1

Giocanti: Unser Wein des Monats

Sterne zum Trinken

Wollust aus dem Roussillion

 

Ein Chanson in Flaschen gefüllt: Der Wein von Giocanti klingt aus jedem Glas mit heiterer Melancholie, gleitet sinnlich über die Zunge, um dann mit langem orphischen Nachhall im Schlund unterzutauchen. Schwarzer Trüffel ist dabei sein leidenschaftlicher Begleiter, wobei der üppige Duft durch mineralische Noten und kühlen Schiefer so frisch und saftig aufbereitet wird, dass man mit jedem Glas Lust auf das nächste bekommt.

Die Grande Cuvée Vieilles Vignes entsteht aus der Verbindung von Carignan, Syrah, Cabernet Sauvignon und Grenache und basiert auf Reben, die zwischen 100 und 120 Jahre alt und wurzelecht sind. So etwas Großartiges kommt aus dem kleinen 1000-Einwohner-Dorf  Latour-de-France im südfranzösischen Roussillion. In diesem mehr schlaftrunkenen als süffeligen Örtchen am Fuße der Pyrenäen wachsen seit Menschengedenken nichts anderes als Wein und Oliven. Aber noch immer nicht organisiert und auf Perfektion getrimmt. Auch die Rebzeilen von Giocanti stehen nach wie vor etwas undiszipliniert im Weinberg.

Pierre Paul Giocanti

Pierre Paul Giocanti

Hinter diesem in der Wirkung großen und im Auftritt so bescheidenen Meisterwerk steht der wurzelechte, auffällig sympathische und ohne jegliche Wichtigtuerei wie sein Wein auskommende Pierre Paul Giocanti. Zum Glück wollte er vor gut zehn Jahren nicht länger Physiklehrer sein und widmete sich zunächst im Nebenerwerb der Weinerzeugung. Dies war indes kein Zufall, denn er half schon als Kind im Weinberg. 2004 war Giocantis erster Jahrgang, mit dem inzwischen hervorragend entwickelten 2007 schaffte er endgültig auf sich aufmerksam zu machen. Der Jahrgang 2009 ist ebenfalls perfekt geraten und wird mit seiner leicht rauherzigen Schale und dem wollüstigen Charakter vor allem Kenner ansprechen, 2010 fällt geschmeidiger aus und zeigt sich besonders für Einsteiger als geeignet. Auch der hundertprozentige Carignan von Giocanti ist ergreifend gut, vor allem der aus dem Jahr 2010 mit seinem wildbeerigen, trüffeligen und aphrodisischen Odeur. Alle Giocanti-Weine haben Ecken und Kanten, offenbaren dichte Frucht und sind von eleganter Vitalität. So konzentriert und aromatisch sie aber ausfallen, erscheinen sie nie fett und überzüchtet, was auch dem Terroir zu verdanken ist, da die Schieferböden eine kühle Stilistik einbringen. Zu Giocanti-Rotweinen passt Ochsenschwanz in Trüffeljus perfekt, aber auch ein Grillsteak.

Ausgebaut wird der Wein moderat und unaufdringlich im kleinen 240 Liter-Barrique mit 40 Prozent neuem Holz. Weitere Qualitätsmerkmale: Konsequent biologische Arbeit, Handlese, keine Filtration, unter Schwerkraft abgefüllt, niedriger Ertrag zwischen 15 und 18 Hektoliter pro Hektar. Pierre Paul Giocanti, dessen Vorfahren aus Korsika stammen, begann sehr bescheiden auf drei Hektar. Er werkelte in seinem kleinen Haus in der Garage, ein paar Fässer und ein Kunststofftank waren die ersten Begleiter. Heute bewirtschaftet Giocanti 10 Hektar, aber die klimatisierte Garage dient der überschaubaren Menge immer noch als Lagerplatz für die Fässer. Es ist keine Legende, sondern bitter-lustige Wahrheit, dass die ersten Abfüllungen in Literflaschen und Bag-in-Boxen aus Wellpappe auf dem Wochenmarkt zu finden waren. Dort aber wurden einige Fachtrinker auf die gute Qualität aufmerksam, darunter auch Eric Wilt, einst Sommelier und inzwischen Weinhändler. Er erkannte schon damals, was wir heute empfinden: Ein Leben ohne diesen Wein ist ein Irrtum.

Ludwig Fienhold

 

Vertrieben wird Giocanti exklusiv von Eric Wilt, der unter anderem zuvor als Sommelier bei Erno´s Bistro in Frankfurt arbeitete und jetzt im Elsass Weinhandel betreibt: Vins Diffusion, Eric Wilt, Tel. 0033 (0) 3 88 87 78 33. Fax 0033 (0) 3 88 87 78 34. Mobil 0178 35 55 154. E-Mail eric.wilt@cegetel.net

Die Flaschen von Giocanti kosten im Handel zwischen 19 und 28 €, in Restaurants 50 bis 60 €, glasweise zirka 8,50 €. Den Wein gibt es nicht an jeder Ecke und schon gar nicht in vielen Restaurants, beispielsweise in Frankfurt aber in der Emma Metzler, dem Allgaier´s, Erno´s Bistro und dem Egenolff.

 

 

 

 

 

 

 




Die großen kulinarischen Dummheiten

Fatal banal und mit

haftender Beschränkung

 

Dass Trüffel-Öl in keine gute Küche und Natrium-Glutamat als Geschmacksverstärker in kein Essen gehört, hat sich inzwischen weit mehr bei Gästen und Verbrauchern als Köchen und Lebensmittelhändlern herumgesprochen. Fatal aber, wenn ausgerechnet ein Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) sich als realitätsfern zeigt, wenn er meint, dass der Kennzeichnungspflicht von Zusatzstoffen in der Gastronomie überall ausreichend nachgegangen würde. Als geistig völlig abwesend ist darüber hinaus die Einschätzung von eben diesem Sebastian Maier zu bewerten, dass im Zweifelsfall der Gast den Service nach etwaigen Zusatzstoffen fragen könnte.

Wir stellen uns das so vor:

Gast: Ist im Gulasch nur Paprika oder auch Natrium-Glutamat E621?

Service: Da muss ich mal in der Küche nachfragen.

Fünfzehn Minuten später, Service: Der Chef meint, nein.

Gast: Benutzen Sie für Ihre Saucen als Verdickungsmittel Xanthin E415?

Service: Da muss ich den Chef fragen.

Zwanzig Minuten später, Service: Die Küche hat überall danach gesucht, aber nichts gefunden.

Gast: Nutzen Sie gentechnisch veränderte Lebensmittel?

Service: Darüber hat sich noch niemand unserer Gäste beschwert.

Gast: Können Sie mir sagen, ob irgendwo bei ihren Speisen Sorbit, Mannit, Isomalt, Maltit, Lactit und Xylit verwendet wird?

Service: Da müssen wir erst unseren Arzt und Apotheker fragen.

Gast: Ich glaube, ich nehme Ihre frischen Waldpilze.

Service: Gute Wahl, die sind völlig glutenfrei und enthalten lediglich etwas Lysergsäurediethylamid, damit Sie am Ende über die Rechnung lachen können.

 

ChemikerEs gibt Additive, die in den Händen von Chemikern vielleicht keinen großen Schaden anrichten, wohl aber bei Köchen, die deren Wirkung überhaupt nicht einschätzen können. Über diese Additive weiß auch kein Service Bescheid und würde solche Details zudem nie am Tisch mit Gästen besprechen wollen. Obwohl die Molekularküche sich längst in ihre Moleküle aufgelöst hat, geistern noch immer viele Additive aus dieser Ära in der Gastronomie umher. Als Gast möchten wir darüber informiert werden und vor allem selbst entscheiden, ob uns das eine oder andere gut tut oder nicht. Gerade in der Spitzengastronomie sollte zwingend Klarheit herrschen, da man sich dort besonders auf erstklassige und einwandfreie Produkte beruft, die bei Gästen großes Vertrauen schaffen. Japanische Lokale mit höchst riskantem und nicht selten tödlichem Fugu-Fisch erscheinen inzwischen einfacher einzuschätzen als eine zu harten Zusatzstoffen neigende deutsche Gastronomie.

Auch an manchen Erkenntnissen erkennt man die Ahnungslosigkeit. Von einem der letzten Molekulariker heißt es allen Ernstes – Heston Blumenthal habe herausgefunden, dass der Kern einer Tomate intensiver im Geschmack sei als die Schale. Ja, klar, und nach langjährigen wissenschaftlichen Untersuchungen hat das Ministerium für besondere Gangarten herausgefunden, dass Antilopen schneller sind als Pinguine. Noch klarer: Die Nahrungsmittelindustrie arbeitet stark mit Köchen zusammen, bemüht sich aber ebenso um die Gunst von Journalisten und Kritikern. Diese Klettverschlüsse sind längst zu Ketten geworden.

Mit Ameisen Staat machen: René Redzepi tischt das seinen Gästen auf

Mit Ameisen Staat machen: René Redzepi tischt das seinen Gästen auf

Absurd ist das Bemühen einiger englischer und dänischer Köche, uns Insekten auftischen zu wollen. Auch hier stellt sich die Frage, warum man uns derartig Bizarres zumuten will, das mit unserer Kultur und unserem Geschmack nicht vereinbar ist. Es mag einige Gründe dafür geben: Die Einnahme halluzinogener Mittel oder die Einnahme von Zahlungsmitteln? Mitunter gehört ja beides zusammen. Pfannkuchen aus Wachsmottenlarven und Panna cotta mit Bienen-Drohnenlarven hält die Köchin Julien Aguirre aus London für lecker. Aguirre, der Zorn Gottes – auf uns Gäste. Überall versucht man Krabbeltierchen jeder Art aus den Küchen fern zu halten, während einige findige Köche diese auf ihre Weise recyceln. Auch in Dänemark gefallen einigen Köchen derartige Appetitzügler. René Redzepi, den tatsächlich nicht wenige für einen großen Koch halten, serviert seinen Gästen Ameisen und manch anderes, was eher in den Topf des TV-Dschungelcamps passt.

Das Fernsehen sucht überall nach Ekelhaftem, je näher beim Frühstück oder Abendessen, desto unerschrockener. Schwer Gestörte gehören längst zum Normalbild eines Fernsehzuschauers, leider auch bei sämtlichen Kochshows, deren krankhafter Höhepunkt inzwischen mit dem Format „Taste“ erreicht wurde.

In Frankreich können Politiker sehr kindisch sein

In Frankreich können Politiker sehr kindisch sein

Essen wie Gott in Frankreich war einmal. Vor allem Paris ist längst von allen guten Geistern verlassen. Dort, wo trunkene Touristen nach dem Savoir Vivre lechzen, sind die Preise weit höher als die Qualität. Doch die Diskreditierung der Haute Cuisine kommt von ganz oben. Keine Politik der Welt wird dadurch besser, dass man sich offiziell von kulinarischem Luxus abwendet, obwohl man alle nur möglichen sonstigen luxuriösen Privilegien genießt. Das langweiligste Staatsoberhaupt Europas, der französische Präsident Francois Hollande, hat Hummer, Kaviar und Trüffel von der Palastspeisekarte verbannt. Bernard Vausion, der 39 Jahre lang Koch im Elysee-Palast war, empfindet solche Entscheidungen als „unpatriotisch“, da gerade solche zu den heimischen Produkten gehören. Schlimmer als der Sozialist Hollande war aber der gaullistische Vorgänger Nicolas Sarcozy, bei dem Wein und Käse gestrichen wurden – und damit gleich zwei Nationalheiligtümer Frankreichs.

In Deutschland glauben Politiker ja bereits im Küchenolymp zu sein, wenn sie bei Borchard in Berlin ein mediokres Schnitzel essen. Hierzulande sind fast alle Politiker fatal banal und bekennen sich zur „Bodenständigkeit“, als ob dies schon ausreichend seriös erscheinen mag. Dass Politik und Steuergesetze ein einziger Raubzug sind und viele Menschen in wirklich armseliges Essen treibt, steht aber auf dem gleichen Blatt.

Die Ärgernisse in der Gastronomie sind jedoch auch an weniger wichtigen Offenbarungseiden auszumachen. Wer in Deutschland Neuseelandhirsch auf die Speisekarte setzt und keine besseren Alternativen vor der Tür sieht, muss auf der falschen Fährte sein und setzt sich Hörner auf. Niemand kommt freiwildlich auf solche abwegige Ideen und hat sich wahrscheinlich durch nervige Marketingler und andere „Werbemittel“ dazu überreden lassen. Blattschuss.

Immer noch bleiben schwächliche Produkte eine Zumutung, etwa der tiefgekühlte und geschmacksarme Pangasius, der oft aus viel Wasser und nur zu 60% aus Fisch besteht. Aber auch ein nur sogenanntes Edelprodukt wie der Hummer, den es bei uns nicht frisch und obendrein selten als gut zubereitetes Gericht gibt, bereitet selten Freude.  Teller, die mit geschmacklich völlig überflüssigen Tupfen, Strichen und Mosaiken übersät sind und nicht einmal dekorativ aussehen, haben wir ebenso satt, wie jeden kulinarischen Krimskrams, der sich Tapa nennt, und jeden dünn geschnittenen Flachsinn, der auf den Namen Carpaccio hört. Bevor wir so etwas erleben, rollen wir lieber den Käse zum Bahnhof.

Ludwig Fienhold

 

 

 




Udo Lindenberg: Vom Liftboy zum Rocker

Der Musiker begann im Hotel

Breidenbacher Hof

in Düsseldorf

 

Wenn Udo Lindenberg in Düsseldorf Konzerte gibt, wie kürzlich, dann wohnt er im Breidenbacher Hof. Und das hat seinen guten Grund: Der Panikrocker begann dort im zarten Alter von 16 Jahren als Liftboy: „Das war mein erstes Fenster in die große weite Welt, Düsseldorf war damals Mekka und Medina des deutschen Wirtschaftswunders, und der Breidenbacher Hof sein Tempel.“ Im Grunde sah klein Udo in der schicken glitzernden Pagenuniform schon ein wenig wie ein Popstar aus. Anfangs störte ihn auch nicht, dass er silberne Aschenbecher und goldene Kronleuchter putzen und polieren musste. Doch schon bald verlor er das Interesse und bot mit voller Absicht einen Kündigungsgrund: Er ließ kurzerhand eine Reihe mundgeblasener Kristallgläser vom Tablett rutschen.

Udo Lindenberg mit Hoteldirektor Cyrus Heydarian und Pagenköpfen

Udo Lindenberg mit Hoteldirektor Cyrus Heydarian und Pagenköpfen

Udo Lindenberg wollte berühmt werden und eines Tages in der Präsidentensuite logieren und Champagner trinken und Kaviar löffeln. 1975 steht er dann auch mit seinem Panikorchester an der Rezeption des Breidenbacher Hofs und verlangt nach der Präsidentensuite. Man verwehrt ihm diese, denn ehemalige Angestellte haben kein Recht auf Logis, schon gar nicht in Lack und Leder gekleidete. Fortan ist der ihn verbannende Breidenbacher Hof für Udo Lindenberg eine „Plunder- und Plüschherberge aus marmoriertem Gips und gezinktem Gold“.  Inzwischen ist der Musiker längst ein gern gesehener Stammgast geworden, der stets in der Präsidentensuite wohnt, für 9000 Euro die Nacht. Hoteldirektor Cyrus Heydarian freut sich regelrecht Lindenberg als Gast zu haben, auch wenn das mit viel Trubel verbunden ist. Udo Lindenberg schätzt am Breidenbacher Hof die imposante und dennoch amüsante Atmosphäre, den herzlichen Service, das gute Essen und die erstklassige Champagner- und Weinauswahl. Und die Zigarren-Lounge – den letzten Raucherschutzbereich in ganz Düsseldorf.

 

Photocredit: Breidenbacher Hof

 




Der neue Trend: Hybrid Food

Christian Senff will

Zwitter-Snacks auch in

Deutschland beliebt machen

 

Am Anfang war der Cronut, eine Mischung aus Croissant und Donut. Den New Yorker Bäcker Dominique Ansel machte dieser Zwitter über Nacht reich und berühmt. Dann kam der Cragel, außen Bagel, innen Croissant. Auch Scott Rossillo profitiert prächtig von seiner Idee. Inzwischen gibt es aber nicht nur süßes Hybrid Food, sondern auch salzige Gerichte. Zentrum der neuen Kreativbewegung ist der Brooklyn Food Market „Smorgasburg“.  Samstags in Williamsburg am East River State Park, sonntags an der  Brooklyn Bridge Park Pier 5, jeweils zwischen 11 und 18 Uhr. Über 100 Köche und Händler bieten ihre kulinarischen Kapriolen an, darunter viele originelle Typen mit schrägen Ideen. Die meisten sind keine Profis und haben vor allem sichtbar Spaß. Das Gewirr aus Zelten und Ständen gilt als Woodstock der Foodies.

Ramen Burger

Ramen Burger

Besonders erfolgreich ist der Ramen Burger von Keizo Shimamoto, der nur auf den ersten Blick herkömmlich aussieht, dessen Deckel aber aus gebratenen knusprigen Nudeln bestehen (japanisch Ramen). Der junge Keizo will mit seinem Spezial-Burger, den er mit Sojasauce serviert, auch in Los Angeles und Honolulu den Markt erobern. Gekreuzt werden jetzt auch Hamburger & Pizza und Cheeesburger & Pizza, die Sushirritos hingegen gibt es schon seit vier Jahren in San Francisco. Wie bei allen Trends, wird auch dieser wieder sehr viel Überflüssiges anschwemmen, aber es ist stellenweise ganz amüsant, was sich kreative Köpfe so ausdenken. Ob man so etwas wie Spaghetti Tacos und Bronuts aus Bacon und Doughnut braucht? Bevor man es verdammt, sollte man es zumindest mal probiert haben. Die jungen wilden Hybrid-Köche nehmen sich nicht allzu ernst und wollen sich und andere einfach mit neuen und ungewöhnlichen Kombinationen erfreuen.  Die Zwitter-Snacks sind nur ein Teil der neuen Bewegung, das New Yorker Kulturengemisch bringt auch Ethno Food hervor, bei dem traditionelle Gerichte neu interpretiert oder eben gekreuzt werden. Die Happy-Go-Lucky-Köche werden noch munter weiter mischen, wobei man hoffen kann, dass zumindest jedes zehnte Gemengsel ein Treffer ist.  In Deutschland ist der Zwitter-Trend noch nicht angekommen. Aber es wird vielleicht nicht lange dauern, bis ein Gericht Conchita Wurst heißt.

Bullita

Bullita

Christian Senff würde gerne einen Food Market wie in New York in Frankfurt aufziehen. Er hat ihn sich angeschaut und war von den Ideen überrascht bis begeistert. Beim Fernsehdreh für die Sendung Galileo präsentierte er auf dem Markt in der Schillerstraße seine Ideen: Croliner, eine Melange aus Berliner und Croissant. Und Bullita, eine Bulette im Pita-Teig. Die üblichen Märkte sind Senff zu konventionell. „Wie beim Markt in Brooklyn sollten sich auch bei uns junge Talente präsentieren können.“ Christian Senff sucht noch Partner mit denen er einen Food Markt in Frankfurt aufziehen möchte. Straßenmärkte sind ja derzeit jede Menge in der Stadt zu finden, doch geht es dort zwar lustig, aber nicht gerade phantasievoll zu. Mehr als nur Grillwürstchen wäre jedenfalls ganz nett.

Christian Senff, der manch eigenes produziert und selbstredend auch Senf herstellt, hat 14 Jahre in vielen Spitzenrestaurants gearbeitet. Der junge Küchen Hans Dampf war unter anderem im Schwarzen Hahn in Deidesheim, der Villa Hammerschmiede in Karlsruhe und dem La Vision in Köln. Bei Kolja Kleeberg war er als Chef Tournant im Vau in Berlin tätig, danach zog es ihn zu Christian Bau ins Victors nach Perl-Nennig. Im kulinarisch sehr ambitionierten Bel Etage im Hotel Villa Vita Rosenpark Marburg arbeitete Senff neben Bernd Siener als Souschef. Inzwischen ist er wieder freier Koch und explodiert vor Ideen.

Food Market Williamsburg

Food Market Williamsburg

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 




Endlich gute spanische Weine

Restaurant Asador el Toro

Küchenparty Deluxe

 

 

Es gibt in Deutschland kaum bemerkenswerte spanische Lokale. Was immer noch überrascht, weil ja gerade Spanien der Deutschen liebstes Reiseziel ist. Und nicht nur das der Ballermänner, sondern auch anspruchsvoller Gäste. In der Rhein-Main-Region findet man einige ordentliche Tapas-Bars, aber nicht eine einzige Adresse mit sehr guten spanischen Weinen. Im Asador el Toro möchte man aber allein schon wegen der ausgezeichneten Weine Einkehr halten. Jetzt macht das Lokal mit einer Küchenparty Deluxe zum dreijährigen Bestehen besonders Lust auf einen Besuch.

Asador el Toro Budenheim sieht so aus, wie es heißt. In dieser hingewürfelten Ortschaft existiert jedoch ein Lichtblick: Asador el Toro. Das Lokal war mal ein Grieche, war auch etliche Male irgendetwas, das niemand außerhalb von einem Kilometer interessiert hat. Seit drei Jahren ist dort der Weinhändler und Gastronom Klaus Staaden Herr im Haus. Er hat aus der einstigen Kneipe etwas Ungewöhnliches gemacht, das Lokal und seine große Terrasse siedeln sich zwar absichtlich eher im Understatement-Bereich an, doch die Weinkarte ist herrlich unbescheiden. So viele gute spanische Tropfen wird man lange in einem Lokal in Deutschland suchen müssen. Über 250 Namen sind gelistet, viel Klassik darunter, aber auch Avantgarde und schöne Entdeckungen. Und kaum etwas für Etikettentrinker. Bereits mit dem Cava Sumarroca erlebt man zum Einstieg ein enormes und preiswertes Vergnügen. Pazo de Señorans aus dem Weißweinparadies Rías Baixas wiederum belegt wie frisch, mineralisch und mittelmeerduftig ein Albariño sein kann. Was aus der autochtonen Rebsorte Verdejo werden kann, zeigt exemplarisch das Weingut José Pariente aus Rueda. So präzise in der Frucht, so feingliedrig schwenkend zwischen Zitrus, Pfirsich und Kräutern, und so belebend im Trinkfluss gibt es nur wenige Weine dieser Spezies. Je wärmer es wird, desto besser schmeckt dieser Wein. Dies gilt auch für den Sauvignon Blanc von José Pariente, der den Sommer perfekt einfängt und neben exotischen Früchten frisch gemähtes Gras ins Glas bringt.  Benjamin Romeo gehört zur Avantgarde der spanischen Winzer und vitalisiert die sehr traditionelle Region Rioja. Seine Rotweine machen durchweg Spaß, weil sie sehr überzeugend auf dem Boden der Klassik die Finessen der Moderne einbringen. Von seinem Weinen lässt sich nur schwärmen, im Restaurant Asador el Toro gibt es verschiedene Offerten, von leicht bezahlbar bis gerne bezahlbar, aber allesamt fair kalkuliert. Auf der Liste der Muss-ich-haben-Flaschen ganz oben stehen auch die Erzeugnisse der Bodegas Mauro San Roman, köstliche, sinnliche und wildbeerige Weine aus der Region Toro.

Klaus Staaden

Klaus Staaden

Man kann das Lokal Asador El Toro als allerfeinste Trinkhalle nutzen. Oder nur den ausgezeichneten Iberico-Schinken nebst Chorizo genießen, zu denen der Sauvignon Blanc von José Pariente wunderbar passt. Aber es gibt noch anderes. Gegrillten Pulpo und Wachtelbrust beispielsweise (beides gut) und vor allem das Fleisch mit dem Zungenbrecher-Namen Txogitxu (sprich: Tschojitschu) aus dem baskischen San Sebastian. Dieses wird von einigen fachlichen Fleischbeschauern aus Presse und Handwerk als herausragend gefeiert, wobei der Titel „Bestes Fleisch der Welt“ als marktschreierisch übertrieben gelten muss, wie alle anderen Superlative auch. Das Fleisch aus der gleichnamigen Metzgerei stammt im Grunde von alten Kühen, die bis zu 18 Jahre alt sind. Im rohen Zustand sieht das Fleisch etwas grau und fett aus und ist den meisten Deutschen wohl kein Augenschmaus. Aber es vermittelt viel vom Urzustand des Fleisches und verheißt back to the roots. Im Asador El Toro gibt es große Kottelets vom Holzkohlegrill, Chuletons/Txuletons genannt, für zwei und mehr Personen. Aber auch Filet, Entrecote und Roastbeef. Das Entrecote überzeugt uns nicht, man muss einfach den vollen Geschmack und das große Kottelet wählen, 600 – 1200 Gramm für 2 Personen. Oder das Chuleton Lomo alta, dry aged, die mindestens drei Wochen am Knochen gereifte Hohe Rippe (800 Gramm für Zwei, 28 € pro Person).

Asador el Toro - 16Das Asador El Toro macht nicht viel von sich reden, Betreiber Klaus Staaden ist alles andere als ein Kommunikationskünstler. Eine gute Gelegenheit ihn, sein Restaurant und seine Weine kennenzulernen bietet die kommende Küchenparty Deluxe am 20. Juli, für die ab sofort Karten gekauft werden können (169 € für Essen und alle Getränke).  Mit dabei sind Gerd Eis, der ehemalige Küchenchef der Ente in Wiesbaden, und Top-Sommelier Kai Schattner, der ebenfalls in der Ente arbeitete und jetzt selbständig als Berater und Händler tätig ist. Außerdem Sherry Master Jan Buhrmann und Stefan Dorst von der Bodega Venta d’Aubert. Neben dem Txogitxu-Fleisch gibt es Schinken und Wurstwaren von 5J (Cinco Jota) sowie Produkte vom Frankfurter Frischeparadies. Es kommt viel Gutes auf den Grill, darunter ein 8-Kilo-Steinbutt aus dem Wildfang. Zu trinken gibt es natürlich spanische Weine, auch Raritäten und Großflaschen sollen flüssig eingesetzt werden.

Reservierungen und Informationen unter: Tel 06139 2931814. Asador el Toro, Budenheim, Mainzer Landstr. 140, Geöffnet: Mo-So ab 18:00 Uhr. Da man die Weine guten Gewissens probieren will, sollte man auf das eigene Auto verzichten. Es wird vom Veranstalter in jedem Fall ein Shuttle-Service nach Budenheim und retour eingesetzt, vermutlich vom Frischeparadies aus.

 

LF

Bild oben rechts: Wachtel auf Schiefer

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 




Hirschkäfer sind keine Delikatesse mehr

Im Großstadtdschungel

 

 

Was macht ein Hirschkäfer in der Stadt? Vor allem Arbeit. Eigentlich hatte der Hirschkäfer am Frankfurter Römerberg vor dem Eingang Hausnummer 8 nichts zu suchen, denn sein Biotop sind Laubwälder und nicht Betonpfeiler. Deshalb blickte er sich auch traurig um, als er weder Blätter noch morsche Baumstümpfe ausfindig machen konnte. Stattdessen nur schreiendfarbige Wimpel und Touristennippes vom Andenkenlädchen, selbst das Goetheporträt in der benachbarten Galerie brachte ihm keine Inspiration. Jedenfalls machte der Hirschkäfer einen hilflosen Eindruck und bewegte sich nur sehr vorsichtig zentimeterweise in alle Richtungen. Ohne fremde Hilfe, so war schnell klar, würde der Hirschkäfer seinem Schicksal ausgesetzt sein. Wen aber anrufen? Naheliegend war im Grunde das Amt für Umweltschutz, Landwirtschaft und Forsten. Die Dame an der Zentrale wunderte sich nur und meinte abweisend: „ Wir sind doch nicht dafür da, um Käfer einzusammeln.“ Sie wusste offenbar nicht, dass ein Hirschkäfer kein gewöhnliches Krabbeltier oder gar Ungeziefer ist. Also musste ihr klar gemacht werden, dass der Hirschkäfer ein eher seltenes Exemplar ist, zu den gefährdeten Käfern gehört, unter Naturschutz steht, 2012 schließlich zum „Insekt des Jahres“ gekürt und sogar von der Deutschen Bundespost auf einer Briefmarke verewigt wurde. Zudem wird im Internet von Naturschützern darauf hingewiesen, dass man auf die Standorte von Hirschkäfern aufmerksam machen sollte, vor allem, wenn sie in ungewohnter Umgebung gesichtet werden.

Schließlich zog die Mitarbeiterin ihren Stachel ein und gab an einen Mitarbeiter weiter, der „damit vielleicht etwas anfangen kann“. Dieser zeigte sich zunächst auch verständig, verwies aber gleich auf die Feuerwehr und deren Abteilung „Tierrettung“. Wenn ein Bürger aber bei der Feuerwehr anruft und um die Rettung eines Hirschkäfers bittet, wird diese wohl eher glauben, dass ihm alle Sicherungen durchgebrannt sind, was mit keiner Löschaktion behoben werden kann. Katzen holt die Feuerwehr schon von den Bäumen, auch Hunde werden aus Kanalschächten befreit, doch Hirschkäfer müssen sich diskriminiert sehen. Und außerdem: Womöglich muss der Anrufer auch noch den Einsatz der Feuerwehr bezahlen, denn das „Umsetzen von Insekten“ ist gebührenpflichtig und schlägt mit 143,16 € zu Buche. Die Arbeitsstunde eines Feuerwehrmanns kostet je nach Dienstgrad zwischen 38,86 und 65,45 €. Wenngleich er gefährlich über einer großen Pfütze saß, hätten zum Glück keine Taucher zur Rettung des Hirschkäfers gerufen werden müssen, deren Einsatz noch teurer ist. Vielleicht wäre die Hirschkäfer-Aktion aber auch als Fehlalarm eingestuft worden, was mit über  812,95 € in Rechnung gestellt werden würde.

HirschkäferDer Mitarbeiter vom Amt für Umweltschutz, Landwirtschaft und Forsten versuchte beruhigend auf den Anrufer einzugehen. So, wie man das bei Menschen macht, von denen eine gewisse Gefahr ausgeht, sollte man sie nicht für ernst nehmen oder gar offenkundig als verrückt erklären. Also versprach er, sich höchst selbst mit der Feuerwehr in Verbindung zu setzen und ließ den Anrufer in dem Glauben, dass nun endlich dem Hirschkäfer geholfen werden könne. Trotz genauer Beschreibung des Hirschkäfer-Standorts und der Hinterlegung der Telefonnummern für Rückfragen geschah die darauffolgenden Stunden nichts. Bei Fledermäusen, Eidechsen und Kröten wäre  das vielleicht anders verlaufen, aber Hirschkäfer haben keine Lobby. Unser stattliches männliches Exemplar war knapp acht Zentimeter lang. Im Grunde können Hirschkäfer ein wenig fliegen, vor allem zwischen Ende Mai und Juli, doch dieser schwere Brocken wollte oder konnte nicht abheben und schien sich nur darüber zu wundern, wie er in diese missliebige Situation geraten war. Ein Fensterputzer aus Portugal beobachtete interessiert das Geschehen und meinte, dass man in seiner Heimat aus den „Geweihen“ der männlichen Hirschkäfer Amulette machen würde. Zudem hätten früher die Larven in manchen Ländern als Delikatesse gegolten. Spätestens jetzt musste schnell gehandelt werden, blieb kaum etwas anderes übrig, als die Sache beziehungsweise den Hirschkäfer selbst in die Hand zu nehmen. Vorsichtig wurde das Tier von der Wand in ein luftiges Kästchen verfrachtet und zu einem besonders schönen Platz für Kleinlebewesen und Frankfurter gebracht: Dem Nizza-Garten, der reich an saftigen Blättern und leicht morschen Baumstämmen ist. Durch diese „Auswilderung“ ist der Garten nun um eine Gattung reicher. Möge der Hirschkäfer unter Palmen, Zitronenbäumen und Zedern glücklich werden und vielleicht doch noch Kraft finden für einen Flug zu einem Weibchen, das irgendwo auf ihn wartet.

„Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt“.

Franz Kafka „Die Verwandlung“




Bester Barkeeper Deutschlands: Maxim Kilian

Bartender vom Frankfurter Parlour gewinnt

und darf ins Finale zum Weltmeister einziehen

 

Maxim Kilian aus Frankfurt konnte sich erfolgreich gegen die besten Bartender aus Deutschland behaupten und die Jury von sich überzeugen. Er darf sich von nun an World Class Bartender 2014 nennen. Vom 27. bis 31. Juli reist Maxim Kilian zum Diageo Reserve World Class Global Final nach London und wird dort mit Kollegen aus über 40 Ländern um den Titel des Weltmeisters kämpfen. BISS gratuliert: Für uns ist das Parlour die beste Bar in Frankfurt und eine der besten in Deutschland.

Gegen 19 Bartender aus Deutschland und Österreich konnten sich Maxim Kilian, The Palour (Frankfurt am Main) für Deutschland und Reinhard Pohorec, Spirits Journey (Wien) für Österreich nach zwei anstrengenden Tagen erfolgreich durchsetzen. In drei Runden bewerteten Experten aus der Gastronomie und Barszene die Teilnehmer und urteilten über Kreativität, Geschick und Gastgeberqualitäten: Darunter Nelson Müller (Sternekoch) und Bartender-Ikone Charles Schumann, sowie der internationale Starbartender Alex Kratena (London), dessen Bar zwei Jahre in Folge zur Besten der Welt gekürt wurde. Begeistert von dem Ideenreichtum und dem fachlichen Geschick der Teilnehmer waren sie für zwei Tage das Zünglein an der Waage.

Exzellentes Produktwissen, köstliche Drinks sowie Perfektion in Technik und Performance – das sind die unverzichtbaren Grundvoraussetzungen für einen World Class Bartender. Maxim lieferte der Jury zufolge eine überragende Vorstellung bei allen drei Herausforderungen ab.

Die Platzierungen im Überblick

Deutschland

1. Platz: Maxim Kilian, The Palour (Frankfurt am Main)

2. Platz: André Pintz, Steigenberger Hotel (Leipzig)

3. Platz: Tim Anders, Limonadier (Berlin)

Österreich

1. Platz: Reinhard Pohorec, Spirits Journey (Wien)

2. Platz: Philipp M. Ernst, Bar 67 (Ischgl)

3. Platz: Siegrid Ehm, Hammond Bar (Wien)

Die Jury

Nelson Müller, Sternekoch in Essen

Charles Schumann, Bartender-Ikone aus München

Klaus St. Rainer, Goldene Bar (München)

Markus Blattner, Old Crow (Zürich)

Alex Kratena, Artesian Bar des Langham Hotel (London)

Dr. Philip Cassier, Journalist und Thedor-Wolff-Preisträger

 

 

 




Übel-Täter:
50 Best
Restaurants der Welt

Nebulöses Urteil ist mit Vorsicht zu genießen

 

Cuisine malade oder

Wenn Essen krank macht

 

Die vom britischen „Restaurant Magazine“ publizierte und durch San Pellegrino gesponserte Liste „50 Best“ kommt immer mehr ins Gerede. Für viele ist das Zustandekommen der Hitliste mit den angeblich besten Köchen der Welt zu undurchsichtig, auch jetzt wieder nach der gerade veröffentlichten neuen Liste. Der in Frankreich lebende deutsche Journalist Jörg Zipprick wurde jetzt dazu vom „Figaro“ in Paris interviewt und erklärte, dass selbst die Wahlen in der ehemaligen DDR transparenter waren. Bemerkenswert, dass unter den ersten 10 „Best“ kein einziges deutsches Restaurant zu finden ist, aber gleich zwei , die ihre Gäste mit Essen abspeisten, von dem ihnen übel wurde: René Redzepis Noma in Kopenhagen und Heston Blumenthal in London, wobei Blumenthal gleich zweimal zu Brechdurchfall verhalf.  Nach einem Besuch im Noma wurden Ende des letzten Jahres 63 Gäste krank, bei Blumenthal waren es gleich 400.  Die Lokale wurden kurz geschlossen, man entschuldigte sich bei den Gästen. Und sonst passierte nichts. Wie würde es wohl einer Pizzeria ergehen, bei denen so viele Gäste durch Essen und bedenkliche hygienische Mängel malträtiert worden wären?

Wie aus internen Kreisen von „50 Best“ zu hören ist, soll es hinter den Kulissen gewaltig knirschen. Offenbar ist man dabei einige Jury-Mitglieder abzusetzen. Ob es hilft, wenn nur einige Köpfe ausgewechselt werden? Wir bleiben weiter sehr skeptisch und veröffentlichen erneut zwei ältere BISS-Artikel zum Thema, die immer noch ihre Gültigkeit haben.

LF

 

Besoffene Köche, gierige Kritiker

 

Die Gastro-Oligarchie der

50 Best Restaurant-Ranglisten

 

Von Jörg Zipprick

Die Liste der 50 Best Restaurants  ist uns nicht wichtig genug, um sie hier zu diskutieren. Wichtig sind uns jedoch die Netzwerke dahinter. Über solche Bestenlisten lässt sich trefflich debattieren: Ist das Atelier von Joel Robuchon wirklich das beste Lokal Frankreichs? Gibt es wirklich nur zwei Köche aus Deutschland die „ranglistentauglich“ sind? Gibt es so etwas wie einen besten Koch der Welt und kann es nur einen geben? Doch wenn man beginnt, diese Fragen ernsthaft zu erörtern, dann verdrängt das Naheliegende schnell das Wesentliche:

Restaurant Aqua in Wolfsburg

Die „S.Pellegrino World’s 50 Best Restaurants“ werden, zumindest in Deutschland und Frankreich, als Abstimmung unter Kennern, Köchen und Restaurant-Experten vermarktet. Im britischen Original heißt es übrigens nicht Kenner, sondern „international restaurant industry experts.“. Aber Kenner klingen gut, jedenfalls besser als „internationale Experten der Bewirtungsindustrie“. Abstimmung klingt auch gut. Das Wort klingt nach Demokratie und Transparenz. Doch gerade die sucht man hier vergebens. Zwar werden die Experten mit Pauken und Trompeten in einer ausgesuchten Londoner Location verlesen, niemand jedoch erklärt wie viele Stimmen oder wie viel Prozent der Stimmen auf ein Lokal entfielen. Wer regelmäßig Bewertungsportale wie z.B. Tripadvisor nutzt, weiß, dass es einen großen Unterschied macht, ob ein Betrieb von sieben Personen mit Bestnoten bewertet wurde (der Wirt und seine Familie?) oder ob 1200 begeisterte Esser hier ein Urteil abgaben.

Rene Redzepi

Die „S.Pellegrino World’s 50 Best Restaurants“ verzichten auf solche Angaben ebenso wie auf eine notarielle Kontrolle der Abstimmung oder auf den Nachweis, dass ihre Stimmberechtigten in den Lokalen tatsächlich gegessen haben. Im Grunde ist die nach Kräften in sämtlichen Medien ausgeschlachtete Veranstaltung denkbar einfach organisiert. Eine Mail kommt an, man klickt drauf und gibt sieben Namen von Restaurants ein. Die Reihenfolge stellt eine Wertung dar. Eigentlich sollen Stimmberechtigte in den letzten 18 Monaten die Restaurants, die sie bewerten, auch besucht haben. Kontrolliert wird das wie gesagt nicht. Und, ja, im Prinzip sollen Köche nicht für das eigene Restaurant stimmen. Einige Mitarbeiter der Veranstalter machen keinen Hehl daraus, dass sie die „50 Best“ gern zu einem Anti-Michelin mit weltweitem Einfluss aufblasen möchten. Die kommenden „50 Best Asia“ sind ein erster Schritt in diese Richtung.

 

Wenn Köche andere Köche bewerten

Wer das System der „S.Pellegrino World’s 50 Best Restaurants“  verstehen will, muss sich mit dem besonderen Demokratieverständnis dem Veranstalter, des britischen Restaurant Magazine befassen. Abstimmen darf nämlich nicht jeder Genießer, der einfach ein Restaurant besucht hat (warum eigentlich nicht?). Die Stimmberechtigten werden durch „Chairmen der Akademie“ ernannt.  So sind die „50 Best“ keine demokratische, sondern eine oligarchische Veranstaltung.  Es gibt grundehrliche Food-Journalisten und Kochbuchautoren unter den Chairmen: Die Inderin Rashmi Udhay Singh etwa macht keinen Hehl daraus, das sie nicht vor jeder Stimmabgabe den gesamten Subkontinent bereisen kann.

Es gibt jedoch auch Menschen, die ihre unentgeltliche Tätigkeit als „Chairman der Akademie“ oder Stimmberechtigter zum Ausbau ihrer Geschäftstätigkeit nutzen.  Da sind zunächst einmal die Köche selbst. Sie lernen pro Jahr eine vergleichsweise geringe Anzahl von Restaurants kennen. Der Grund ist einfach: Die meisten sind durch das eigene Lokal mehr als ausgelastet. Zumindest in Frankreich lehnten es nicht wenige Spitzenköche ab, über ihre Berufskollegen zu richten. Andere haben damit kein Problem. Zur Jury gehörten u.a.:  Inaki Aizpitarte, Joan Roca, Alex Atala, Andoni Luis Aduriz, Danny Meyer, Juan Mari Arzak, Massiliamo Alajmo, Massimo Bottura, Mauro Colagreco, Pascal Barbot und Alexandre Gauthier.

Dazu kommt ihr jeweiliges Netzwerk: Besonders beliebt sind Frau, Ex-Frau, Familie oder Freundin als Juror. So ist Amanda Puck niemand anderes als die Schwiegertochter des bekannten Kochs Wolfgang Puck. Frédérique Ernestine Grasser-Hermé wiederum ist die Ex-Frau von Patissier Pierré Hermé, der selbst als Juror fungiert. Jedes Netzwerk kann so eine beachtliche Anzahl Stimmen vereinen.

 

Chairmen und ihre besten Freunde

Daniel Boulud, Inaki Aizpitarte, Mauro Colagreco (v.l.n.r.)

Wer möchte als Koch nicht gern mit seinem Lokal auf einer Liste firmieren, die weltweit vermarktet wird? Der Weg dazu führt wie gesagt über die „Chairmen“. Rafael Anson verwaltet die spanische Delegation.  Nur ältere Leser könnten ihn noch als Direktor des „Instituts der öffentlichen Meinung“ („Instituto de Opinión Pública“) unter Franco kennen. Der  Präsident der „Academia Española de Gastronomía“ leitet den „Ferran Adrià Lehrstuhl für kulinarische Kultur“, setzte zusammen mit Koch Adrià seine Unterschrift unter das Buch „Tapas im 21. Jahrhundert.“ Seine Frau und seine Tochter Alejandra Marina betreiben laut spanischem Handelsregister u.a. PR-Agenturen. Der Handelsregisterauszug von Alejandra Marina erwähnt, dass diese Agentur ihr Aufgabenfeld in der Betreuung „spanischer Gastronomie und Köche, besonders junge Köche“ sieht.

Zu den spanischen Stimmberechtigten zählen befreundete Journalisten sowie die PR-Frau Roser Torras, die sich mit ihrer „Grup GSR“ ebenfalls auf Kommunikationsmaßnahmen für Köche spezialisiert hat. Wer sich beispielsweise über die gute Platzierung des „Astrid y Gaston“ in Lima, Peru, wundert (fliegen dort wirklich so viele Juroren ein?), sollte nicht aus den Augen verlieren, dass dieses Lokal über eine gut frequentierte Filiale in Madrid verfügt.

 

„Kanaken“ und besoffene Köche

Andrea Petrini

Der Italiener Andrea Petrini leitet die französische Jury seit Francois Simon, Restaurantkritiker von Le Figaro, enttäuscht bei den „50 Best“ ausstieg. (Damit keine Missverständnisse aufkommen: Andrea Petrini ist weder verwandt noch verschwägert mit „Slow Food“-Gründer Carlo Petrini). Zu den besten Freunden von Andrea Petrini zählen viele bekannte Köche. Bilder seines 50. Geburtstags zeigen ihn in Gegenwart von  Rene Redzepi und Fluvio Pierangelini sowie diversen Stimmberechtigten der „50 Best“. Man kennt sich, man trifft sich und wenn jemand Geburtstag hat, dann gibt es manchmal auch Geschenke. Zudem veranstaltet er Koch-Events wie „Cook it raw“  und moderiert das Food-Festival „Paris des chefs“. Deren Gäste heißen Rene Redzepi, Inaki Aizpitarte, Alex Atala, Alexandre Gauthier etc.

Seine Favoriten feierte er schon mal vorab am 12. April im Magazin „Le nouvel observateur“, teils mit kuriosen Worten. Der verdiente Koch Mauro Colagreco musste sich attestieren lassen, er sei „100% métèque“. Eine halbwegs passende deutsche Übersetzung liefert nur das Unwort „Kanake“, möglicherweise war die Bemerkung scherzhaft gemeint. Nicht einmal 14 Tage später folgte die obligatorische Liturgie auf den Bistrokoch Inaki Aizpitarte, der auch von anderen Köchen (und „50 Best-Stimmberechtigten“) mit Lob überhäuft wird. Der New Yorker Dave Chang sagt da: „ Inaki raucht. Inaki trinkt…. Ich habe ihn sturzbesoffen in einem Aufzug gesehen, unbeirrt, während sich die Türen immer wieder schlossen.“ Das klingt weniger nach subjektiver Bewertung von Restaurants, sondern fast ein wenig nach Kumpelei und Kungelei.

 

Es geht ums Geld

Heston Blumenthal

Bereits im vorletzten Jahr erläuterte die New York Times das System der „50 Best“, zu dem die Existenz bezahlter Stimmenbroker,  mit Steuergeldern geförderte Extratouren Stimmberechtigter durch Schweden sowie Petrinis Lobbying in Sachen Gastronomie gehört. (http://www.nytimes.com/2011/04/13/dining/13Best.html?pagewanted=2&_r=2).

Französischen Köchen sind die Vorlieben ihres Chairman nicht entgangen. Besonders das Collège Culinaire de France (Robuchon, Ducasse, Haeberlin, Dutournier u.a.) erörterte 2011 eine Vielzahl von Reaktionen auf die kuriosen « 50 Best“-Listen, konnte sich aber nicht einmal darauf einigen, Produkte des Sponsors Nestlé aus den eigenen Lokalen zu verbannen. Vielleicht wird die Ernennung des „Atelier“ zum besten französischen Lokal diese Wogen etwas glätten, schließlich ist Robuchon dank vieler treuer Schüler einer der einflussreichsten Köche des Gremiums. Wie gut also, dass seine Ehrung gerade jetzt erfolgt.

„Andrea sagt Ihnen nicht für wen sie stimmen sollen“ erklärte der britische Juror Ali Kurshat Altinsoy der New York Times. „Er macht es nur möglich, dass sie für ihn stimmen.“ Wer ist nun wieder Ali Kurshat Altinsoy und womit verdient er sein Geld?  Nun, laut Petrini lebt der Ex-Banker jetzt auf einem Boot in Kopenhagen, wo er mit Rene Redzepi ein „Mad Food Festival“ vorbereitete. Jeder kennt sich, jeder mag sich,  und ohnehin gibt es in Dänemark wieder ganz andere Netzwerke, die sich um einen gewissen Claus Meyer sammeln. Meyer, 48, beschäftigt 400 Mitarbeiter bei Meyerfood, den 45 Meyer Kantinen, dem Früchtehandel Lilleö, dem Catering Meyers Koekken, einem Deli, der Meyer Bäckerei und einer kleinen Essigfabrik. Weniger bekannt ist, dass er auch das Noma in Kopenhagen gründete, das Manifest der nordischen Küche verfasste und seit 14 Jahren politische Kontakte in diversen Ausschüssen zur Verbesserung der Lebensmittelqualität pflegt.

Joel Robuchon

Der Name seines Restaurants „Noma“ steht für die Kurzform seines  Programms »Ny nordisk mad« (nordisches Essen). Der  nordische Ministerrat, dem Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden sowie die Färöer Inseln, Grönland und Åland angehören, förderte es zunächst mit drei Millionen Euro Steuergeld. Im Jahr 2010 wurde das Programm bis 2014 verlängert, weitere zwei Millionen Euro wurden für diesen Zeitraum bewilligt.  Die finanziellen Mittel, 50-Best Stimmberechtigte auf Steuerzahlers Kosten von Restaurant zu Restaurant zu befördern, sind also vorhanden.  Am Ende geht es bei der Wahl der „50 Best“ eben nicht um die Gastronomie, sondern um Geld und Connections.  Für die „San Pellegrino 50 Best“ arbeiten Chairmen und Stimmberechtigte weiter gern kostenlos. Verdienen kann man schließlich anderswo. Etwa durch die „Beratung“ von Spitzenköchen.

(Erstveröffentlichung: BISS Mai 2013)

 

 

 

 

Wieder Juryaustritt bei den 50 Best – Restaurants wurden nicht getestet

 

Die Hitliste wird immer mehr zur Mogelpackung

 

 Von Jörg Zipprick

Eine französische Kochbuchautorin rechnet mit den „50 Best“ der Firma Nestlé ab. Und erklärt gleichzeitig, dass etliche Restaurants nie getestet wurden.

Frédérick-Ernestine Grasser-Hermé ist in Paris eine lokale Größe der kulinarischen Szene. Die erfolgreiche Kochbuchautorin berät Lebensmittelhersteller oder konzipiert diverse Veranstaltungen und Ausstellungen rund um das Thema Genuss. Zwei Jahre lang war sie auch Mitglied der Jury der „50 Best Restaurants“. Jetzt jedoch rechnet sie mit der Veranstaltung in einem offenen Brief an zwei Blogs ab:

„Als Mitglied der französischen Jury der 50 Best Restaurants… bin ich  verdammt wütend (original: food’rage). Zwei Jahre habe ich gebraucht, um meine moralische Malaise zu realisieren. Meine Damen und Herren, ich gebe meine Küchenschürze in schwarzem Vinyl wegen der unpassenden Klassifizierung zurück. Kein weiteres Waterloo im Jahr 2013.

Andrea Petrini (Chairman der frz. Jury, die Redaktion), du bist der einzige auf der Welt, der seine Weltreise in 80 Tagen absolviert! Du zumindest bist ehrlich und machst deinen Job : Du isst und stimmst bewusst nach einem Kauvorgang ab. Aber wir, und alle anderen, sagen wir es offen? Wie viele von uns reisen?

Madame Grasser-Hermé

Madame Grasser-Hermé

Meine Entscheidung ist getroffen, ich habe die Nase voll, ich stimme mit den Dissidenten  wie  Rubin, Gaudry und anderen ehemaligen Mitglieder der französischen Jury überein und schlage mich auf ihre Seite.

Für Restaurants, deren Karte ich nicht wirklich im letzten Jahr getestet habe, stimme ich nicht mehr. Ende!“

Quellen: http://www.afoodtale.com/fr/article/comingout

http://www.toutnestquelitresetratures.com/article-the-world-s-50-best-restaurants-le-coming-out-de-fegh-117804876.html

Die prominenten Restaurantkritiker Emmanuel Rubin (Le Figaro), Francois Simon (Le Figaro) und Francois-Régis Gaudry (L’Express) hatten der „50 Best Jury“ in den vergangenen Jahren bereits den Rücken gekehrt und über intensives Lobbying sowie organisatorische Missstände wie z.B. die Abwesenheit jeder notariellen Kontrolle bzgl. der Stimmabgabe geklagt. 

(Erstveröffentlichung: BISS Mai 2013)

 




Jumeirah: Neuer Koch, anderes Küchenkonzept

Marc Schulz setzt Max on One neu in Szene

 

Das Restaurant Max on One im Jumeirah Frankfurt hat zwar kein Facelift bekommen, aber einen anderen Bauch: Der neue Küchenchef Marc Schulz tischt ganz andere Ideen als sein Vorgänger Martin Steiner auf, der einst bei Johann Lafer Küchenchef war und sich Ende letzten Jahres mit der Almer Schlossmühle bei Paderborn selbständig machte. Nach dem Wechsel wurde im Jumeirah zunächst die alte Speisekarte gekocht, jetzt legte Marc Schulz seine erste eigene vor. Das Wiener Schnitzel, ein Signature Dish seines österreichischen Vorgängers, kommt nicht mehr vor.

Lachs

Lachs

Die Speisekarte ist eine Buchenholzplatte mit gelaserter Schrift. Originell, schick und handlich. Diese edelrustikale Idee zeigt sich auf vielen Ebenen. Auch das Brot wird nicht im banalen Körbchen serviert, sondern in einer adretten Holzbox. Aber nicht irgendein Brot, sondern das ausgezeichnete Kohl-Speckbrot von Jochen Gaues aus Lachendorf bei Celle, das auf einem mit Bauchspeck belegten Wirsingkohlblatt gebacken wird und durch eine krachige Kruste und saftiges Innenleben begeistert. Die Küche dekoriert wie andere auch, hin und wieder aber inszeniert sie regelrecht. Etwa bei der Geflügelbrühe, die in einer Teekanne an den Tisch kommt und über einen Teller mit Wachtel-Ei, Frankfurter Kräutern und Hühnchenspieß gegossen wird. Bei der als Baumkuchen gestalteten Gänseleber sind Mais-Eis und Aprikosensenf die geschmacklich kontrastierenden und auffrischenden Komponenten, die dem Gericht zudem die Schwere nehmen.

Hühnerbrühe für Fortgeschrittene

Hühnerbrühe für Fortgeschrittene

Der sehr gute Lachs (mit Avocadomousse) wird in Bienenwachs gegart, was aber nicht wegen des Geschmacks geschieht und der Feinheit und Konsistenz dienen soll. Letztlich gelingen solche Lachse aber auch ohne die Hilfe von Bienen, wenn man sie nur richtig gart. Doch diese nette Idee ist immerhin den Bienen geschuldet, die auf dem Dach des Jumeirah-Hotels hausen und einen erntefrischen Honig abgeben, der zum Frühstück zu haben ist und als Giveway eingesetzt wird. Unter den Desserts gefällt das Honigkuchen-Parfait mit Zitronencreme, Tonkabohne und Eis aus Grünen Kräutern. Noch sind dies nur erste Eindrücke, die kein geschlossenen Bild, aber Hoffnung geben.

Max on one - 04Max on One, Jumeirah, Frankfurt, Thurn- und Taxis-Platz 2, Tel. (069) 29 72 370.

Geöffnet für Lunch montags bis freitags zwischen 12 bis 14.30 Uhr, Abendessen täglich 19 bis 22.30 Uhr. Kostenfreies Valet Parking für die Gäste.

www.jumeirah.com

Auf der angenehm kompakten Speisekarte sind 16 Gerichte zu finden, darunter fünf, die unter Feuer stehen, mithin gegrillt werden. Die Vorspeisen liegen zwischen 12 und 18 €, Hauptgerichte 24 bis 42 €. Teuerstes Gericht ist das 1,1 Kilo schwere Tomahawk-Steak, dry aged, vom Black Angus für 86 €. Bei den Menüs kosten drei Gänge 56 € und fünf Gänge 78 €.

 

Jumeirah Küchenchef Marc SchulzDer aus Krefeld stammende Marc Schulz ist als Executive Chef seit 1. Oktober 2013  für den gesamten kulinarischen Bereich des Luxushotels verantwortlich. Er arbeitete in verschiedenen Gourmetrestaurants in Deutschland, etwa Tiefenbachers Herzog von Burgund in Neuss, dem Fährhaus auf  Sylt und dem Cheval Blanc in Düsseldorf. Dort aber nicht als Küchenchef, sondern in der zweiten Riege. Nach dem Abschluss zum Küchenmeister an der Steigenberger Hotel-Akademie in Bad Reichenhall im Jahr 2006 war Marc Schulz Küchenchef im Waldhotel Mangold in Bensberg. 2008 wechselte er  als Souschef zum Breidenbacher Hof nach Düsseldorf.

 

 

 

Patrik Kimpel ist nicht mehr Herr im Haus

 

Christian Siegling übernimmt Hotelführung im Ketschauer Hof   

 

Patrik Kimpel, der erst Anfang letzten Jahres als Küchenchef im Rheingauer Kronenschlösschen ging, um die Leitung der Boutiquehotels  Ketschauer Hof und Kaisergarten im pfälzischen Deidesheim zu übernehmen, hat seinen Posten verloren. Offiziell wird die Standardformulierung benutzt, dass es unterschiedliche Auffassungen über die künftige wirtschaftliche und konzeptionelle Ausrichtung gegeben hätte. Es gab jedenfalls nicht erst seit gestern starke Differenzen zwischen Kimpel und der Geschäftsführerin Jana Niederberger, die im Juli 2013 die Führung der Unternehmensgruppe Niederberger nach dem frühen Tod ihres Mannes Achim übernahm. Zu Niederberger mit 1500 Mitarbeitern gehören nicht nur die genannten Hotels, sondern auch die Spitzenweingüter von Winning, Reichsrat von Buhl und Dr. von Bassermann-Jordan.

Patrik Kimpel (Photocredit: Top Magazin Frankfurt)

Patrik Kimpel (Photocredit: Top Magazin Frankfurt)

Der ehemalige Sternekoch Patrik Kimpel konnte nur kurz das Spa-Hotel Kaisergarten und den bei Gourmets beliebten Ketschauer Hof führen, dessen Restaurant Freundstück mit einem Stern im Michelin und 16 Punkten im Gault Millau ausgezeichnet wurde. Dort gab es Anfang letzten Jahres ebenfalls einen Wechsel, auf Küchenchef Axel Krause folgte Daniel Schimkowitsch. Für Kimpel wurde bereits ein Nachfolger gefunden: Christian Siegling, der zuvor in der Auberge de L’Ill“ in Illhäusern bei Paul Haeberlin und im Hotel Bareiss arbeitete und zuletzt Direktor im Schlosshotel Lerbach in Bergisch Gladbach war.

 

 

 

 

Ein Grieche mit amerikanischem Lolli

Auf Knossos folgt Telly´s

Telly´s

Telly´s

Der alte Grieche Knossos ist nicht mehr. Aus ihm wurde jetzt nach einem Facelift ein Lokal mit Glatze und amerikanischem Akzent: Telly´s. Benannt nach dem New Yorker Polizisten Theodoros Kojak, der von Telly Savalas gespielt wurde. Neben einer Glatze waren Lollis sein Markenzeichen, die er ständig neben zynischen Sprüchen zwischen den Lippen trug. Klar, dass überall Kojak-Bilder zu sehen sind, aber auch sonst selten zu erlebende Cartoons. Die 12 Meter lange Gun Bar, mit Lollis und Pistolen fast schon faschingshaft geschmückt, ist das Kommunikationszentrum des Lokals. Dort gibt es Cocktails, wobei von Donnerstag bis Samstag auch noch ein DJ im Einsatz sein wird. Das neue Telly´s hat über 90 Plätze inklusive der Terrasse. In einem Hinterzimmer sollen Pokerabende, magische Vorführungen, Whisky-Tastings und Weinverkostungen stattfinden.

Stavros & Miki (l.) Liakos

Stavros & Miki (l.) Liakos

Es ist schon ziemlich mutig von den Brüdern Stavros und Mikis Liakos, aus ihrem traditionellen Lokal in der Luisenstraße im Frankfurter Nordend ein griechisch-amerikanisches Restaurant zu machen. Auf der anderen Seite war es nach 36 Jahren auch an der Zeit wieder mehr auf sich aufmerksam zu machen. Und das geht nicht allein mit einigen Änderungen auf der Speisekarte, sondern nur mit einem radikalen Schnitt. Die erste Speisekarte geht allerdings noch vorsichtig ans Werk und verheißt keine kreativen Kapriolen. Neben Moussaka und Bifteka werden US-Steaks, Burger und Beagles angeboten. Derzeit gibt es griechische Weine, an die Erweiterung mit amerikanischen ist gedacht.

 

Telly's - 1Zur Eröffnungsfeier des neuen Telly´s kamen über 150 geladene Gäste. Gastronomikonzept und Gestaltung stammen von Marketing-Manager und Designer Jürgen E. Aha.  „Ein großzügiger Investor hat uns vieles ermöglicht. Wenn es gut läuft, will er Telly´s sogar multiplizieren“, meint Aha. Obwohl sich das Lokal ganz in der Nähe vom Merianplatz befindet, ist die Lage in der versteckten Luisenstraße nicht optimal. Wegen der sehr beengten Parkplatzsituation wird sogar daran gedacht Valet Parking nach amerikanischem Vorbild anzubieten, doch die nur einige Schritte entferne U-Bahn-Haltestelle Merianplatz lässt dies fast überflüssig erscheinen. Mit dem neuen Konzept macht das griechische Lokal jedenfalls wieder auf sich aufmerksam. Obwohl die Fernsehserie Kojak in den siebziger Jahren lief und sie Jüngere nicht mehr auf dem Schirm haben, soll das neue Konzept alle Generationen ansprechen. Der Lolli ist noch nicht gelutscht. Telly's - 3

 

 

 

 

 

Neuer Küchenchef für die Emma Metzler

Restaurant Emma Metzler

Restaurant Emma Metzler

Hannes Ceglarz hat jetzt Uwe Weber als Küchenchef im Frankfurter Restaurant Emma Metzler abgelöst. Der 32 Jahre alte Kronberger kocht seit Sommer letzten Jahres bereits als Souschef in der Mannschaft mit. Ausgebildet wurde er im Schlosshotel Kronberg. Weitere Stationen waren unter anderem: Alfred Klink, Colombi Freiburg; Volker Drkosch, Brick Frankfurt; Valéry Mathis, Erno’s Bistro, Frankfurt; MS- Europa;  Restaurant Annex, Parkhotel Weggis Schweiz. Die Emma Metzler wird zudem noch mit zwei weiteren Mitarbeitern verstärkt. Neu ist auch der 23 Jahre alte Maximilian Teubel, der für die Patisserie zuständig ist. Seine Schmandtorte ist extrem köstlich. Der bisherige Küchenchef Uwe Weber will sich im Juni in Usingen mit dem Lokal Ess Weber am Markt selbständig machen. Usingen hat auch dringend ein gutes Lokal nötig.

 

 

Neuer Thai im Frankfurter Hof

Breeze im Lebua Hotel

Breeze in Bangkok

Das Steigenberger Hotel Frankfurter Hof bekommt exotischen Zuwachs: Im Februar nächsten Jahres soll ein thailändisches Restaurant eröffnet werden, das den Japaner Iroha im Untergeschoss ablöst. Breeze by Lebua ist eine Gemeinschaftsproduktion von Steigenberger und der thailändischen Hotelgruppe Lebua. Das Breeze in Bangkok ist ein spektakuläres Dachgartenlokal im 52. Stockwerk des Tower Clubs mit einer überwältigenden Aussicht über die Stadt. Im Frankfurter Hof kann man damit leider nicht dienen, das Lokal wird dort gewissermaßen vom Penthouse in den Keller exportiert. Im Breeze in Bangkok wird den Gästen eine kreative thailändische Küche gegönnt. Beispielsweise Wasabi-Garnelen mit Mango und Garnelenrogen. Für Deutschland stehen weder der Küchenchef noch die Speisekarte fest.

 

 

10 Jahre Medici

Restaurant Medici

Restaurant Medici

Das Lokal in der Ausgehmeile Weißadlergasse in der Frankfurter Innenstadt hat auch nach zehn Jahren seinen jugendlichen Charme behalten. Die Atmosphäre ist angenehm lebendig, der Service gastfreundlich und lässig, aber nie nachlässig. Die Küche ist ihrem europäischen Stil treu geblieben, besonders gut sind Gänselebergerichte. Die beiden Betreiber und Küchenchefs Christos und Stamatios Simiakos sind in Gummersbach aufgewachsen und können auf renommierte Stationen verweisen: Alfons Schuhbeck (München), Jörg und Dieter Müller (Sylt, Schlosshotel Lerbach) sowie Hans Peter Wodarz und Eckart Witzigmann. Vom 1. April bis 31. Mai gibt es ein Jubiläumsmenü, 4 Gänge für 45 €. 

 

 

 

 

 

 

 




Bissfest: Neues Küchenkonzept für Villa Kennedy

Der Anti-Star-Koch

Fulvio Piereangelini

ist neuer kulinarischer Berater

 

Von Ludwig Fienhold

 

Der ehemalige Zwei-Sterne-Koch Fulvio Pierangelini ist seit einigen Jahren gastronomischer Berater bei der Hotelgruppe Rocco Forte, die 13 Häuser in ganz Europa führt. Seit kurzem arbeitet er auch gemeinsam mit Küchenchef Dario Cammarata und hat ein neues Konzept für das Restaurant Gusto in der Frankfurter Villa Kennedy entwickelt. Es soll wieder zurück zur italienischen Kernkompetenz führen: Puristische Kombinationen mit leidenschaftlicher Aussage.

Fulvio Pierangelini (l.) und Dario Cammarata

Fulvio Pierangelini (l.) und Dario Cammarata

Wenn man sieht, wie Fulvio Pierangelini den schlichten und meist missbrauchten Klassiker Spaghetti al Pomodoro mit akkurater Handwerklichkeit und Enthusiasmus zu neuem Leben verhilft, dann versteht man schon viel von seiner Küchenphilosophie und vielleicht noch mehr von echter italienischer Küche. Natürlich blanchiert und häutet er die Tomaten, selbstverständlich entfernt er den grünen Strunkrest und die Kerne. „Die Tomatenhaut“, sagt er mit Nachdruck, „baut nur eine Mauer auf und wehrt das Olivenöl ab, das ja aufgesogen werden soll“. Gemeinsam mit Thymian, Basilikum Knoblauch und Olivenöl wandert alles in eine Pfanne, aber so geschichtet, dass die Tomaten nebeneinander Platz finden. „Wenn Sie einen Koch sehen, der die Pfanne dauernd nervös hin und her bewegt, gehen Sie lieber“, bemerkt Fulvio bissig. „Die Pfanne hat einfach nur in aller Ruhe auf dem Herd zu stehen.“ Nach acht bis zehn Minuten haben sich die Tomaten mit den anderen Ingredienzen vermählt, werden aussortiert und durch etwas frisches Basilikum und Thymianblätter ergänzt. Die parallel gekochten Spaghetti kommen in die Tomaten-Pfanne – jetzt darf noch eine Minute geschwenkt werden, dann ist das Ganze servierfertig. Und schmeckt so großartig, wie man das in Frankfurt, Deutschland und der Welt leider nur ganz selten erlebt. Für Fulvio ist gerade dieses Gericht eines der wichtigsten seiner Kindheit. Ein Pastateller, wie man ihn nicht neu erfinden kann, aber wie er für alle in der Qualität vergleichbar bliebe. Aus diesem Grundverständnis heraus, ist auch zu erklären, warum in seinem damaligen Lokal die Pasta mit Tomaten ebenso teuer war wie die mit Hummer. Für Fulvio besitzen alle Produkte die gleiche Bedeutung. Mitte April kommen die ersten Tomaten aus Sizilien nach Deutschland. Sie sind viel aromatischer als die standardisierten Kirschtomaten, weshalb man eine Sauce mit ihnen auch nicht nachzuckern muss. Bei Pasta hat Fulvio Pierangelini zwei Favoriten: Die neopolitanische Manufaktur Pastificio dei Campi und Cavalieri aus Apulien.

Lydia Forte & Fulvio Pierangelini in der Küche

Lydia Forte & Fulvio Pierangelini in der Küche

Fulvio Pierangelini hat die große Gabe aus jeder Kartoffel ein mit Energie aufgeladenes Gericht zu machen. Die Parameter dazu bestimmt er selbst, aber stets gehören eine große Portion Selbstvertrauen und Sinnlichkeit dazu. Beides führt zu einem Italienbewusstsein, wie es immer mehr verloren geht. Fulvio betrieb mit dem Ristorante Gambero Rosso in San Vincenzo in der Toskana ein Zwei-Sterne-Restaurant, das zu den Top Five in Italien gehörte. Für viele war es gar das beste Lokal des Landes. Ganz sicher aber hätte man es das Italienischste nennen können.  Vielleicht ist es seiner Geradlinigkeit und der damit verbundenen unbeugsamen Haltung geschuldet ist, dass ihm der dritte Stern verwehrt blieb.  Fulvio Pierangelini war ein Solist, meist kochte er ganz allein in seiner kleinen Küche. Er putzte sogar selbst das Gemüse und schälte eigenhändig die Kartoffeln. Die Öffentlichkeit interessierte ihn nie, Interviews gab er nur ganz selten. Der 1953 in Rom geborene Autodidakt brachte aber völlig unbeeindruckt Gerichte à la Garnelen auf Kichererbsenpüree in die gastronomische Umlaufbahn, die oft kopiert und doch nie erreicht wurden. Irgendwann wollte er nicht mehr kämpfen und gab sein Lokal 2007 auf. Durch den Vertrag mit Rocco Forte mag er mehr in sicheren Verhältnissen zu leben, doch ist er der Gleiche geblieben. Kompromisslos, hoch emotional und so geschmackstalentiert wie nur wenige Köche in der Welt. Wie viele Köche gibt es zudem, die man umarmen möchte? Ganz gewiss Fulvio Pierangelini, wobei dies sein Umfang ein klein wenig schwerer macht.

Villa Kennedy KöcheDie Speisekarte in der Villa Kennedy hat sich deutlich geändert, sie ist klarer, komprimierter und kompromissloser geworden. Die genannten Spaghetti al Pomodoro gehören in der neuen Variante dazu und auch der Wolfsbarsch in der Salzkruste. Die mit „Grüner Soße“ gefüllten Ravioli mit Butter und Parmesan sind keine platte lokale Anbiederung und bringen durch ihre feinkräuterige Duftigkeit Italien und Deutschland auf sympathische Weise zusammen. Schön, dass es viele Gerichte in kleinen und großen Portionen gibt, was dem Italiener übrigens ziemlich „deutsch“ vorkommt. Ganz spannend wird es beim Steinbutt mit Artischocke und Kartoffel-Olivenöl-Püree, wobei der Fisch beinahe Statist ist. Es gibt zwei Püree-Lager: Solche, die das von Robuchon mit Sahne und Butter bevorzugen, und jene, die es leichter und doch mindestens so ausdrucksvoll mögen, wie von Fulvio Pierangelini, der sein Püree mit Wasser und Olivenöl zubereitet. Der eigenwillige Römer steuert davon abgesehen ein eigenes exquisites toskanisches Olivenöl bei, das inzwischen auf allen Tischen im Restaurant Gusto in der Villa Kennedy zu finden ist. Rocco Forte kennt Fulvia übrigens seit vielen Jahren und war gemeinsam mit seiner aparten Frau und der bildschönen Tochter Stammgast in dessen Restaurant Gambero Rosso in der Toskana.

Villa Kennedy - 2Fulvio Pierangelini ist nicht nur ein bemerkenswerter Koch, sondern auch ein Weinkenner. Seine Beziehungen will die Villa Kennedy nutzen, um die Weinkarte zu verbessern. Der Küchenchef der Villa Kennedy und  Verantwortliche für das Restaurant Gusto hat viele Jahre eher bescheiden im Hintergrund gearbeitet, erfährt nun aber einen vielleicht förderlichen Schub. Dario Cammarata mag viel hinter den Kulissen tätig sein, ist aber längst kein ganz Unbekannter mehr. Er arbeitete unter anderem im berühmten Badrutt´s Palace in St. Moritz,  dem honorigen Bremer Parkhotel und war Souschef im großartigen Ernos Bistro in Frankfurt. Der Direktor der Villa Kennedy, Georg Plesser, ist glücklich mit dem neuen kulinarischen Berater Fulvio Pierangelini und schätzt neben dessen Können seine unkonventionelle Art. Küchenchef Dario Cammarata freut sich über die neue Entwicklung und hat sich mit seinem Coach angefreundet. Fulvio Pierangelini schaut zwar öfter mal für einige Tage in Frankfurt vorbei und steht mit der Brigade der Villa Kennedy am Herd, reist aber jetzt wieder nach Rom zurück, zu seinem Hauptsitz, dem wunderschönen Rocco Forte Hotel de Russie. Nun müssen Dario Cammarata und seine Crew das neue Konzept optimal umsetzen, die Speisekarte ist ab sofort im Einsatz. Es besteht die große Chance, die Villa Kennedy gastronomisch aufzuwerten und das Gusto als ein besonders gutes italienisches Restaurant zu etablieren.

Villa Kennedy-aussen

Villa Kennedy, Frankfurt, Kennedyallee 70,  Tel. (069) 717120. Restaurant Gusto geöffnet 12 – 14.30 Uhr, 18.30 bis 22.30 Uhr. Vorspeisen 14 – 26 €, Pasta & Risotto 11 – 27 €, Hauptgerichte 28 – 36 €. Mittagsmenü 18 € (2 Gänge), 25 € (3 Gänge). www.roccofortehotels.com/de/hotels-and-resorts/villa-kennedy

 

 

 

 

 

 

Photocredit: Edward Park und Top Magazin Frankfurt