rucola und Parmesan. Man kann es aber zudem mit Petersilie, Kapern, Paprika und vielem anderen kombinieren und variieren. Vor zehn Jahren gab es diese Spezialität aus dem Veltlin kaum in Frankfurt, inzwischen hantiert jedes zweite italienische Lokal damit. Gutes Olivenöl findet man natürlich auch in Guido Giovos Lebensmittelmarkt, zwei seien besonders empfohlen: Die Spitzen-Öle des Charakterkopfs Ugo Caldera vom Gardasee sowie Roberto Ranise und sein ligurisches Öl aus Taggiasca-Oliven.

Philomena & Ernesto

Philomena & Ernesto

Wie man mit einfachen Mitteln, aber stimmigen Grundprodukten, zu einem schönen Geschmackserlebnis kommt, zeigt eine Vermählung aus Olivenöl mit weichem Käse und etwas Pfeffer. Speziell dem La Tur aus dem piemontesischen Alta Langa, einem mildem Käse aus Kuh-, Schafs- und Ziegenmilch. Zusammengerührt und mit warmem Ciabatta-Brot gegessen, wird er zu einer cremigen Delikatesse. Dazu sollte es etwas Feigensenf von Claudio Lazzaris sein, am besten der aus Waldfrüchten.

Über 4000 Artikel stehen bei Giovo im Angebot, wobei es amüsant ist, auch die für den italienischen Markt produzierten Massenerzeugnisse deutscher Provenienz zu entdecken, welche optisch und geschmacklich anders ausfallen. Es warten viele gut gefüllte Regale mit 400 Weinen, verschiedenen Pasta-Sorten, Kaffee, Ölen und Gewürzen sowie eine eigene Pasticceria-Theke mit hausgemachten Süßigkeiten. Der ambitionierte Wein- und Lebensmittehändler Guido Giovo aus dem Piemont beliefert mit seinen Produkten viele Gastronomen im Rhein-Main-Gebiet. Weniger bekannt ist, dass er auch einen rein italienischen Großmarkt mit Feinkost und Alltagsbedarf betreibt, zu dem jeder Zutritt hat. In seinem Markt in Mühlheim geht man nicht nur so zum Shoppen, hier gerät der Einkauf zu einer interaktiven Entdeckungstour. Im Gespräch mit den Verkäufern erfährt man auch ein Stück italienischer Lebensart. Manchmal ist Hausherr Guido Giovo selbst vor Ort und berät die Kunden. Inzwischen hat er sogar einen eigenen Wein im Programm – einen Garganega namens SenzaFine. Dieser saftige Trinkspaß wartet nur auf die ersten Sonnenstrahlen.

Guido Giovo (Mitte)

Guido Giovo (Mitte)

Eine Welt für sich ist das benachbarte neue kleine Café. Der temperamentvolle Ernesto und seine feenhafte Frau Philomena sprechen nur italienisch, beherrschen aber die universelle Ausdrucksweise freundlicher Gastgeberschaft. Der Neapolitaner ist mit einem solchen Feuer bei der Sache, dass man ein Spiegelei auf seiner Zunge braten könnte. Kleine, einfache und doch gut gemachte preiswerte Gerichte mit Kabeljau, Calamari, Muscheln und gebackenen Sardinen sowie Salat- und Gemüseteller machen ebenso gute Laune, wie ein Glas Soave oder der Prosecco von Dal Din.

Ludwig Fienhold

Guido Giovo, Feinkost, Supermarkt, Weinhandel. Mühlheim am Main, Borsigstr. 17, Tel. 06108 91 09 19. Geöffnet Mo. – Fr. 9.15 bis 18.30 Uhr,
Sa. 9.00 bis 16.00 Uhr. www.giovo.de

Ernesto Café, Tel. 0151 75323799. Geöffnet Di. – Sa. 8-22 Uhr, So 9 – 12.30 Uhr, Mo. Geschlossen.

 

 

Photocredit: Barbara Fienhold

 

 

 

 




Aldi-Weine: Grauen oder Genuss?

Ein Testversuch

mit glasklarem Ausgang

 

Von Ludwig Fienhold

 

Aldi ist ein standardisierter unpersönlicher Hardcore-Discounter mit Schnäppchen-Charakter. Die Kunden schreiten schnell und stumm die Gänge entlang, niemand kann mit Verkäufern sprechen, da es diese nicht gibt, die Kassierer rattern routiniert und schweigsam die Ware in die Kasse. Aldi bietet kein Einkaufserlebnis, Aldi will schnell und unkompliziert abfertigen. Aldi ist das Gegenteil von einem Markt. Doch Aldi gibt sich auch immer mehr als Spezialist für gute Weine. Mit Fritz Keller hat man sich einen findigen Winzer eingekauft, wobei das Wort eingekauft zu unterstreichen ist. Denn auch er vermag es nicht zu verhindern, das Aldi nach wie vor beim Wein erheblich schwächelt. Wir probieren Jahr für Jahr die von Aldi besonders gepriesenen Weine und sind regelmäßig enttäuscht. Hier der aktuelle Testbericht.

Aldi-Weine Inzwischen wirbt Aldi gerne mit Parker-Punkten und den Bewertungen im italienischen Wein-Guide Gambero Rosso. Alle drei von uns probierten Weine sind entsprechend von diesen beiden hervorgehoben worden. Der Albariño Burgáns der Bodegas Martin Códax Jahrgang 2013 wurde von Robert Parkers Wine Advocat mit 89 Punkten bedacht. Nicht schlecht für einen schlichten Weißwein – aber viel zu gut für einen schlechten Wein. Und nichts anderes hatten wir im Glas. Der Burgáns schrammt über die Zunge und kratzt im Hals. Das sind auch schon seine bemerkenswertesten Eigenschaften. Sonst ist er platt und weniger als gewöhnlich. Am auffälligsten ist sein grässlicher orangener Plastikkorken. Der Schwächling kostet 5,99 € – viel für einen Wein, den man nicht einmal für geschenkt haben will. Nun gut, Albariño ist grundsätzlich kein großer Wein, erreicht aber beispielsweise mit dem Pazo Señorans ein beachtliches Niveau.

Aldi-Weine Zweiter Kandidat: Il Pacchia von der Tenuta Moraia aus dem Jahr 2011. Laut Aldi ein „eleganter Wein“ aus der Toskana. Im Gambero Rosso mit einem Glas von drei möglichen ausgezeichnet, also als „gut“ bewertet. Doch dieser Tropfen ist ebenfalls ein armer Tropf, kaum Bouquet, kein Aroma, flacher als eine Pfütze. Ein Rotwein ohne Eigenschaften. Was sollen wir damit? Für die 5,99 € kaufen wir bei Aldi dann doch besser sechs Packungen Coconut Kisses.

Dritter Versuch: Ein Roter aus der Rebsorte Aglianico von der Cantina di Venosa aus der süditalienischen Region Basilikata, auch für 5,99 €. Der Gambero Rosso zeichnet ihn mit zwei von drei Gläsern aus, mithin einem „sehr gut“. Dem Wein fehlt es an Rückgrat durch ein Tanningerüst. Er wirkt mager und verschließt sich jeglichem Abgang. Der Geschmack nach Pflaume und Zimt sowie etwas Myrte verleiht dem Wein immerhin ein gewisses Maß an Würze und Ausdruck. Leicht gekühlt getrunken, gewinnt er. Insgesamt aber kein Wein, der einer besonderen Würdigung wert wäre.

Aldi-Weine Diese Aldi-Weine werfen einige Fragen auf: Waren sie schlecht gelagert oder kamen sie schon in einem zweifelhaften Zustand nach Deutschland? Alle drei Weine erschienen wie ausgezehrt, wahrscheinlich hätte man sie jung anbieten und trinken sollen. Der Rotwein von der Cantina di Venosa wird auch vom Gambero Rosso 2014 und nicht dem aktuellen 2015 mit zwei Gläsern bedacht. Allen drei Weinen ist zu eigen, dass sie offensichtlich schlecht reifen und schnell verfallen. Im Fachhandel oder in einem seriösen Restaurant wären sie wohl nicht mehr angeboten worden.

 

 

 

Photocredit: Barbara Fienhold 

 

 

 

 

 




Endlich: Ein Weinglas für alle Fälle

So macht trinken

noch mehr Spaß

 

Ein glasklarer Testbericht

 

Der Schrank ist voll mit Gläsern. Für Rotweine, Weißweine und Schaumweine. Bei Spezialisten noch differenzierter für Bordeaux, Burgunder, Rieslinge, Chardonnay, Champagner und und und. Das kostet Geld und macht Arbeit. Jeder Weinfreund und alle Gastronomen träumen von einem Glas, mit dem möglichst viele Weine abgedeckt werden können. Bislang konnten die All in One Gläser nicht überzeugen. Inzwischen wurde jedoch mit dem Gabriel-Glas ein universell einsetzbares Glas entworfen, das den Geschmack der verschiedensten Getränke fördert, optisch ansprechend ausfällt und sehr elegant in der Hand liegt. Das ist kein Zufallsprodukt, sondern entstand aus der Zusammenarbeit von dem Weinexperten und Degustator René Gabriel und dem Glas-Designer Siegfried Seidl. Sie fragten sich: Was wichtiger wäre – ein Schrank voller Gläser oder ein Keller voller Weine? Und geben sich und anderen die Antwort mit dem Gabriel-Glas.

Gabriel Glas

Gabriel Glas

Dieses ingeniöse Weinglas gibt es in zwei Varianten mit identischen Maßen: StandArt, Maschingengeblasen, etwa 150 Gramm und Gold-Edition, Mundgeblasen, ultraleicht, zirka 90 Gramm. Die einfache Ausführung kostet 13,50, die Luxusvariante 27,40 Euro. Geschmacklich fördern beide gleichermaßen den Genuss, doch die Gold-Edition federt derart leicht von der Hand in den Mund, dass es die Trinkfreude noch wesentlich mehr erhöht. Die normale Ausführung ist dafür robuster und kann in der Spülmaschine gereinigt werden, die Gold-Edition ist filigraner und verlangt eher nach manueller Säuberung, wobei sie bislang auch in der Spülmaschine keine Probleme oder gar Bruch verursachte.

Wir haben das Gabriel-Glas für alles nur Denkbare eingesetzt: Die unterschiedlichsten Rotweinsorten, die verschiedensten Weißweine, alle nur möglichen Schaumweine und auch Dessertweine – und nie hat es uns enttäuscht. Auch für Bier, Wasser und Saft ist das Glas gut einsetzbar. Wir haben den Schrank voll mit Gläsern von allen möglichen Herstellern wie Schott-Zwiesel, Spiegelau oder Riedel. Wir werden diese nicht entsorgen, setzen aber insbesondere bei Weinverkostungen und größeren Essen vor allem das Gabriel-Glas ein, weil es optimal einsetzbar ist und man den Tisch klarer bestücken kann. Für die Gastronomie und Caterer, aber auch für private Haushalte spart es Geld, Zeit und Platz und erleichtert das ganze Weinglas-Handling.

Auch bei einer Füllmenge von 0,1l erreicht das Gabriel-Glas eine gute Entfaltung beim Wein. Der Hersteller drückt das sehr schön aus und meint, dass der „Bouquet-Drive“ am Glasbauch die Aromenentfaltung beschleunige. Höhe, Kelchvolumen, dünne Glaswände und andere spitzfindige Ausführungen bieten jungen und gereiften gleichermaßen den richtigen Körper. Spitzenweine bleiben top, doch einfache Weine und mittelbegabte Champagner wie der Moët & Chandon gewinnen sogar noch.

Sommelier Hendrik Thoma

Sommelier Hendrik Thoma

Der Hamburger Top-Sommelier Hendrik Thoma war anfangs auch skeptisch, hat sich aber vom Gabriel-Glas überzeugen lassen und vertreibt es sogar. „Ein Glas für alle Weine habe ich für lange Zeit als reinen Marketinggag abgelehnt. Bis zu dem Tag, an dem ich das Glas meines Schweizer Weinfreundes René Gabriel kennenlernte.“ Hendrik Thoma hat es vielen Tests unterzogen und kommt zu dem Schluss: “Egal ob Champagner, Weiß-, Rot- oder Roséwein. Es wird jedem Anspruch gerecht, sogar dem von Säften à la Von Nahmen und Gegenbauer sowie Spezialbieren wie Indian Pale Ale.“ Hendrik Thoma verwendet das Gabriel-Glas regelmäßig in seiner Video-Show „Wein am Limit“ als bewährtes Universalglas. Trotzdem nutzt er daneben für den persönlichen Genuss und spezielle Weine auch andere Gläser, beispielsweise Zalto von DenkArt oder Riedel Extreme. Toprestaurants wie das Gustav in Frankfurt setzen ausschließlich das Gabriel-Glas ein, das auch bei den Gästen guten Anklang findet.

Ludwig Fienhold

 

Gabriel GlasInfos, Preise, Bestellungen:

Master Sommelier Hendrik Thoma ist Gastgeber und Betreiber des Video-Wein-Blogs und Shops: www.weinamlimit.de Deutschlands bekanntester Wein-Show im Internet. Bei ihm kann man die Gabriel-Gläser auch direkt bestellen.

Bild oben rechts: René Gabriel

 

 

 

 

 

 

 




Holbein´s: Lohninger geht, Großmayer jetzt Küchenchef

Sushi-Meister Kawano Hirofumi bleibt

 

Es war eine Vernunftehe und keine Liebesheirat, jetzt gehen Mario Lohninger und Gregor Meyer wieder getrennte Wege. Gastronom, Feinkosthändler & Caterer Meyer holte den Spitzenkoch Mario Lohninger 2102 als Küchendirektor ins Frankfurter Restaurant Holbein’s im Frankfurter Städel Museum. Lohninger wird sich jetzt wieder stärker in den gleichnamigen Familienbetrieb einbringen, während sein langjähriger Souschef Patrick Großmayer die Leitung im Holbein´s übernimmt. Sushi-Meister Kawano Hirofumi, der ebenfalls schon viele Jahre an der Seite von Lohninger für erstklassige Kreationen sorgte, bleibt dem Holbein´s vorerst erhalten.

Ein frisches gastronomisches Konzept mit neuer Küchen-Crew und anderem Innendesign waren im August 2012 Ausgangspunkt für die Zusammenarbeit von Gregor Meyer und Mario Lohninger. Meyer empfindet die vergangenen drei Jahre „als erfolgreich“. Mehr noch: „Es hat großen Spaß gemacht, wir haben viele neue Stammkunden generiert.“

Mario Lohninger (l.) und Patrick Großmayer

Mario Lohninger (l.) und Patrick Großmayer

Ab Juli wird nun Mario Lohninger seinen Posten an den aktuellen Küchenchef in der Holbein’s-Küche Patrick Großmayer übergeben. Seit mehr als zehn Jahren an Lohningers Seite, will Großmayer die Küche auf dem gewohnten Niveau weiterführen.

Die Ausrichtung und Ansprüche der seit nunmehr 16 Jahren etablierten, gehobenen Küche im Holbein‘s werden sich nach den Worten Gregor Meyers durch die personelle Umstrukturierung nicht verändern.

Bis Juli sowie anlässlich der Monet-Ausstellung zum 200jährigen Jubiläum des Städels wird Mario Lohninger noch einmal einige durchaus typische Gerichte wie Sashimi vom Gelbflossenthunfisch mit Ingwer- Soja-Infusion, Miso-Lachs vom Grill in Orangen-Ingwer-Marinade oder hausgemachte Angel-Hair-Pasta mit Ofentomate, Basilikum und Parmigiano Reggiano zubereiten.

Der neue Küchenchef Patrick Großmayer begann seine Kochlehre im bekannten Restaurant-Hotel Obauer bei Karl und Rudi Obauer in Werfen bei Salzburg und war unter anderem Souschef in Mario Lohningers seligen Toprestaurants Silk und Micro. Ab 1. Juli wird es die erste eigenständige Speisekarte von ihm im Holbein´s geben.

PL

 

Photocredit: Markus Basler, Holbein´s

 

 

 

 

 

 




Knackpunkt Hummer

Ein Menü mit verschiedenen Arten sorgt für Aufklärung

 

Hummer gilt als Symbol der Luxus-Delikatessen und des guten Geschmacks. Dabei war er im heutigen Lobster-Paradies Neuengland bis 1900 ein Arme-Leute-Essen, er wurde Gefangenen aufgetischt und diente Bauern als Düngemittel. Wenngleich sein Ansehen und sein Preis enorm gestiegen sind, macht der Hummer oft Kummer, zeigt sich zäh und zieht sich wie Kautschuk oder wird in Mayonnaise ertränkt.

Im Gegensatz zu Beginn des deutschen Küchenwunders in den siebziger Jahren ist das Krustentier heute gar nicht mehr so oft auf den Speisekarten der Spitzenrestaurants zu finden. Dafür eher Langusten und noch mehr die Roten Riesengarnelen Carabineros, die Aristokraten unter den Gambas. Hummer machen Arbeit, müssen frisch gehalten und vor allem sekundengenau gegart werden. Jeder Koch hat seine ganz eigene Vorstellung, die einen schätzen ihn knackig, die anderen zart, einige auch glasig. Viele kochen nur mit Wasser, andere geben Weißwein, Estragon, Salz oder weißen Pfeffer hinzu. Das Ergebnis muss stimmen. Und es stimmt, wenn der Hummer eine besondere Zartheit mit hauchfeinem Biss hat und ein delikates dezent süßliches und nussiges Aroma mit einem Hauch frischer Meeresbrise aufweist.

Lass knacken im Kronenschlösschen

Lass knacken im Kronenschlösschen

Die beste Zeit für Hummer liegt zwischen April und September. Frischen Hummer erkennt man übrigens an seinem Temperament: Wenn man ihn aus dem Becken nimmt, muss er noch angriffslustig sein und Scheren und Schwanz strecken. Wirkt er apathisch, sollte man die Finger davon lassen. Am verbreitetsten sind die amerikanischen Hummer aus Kanada und den USA, die auch preiswerter sind als die europäischen Verwandten. Die europäischen Krustentiere sind feiner im Geschmack, ihre amerikanischen Kollegen fallen etwas derber aus. Als Spitzenware werden von Köchen Hummer aus Bretagne und der Normandie sowie Irland und Schottland bevorzugt. Wegen der starken Kostenunterschiede ist Etikettenschwindel weit verbreitet, oft wird gewöhnlicher Mainstream als rarer bretonischer Hummer verkauft und serviert.

Jetzt kann man sich selbst ein Bild machen und beim Essen die feinen Unterschiede kennenlernen. Sebastian Lühr vom Kronenschlösschen in Hattenheim im Rheingau serviert am 18. April ein Menü mit vier Hummergängen, wobei die Krustentiere aus unterschiedlichen Fanggründen kommen: Maine USA, Kanada und Irland. Lühr schätzt Hummer wegen seiner Zartheit und der ganz besonderen Konsistenz. Die europäischen Hummer sind ihm eine Spur lieber. Gekocht werden sie bei ihm alle lediglich in Wasser, das nicht einmal Salz enthält. Dafür macht er sich bei der Zubereitung im Nachgang seine Gedanken. Ein Gang wird Hummer asiatisch sein, mit dezent japanischer Note und chinesischem Hummer Dim Sum als Begleitung. Bei einem anderen Gang wird es puristisch zugehen. Sebastian Lühr und seine Hummerknackerbande aus der Küche wollen dabei nicht verraten, wo die Krustentiere herkommen und den Gästen überlassen, ob sie es herausschmecken. Learning by Eating – ein genussvoller Unterricht mit kleiner Warenkunde.

 

 

Hummer

Hummer-Dinner, vier Gänge plus Dessert, 18. April, 19.30 Uhr.

Weinbegleiter Sancerre von der Loire, Chablis/Burgund, Chardonnay/Kalifornien und Grauburgunder/Baden. Einzeltische, keine Moderation. Pauschalpreis für Aperitif, 5-Gänge, Weine, Wasser 165 €. Reservierung notwendig.

Kronenschlösschen

Eltville-Hattenheim, Tel. 06723 640.

www.kronenschloesschen.de