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Soave: Das große Comeback

Die Favoriten der Region,

die man haben muss

 

Von Ludwig Fienhold

 

Wir haben über Soave zu reden: Dieser sozial, medial und gastronomisch geächtete Wein ist so gut wie nie zuvor, seit dem Jahrgang 2013 geht es aufwärts. Ein gutes Dutzend ambitionierter Winzer ragt dabei mit seinen Erzeugnissen heraus. Natürlich sind sie nur eine Pfütze gegenüber einem Ozean der Jämmerlichkeit. Doch lohnt es sich wieder mit Soave zu beschäftigen. Soave war jahrelang abgesoffen, die guten Gastronomen führen ihn nicht mehr, im Fachhandel spielt er kaum eine Rolle. Mit den aktuellen Jahrgang könnte und sollte ein Umdenken stattfinden, denn Soave zeigt, dass er nicht nur ein armseliger Pizza-Wein sein kann.

Manch einer vermutet hinter dem Begriff Soave keine Weinregion, sondern eine Discountermarke. Die oft dünnen charakterlosen Weine haben das Image des im Grunde bekanntesten italienischen Weines nachhaltig beschädigt. Dabei gab es schon immer gute Winzer in Soave, außerdem übernehmen immer mehr junge Winzer das Ruder, die andere Ansprüche haben. Bei ihnen merkt man besonders, dass Soave Charakter und eben auch Terroir hat. Um das kleine Städtchen im Hinterland von Verona wölben sich Hügel mit Vulkangestein, die ganz andere Weine hervorbringen als die in der Ebene. Grundsätzlich trifft der Name Soave sehr gut den Charakter der Weine, denn er bedeutet sanft, mild und anmutig. Doch inzwischen ist er auch recht spannend geworden. Soave steht für vulkanische Mineralität, feine Frucht, frische Zitrusnoten und eine wunderbar salzige Brise. Diese animierende Melange lässt die Weine ungemein aufleben und ermüdet auch nicht nach dem zweiten Glas. Bei einigen ist dies besonders deutlich zu spüren, etwa bei I Stefanini, einem unserer folgenden Favoriten.

 

Wein-Festung Soave

Wein-Festung Soave

 

 

 

 

 

 

 

 

 

I Stefanini

Alle drei Qualitäten zeigen Klasse und werden durch Mineralität, Duftigkeit und erfrischende Salzigkeit geprägt. Der Basiswein Il Selese ist kräftig, leicht kantig und saftig und vielleicht der trockenste des Trios. Monte di Toni zeigt Cremigkeit mit Biss und präsentiert sich mit dezent herber Frucht. Monte di Fice ist üppiger in der Frucht, aber auch würziger und ausdrucksvoller. Jedenfalls der Primus, wenngleich alle Vorzeige-Soave sind. Francesco Tessari ist pfiffiger als viele Mitbewerber und grenzt sich allein schon durch seine schönen Erntehelfer-Designer-Etiketten aus. Bilderbuch-Soave mit Charakter und faunischer Finesse.

 

Le Battistelle

Die bescheidene und überaus sympathische Winzerfamilie Dal Bosco erzeugt besonders individuelle Weine, die zu den allerbesten in der Soave-Region zählen. Das Gut liegt genau gegenüber von seinen drei Weinlagen in Brognoligo, das als die alte Seele von Soave geachtet wird. Die gerade einmal sechs Hektar ergeben charaktervolle, elegante, mineralische, würzige und von einer leichten Meeresbrise umspülte Tropfen. Der Soave Classico Montesei ist das frisch-energische Basisprodukt mit dichter Traubenaromatik und erreicht als Überzeugungsprodukt alle Geschmacksempfänger. Beim Soave DOC Classico Battistelle treten noch etwas mehr die Kräuteraromaten und Zitrusnoten hervor. Und der Roccolo del Durlo ist besonders floral, kraftvoll und körperlich sehr präsent.

 

Inama

Seit Jahren einer der ganz Großen – und für viele sogar der Primus inter Pares. So ausgeglichen, schlank und doch ausdrucksvoll präsentieren sich nur sehr sehr wenige Weine in der Soave-Region. Flirrende Wiesenblumen und delikate Früchte, in ihrer Opulenz perfekt zurückgehalten von salzigen Mandeln und frischer Mineralität. Ein Maul voll Reben.

 

Marco Mosconi

Der Corte Paradiso springt mit Charme und Leichtigkeit über die Zunge und hinterlässt doch eine gehaltvolle Spur aus Mirabellen und Grapefruit sowie diesem für den aktuellen Jahrgang typischen, ungemein auffrischenden Schuss salziger Meeresluft. Schwebende Duftigkeit, animierender Trinkfluss, schöne Cremigkeit. Ein moderner Klassiker mit deutlicher Soave-Identität. Großartig.

 

Filippi

Der junge Filippo Filippi ist Biowinzer und zählt zu den wenigen authentischen Erzeugern der Region. Auch sein Basiswein aus Castelcerino basiert auf der einzigartigen autochthonen Rebsorte Garganega, die nirgendwo sonst auf der Welt wächst. Hier gerät die Stilistik etwas anders und vielleicht deshalb besonders spannend und eigenwillig. Herbe Frische mit leichter Räuchernote wechselt mit Kräutern und mineralischer Frische. Wer knackige ungewöhnliche Rieslinge schätzt, wird sich leicht anfreunden. Solo sehr belebend, aber auch gut passend zu Antipasti und Fisch.

 

Tenuta Sant´Antonio

Die Jahrgänge davor waren schön und mild, doch jetzt fällt der Soave Fontana viel lebendiger und fast schon barock aus. Er begeistert durch Aromen aus Wildkräutern, frischem Obst mit Grapefruit-Dominanz, einer Spur Holunder und einem Touch Feuerstein. Muss man haben.

 

Fattori

Antonio Fattori ist ein ambitionierter Winzer, der wie alle hier empfohlenen Betriebe auf niedrige Erträge setzt und gegen den Massenstrom in Soave schwimmt. Sein „Danieli“ aus 100 % Garganega wächst in den vulkanischen Hügeln von Terrossa und Ronca. Die schöne opulente Frucht aus Quitte, Lindenblüten und Glyzinien wird durch Zitrusfrische und feine Salzigkeit geschmeidig gemacht und ungemein aufgefrischt. Ein hochfeiner, delikater und lustvoller Weingenuss.

 

Cantina del Castello

Das kleine Weingut residiert in einem Palazzo aus dem 13. Jahrhundert in der Altstadt von Soave und gehört noch immer zu den Geheimtipps. Flirrende Duftigkeit, brillante Fruchtaromen, Limettenfrische und blitzsaubere Knackigkeit zeichnen den Soave Classico aus und machen ihn zu einem „must have“. Ein Soave für Rieslingfreunde. Der nur unwesentlich teure Soave aus der Einzellage Pressoni gedeiht auf vulkanischem Basaltgestein und kommt auch ohne den Kontakt mit Holz aus, liegt aber drei Monate auf der Feinhefe (sur lie). Feiner Blütenduft, mineralische Frische und Substanz machen ihn zu einem Klassiker.

 

Anselmi

Der Soave-Pionier Roberto Anselmi ist endgültig aus dem offiziellen Wein-Konsortium der Gemeinde ausgetreten, was aber weder seine Stellung oder gar seine Weine schwächt.  Die junge Generation, Lisa und Tommaso, helfen inzwischen zwar die 70 Hektar mit zu bearbeiten, doch die große Linie bestimmt nach wie vor der Vater. Der frische, kräuterwürzige und preiswerte Basiswein San Vincenzo macht bereits Freude, die bei den Lagenweinen Capitel Foscarino und Capitel Groce noch in der Dichte, Eleganz und Komplexität gesteigert werden. Capitel Groce besteht zu 100% aus Garganega. Die Weine aus dem Jahrgang 2013 sind sehr weintraubig, vielschichtig und gut strukturiert, allen ist eine leichte Würze zu eigen, mitunter flackert eine leicht süß-speckige Note auf, deutlich beim Capitel Groce.

 

Balestri Valda

Ein ausgesprochen delikater und harmonischer Wein mit ausgezeichneter Balance. Warme Fruchtnoten aus Melone, Pfirsich und einem Hauch Birne, deren Fruchtigkeit mit schöner Kräuterwürze, einem Anklang von Minze und einer Prise Fleur de Sel aufgefrischt wird. Die Intensität beruht auf der typischen schwarzen Vulkan-Erde.

 

Gini

Der ganz wie die Region in sich ruhende, milde und liebenswürdige Sandro Gini ist ein geradliniger Klassiker. Seine Weine sind schmelzig, elegant, feinfruchtig und von dichter Struktur. Die jüngsten Stöcke sind über 40 Jahre alt.

Die konzentrierten Weine verlangen geradezu nach würziger Wurst, cremigem Risotto oder pikanter Pasta. Die Weine von Gini gehören zu den ganz wenigen aus Soave, die auch gut altern können und noch nach Jahren Qualität zeigen, wie beispielsweise der schön gereifte La Frosca von 1996 offenbart. Der aus Tuffstein gehauene Weinkeller ist sehenswert.

 

Coffele

Die junge Winzerin Chiara Coffele ist so vorwitzig wie ihr Wein: Lebhaft, lustig und etwas anders. Gemeinsam mit ihrem Bruder Alberto, der ebenfalls wie seine superkluge Schwester den Lehrerberuf aufgab um ganz Winzer zu werden, betreibt sie heute das 27 Hektar große Weingut. Mit jenem Elan, der auch typisch für die angenehm eigenwilligen Weine ist.  Der Wein weist zwar die typischen milden floralen Noten auf, zeigt aber auch speckige und pfeffrige Nuancen. Jedenfalls eine originelle und eigenwillige Interpretation des Soave und allein schon deshalb unbedingt zu probieren. Das gilt auch für den Spumante, einen der besten der Region. Das Weingut beschert einen umwerfend schönen Panoramablick über die sanft auf und abschwingende Hügellandschaft. Das verleiht Flügel.

 

Soave-Winzer Sandro Gini

Soave-Winzer Sandro Gini

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Informationen

Spezialist für italienische Weine, gerade auch für Soave, ist Guido Giovo, der jetzt mit seinem „Flirt“ sogar einen eigenen guten Soave für nettes Geld anbietet:

Giovo, Borsigstraße 17, 63165 Mühlheim/Main. Telefon +49 (0) 6108 / 9109 – 0.

info@giovo.de

www.giovo.de

 

Die meisten Soave-Weine sollten frisch innerhalb von zwei Jahren getrunken werden, die vielen älteren Jahrgänge, die wir verkosten konnten, haben uns nur wenig überzeugt und zeigten, dass die Lagerungsfähigkeit doch sehr begrenzt ist. Ausnahmen bestätigen die Regel. Die charakteristische Rebsorte Garganega ist die Basis der Appellation. Meist wird sie zu 100 % eingesetzt.

Das Interesse der Winzergenossenschaften, deren Anteil bei gut 85 % liegt, ist ein anderes als der kleinen Winzer. Man kann in europäischen Supermärkten Soave bereits für unglaubliche 1,99 € finden. Ein seriöser Soave kostet etwa zwischen 7 und 14 € und ist damit immer noch sehr preiswert.

Das Weindorf Soave hat gerade einmal 8000 Einwohner und ist in 20 Minuten vom Flughafen Verona aus zu erreichen. Es scheint, als gäbe es mehr Lokale, Weinläden und Cafés als Menschen, die sich just besonders dort gerne aufhalten. Vom Ortskern zu den Weinbergen sind es nur wenige Minuten, das Gebiet erschließt sich schnell und gehört auch optisch zu den besonders schönen Regionen Italiens.

Tipp zum Wohnen: Damaranto. Wunderschönes Designhotel mit historischem Charme und modernen Ideen mitten in Soave. Sehr gute Küche, tolles Frühstück, nette Gastgeber. www.damaranto.com