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Asiatische Küche in Bestform

Die Avantgarde von Sra Bua

 

Die asiatische Küche verlockt wie nie zuvor, wobei vor allem die thailändische mit ihrem Aromenzauber Lust und Laune macht. Auch Topköche aus Europa versuchen seit vielen Jahren fernöstliche Düfte einzufangen, mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen und manchem Fusionspfusch. Die Köche der verschiedenen Sra Bua Restaurants in den Kempinski-Hotels in Bangkok, Kitzbühel, Berlin und Gravenbruch bei Frankfurt verfeinern und modifizieren unterschiedliche asiatische Landesküchen auf ihre Weise und haben damit Erfolg. Tim Raue und Juan Amador waren dabei in Deutschland kochlöffelführend, doch bereits 2006 zeigte Henrik Yde Anderson in seinem Restaurant Kiin Kiin in Kopenhagen wie fabelhaft moderne Thai-Küche sein kann und erhielt dafür auch als einziger seiner Spezies weltweit einen Michelin-Stern. Die Avantgarde der Sra Bua Restaurants kam jetzt zum ersten Mal zusammen und offenbarte bei dieser Premiere im Kempinski Gravenbruch eine selten zu erlebende Klasse.

Henrik Yde Anderson

Henrik Yde Anderson

So gut aufgelegt und beschwingt wie der Däne Henrik Yde Anderson ist auch seine Küche, die das Beste Thailands in eine kulinarische Weltsprache übersetzt,  ohne den ursprünglichen geschmacklichen Charakter ans Messer zu liefern. Seine Königskrabbe mit hauchfeinem Gurkensalat, getrockneten Krabben, dezentem Knoblauchmousse, Minze und einer mitreißenden Yam-Sauce aus Limettensaft, Chili, Koriander, Schalotten, Ingwer und Fischbrühe ist an raffinierter und harmonischer Geschmackvielfalt nicht zu toppen – mehr Thailand auf einem Teller geht nicht. Die berühmte thailändische Tom Kha Kokos-Suppe kommt bei Anderson nicht heißt auf den Tisch, sondern ganz im Gegenteil gefroren und wird von Wald-Pilzen und Miso-Pudding begleitet. So kann nur jemand kochen, der den Spirit Thailands in sich trägt.

Henrik Yde Anderson ist verantwortlich für das Sra Bua im Kempinski in Bangkok und betreibt sechs Lokale in Kopenhagen. Darunter das Dim Sum, wo es ebendiese gleichnamigen chinesischen und besonders delikat gefüllten Teigtaschen gibt, die dort vorzugsweise zu einer großen Auswahl von Champagner gegessen werden. Unter den Lokalen auch das Kiin Kiin, wo Chiang Mai Würstchen im Würzrauch und Tom Kha Suppe heiß & kalt zu haben sind. Dort gibt es kein Porzellan, die Gerichte werden in Schalen aus Bambus oder Holz und Bananenblättern aufgetischt. Der Name Kiin Kiin ist einfach schön – so rufen die Thais ihre Kinder zum Essen. Henrik Yde Anderson hat übrigens ein höchst individuelles Buch veröffentlich, das ein schönes und wunderbar merkwürdiges Kunstwerk ist: Es trägt den sinnstiftenden Titel „Dead & Fermented – A Criminal Investigation“ und erzählt eine kuriose Geschichte, die von guten Rezepten begleitet wird. Dieses Cookbook noir, fotografiert von Steven Achiam aus Hongkong, ist jeden Cent der gut 100 Euro wert.

Anderson-Gericht: Eisige Tom Kha

Anderson-Gericht: Eisige Tom Kha

Juan Amador ist der geistige Vater des Sra Bua im Kempinski Gravenbruch, hat mit Dennis Meier aber einen hervorragenden Küchenchef gefunden und eingesetzt. Wenn Meier und sein Team bei der Präsentation des neuen Michelin 2015 am 6. November in Berlin (bei Tim Raue) keinen Stern bekommen, fressen wir einen knüppeldicken Besen. Juan Amador packte zwar mit dem Gericht aus Mieral-Taube, Mango, Kokos und Purple Curry eines seiner Bravourstücke aus, doch auch die Gerichte von Meier können glänzen: Terrine von Gänsestopfleber, belegt mit hauchdünnen zarten Tintenfischscheiben, nebst grünem Pfirsich in süßlich-feiner Reisschnaps-Mirin-Sauce. Und  sanft geschmortes, saftig-zartes Short-Rib mit Pilz-Mousse, Ingwerstroh und Sellerie.

Bei solchen Meistern hatte es selbst ein Tim Raue sehr schwer, sein im Grunde sehr guter Kaisergranat mit wuchtiger Wasabi-Mayonnaise präsentierte sich etwas zu grob gestrickt und unausgewogen in der Aromatik. Vor allem intensiv fielen seine mit Perlhuhnbrust gefüllten „MJ Frühlingsrollen“ in sehr sehr würziger Tamarindensauce aus, wobei die Initialen für Michael Jackson stehen, der davon so begeistert gewesen sein soll, dass er gleich einige Dutzend für seine Tournee-Crew bestellte. Der Ideengeber der Sra Bua Küche im Hotel Das Tirol in Kitzbühel, Frank Heppner, steuerte einen saftigen Kabeljau mit knackigem Kopfsalat in Citrus-Tunke bei. Am Schluss ein letztes Highlight von Juan Amador: Ein großer Legostein – Custard aus weißer Schokolade mit Passionsfrucht und Koriander-Eis. Ingeniös. Danach noch einige interessante Nachhappen, darunter „Gepoppte Schweineschwarte“. Komisch? Nein, ziemlich gut. Und ein intelligentes Manöver von süß zu salzig, damit noch ein Wein schmecken kann.

Custard aus weißer Schokolade

Custard aus weißer Schokolade

Dieser Abend war kein gewöhnlicher Gourmet-Gipfel. Er zeigte vielmehr die Möglichkeiten und mitunter auch die Grenzen einer euro-asiatischen Verbrüderung. Was man größtenteils erleben konnte, war jedoch kein bloßer Trend, sondern die Zukunft einer modernen Aroma-Küche.

Ludwig Fienhold

 

 

 

 

 

 




Der neue Michelin 2015

Kein neues 3-Sterne-Restaurant

aber drei mit 2-Sternen

 

Der große Knall blieb aus, es gibt kein neues 3-Sterne-Restaurant in Deutschland. Dafür bewegte sich sonst einiges: Klaus Stradner (Foto) vom Brenners Park-Hotel in Baden-Baden bekam seinen zweiten Stern, ebenso das Ess-Zimmer von Bobby Bräuer in München und das Ammolite von Peter Hagen im Europa-Park Rust. Genau genommen hat sich auch Christian Eckhardt in der Villa Rothschild in Königstein zwei Sterne erkocht, denn diese wurde nicht automatisch von seinem Vorgänger Christoph Rainer vererbt und mussten neu erworben werden.

Über einen Stern im Michelin freuen können sich Dennis Meier vom Sra Bua im Kempinski Gravenbruch bei Frankfurt und Johannes Frankenbach, der im Restaurant Jean in Eltville im Rheingau am Herd steht. Die vielleicht größte Überraschung bei den gestrichenen Sternen ist vielleicht Jörg Möller auf Sylt. Das hat aber seinen guten Grund, denn der Altmeister ist jetzt 67 Jahre und hört nach 30 Jahren Gourmetküche in Sylt auf. Nächstes Jahr übergibt er an seine Tochter, die ein eher gutbürgerliches Konzept fahren will.  Am Ende des Berichts können alle Listen und Bewertungen geöffnet werden.

Michelin Cover 2015Insgesamt steigt die Zahl der Häuser mit einem oder mehreren Sternen auf den neuen Höchststand von 282 Betrieben. Dies sind 25 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren. Bei den 1-Stern-Häusern ist der Zuwachs 2015 so umfangreich wie selten zuvor, insgesamt erhalten 31 Restaurants erstmals die Auszeichnung. Die Gesamtzahl der deutschen 1-Stern-Betriebe liegt jetzt bei 233. Die Zahl der deutschen 3-Sterne-Restaurants bleibt auf dem Stand von elf Häusern. Damit behauptet Deutschland seinen Platz als europäisches Land mit den meisten 3-Sterne-Adressen nach Frankreich. In sechs der neuen 1-Stern- und 2-Sterne-Restaurants führen Küchenchefs Regie, die Schüler von 3-Sterne-Koch Harald Wohlfahrt waren. Wohlfahrt, seit 34 Jahren Küchenchef der „Schwarzwaldstube“ im Hotel Traube in Baiersbronn-Tonbach, wurde öfter als jeder andere deutsche Spitzenkoch mit drei Michelin Sternen ausgezeichnet, insgesamt 23-mal.

Außerdem beobachtet der Michelin den sich seit einigen Jahren abzeichnenden Trend, bei dem eine exzellente Küche in legerem Ambiente geboten wird.  Auch beim Bib Gourmand hält in Deutschland der Aufwärtstrend an. Die Auszeichnung empfiehlt eine gute, häufig regional geprägte Küche, die mit einem besonders günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis Genüsse auch für kleinere Budgets ermöglicht. Ein 3-Gänge-Menü (Vorspeise, Hauptgang, Dessert) ist in Bib Gourmand-Restaurants bereits für 35 Euro zu bekommen. Im neuen Michelin finden sich insgesamt 474 Adressen mit diesem Prädikat, so viele wie noch nie seit Einführung des Bib Gourmand im Jahr 1997.

 

Alle neuen und verlorenenen Sterne

 

Alle Bib Gourmand

 

 




Malediven: Robinson ist jetzt Insel-Gourmet

Als der Tourismus vor 40 Jahren begann lockte man mit den Malediven in erster Linie als Tauchparadies und gewann auch Gäste, die sich für einige Tage als Robinson fühlen wollten. Jetzt werden die Reisenden stärker denn je mit Lifestyle-Ideen und Feinschmecker-Angeboten angezogen. Aus Robinson wurde ein Insel-Gourmet. Weiter lesen




Die erste Duft & Drink Bar der Welt

Schnüffelpraxis: Fragrances heißt die neue Bar im Ritz-Carlton in Berlin, die sich als erste weltweit der Cocktailkunst in Verbindung mit der Welt der Parfums und Aromen widmet. Düfte namhafter Marken von Giorgio Armani, L’Artisan Parfumeur, Annick Goutal, Yves Saint Laurent oder Guerlain stehen in Kombination mit Spirituosen für die ungewöhnlichen Drinks von Barmanager Arnd Heissen. Weiter lesen:

 

 




Wer will Johann Lafer zerstören?

Stimmen zu Razzia & Medien

 

Es kann jeden Hotelier & Gastronomen treffen

 

Deutschland ist nicht nur Fußball-Weltmeister, Deutschland ist auch Neid-Weltmeister. Wer erfolgreich ist, hat selbst Feinde unter seinen Freunden. Man muss kein Freund von Johann Lafer sein, um das Vorgehen der Staatsanwaltschaft Koblenz und Teile der Medien als übermäßig zu empfinden. Nichts rechtfertigt einen solch massiven Einsatz an Polizei, niemand sollte aufgrund eines sogenannten „Anfangsverdachts“ bereits im Vorfeld abgestraft werden. Was Johann Lafer geschehen ist, könnte im Grunde jedem anderen in der Branche widerfahren. Ein „Verdacht“ und ein Denunziant lassen sich immer finden.

Im Falle Lafers monierten eine Haushälterin und ein Spüler unkorrektes Verhalten bei ihren Abrechnungen. Für die Staatsanwaltschaft ergab sich daraus  ein Verdacht auf Hinterziehung von Lohnsteuer sowie angeblich fehlende Sozialabgaben für Angestellte. Wer noch nie eine Putzfrau schwarz beschäftigt hat, möge den ersten Mob werfen. Jedenfalls stürmten gleich 45 Beamte Lafers Stromburg in Stromberg sowie die nahe Kochschule in Guldental. Selbst bei Mördern hat man schon höflicher angeklopft. Johann Lafer kann sich schon aus juristischen Gründen nicht zu den Vorgängen äußern. Wir haben aber andere bekannte Persönlichkeiten aus der Branche befragt und lassen deren Stimmen sprechen.

Kein Polizeihubschrauber, sondern Lafers Heli-Gourmet über der Stromburg

Kein Polizeihubschrauber, sondern Lafers Heli-Gourmet über der Stromburg

Thomas Schreiner, General Manager von Laurent-Perrier Deutschland, ist empört über die Vorgänge um Johann Lafer und spricht Klartext. „Es grenzt an Rufmord, was derzeit einige Medien mit Johann Lafer machen. Der sogenannte Anfangsverdacht im Rahmen angeblich falscher Steuerabrechnungen wird zum Anlass genommen eines der Aushängeschilder der gehobenen Gastronomie  zu demontieren. Vergleiche mit anderen Fällen werden konstruiert, alles auf dem Rücken eines erfolgreichen Kochs und seiner gesamten Familie.“ Thomas Schreiner geht noch weiter: „Ich sehe diesen Angriff auf  Johann Lafer auch als einen Angriff auf die gehobene Gastronomie, die es in Deutschland eh schon schwer genug hat. Ich hoffe, dass der Verdacht schnellstmöglich aufgeklärt wird und sehe beileibe keinen riesigen Steuerskandal. Ich sehe nur die Zerstörung des Lebenswerkes eines seit 40 Jahren hart arbeitenden und ehrlichen Kochs, der es geschafft hatte, die Menschen zu begeistern mit seiner Art des Kochens und seiner Art des Entertainments.“ Thomas Schreiner schließt sein sehr persönliches Statement uns gegenüber mit den Worten: „Ich habe Johann Lafer immer als überaus korrekten und ehrlichen Menschen kennengelernt. Was ihm jetzt entgegenschlägt, sind Neid und Missgunst. Ich weiß aber, dass viele seiner Kollegen hinter ihm stehen.“

Karl Nüser, Generaldirektor und geschäftsführender Gesellschafter des Nassauer Hofs in Wiesbaden, schätzt Johann Lafer seit über 30 Jahren und kennt ihn und dessen Frau Silvia als perfekte Gastgeber. „Mit viel Fleiß, Arbeit, Engagement und Durchhaltevermögen zählen Silvia und Johann zu den großen Imageträgern unserer Branche.“ Und weiter: „Diese Lebensleistung darf durch überzogenen Aktionismus und vorschnelle Verurteilungen nicht gefährdet werden.“ Karl Nüser weist außerdem darauf hin, dass Johann Lafer für den Nachwuchs ein Vorbild ist. „Viele junge Menschen konnten durch ihn sehen, was man als Koch werden kann und haben ebenfalls diesen Berufsweg gewählt.“ Diese Nachwuchsförderung, meinte Nüser in einem Gespräch mit uns, könne man gar nicht hoch genug wertschätzen.

Martin Steiner, einst Küchenchef auf Lafers Stromburg und jetzt mit der Almer Schlossmühle im sauerländischen Brilon selbständig, zeigt sich besorgt: „ Ich finde es echt traurig, was da gerade geschieht. Meine persönliche Erfahrung mit Johann ist sein immer korrekter Umgang mit allen Angestellten. Egal, welche Position diese einnehmen.“  In Bezug auf die Medien sagt Martin Steiner: „Ich würde mir wünschen, dass in den Zeitungen und Internetportalen dann genauso darüber berichtet wird, wenn diese anklagenden Verdachtsmomente fallen gelassen werden.“

Drei-Sterne-Koch Juan Amador aus Mannheim ist ebenfalls entrüstet: „Für mich steht das absolut nicht im Verhältnis! Eine derart ketzerische und populistische „Vorabhinrichtung“ durch eine deutsche Behörde ist unverantwortlich und kann auch, sollte sich der Anfangsverdacht nicht bewahrheiten, immensen Schaden anrichten!“

Ludwig Fienhold

 

Johann Lafer PorträtJohann Lafer in Zahlen: Allein auf der Stromburg arbeiten über 70 Angestellte. Neben dem Hotel und seinen zwei Restaurants betreibt er ein eigenes TV-Kochstudio und ist an weiteren Unternehmen beteiligt. Fernsehauftritte, hochdotierte Werbeverträge und eigene Produktlinien lassen sein Gesicht allgegenwärtig erscheinen. Mit seinem Heli-Gourmet unternimmt  er kulinarische Kurzreisen. Lafers Jahresumsatz wird auf insgesamt 10 Millionen Euro geschätzt.

 

 

 

 

 




Was ist mit den Pariser Top-Köchen los?

Rochaden sorgen für Veränderungen

 

Die Pariser Szene sortiert sich neu: Bewährte und bekannte Köche der absoluten Spitze wechseln ihre Arbeitsplätze. Alles begann mit Yannick Alleno, der seit Sommer im Pavillon Ledoyen kocht. Der verdrängte den langjährigen Küchenchef Christian Le Squer, der jetzt für das Luxushotel George V kochen soll.  Dann verließ Ducasse-Schüler Christophe Moret das altehrwürdige Lasserre, um künftig im Pariser Hotel Shangri-La zu kochen. Das Lasserre hingegen hat momentan noch keinen neuen Chefkoch ernannt. Ebenfalls noch ohne Küchenchef ist das Ritz, das erst verspätet im kommenden Jahr wieder eröffnen soll.

Der altbewährte Könner Michel Roth arbeitet inzwischen als kulinarischer Consultant im Hotel Président Wilson in Genf und entwarf Menüs für Nespresso-Kapselkaffee. Die ehemaligen Küchenchefs Eric Briffard (bislang Restaurant Le Cinq im Hotel Georges V)  und Philippe Labbé (bis vor kurzem im Shangri-La) sind jetzt auch wieder auf dem Markt. Derzeit arbeitslos ist zudem Sylvestre Wahid, der die letzten Jahre in der Institution L’Oustau de Baumanière in Les Baux-de-Provence kochte. Dort hat sich Inhaber Jean-André Charial wieder selbst die Küchenschürze angezogen.

Shangri-La Restaurant L’Abeille Paris

Restaurant L’Abeille

Hintergrund der zahlreichen Veränderungen ist eine verschärfte Konkurrenzlage in der Luxushotellerie. Innerhalb der letzten 15 Jahre stieg das Angebot um 50% von 1.400 auf 2.100 Zimmer. Weitere Wettbewerber treten in den Markt ein: Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten wird das Crillon an der Place de la Concorde wieder eröffnen. Frasers Hospitality, ein Gruppe aus Singapur, renoviert gerade das Claridge an den Champs-Elysées, Kai Yuan Holdings, ein Investmentfonds aus Hongkong, hat das Marriott in dessen unmittelbarer Nachbarschaft übernommen, und auch das Luxus-Konglomerat LVMH will 2016 ein Luxushotel in den Räumen des ehemaligen Kaufhauses „La Samaritaine“ eröffnen. Ob die Nachfrage im gleichen Maße mitziehen kann, ist auch unter Fachleuten umstritten. Köche, die über keinen gut dotierten Posten im Hotel verfügen, sehen die Zukunft eher pessimistisch: „Derzeit müssen wir in Paris jeden Tag 4000 Gäste finden, die ein Sternemenü wünschen und die entsprechenden Preise zahlen können.“ erklärt ein Zwei-Sterne-Koch. „Das ist auch in Frankreich schwierig geworden.“

Das große Stühlerücken trifft auch die Gäste, denn erfahrungsgemäß ändern selbst profilierte Cuisiniers bei solchen Rochaden ihre Küche. Nicht nur die Brigaden werden durcheinandergewürfelt, auch die finanziellen Mittel, die Hotels ihren Köchen zur Verfügung stellen, fallen höchst unterschiedlich aus. Als großer Gewinner erscheint momentan Christophe Moret. Die Shangri-La-Hotels sind schließlich dafür bekannt,  in ihre Gastronomie zu investieren.

Jörg Zipprick

 

 




Marbella Club: Die alte Diva tanzt noch

60 Jahre Marbella Club

 

Nur wenige Hotels können eine so aufregende Geschichte verweisen, wie der Marbella Club an der Costa del Sol. Was aber kann diese Legende heute noch bieten? Der Marbella Club hat sich auf keine Modetorheiten mehr eingelassen und präsentiert sich längst wieder charakterfest klassisch. Die Gastronomie ist sogar noch besser geworden. Hier weiter lesen

 

 

 




Ein Spitzenspanier in Deutschland

Bernd Knöller aus Valencia im Pop-up-Lokal

 

Obwohl die Deutschen liebend gerne nach Spanien reisen, gibt es hierzulande keinen Spitzenspanier. Immerhin ist jetzt der Sternekoch Bernd Knöller aus Valencia in dieser Woche für einige Tage in Frankfurt zu Gast und zeigt in der Menufaktur, wie gut spanische Küche sein kann. Er ist mit seiner gesamten Crew von neun Mitarbeitern hier und hält sein Restaurant Riff in dieser Woche geschlossen.

Bernd Knöller arbeitete bei Henry Levy im Restaurant Maître in Berlin, das Anfang der 1980er Jahre zu den Topadressen in Deutschland gehörte. Danach zog es den gebürtigen Freudenstädter um die halbe Welt, bis er an der spanischen Mittelmeerküste in Valencia seine Heimat fand. Von dort brachte er auch viele Produkte mit.

Seezunge

Seezunge

Die Seezunge hat er bei der Fischversteigerung am Hafen von Valencia erworben, für ihn kommen von dort die besten, die er je erlebt hat. Die sehr fleischige und saftige Seezunge ist in der Tat hervorragend und bedarf auch nur einiger weißer Bohnen und einem gebratenen Scheibchen Chorizo als Begleitung. Oft täuschen Restaurants ihre Gäste ja mit billiger Rotzunge oder Atlantikzunge, die echte Seezunge aber ist nicht nur teurer, sondern schmaler, fester im Fleisch und weist ein nussiges Aroma auf. Ein weiteres Highlight ist die Kombination aus köstlichem Täubchen, Kakao-Crunch und Hagebuttencreme. Wahlweise gibt es ein umwerfend gutes und butterzartes Lamm, das 36 Stunden bei 62 Grad gegart wurde. Von aromatischer Delikatesse erweist sich der Waldpilz-Salat mit Argan-Öl und Haselnüssen, nach frischem Waldboden duftet das Eigelb im Champignonfond mit Topinambur. Die Champignons lässt Bernd Knöller mit Mineralwasser 48 Stunden im Ofen „oxidieren“, um einen dunklen und geschmackvollen Fond zu gewinnen.

Bernd Knöller

Bernd Knöller

Die maurische Vergangenheit Spaniens lebt mit Mojama auf, getrocknetem Thunfisch mit Räucherpaprika. Ceviche Valenciano wird zwar auch wie das südamerikanische Gericht mit rohem Fisch in einer Marinade aus Zitrusfrüchten, Ingwer, Chili und Koriander zubereitet, erhält aber in der spanischen Version durch Orangenblüten einen aparten Touch. Beim Menü von Bernd Knöller hagelt es zudem noch einigen kleine Schweinereien (z.B. karamellisierte Schweineschwarte). Außerdem gibt es mit Lagrima ein exzellentes Olivenöl, das nach frischem Gras, grünen Mandeln und einem Hauch Minze schmeckt. Dieses Öl und das hausgemachte ofenfrische Olivenbrot reichen eigentlich schon für einen schönen Abend. Das Menü hält zwar viele Gänge bereit, doch die Portionen sind angenehm klein, was zu keiner Belastung führt. Das Knüller-Menü (11 Gänge für 99 €, 9 Gläser Wein für 50 €) ist noch bis Samstag, 8. November, zu haben. Wer es nicht schafft, sollte Bernd Knöller einfach in Valencia besuchen.

LF

 

Infos

Bernd Knöller serviert mittags um 12 Uhr ein 4-Gänge-Tapas-Menü (45 €) und abends um 19 Uhr ein 11-Gänge-Menü (99 Euro) Beide Preise verstehen sich ohne Getränke, die 9 glasweise servierten Weine werden mit 50 € berechnet.

Die Menfukatur, eine stattliche Kochschule in Bornheim, wird von Christiane Fuchs und Mario Furlanello betrieben. Neben Kochkursen finden dort auch interessante Veranstaltungen statt. Tel. (069) 977 63 666.    www.menufaktur.com

Restaurante Riff von Bernd Knöller, Valencia. Auf der Webseite vom Riff stehen auch das ganze Frankfurter Menü sowie alle Weine.   www.restaurante-riff.com

 

 

 




Marc Schulz kocht nicht mehr im Jumeirah

Nach nur einem Jahr verlässt

der forsche Chef seinen Herd

in Frankfurt

 

Marc Schulz hat bereits nach genau einem Jahr überraschend das Jumeirah in Frankfurt verlassen und ist nicht mehr Executive Chef im Hotel sowie Küchenchef im Restaurant Max on One. Diese Personalie fällt mit dem Direktionswechsel  einher: Dagmar Woodward übergab gerade an Doris Greif, die jetzt das Jumeirah Frankfurt leitet. Dieser Schnitt könnte auch mit einer neuen Konzeption des Hauptrestaurants und der gastronomischen Ausrichtung im Haus zusammenfallen. So gut die Belegungszahlen im Hotel auch sein mögen, das Max on One brachte trotz seiner originellen Atmosphäre bislang nicht die gewünschten Ergebnisse, vor allem fehlt es immer noch an der Akzeptanz in Frankfurt selbst. Martin Steiner, ehemaliger Küchenchef von Johann Lafer und seit der Eröffnung des Jumeirah im Jahr 2011 der erste Küchenchef im Max on One, hatte mit seiner Idee von klassischer und moderner Österreich-Küche sehr solide vorgelegt und hätte im Grunde internationale Gäste und das lokale Publikum gleichermaßen locken können. Marc Schulz änderte im September 2013 komplett das kulinarische Konzept im Max on One und zeigte vor allem bei der Präsentation der Gerichte Phantasie. Marc Schulz hat noch keinen neuen Posten, nimmt sich erst einmal eine Auszeit und will sich mehr um seine Familie kümmern. Das Hotel Jumeirah Frankfurt sucht noch nach einem Nachfolger.

Max on OneDie Handicaps bleiben: Das Max on One befindet sich im ersten Stock und lässt externe Gäste damit eine Hürde überwinden. Zudem existiert keine Terrasse. Bis heute unerklärlich, warum das Jumeirah nicht das schöne Thurn- uns Taxis-Palais vor der Haustür gleich mitgepachtet hat, womit ein fürstliches Entree und eine tolle Terrasse Teil des Hotels gewesen wären. Die in Dubai basierte Hotelgruppe hätte auch diese 20.000 € noch aus dem Ölkännchen finanzieren können.

LF

 

 




Wein des Monats: Sancerre von Vacheron

Leise, delikat & raffiniert

 

Wer trinkt eigentlich noch Sancerre? Die Kalkigen, die ihre frankophile Ader nie mit frischen Weinen durchspült haben und gar nicht merken, dass den meisten Tropfen dieser Provenienz jegliches Leben fehlt? In nicht wenigen Restaurants liegen diese sehr speziellen Weine der Loire-Region jedenfalls bleiern im Keller, andere führen sie erst gar nicht mehr. Das mag bedauerlich sein, hat aber seinen guten Grund, denn die Entwicklung beim Sancerre ist mühsam – man hat sich zu lange auf welken Lorbeeren ausgeruht. Dass die Besinnung auf Tradition, biodynamische Arbeit im Weinberg, Terroir-Bewusstsein und Qualitätsstreben zu erstklassigen Ergebnissen führen kann, zeigt dagegen die Domaine Vacheron. Der Sancerre blanc Le Paradis kommt aus dem Bilderbuch des guten Geschmacks.

Die Weinmacher & Cousins Jean-Laurent und Jean-Dominique mit Vätern

Die Weinmacher und Cousins Jean-Laurent und Jean-Dominique Vacheron mit ihren Vätern

Sancerre kann schrecklich sein. Langweilig, aber auch so ätzend, dass die Bauchspeicheldrüse ächzt und die Zunge fiept. Die Rebsorte Sauvignon Blanc wird weltweit verhunzt. Mit Donnerhall wird dem Weintrinker ein fast künstliches wirkendes Aroma an Stachelbeeren und anderem schreiendem Obst und mitunter auch noch Katzenklo in den Mund geschoben. Kräftige Aromen versteht eben jeder. Der Name Sancerre hat darunter ebenso zu leiden wie der Nachbar Chablis und sein Chardonnay. Wie schön, dass man noch anderes bekommt, was den Namen Sancerre auf dem Etikett trägt. Die Weine der Domaine Vacheron vereinen kühle Intelligenz mit emotionaler Feinfühligkeit.

Der Sancerre Le Paradis von Vacheron ist leise, raffiniert und delikat. Die sonst bei Sauvignon-Blanc-Weinen so tönende Stachelbeere verhält sich ganz ruhig. Deutlich dagegen, belebende Zitrusnoten, Mineralität, Muschelschalenkalk, etwas Akazie, ein Hauch von Melone und eine minimale und doch pointierende Kräuterwürze. Eine frische Brise, wie sie perfekt zu Meeresfrüchten, Schalentieren und Fischen passt. Ein großartiger Sommer- und Herbstwein, aber im Grunde einer für alle Jahreszeiten. Der Sancerre Le Paradis gefällt jedem, ohne dass er jedem gefallen will. Dabei ist sein Auftritt nicht überschwänglich, sondern dezent charmant. Sommelier Justin Leone vom Tantris in München und sein Kollege Thierry Felden von der Villa Merton in Frankfurt setzen ihn gezielt als Überzeugungswein für alle ein, die eigentlich keinen Sancerre mehr trinken wollen oder schon lange nicht mehr getrunken haben.

Ludwig Fienhold

 

Sancerre5

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Von der Domaine Vacheron gibt es noch sehr komplexe, konzentrierte und weit speziellere Lagenweine, die sich aber weniger für Einsteiger als Le Paradis eignen: Les Romains und Guigne-Chèvres. Noch mitunter recht verschlossen, doch man spürt und schmeckt schon jetzt all das, was an Großem in ihnen heranwächst: Purismus in einer besonders noblen Form. Die Flaschenpreise für die Sancerre der Domaine Vacheron liegen je nach Sorte zwischen 10 und 33 €, Le Paradis kostet 31 €.
 
 

Sancerre6 Porträt

Appellation: Sancerre, Loire
Rebfläche: 47 ha
Jahresproduktion: 200.000 Flaschen
Boden: Kalkstein, Silex
Rebsorten: Sauvignon Blanc, Pinot Noir
Durchschnittsertrag: 45 hl/ha
Rebalter: 30 Jahre
Zertifizierung: Agriculture Biologique (Ecocert), Biodyvin (Ecocert)