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Restaurantkritik Sra Bua by Juan Amador

Asiatisch für Fortgeschrittene

im Hotel Kempinski Gravenbruch

 

Von Ludwig Fienhold

 

Juan Amador ist kein Chamäleon, wenn er jetzt neben einer avantgardistischen Küche und Nouvelle-Spanisch auch noch Asiatisches auskocht. Ideenreich war er immer, das Korsett eines „Molekularkochs“ musste er als viel zu einengend empfinden. Dieser fragwürdige Titel stimmte ohnehin nie so ganz, jetzt in seinem Restaurant in Mannheim noch viel weniger als zuvor in Langen. Der Hang zum Asiatischen besteht bei Amador nicht erst seit gestern und wird durch sein Engagement im Restaurant Water Library Thonglor in Bangkok untermauert.

Juan Amador ist zwar der künstlerische Leiter des neuen Sra Bua im Kempinski bei Frankfurt, doch als Küchenchef steht dort der 31 Jahre alte Dennis Maier am Herd. Außer bei seinem Mentor Amador kochte er im Da Gianni Mannheim sowie im Port Petit in Cala d´Or auf Mallorca und war zuletzt als Souschef im Restaurant Freundstück im Hotel Ketschauer Hof in Deidesheim tätig – allesamt honorige Adressen.

Amuse mit Schweinebauch

Amuse mit Schweinebauch

Im Sra Bua by Juan Amador wird stilübergreifend asiatisch gekocht, wobei Thailand und Japan besonders stark zu spüren sind. Man darf keine reintönende Küche irgendeines Landes erwarten, sondern die modern interpretierte Kulinarik verschiedener asiatischer Kulturen. Dabei stößt man auf viele bekannte Produkte der Haute Cuisine, doch Gänseleber, Trüffel und Kaisergranat werden durch asiatischen Aromen neu koordiniert. Es geht ein wenig exotisch, vor allem aber entspannt zu, weil die Gerichte nach Harmonie streben, ohne zu langweilen. Ganz im Gegenteil, durch die verschiedenen Rezeptoren entstehen spannungsreich verdichtete neue Geschmacksbilder. Exemplarisch ist der grazile Kaisergranat, um den sich ein grasgrünes Feld aus Apfelgelee, grünem Meerrettich und Wasabi-Eis ausbreitet. Das ist nicht nur optisch von großer Delikatesse, alle noch so kleinen und fein dosierten Komponenten formieren sich zu einer makellosen Einheit. Eine ähnlich lupenreine Konstellation ergibt sich auch bei der Jakobsmuschel, die erst mit geschickt eingesetzten Applikationen von Kakifrucht und zierlichem Rettich wachgekitzelt und durch einen umwerfend guten Sud auf Basis von weißen Tomatenschaum auf den Höhepunkt getrieben wird. Mit den Antipoden süß/salzig, sauer/fruchtig, cremig/knusprig spielen viele moderne Köche, doch bei diesem Gericht gelingt dies auf ganz wunderbare Weise. Bei Spitzenprodukten wie dem saftigen neuseeländischen Ora King Lachs bedarf es nur eines milden Reisessigschaums, krossen Algensalats und lauwarmer Gurkenscheibchen, um zu begeistern.

Ora King Lachs

Ora King Lachs

Es gibt durchaus das eine oder andere weniger fein ziselierte Gericht, allen voran das American Flank Steak, das gerade Grillfreunde wehmütig an den vergangenen Sommer denken lässt. Das sehr feste und saftige Fleisch wird im Sra Bua von fermentiertem, schwarzem und leicht süßlichem Knoblauch, Süßkartoffelpüree und verschiedenen Zwiebelformen passend handfest begleitet. Ein Flank Steak ist grundsätzlich bissfester als seine Verwandten und dürfte vielen Gästen Probleme bereiten, weil sie es als zu zäh zurückgehen lassen werden. Das Produkt ist jedenfalls nicht glücklich ausgewählt, zumal es weit bessere Alternativen gibt. Kein Glanzstück war auch die Poularde, die nicht mehr als solide zu bewerten ist, wobei die versprochene Trüffel-Sauce und die wenigen Trüffelscheibchen kaum Aroma spüren ließen.

Bei den lustvollen Desserts erlebt man stilsichere und detailbesessene Kombinationen. Allen voran die gebrannte Kokoscreme mit marinierter Ananas, Vanille-Sauce und Curry-Eis ist eine tropische Schönheit und steht für die ganze Küche: Sexy, stimulierend, impulsiv und an keiner Stelle langweilig.

Bei den Menüs erwartet den Gast ein spielerisches Potpourri an Vorspeisen und Naschwerk. Happen aus koreanischem Kimchi-Gemüse mit Yuzufrucht-Espuma und Rinderzunge als Vorspiel sind Lustmacher und keine Sattmacher.

Kaisergranat

Kaisergranat

Und selbst nach dem eigentlichen Dessert machen heitere Süßigkeiten à la Mandarinenschaum mit Purple-Curry nicht müde. Aufpassen muss man nur bei der gefährlich guten Paste aus Papaya, Mango und dem Thai-Chili Nam Prik, die zum Brot gereicht wird und leicht gierig machen kann.

Das Essen wird ästhetisch glanzvoll präsentiert. Zum Glück kommen dabei Schiefertafeln nur sparsam zum Einsatz, denn wenn man auf ihnen mit Messer und Gabel ins Kratzen gerät, kann dies nerven. Nicht aus der Fassung bringen lassen darf man sich auch bei manchen Weinpreisen – es sollte mehr Einstiegsmöglichkeiten zwischen 30 und 60 Euro geben, wobei auch die Glaspreise (10 – 16 € für 0,1) nicht gerade animieren. Es wird viel Gutes und Bewährtes vor allem aus Deutschland, Österreich und Frankreich geboten. Schön, dass es auch ein Sake-Sortiment gibt. Die Weine kommen korrekt temperiert an den Tisch, was leider immer noch nicht die Regel ist. Restaurantleiter und Sommelier Christian Schrader führt kompetent, engagiert und freundlich den Service. Die Uniformen mit Stehkragen und verdeckter Knopfleiste passen sich dem allgemeinen asiatischen Look an, auf dem Rücken wurde das Sra Bua-Logo, die namensgebende Thai-Lotusblüte in Gold eingestickt.

Mandarinenschaum Purple Curry

Mandarinenschaum mit Purple Curry

Vorerst finden 35 Gäste im Restaurant Platz, wenn mehr Routine ins Spiel kommt, kann bis zu 45 aufgestockt werden. Das sehr homogen gestaltete Restaurant rezitiert wie ein Mantra Figuren, Farben und Formen und wirkt ausgeglichen und wohnlich, wobei die Stühle ausgesprochen kommod sind. Die dekorativ struppigen und exotischen Bleistiftbäume aus der Florawerkstatt von Blumenkünstler Erhard Priewe beleben das Restaurant.  Da der Raum in einem schwungvollen Bogen gestaltet wurde, wirkt er nicht statisch. Das leicht meditative Dekor sollte aber keinesfalls zu einer Flüsteratmosphäre beitragen. Im Frühling wird auf der Terrasse eingedeckt – es sieht so aus, als wären wir bald soweit.

 

 

Siehe auch BISS-Artikel Juan Amadors neuer Streich – asiatische Aromen im Lotusblütenteich

US Beef Flank Steak

US Beef Flank Steak

Sra Bua by Juan Amador im Hotel Kempinski Gravenbruch bei Frankfurt, Tel. (069) 38988 660. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Samstag 18.30 – 22.30 Uhr, Sonntag 12 – 15 Uhr.

5-Gang-Menü 119 €, mit Weinbegleitung 169 €. À la Carte: Vorspeisen 26 – 32 €, Hauptgerichte 36 – 40 €, Desserts 16 – 18 €.

Das erste Konzept wurde mit dem Sra Bua by Kiin Kiin 2010 in Bangkok gestartet. Inzwischen gibt es Sra Bua-Restaurants im Kempinski Hotel Das Tirol in Jochberg unter der Leitung von Mario Hofmann, im Kempinski Grand Hotel des Bains St. Moritz unter der Leitung von Axel Rüdlin sowie das Sra Bua by Tim Raue im Hotel Adlon Kempinski Berlin.

 

 

Photocredit: Barbara Fienhold (19) Hotel Kempinski (2)




Weltklasse-Pâtissier Hümbs geht ins 2-Sterne-Restaurant Haerlin

Spannende Wechsel in der Spitzengastronomie

 

Auch Sarah Henke vom Spices soll gehen

 

Von Ludwig Fienhold

Christian Hümbs, der fantasievollste Pâtissier Deutschlands, verlässt nach fünf Jahren das Restaurant La Mer im Hotel A-Rosa auf Sylt und wird im März im 2-Sterne-Restaurant Haerlin im Fairmont Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg anfangen. Der Wechsel hat rein private Gründe, wobei Hümbs vorher bereits im Hotel Louis C. Jacob in Blankenese arbeitete und seine Lebenspartnerin Hamburgerin ist. Das 33 Jahre alte Ausnahmetalent ist ausgebildeter Konditor und Koch. Seine erste bekannte Station war Johann Lafers Stromburg in Stromberg, danach wechselte er ins Louis C. Jacob nach Hamburg und später in das Aqua ins Ritz-Carlton Wolfsburg.  Das gerade aufwendig umgestaltete und verschönerte Restaurant Haerlin wird stilsicher von Christoph Rüffel geführt (2 Michelin-Sterne, 18 Punkte im Gault Millau), aber auch Hoteldirektor Ingo C. Peters ist ein kulinarisch kluger Kopf.

Dessert: Spaziergang durchs Grüne

Dessert: Spaziergang durchs Grüne

Küchenchef Sebastian Zier vom La Mer auf Sylt verliert seinen besten Mann, man muss sich aber keine Sorgen machen, denn Zier ist ein hochsolider Könner und kann sich weiterhin auf ein gutes Team stützen. Noch aber kann darf ja die brillant kombinierten und feinsinnig ausgeführten Dessertkreationen von Christian Hümbs erleben, der zudem eigene Nachtisch-Menüs entwirft, die keineswegs überfrachtet ausfallen und mit jedem Gang Lust auf den nächsten machen.

Fenchel mit grünem Apfel, Limette und Sesam hört sich vielleicht harmlos an, ist aber so sublim und gleichzeitig expressiv, dass man ergreifend von einem Meisterwerk der Pâtisserie sprechen kann. Bei diesem und auch anderen ungemein aufwendigen Desserts von Hümbs, kommen viele Komponenten, Festes und Flüssiges, Cremiges, Knuspriges und Eisiges zusammen, die aber nie überstrapaziert werden, vollendet harmonisch ineinander greifen und sich gegenseitig intensivieren. Der „Spaziergang durchs Grüne“ führt in eine andere Dimension: Grünes Apfelsorbet, Sesamcreme, Limettengel, Fenchelcreme, Bonbon vom grünen Apfel, Sesam-Eis, Sesamragout und karamellisierter Limettenfinancier spazieren Hand in Hand über eine duftige blühende Wiese. Man isst sich in das Universum eines Weltklasse-Pâtissiers hinein und möchte dort eigentlich nicht mehr herauskommen.

Dessert: Goldener Sommer

Dessert: Goldener Sommer

Das gilt auch für den „Goldenen Sommer, bei dem ebenfalls fein ziselierte Aromen zu großem Ausdruck finden. Bei dieser beschwingten Impression von Christian Hümbs befruchten sich wortwörtlich gegenseitig Waldbeeren, Sonneblumenkern-Eis, Sonnenblumenkern-Creme, Waldbeerenbonbon, Schokoladengâteau, güldene Schokoladenperlen, geeiste Waldbeerenmousse, geeistes Joghurtparfait, Himbeercarpaccio und Waldbeerenpapier. Großartiges für den Gaumen, das Auge und die Seele. Wer so nach Harmonie strebt und die Balance hält, muss mehr als eine glückliche Hand haben, sondern all das auch in sich selbst tragen.

Keineswegs glücklich verläuft der Wechsel an der Spitze des zweiten Restaurants im A-Rosa Sylt, dem euroasiatischen Spices. Neuer Küchenchef soll Patrick Büchel werden, der bisher Souschef bei Christian Scharrer im 2-Sterne-Restaurant Buddenbrooks im A-Rosa Travemünde war. Offiziell heißt es, dass er Sarah Henke ablösen soll, die das Zepter aus der Hand gebe.

Sarah Henke

Sarah Henke

In einem Gespräch mit dem BISS-Magazin zeigte sie sich von dieser Entscheidung jedoch überrascht: „Ich war einige Wochen auf Urlaub und habe erst jetzt durch andere davon gehört.“ Sie gab klar zu verstehen, dass sie gerne weiter als Küchenchefin im Spices arbeiten möchte. Die Entscheidung ist auch deshalb nicht zu verstehen, weil die Südkoreanerin Sarah Henke derzeit einen besonders guten Lauf hat, ein Stern im Michelin, 16 Punkte im Gault Millau, Aufsteiger des Jahres 2013 vom Gault Millau dokumentieren dies. Ihre fabelhafte Gewürzküche ist gerade auf dem Höhepunkt – und ausgerechnet jetzt soll sie gehen?

 

Bild oben rechts: Christian Hümbs

Photocredit: Barbara Fienhold (Food), A-Rosa (People)

 

 




Michelin 2014: Die Sterne verlieren ihren Glanz

Überraschungen bleiben aus

Die Redaktion trottet den Trends tapfer nach

 

Bernard Naegellen, Direktor des Michelin France von 1985 bis zum Jahr 2000, war für sein klare Meinung bekannt: „Geld von Köchen zu nehmen“ erklärte er gern in Interviews „gehört zu den Methoden kleiner Guides.“ Nicht einmal 13 Jahre später wendet der Michelin selbst die Methoden kleiner Guides an, bittet Köche für Reservierungen zur Kasse und verkauft „Sichtbarkeitspakete“ auf seiner Website. Die Tatsache, dass sich die Lebenspartnerin von Ex-Direktor Naret zur Gastronomieberaterin ernannte, die „Köche in ihrem kreativen Prozess begleitet“, fiel da kaum noch auf. Erlaubt ist jetzt, was Geld in die Kasse bringt. Egal in welche.

So verlässt sich der Michelin France 2014 dann auch nur noch auf seinen guten Namen. Neben einer einzigen Überraschung (zweiter Stern für „La Table du Connétable“ in Chantilly) sind die Testresultate beliebig und mit allen anderen Guides austauschbar: Da gibt es zunächst einmal viele, viele Sterne für junge Köche, die im letzten Jahr in so gut wie allen Blogs, Zeitschriften, Zeitungen und Führern gebührend gelobt wurden.

Der ehemalige britische Drei-Sterne Koch Marco Pierre White kommentierte die neue Politik des Überflusses im „Daily Telegraph“: „Als ich ein Junge war, glich der Gewinn eines Sterns dem eines Oskars. Heute verteilen sie Sterne wie Konfetti…. Ich glaube nicht, dass man bei Michelin versteht, was man dort tut. Der Guide ist aus den Angeln gehoben. “

Selbst die vermeintliche Sensation, ein dritter Stern für „L’Assiette Champenoise“ in Reims und Cuisinier Arnaud Lallement wollte in Frankreich kaum jemand so richtig goutieren. Francois-Régis Gaudry, der Kritiker des „L’Express“, bemängelte schwache Leistungen. Gilles Pudlowski, der langjährige Gastronomie-Experte von „Le Point“ meinte gar, laut Michelin könne man jetzt „der beste Koch Frankreichs sein ohne der beste Koch seiner Stadt zu sein“. Tatsächlich hat die „Assiette Champenoise“ mit dem glamourösen „Les Crayères“ nebst Chefkoch Philippe Mille einen sehr, sehr starken Lokalrivalen.

Längst fällige Abwertungen diverser Altstars werden in Frankreich seit Jahren geflissentlich vermieden. Wer bei drei Sternen an das Versprechen glaubt, die Küche sei „eine Reise wert“, riskiert schon seit Jahren kostspielige Enttäuschungen. Mit voller Wucht abgestraft werden hingegen ältere Köche, die es nicht bis nach ganz oben in der Gunst des Guides geschafft hatten: Diesmal traf es etwa den bewährten Bruno Cirino von der Hostellerie Jérôme, einen zuverlässigen, erstklassigen Koch, der etliche bekannte „Youngster“ ausgebildet hat.

Wer tatsächlich den Empfehlungen des Michelin folgt, stellt schnell fest, dass starke „Ein-Sterner“ so manchem Drei-Sterne-Star abseits der Kategorien Weinkarte, Interieur und Tafelsilber durchaus Konkurrenz machen können. Schnelles Vorpreschen bei einem Maximum an  jungen Köchen in Tateinheit mit schneckengleichem Zögern bezüglich Sanktionen von Altstars sorgen letztendlich dafür, dass sich die Wertungen selbst ad absurdum führen.

Doch Kunde des Michelin ist ja nicht mehr der Gast. Es ist der Koch, der brav für die Präsenz auf der Website und die Reservierungen zahlt. Finanziell wird sich die Konfetti-Politik deshalb lohnen. Sterne für alle! Und dann bitte an die Michelin-Kasse.

Jörg Zipprick

 




Murks & Knurps beim großen Pellegrino Köche-Gipfel

Topköche hatten bei den Pellegrino-Awards

viel zu kauen und langweilige Reden zu verdauen

 

Es scheint bald mehr Gastronomiepreise als Köche zu geben. Die „Kulinarische Auslese“ ist auch einer, eingeführt von S.Pellegrino als werbewirksames Marketinginstrument. Die 15. Auszeichnungsfeier dieser Art holperte und stolperte jetzt im Frankfurter Thurn- und Taxis-Palais über die Bühne. Gastronomisch verantwortlich waren Kofler & Kompanie, die den größten Teil des attraktiven Gebäudes bewirtschaften und für Veranstaltungen und Feiern aller Art nutzen. Durch das Programm führte mit Wirtshauscharme Markus Lanz, dessen schöner Anzug nicht zu seiner Diktion passen wollte. Dass man trotz einiger Pannen und Peinlichkeiten großen Spaß haben konnte, lag daran, dass man viele nette und großartige Küchenchefs aus ganz Deutschland und Österreich traf. Und sicher auch ein klein wenig daran, dass der Champagner munter sprudelte.

Story-Teller

Story-Teller

Wenn man bedenkt, dass an einem Abend 350 hochkarätige Vertreter aus der Hotellerie & Gastronomie zusammenkommen, die selbst all ihre Gäste mit Bestleistungen bedienen, so muss einem das Ergebnis dieser Veranstaltung wie ein dürftiges Abspeisen vorkommen. Schon die Weinauswahl geriet zur Zumutung. Der Chianti Rufina, Nippozano Riserva 2010, von Frescobaldi war eine Plörre, wie man sie nur seinen Feinden auftischen würde. Und der süßlich-dünne Pomino Bianco hätte höchstens noch einigen Brüdern unter den Brücken dieser Stadt etwas Freude bereitet. Nein, das war alles andere als eine „Auslese“. Und ist deshalb so besonders ärgerlich, weil es weiß Bacchus genug preiswerte und dennoch gute Weine gibt, die man bei solchen Großveranstaltungen ohne Gesichtsverlust einsetzen kann. Aber vielleicht war es ja die Pellegrino-Idee, dass die Gäste vor allem Wasser trinken sollten.

Und die Küche? Die blamierte sich ebenfalls. Nicht nur an unserem Tisch, an allen Tischen. Die wässrigen faden Macaroni mit leblosen Steinpilzen und versprochenen, aber nicht vorhandenen Trüffeln, waren genauso falsch, wie die Schriftweise auf der Speisekarte fehlerhaft: „Macceroni“. Vielleicht doch Mackerroni, weil sie so brutal schlecht waren und bloß von Mackern zubereitet wurden? Egal, es kam noch schlimmer. Die unschönen Stücke vom geschmorten Hereford-Rind hatten einen unangenehmen Beigeschmack, das kurz gegarte nur knurpsig-matschige Wagyu war fast roh und ungenießbar. Da war es schon egal, dass die tournierten halbrohen Gemüse nichts mit dem annoncierten Ligurien zu tun hatten und eine richtige Syrah-Jus einfach anders als nach nichts schmeckt. Fleischspezialist „Otto-Gourmet“, einer der Sponsoren der Pellegrino-Veranstaltung und Lieferant von dem hier aufgetischten Wagyu und Hereford, tobte hinter den Kulissen. Deren hochwertige und hochpreisige Produkte sollten glänzen und für die Qualität werben, was gründlich danebenging.

Große Tafelrunde

Große Tafelrunde

Dass ausgerechnet die drei am besten bewerteten Köche durch Abwesenheit „glänzten“ ist keine Ironie, denn Küchenchefs sollten ja am Herd stehen und nicht Party machen. Die drei Musketiere waren: Harald Wohlfahrt, Helmut Thieltges und Joachim Wissler.

Das Bühnenprogramm zog sich. Die Laudatoren schläferten ein und lieferten kaum mehr als Phrasen und Beliebigkeiten, die niemand hören will. Markus Lanz, eigentlich als Moderator mit guter Gage engagiert, musste nur hin und wieder müde lächeln und ebenfalls Plattitüden von sich geben. Toll, wie leicht man sein Geld verdienen kann. Dass alle Reden zu lang waren, Manuskripte mit Textpassagen verloren gingen, Umschläge mit Preisen nie auftauchten und die Akustik im Raum so schlecht war, das man lieber bei einem tinnitus-tonalem AC/DCKonzert gesessen hätte, sei hier nur so nebenbei bemerkt.

Pellegrino beste Köche

Happy End

Ja, aber es war schön, Hans Haas mal in einem schwarzen Anzug zu sehen. Von Jörg Sackmann zu hören, dass dessen Filius als rechte Hand im Sterne-Restaurant Schlossberg in Baiersbronn unentbehrlich geworden ist. Und auch zu bemerken, dass der adrette Sohn von Hotel-Legende Heiner Finkbeiner, Sebastian, nicht wie viele andere Gäste im benachbarten Hotel Jumeirah logierte, sondern um Mitternacht noch in den Schwarzwald fuhr. Ohne Wein und mit ganz viel Pellegrino-Wasser im Blut.

Ludwig Fienhold

 

 

Titel & Auszeichnungen

Die „Beste Köchin des Jahres“ kommt laut Pellegrino aus Rheda-Wiedenbrück, heißt Iris Bettinger und kocht im Restaurant Reuter. Ist doch nett, wenn man Unbekannten in vergessenen Regionen irgendwie helfen kann. Der Preis für die „Neueröffnung des Jahres“ sicherte sich das „Becker’s XO“ in Trier. Und dann hagelte es Preise für alle, die man eben so kennt.  Harald Wohlfahrt, Helmut Thieltges und Joachim Wissler. Aber wo war eigentlich Heinz Winkler?

 

 Photocredit: Barbara Fienhold

 




40 Jahre Parthenon: So kocht man sich in den Olymp

Gelage mit Lebensfreude, Top-Küche und tollem Wein

 

Wer 40 Jahre so engagiert arbeitet, eine sehr gute Küche und ausgesuchte Weine bietet, hätte eigentlich auch einen Michelin-Stern verdient oder zumindest olympische Ringe. Stelios Kokkinoplitis ist Heißblutgastronom, Qualitätsfanatiker und der bestmögliche Botschafter seines Landes. Er begann als Koch in seiner Heimatregion Chalkidiki, bevor er 1974 sein Lokal an der Frankfurter Kennedyallee eröffnete. Jetzt feierte Stelios drei Tage lang seinen großen gastronomischen Geburtstag.

Das Lokal Parthenon ist weder Taverne noch Tempel. Es ist ein Ort an dem sich einfach gut feiern lässt. Meist mehr als nur feiern, denn das Lokal animiert zu dionysischen Gelagen. Dies liegt nicht zuletzt an Stelios Kokkinoplitis, der in seinem Olymp mit temperamentvoller Lebensfreude herrscht. Er thront aber nicht nur dort, sondern wohnt regelrecht in seinem Lokal, und gleich darüber. Der quirlige Lockenkopf braust unentwegt zwischen Küche und Restaurant umher, um hier in die Töpfe zu kucken und dort Gäste zu begrüßen. Einst führte Stelios neben dem Parthenon noch das Kamin-Lokal Athenaeum nebenan, das Nizza am Main und die Dorade, inzwischen aber widmet er sich ausschließlich seinem Stammsitz.

Parthenon

Stelios, spiegelverkehrt

Schon manche kulinarischen Details sind im Parthenon von schlichter Schönheit. Das Gerstenbrötchen Paximadiaus Kreta wird aus Gerstenvollkornmehl, Olivenöl, Sauerteig, Hefe, Salz und Wasser nach alter Sitte geknetet und im Ofen steinhart getrocknet. Auf diese Weise ist es ein Jahr haltbar und wird erst durch ein wenig Wasser und Olivenöl zu neuem Leben erweckt. Gemeinsam mit Tomaten, Oliven, Kapern oder Käse schmeckt dieses Urbrot anders- und einzigartig. Es sind solch authentische Regionalrelikte, die einem Lokal Identität geben. Dazu zählen auch viele Vorspeisen, die für gute kulinarische Unterhaltung sorgen: Feinwürziges Fawa-Erbsenpüree, Zucchinischeiben mit schwarzer Olivenpaste, frittierte Sardinen und wunderbar derbe Gigantes – dicke Bohnen aus Kastoria. Auch der obligatorische Tsatsiki ist hier besser angerührt als so oft und eignet sich in seiner leichten und erfrischenden Art als Puffer zwischen Vorspeisen und Hauptgericht.

In der griechischen Küche spielt weit weniger die Phantasie bei der Zubereitung eine Rolle, sondern viel mehr die Frische und Qualität der Zutaten. Gutes Olivenöl und ein paar Spritzer Zitronensaft statt schwerer Saucen mag mancher als zu einfaches Küchenwerk verstehen, entspricht aber der griechischen Essphilosophie und dem Hang zur Natürlichkeit. Fisch wird nur gebacken oder gegrillt, im Parthenon bringt er den Duft des Mittelmeeres an die Tische. Gerade beim Fisch spürt man, dass Spitzenware verwendet wird. Der Oktopus ist von saftiger Geschmeidigkeit, auffällig gut gerät auch der Stockfisch mit Kartoffel-Knoblauch-Mousseline.

Geheimer Hinterhofplatz

Geheimer Hinterhofplatz

Ob Fisch, Meeresfrüchte, würziges Hackfleisch oder klassische Kalbsleber, die Küche belässt den Produkten ihren Charakter und weiß deren Geschmack mit gut balancierter Würze hervorzuheben. Wer sie einmal probiert hat, wird sich die in Olivenöl leicht frittierten Kartoffelscheiben zu jedem Gericht wünschen. Sie werden aus jungen Zypern-Kartoffeln zubereitet und mit Salz und Oregano gewürzt. Lammkoteletts, geschmortes Lamm und Hackfleisch-Biftéki muss man im Parthenon ebenfalls gegessen haben. Schmorgerichte gelingen umwerfend gut. Das Rindfleisch ist zart und wird beherzt gewürzt, wobei meist eine Prise Zimt die Pointe setzt. Die traditionellen Kokkinisto-Eintopf-Gerichte können mit Huhn, Lamm, Schwein, Rind und auch Kaninchen sein. Dazu passen  die genannten dünnen Kartoffelscheiben oder Kritharáki, wie Risotto wirkenden „Reis“-Nudeln.

Stelios, der gleich um die Ecke auch ein Geschäft mit Wein und Olivenöl betreibt, ist ein Qualitätssucher. Das merkt man schon beim Ouzo Plomari, einem hochwertigen Erzeugnis von der Insel Lesbos. Das Olivenöl, beispielsweise Mylopotamos und Nemea, ist ebenso hervorragend. Und dass die griechischen Weine enorm an Qualität gewonnen haben, merkt man im Parthenon ohnehin auf sehr anschauliche Weise. Der Sauvignon Blanc von Alpha überzeugt mit saftiger Frucht und erfrischender Säure, das Weingut wird von Makis Mavridis und dem bekannten Önologen Angelos Iatridis betrieben.

Der schönste Platz, ist immer nahe der Theke

Der schönste Platz, ist immer nahe der Theke

Auch der leichte und duftige Tropfen aus der autochthonen Rebsorte Assyrtiko von der Domaine Evharis aus den Gerania-Bergen bei Athen macht Spaß. Ungewöhnlich, der nach exotischen Früchten duftende Sigalas sowie der rauchige Gaia Thalassitis von der Vulkan-Insel Santorin. Der Dyo Elies vom Weingut Kir-Yianni aus dem Jahr 2005 beschert mit seiner Cuvée aus Syrah, Merlot und der autochthonen griechischen Rebsorte Xynomavro einen kraftvollen, nach roten Beeren, Leder und Tabak duftenden Roten, der wunderbar zu den Grillgerichten des Lokals passt. Einen Kelch sollte man bei einem Besuch im Parthenon nicht an sich vorübergehen lassen: Der tiefschwarze, kraftvolle und wildbeerige Cabernet Sauvignon Trilogia aus der Nähe von Olympia gehört zum Besten, was Griechenland derzeit zu bieten hat. Erzeugt wird er von Christos Kokkalis, der einst in Mönchengladbach Apotheker war und mit seinem Wein eine ganz besondere Medizin herstellt.

Stelios Kokkinoplitis betreibt neben Parthenon und Weinladen noch ein eigenes Weingut, sieben Hektar in Pieria mit Blick zum Olymp. Der Asteri, eine Cuvée aus Sauvignon Blanc, Assyrtiko und Malagousia, ist ein schöner süffiger Tropfen, die ersten Jahrgänge 2011 und 2012 fielen sehr gut aus, der aktuelle hat etwas unter feuchtem Wetter leiden müssen, flitzt aber auch noch gutgelaunt über die Zunge – ein heiterer Open-Air-Wein. Das Parthenon entfaltet seinen ganzen Charme am besten im Sommer auf der großen Terrasse, wo auch immer wieder gegrillt wird. Originellster Platz aber ist der fast unbekannte überdachte winzige Hinterhof, in dem nur ein einziger Tisch steht. Eigentlich dient er als Pausenecke fürs Personal, kann aber auch von Gästen reserviert werden. An keinem Platz im Parthenon fühlt man sich Griechenland näher als dort.

Parthenon, Frankfurt, Kennedyallee 34, Tel. (069) 63 54 19. Küche: Täglich 12 – 14 und 18 – 23 Uhr, Sonntag durchgehend.

 

 

Photocredit: Barbara Fienhold

 

 

 

 




Hotel-Traveller: Neue Ausgabe mit Hotel-Test Kameha Grand

Suchst Du noch oder

wohnst Du schon in den

besten Hotels der Welt?

 

Das neue Internet-Magazin Hotel-Traveller reist mit einem klaren Ziel durch die Welt: Wir wollen besondere, extravagante, individuelle oder auch legendäre Hotels vorstellen, aber nicht nur deren Luxus bejubeln, sondern sie so zeigen, dass Vorzüge deutlich und Nachteile erkennbar werden. Die herkömmlichen Reisejournale vernachlässigen die Hotellerie, zumal ihnen entsprechende kompetente und erfahrene Autoren fehlen. Bei anderen Journalen steht bezahlte Promotion im Vordergrund. Und über Hotelbewertungen von Gästen im Internet konnte man gerade in den letzten Monaten so viel Negatives lesen, dass man spätestens jetzt wissen muss, wie dort manipuliert wird.

Hotel Traveller CoverUnser Anspruch an Qualitätsjournalismus basiert auf einer unabhängigen, kritischen und kenntnisreichen Haltung, die Reisenden die bestmöglichen Informationen bieten will, aber auch den Hotels und den Verantwortlichen selbst konstruktive Ideen zur Verbesserung aufzeigen möchte. Herzstück unseres Magazins sind Spitzenhotels im Expertentest. Bei den anonymen Hotel-Tests werden alle Bereiche auf Herz und Nieren geprüft: Zimmer, Bad, Service, Frühstück, Roomservice, Housekeeping, Restaurant, Weinauswahl, Bar, Bankettabteilung, Location und vieles mehr.

Über 15 Jahre bestimmte nur ein Hotel-Test das Genre: Der Luxushotel-Test in der Fachzeitschrift Tophotel. Das Autorenteam geht eigene Wege, inzwischen werden dessen Hotel-Tests exklusiv im neuen Magazin Hotel-Traveller veröffentlicht. „Die Quality Checks waren der absolute Quotenrenner von Tophotel und galten als die ultimativ kritischsten, seriösesten, ausführlichsten und am meisten beachteten in der Branche. Für viele Hotels gehörte dieser Test zur Pflichtlektüre und war Grundlage für interne Schulungen“, kommentiert Wolfgang Schmitz, der vielfach ausgezeichnete Gründer der Fach-Illustrierten Tophotel.

Der erste Hotel-Test nahm das kaiserliche Schlosshotel Kronberg unter die Lupe: Nicht nur Glanz & Gloria. In der neuen Ausgabe wird das Kameha Grand in Bonn von unserem Expertenteam begutachtet: Bon Bonn, alles im bunten Bereich.

Weitere Themen der aktuellen Ausgabe

Robinson ist jetzt Insel-Gourmet

Die Malediven verändern ihr Image

Coco Palm Bodu Hithi verbindet Luxus & Lässigkeit

Marbella: Comeback einer alten Diva

Der Sonnenkönig Marbella Club

Puente Romano: Neustart mit Topküche

Kempinski Estepona: Entspanntes Spanien

Die Magie der Saucen: Das Restaurant Esszimmer im Hotel Adlon in Berlin

 

Viel Spaß und neue Erkenntnisse bei der Lektüre.

Ludwig Fienhold

Herausgeber & Chefredakteur

Hotel Traveller Hotel-Test

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

www.hotel-traveller.de

 

 




Nur schöne Gäste sind gute Gäste

Belle de Jour im Costes-Hotel

 

Was eigentlich bestimmt die Atmosphäre in einem Hotel oder Restaurant? Das Dekor, die Tischkultur, der Service? Alles von dem, doch ganz entscheidend auch die Gäste selbst.

Eine Serviererin der Pariser Costes-Gruppe behauptet: Bei uns werden die Gäste nach Schönheit sortiert. Grund zur Empörung oder Sturm im Wasserglas?

Der Blick in den Spiegel reicht nicht mehr. Sie können ihre Attraktivität auch auf eine andere Weise testen. Besuchen sie doch ein Pariser Lokal der Costes-Gruppe, beispielsweise das Georges im Centre Pompidou, ein Museumslokal mit Aussicht über die Dächer der Stadt.  Eine ehemalige Serviererin vertraute der Zeitung „Le Canard enchaîné“ an, dass dortige Kunden nach ihrer Attraktivität platziert würden. Ausnahmen gäbe es nur für Prominente, die ohnehin die besten Plätze bekämen. Ansonsten gilt: Die Schönen in die Auslage, die weniger Attraktiven werden bei diesem Gen-Roulette hinten platziert, wo ihr Anblick die Passanten nicht beleidigt. Gilbert Costes, so heißt es weiter, würde die Einhaltung der Regeln höchstselbst kontrollieren. Schlimmer sei da höchstens noch die Rekrutierung der Servierer/innen, die über Modelmasse verfügen sollten. Im schicken Hotel Costes wetteifern die Bedienungen mit den Gästen – mehr schöne Frauen sieht man selten.

Durch Paris ging ein kurzer Aufschrei des Entsetzens. Andererseits lassen die Geständnisse der Service-Fachkraft auch viele Fragen offen: Was passiert mit weniger ansehnlichen Männern in ausgesprochen attraktiver Damenbegleitung? Und: Wird die Sitzvergabe andernorts nicht ohnehin nach Kriterien wie „Prominenz, Geld und Sex-Appeal“ vorgenommen? Herrschen in anderen Szene-Restaurants andere Gepflogenheiten?

Schließlich ist ein Pariser Szenelokal ein Theater der Oberflächlichkeiten, Eitelkeiten und Anzüglichkeiten, von Toiletten im Stil einer Versailles-Parodie  (Cristal Room), bis zu einer Ansammlung käuflicher Damen auf Kundensuche (meist im „Goldenen Dreieck Avenue George V,  Montaigne und Champs-Elysées anzutreffen).

Den Luxus des systematischen Platzierens erlauben sich nur gutgehende Lokale. Von dem Wirt einer kleinen, jedoch gut besuchten Brasserie ist bekannt, dass er attraktive Freundinnen des Personals gern gegen 20 Uhr sichtbar platzierte. Dann gab es zumindest einen Gratissalat, doch gegen neun Uhr mussten die Damen den Tisch räumen. Ansonsten werden die ersten Gäste nach vorn „in die Auslage“ gesetzt, damit sie möglichst weitere Kunden anziehen. Nichts ist schließlich trister als ein leeres Lokal. Letztlich scheitert auch der ausgeklügelte Reservierungsplan am Wunsch der Gäste. Die Prominenz der A- und B-Klasse will in Paris meist diskret speisen. Der angeblich begehrte Platz am Fenster ist eher für Wichtigtuer.

Jörg Zipprick

 

 

 

 

 

 




Angezapft: Tankstelle wird Bierbrauerei

Schaumgeboren und ein sauberer Genuss

 

Das Beste was aus einer Tankstelle werden kann ist eine Brauerei. Gezapft wird immer noch, aber ganz bleifrei. Im Oeder Weg im Frankfurter Nordend betreibt Sascha Reifenberg seit 18. Januar eine kleine individuelle Bier-Manufaktur mit blitzsauber erzeugten Spezialitäten: Helles, Dunkles, Hefeweizen und Bernstein-Premium. Auf den Biergarten vor der Tür darf man sich schon jetzt freuen.

Wo einst die Autowerkstatt war, brodeln nun Braukessel. Eine hübsch gezimmerte Theke bietet einen guten Halteplatz für eine kleine Teststrecke, vier Biere stehen derzeit im Angebot, die schnell probiert sind. Man kann sie aber auch in Ruhe genießen und dazu einen Vesperteller mit Wurst und Käse haben. Die nostalgischen Bügelflaschen nehmen sich viele nach Hause mit, ein Euro Pfand sichert die Rückgabe, denn Braumeister Reifenberg ist froh um jede Flasche, die wieder bei ihm landet. Er lässt neugierige Kunden gerne probieren und erklärt flüssig sein Handwerk, während er Flaschen nebenbei etikettiert. Frisch gezapft an Ort und Stelle schmeckt es einfach am besten.

Saubere Entwicklung: Statt Benzin fließt jetzt Bier

Saubere Entwicklung: Statt Benzin fließt jetzt Bier

Die Biere sind unfiltriert, naturtrüb und unbehandelt. Sie tragen alle die gleiche Handschrift, sind delikat und süffig. Primus Inter Pares ist das Bernstein-Premium. Schön würzig und hopfig, leicht cremig mit Karamellcharakter. Das Dunkle präsentiert sich fein, dicht in der Struktur und doch leicht, das Aroma zeigt sich eher verhalten. Beim Hellen fällt ebenfalls die schöne Leichtlebigkeit auf, das Bier fliest flink über die Zunge und macht nicht satt. Auch das Hefeweizen ist von temperamentvollem Trinkfluss und nicht ein so bauchblähendes Monstrum wie so viele andere Sorten dieser Spezies. Alle Biere sind quicklebendig, von erfrischender Würze und machen Lust auf ein Glas mehr.

Hier braut sich was zusammen

Hier braut sich was zusammen

In der gläsernen Mini-Brauerei kann man die handwerkliche Fertigung live miterleben, vom Schroten des Malzes und dem Kochen der Würze, über Gärung und Lagerung bis zum Abfüllen der Flaschen. Es werden überwiegend regionale und biologische Rohstoffe verwendet, betont Sascha Reifenberg. Degustationen, Führungen und Braukurse sollen schon bald Wissensdurstige bedienen.

Der benachbarte Feinkostladen von Wild-Schmidt bietet sich ebenfalls mit seinen Waren zum Einkauf an.  Mitbesitzer von BrauStil ist jedoch der Immobilienunternehmer Georg-Augustin Schmidt.

Zum Biergarten, der schon jetzt an milden Tagen einlädt, gehört ein kleiner Bauernmarkt mit Gemüse, Obst und einigem mehr, der vom Feinkostladen nebenan bestückt wird und eine schöne Atmosphäre schafft. Star des ganzen Geschäfts bleibt das Bier. Im Grunde ist der Oeder Weg 57 eine Tankstelle geblieben.

LF

Gebräu mit Stil

Gebräu mit Stil

BrauStil, Frankfurt, Oeder Weg 57, Tel. 069 98669557
www.braustil.de

Montag – Mittwoch 12 – 19 Uhr, Donnerstag + Freitag 12 – 21 Uhr, Samstag 11 – 21 Uhr.

 



 

 

 

 

 




Aufgespießt: Ups & Downs in der Gastronomie

Gute Kreppel

schwache Burritos

 

Ja, im Marketing und bei Facebook ist die Burrito Bande ziemlich gut aufgestellt und kommt auch ganz sympathisch rüber. Doch was wir jetzt in der neuen Depandance am Frankfurter Hauptbahnhof erleben mussten war ganz müder Mampf. Cowboy Bill verspricht „saftiges Rindfleisch mit hausgemachter Banden-BBQ-Sauce“ und Chicken Bob „zarte Hähnchenbrust mit würzigem Mango-Chutney“. In der lauen pampfeisten Teigrolle steckt vor allem aber Reis, ganz viel Reis. Und darunter halten sich einige wenige Stücke Fleisch versteckt, die dann mit einer eher süßlichen Tunke belebt werden sollen, aber alles nur noch schwerer machen und nach spätestens drei Bissen den Gaumen einlullen. Diese Burritos liegen gefühlte hundert Jahre im Magen. Die versprochene „Taste Revolution“ richtet die Waffen gegen sich selbst.

döpfners bistroDas Frankfurter Restaurant Döpfners im Maingau ist auf angenehme Weise old fashioned. So langsam begreifen auch die Jüngeren, dass solche Orte von einer gewissen Behaglichkeit sind, wie sie all die immergleichen Lounges und viele Szenelokale nicht bieten können. Eine solche Weinauswahl wie dort ist ohnehin eher selten zu erleben, Deutschland, aber auch Frankreich und Österreich sind bestens vertreten. Es gibt zudem auch genügend gute Tropfen glasweise. Jetzt haben die Döpfners ihr Lokal ein klein wenig erweitert und offerieren in ihrem neuen Anhang gleich im Eingangsbereich eine kleine Bistro-Küche. Dadurch fühlen sich nicht allein die Hotelgäste angesprochen, die ja oft nur ein Glas Wein und eine Kleinigkeit haben möchten, sondern auch jene Sachsenhäuser, denen das Umfeld nichts in dieser Art bietet. Ein gutes Glas Wein und eine Currywurst – mehr bedarf es oft nicht.

Aber es kommt noch besser: Am 3. Und 4. März, also Rosenmontag und Faschingsdienstag, werden Kreppel in verschiedenen Sorten ins Büro oder nach Hause geschickt. Wir wissen nicht wie die Döpfner-Kreppel schmecken, finden diesen Service aber grundsätzlich ziemlich Helau!

Vanillekreppel - 3Die besten Kreppel/Berliner gibt es für unseren Geschmack seit Jahren, Jahrzehnten und gedachten Jahrhunderten in der Konditorei Hollhorst (wer Bäckerei sagt, fliegt raus). Hier am Römerberg (eigentlich Fahrtor 1, was aber niemand kennt) gegenüber vom neu entstehenden Historischen Museum schmeckt alles wie in der guten alten Zeit. Die Kreppel haben eine Dichte und zugleich Leichtigkeit, wie man sie bei industriellen Backwaren nicht findet. Haptik und Geschmack sind großartig, wir lieben die Berliner (also rund) am liebsten mit Vanillecremefüllung. So um 11.30 Uhr, die Zeit variiert, kommen sie meist frisch aus der Backstube und sind besonders gut.

Hollhorst, Frankfurt, Dienstags bis Samstag: 11.00 Uhr bis 18.00 Uhr, Sonn- und Feiertag: 13.00 Uhr bis 18.00 Uhr. Montags: Ruhetag.  

 




Englands bekanntester Sternekoch Heston Blumenthal wird erneut zum Übeltäter

Gäste werden wieder

Opfer von Viren

 

Avantgardekoch Heston Blumenthal aus Bray-on-Thames hat seinen Londoner Ableger am Sonntag (2. Februar) für eine Woche geschlossen. Im „Dinner“ im Mandarin Oriental, ausgezeichnet mit zwei Michelin-Sternen, waren laut BBC News 25 Gäste und 21 Mitarbeiter an Noroviren erkrankt.  Diese verbreiten sich bevorzugt „fäkal-oral“, etwa durch schmutziges Wasser oder kontaminierte Lebensmittel wie Muscheln, Austern, Meeresfrüchte.

Im Jahr 2009 erkrankten in Blumenthals „Fat Duck“ (Drei Michelin Sterne) 529 Gäste an Durchfall und Erbrechen. Die zuständige Behörde führte diese Beschwerden ebenfalls auf Noroviren zurück.

Das Wissenschaftsmagazin „Epidemiology and Infection”, verlegt von Cambridge University Press, kritisierte den Koch deswegen im Dezember 2011 in einem eigenen Bericht: Sechs Wochen hätte er gewartet, bevor Blumenthal die Gesundheitsbehörden informierte. In dieser Zeit hätte es 66 Beschwerden gegeben. Durch schnelleres Handeln hätte er Folgekrankheiten anderer Gäste vorbeugen können.

„Epidemiology and Infection”  behauptete auch, Mitarbeiter der Fat Duck hätten eine  „Tiefenreinigung“ der Räumlichkeiten nach der Schließung des Restaurants, aber vor der Meldung an die Behörden durchgeführt. Damit hätten sie die „potenziellen Funde der offiziellen Untersuchung stark eingeschränkt“. Ein Sprecher von Fat Duck wies die Vorwürfe zurück.

JZ

 

Quelle: Smith, A. J. McCarthy, N., Saldana, L., Ihekweazu, C., McPhedran, K., A large foodborne outbreak of norovirus in diners at a restaurant in England between January and February 2009, Epidemiol. Infect. (2012), 140, 1695–1701. f Cambridge University Press 2011