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Geheimtipp: Crell Cuisine

100 Jahre Apfelweinkneipe

Heute Gourmetgasthaus

 

Von Ludwig Fienhold

Wie lange bleibt ein Geheimtipp geheim? In diesem Moment jedenfalls nicht mehr. Das Lokal Crell im Frankfurter Nordend sollte man kennen. Es sieht aus wie die nette Eckkneipe, in der die Nachbarn auf einen Teller und ein Glas Wein kommen. Aber es zieht auch alle an, welche die gestylten aufgerüschten immergleichen Lokale und Lounges satt haben und mehr das Authentische und Individuelle suchen. Es wird eine pfiffige neue deutsche Küche zu fairen Preisen geboten. Jetzt feiert Patron und Küchenchef Christopher Crell sein vierjähriges Bestehen – Cheers!

Das Haus hat eine Morbidezza, wie sie nur ein altes Gemäuer haben kann. Wilder Wein und Efeu überzieht den kleinen Vorgarten und die gesamte Fassade, die in den letzten Tagen des Indian Summer die Blätterfarben prall aufleuchten ließ. Den Charakter und Charme dieses Waldfauns spürt man schon von der anderen Straßenseite. Gastronomie ist hier seit über 100 Jahren zu Hause, Wirtshäuser und Apfelweinkneipen mit dem Namen Apfelwein-Bauer, Windlicht, Gaus, Laternchen und Eiffelturm, deren Bilder teilweise im Lokal hängen. Die Liste mit den Vorschriften ist erhalten geblieben, deren Vollzug zum Glück nicht mehr. Darin heißt es: „An geeigneter Stelle ist ein Spucknapf aufzustellen, der täglich mit heißem Wasser gereinigt und danach wieder mit frischem Wasser gefüllt werden muss.“

In der behaglichen guten Stube finden 22 Gäste Platz, auf der Terrasse ebenso viel (Heizstrahler sind bestellt). Der dunkle Dielenboden und die Theke stammen noch aus alten Tagen und geben einen kleidsamen Kontrast zum hellen modernen Mobiliar. Das Haus in der Gaußstraße 4, nahe Merianplatz, hat als einziges in der Zeile die Bomben des Zweiten Weltkriegs überstanden. Christopher Crell hat sich inzwischen mit einer kleinen Küchenmannschaft neu aufgestellt. Einst reiste er als Koch um die Welt, machte Station in Sizilien und Island und arbeitete auf Schloss Soltau in Kroatien, bevor er im damaligen Vini an der Bockenheimer Straße in Frankfurt am Herd stand. Heute arbeitet er bei Veranstaltungen auch gerne mit Stefan Marquard zusammen, jetzt Fernseh- und Eventkoch, einst ein guter Mann in den Schweizer Stuben. Vor vier Jahren machte Christopher Crell dann aus einer ehemaligen Apfelweinkneipe sein eigenes Lokal, das er Crell Cuisine nennt.

Die Küchencrew hantiert gerne mit Pilzen und Kräutern, etwa Wildkräutersalat, Steinpilzsuppe und Waldpilzragout. Gut gefallen uns regionale Gerichte, die etwas moderner interpretiert werden. Bei der schön gewürzten Blutwurst mit Himmel & Erde werden statt des gewohnten Kartoffelbreis rösche Kartoffeltaler dazwischengesetzt, die der weichen Wurst einen Knackpunkt geben. Der dünn geschnittene Apfelweinschinken mit Brunoise (kleine Würfel) vom Handkäse mit Apfelmeerrettichsalat ist eine ebenso runde geschmackliche Einheit, wie der rosa gebratene Hasenrücken mit Demiglace und süß-saurem Kürbis. Christopher Crell kocht seiner Art entsprechend: Ehrlich, gradlinig, frankfurterisch. Nicht langweilig, sondern mit Witz und Pep. Nicht extravagant und prätentiös, aber anspruchsvoll. Da er jedoch trotz seiner erst 31 Jahre etwas in der Welt herumgekommen ist, sind auch internationale Einflüsse erkennbar. Da wird das Thunfischsteak in einen Zitronenpfeffermantel gehüllt und mit Kokospolenta, Ingwer, Thaispargel und Calvadossauce kombiniert. Die Küche ist am Besten, wenn sie mit wenigen Komponenten ganz entspannt und aufs Wesentliche konzentriert arbeitet, so wie beim saftigen und krossen Zander mit Trauben-Schalotten-Gemüse und Schwarzbrot-Croutons – wunderbar puristisch und schnickschnackfrei. Handwerklich und geschmacklich perfekt ist das zarte mit Schmackes zubereitete Entrecôte vom US-Beef mit getrüffeltem Kartoffelbrei, Waldpilzragout und Minimöhren. Schlichtweg lecker fallen die mit weißer Schokolade gefüllten Ravioli mit Ricotta in Mangobutter aus. Die Speisekarte wechselt alle zwei Wochen, wobei es auch dazwischen Neuzugänge gibt.

Christopher Crell

Die kleine Weinkarte (22 Offerten, darunter 8 offene) kann (noch) nicht mit der Küche mithalten und hat keinen so eindeutigen Charakter wie die Speisekarte, man findet aber etwas Passendes. Ursprung von Schneider, Kuhns Incognito sowie Conterno und Chateauneuf du Pape von Castan sind eine gute Wahl. Christopher Crell ist oft im Service zu finden, flitzt aber nach der Bestellung gleich in die Küche. Viele Gäste kommen wegen ihm und seiner sympathischen und unaufgeregten Art, da muss er sich auch draußen blicken lassen. Für uns ist Crell die Nr. 1 im Nordend und eine der angenehmsten Adressen der Stadt.

Crell Cuisine, Frankfurt, Gausstraße 4, Tel: 069 49 89 67. Geöffnet Dienstag bis Samstag 18 – 23 Uhr (Küche), Sonntag ab 16 Uhr, Montag geschlossen. www.crell-cuisine.de

 

 

 

 

So schmeckt Island

Isländische Spitzenköche zu Gast im Restaurant Crell

Event zur Frankfurter Buchmesse

Passend zum Ehrengast Island der Frankfurter Buchmesse nimmt das Restaurant Crell Cuisine seine Gäste am 12. Oktober ab 19 Uhr mit auf eine kulinarische Reise in das Land der Vulkane und Geysire. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Reykjavik is Cooking“ bringt der Frankfurter Koch Christopher Crell zusammen mit den beiden isländischen Spitzenköchen Axel Björn Clausen und Nick Andrew Torres La-Um (Fish Market Reykjavik) landestypische Genüsse auf die Teller. Angefangen bei Langustinen, Algen-Salat, Galia-Melone, Wasabi-Bohnen , Zwiebelsprossen und Chili, über leicht gesalzenen Kabeljau, Kartoffelpüree mit Topinambur und frische Limettenscheiben, bis hin zu süßem Sellerie-Salat und süßen Minikräutern.

Anmeldungen und Infos: Tel: 069 49 89 67