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Was macht eigentlich Bordeaux?

Die berühmte Weinbauregion

hat ihr Problem noch immer

nicht richtig erkannt

 

Einige wenige Weine von Weltformat bestimmen weitgehend das Image von Bordeaux. Um Mouton Rothschild & Co braucht man sich auch kaum Sorgen zu machen, die Elite führt ein unbekümmertes Dasein und wird nahezu unkritisch begleitet. Die Basis, die gehobene Mittelklasse, ist in Deutschland weitgehend unbekannt und spielt auch auf den Weinkarten der meisten Restaurants keine große Rolle. Die Märkte in China, England oder den USA sind schon lange nicht mehr stabil und auch in Frankreich selbst gibt es genügend gute Alternativen zum Bordeaux.

 

Warum ändert sich nichts?

 

Als hilflos anmutende Gegenmaßnahmen werden folkloristische Feste veranstaltet, die eher Ballermanncharakter haben und keineswegs dazu taugen, das Niveau und den Absatz zu heben. Auf der anderen Seite gibt es Verkostungen, die sich an den Handel, die Gastronomie und die Fachpresse richten. So jetzt auch wie bei der Präsentation der Grands Crus Classés von Saint-Emilion, die vom Tre Torri Verlag und seinem Fine Weinmagazin im Gesellschaftshaus des Frankfurter Palmengartens aufgezogen wurde. Es ging ruhig und gesittet zu, alle hatten ausreichend Zeit ohne Gedränge mit den 33 ausstellenden Betrieben ins Gespräch zu kommen. Zur Probe standen vor allem die Jahrgänge 2016 und 2017, einige Weingüter hatten dankenswerter Weise auch ein paar ältere Flaschen dabei.

 

Zu teuer, zu wenig sexy

 

Auch die Eloquenz und der Charme der oft weiblichen Vertreterinnen konnte über die Grundproblematik der Bordeaux-Weingüter nicht hinwegtäuschen. Bordeaux, inklusive Saint-Emilion, hat zu lange mit einer persönlichen und preislichen Überheblichkeit abgeschreckt. Die Preise, die gerade im Vergleich mit anderen guten Weingütern in der Welt noch höher erscheinen, sind aber nicht die einzige Bremse. So gut wie alle der zur Verkostung stehenden Weine der Jahrgänge 2016 und 2017 waren noch viel zu jung für ein genussvolles Trinken. Nahezu alle Weingüter meinten, dass dieser Level frühestens in fünf, wenn nicht zehn Jahren erreicht sein würde. Welcher Gastronom will sich eine solche Kapitalbindung noch antun und tote Ware lange im Keller lagern? Welcher Händler kann seinen Privatkunden klar machen, dass diese noch viele Jahre zu warten hätten, gerade bei einer großteiligen Klientel von deutlich über 60 Jahren? Die jungen Weintrinker sind ohnehin längst woanders fündig geworden und warten nicht darauf, bis ein Bordeaux-Wein so weit ist, dass man ihn mögen kann. Die schnelle Verfügbarkeit ist in unserer schnelllebeigen Zeit nun einmal die Realität. Da macht Wein keine Ausnahme. Die alten Weintrinker sind schon lange bei den großen Bordeaux angekommen und verharren wie auf Krückstöcken auf ihnen, den jungen Weinfreunden sind Bordeauxweine einfach nicht zugänglich und sexy genug.

Ludwig Fienhold

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