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Sekt sells? Deutsche Schaumweine schwanken bei ihren Leistungen

Tops, Flops & spannende Entdeckungen

 

Von Ludwig Fienhold

 

Was eigentlich ist Sekt? Und was kann er überhaupt? Es gibt keine wirkliche qualitative Definition für deutschen Sekt und leider definiert er sich auch nicht von selbst. Zu unterschiedlich ist das Ergebnis. Mal ist er ein blubbernder Ballermann mit Lizenz zum Sodbrennen, mal eine feingeschliffene Perle. Eine größere Sektprobe in der Vinotheque Briedé in Frankfurt spiegelte die Wirklichkeit ziemlich genau: Es gab viel albernen Blubberlutsch zu verkosten, aber auch einige bemerkenswerte Vertreter der schäumenden Weine.

Katya & Michel Briedé, Nicole Wolbers, Christine Scharrer

Wir wollen uns nicht mit den vielen Nieten abgeben. Selbst Namen, die sonst beim Wein für Qualität bürgen, schwächelten beim Sekt. Die Weinexpertinnen Christine Scharrer und Nicole Wolbers hatten vor allem Flaschen aus der Pfalz zusammengetragen. Es gingen ihnen dabei durchaus um einen repräsentativen Querschnitt, der die Bandbreite des schäumenden Weins darstellen sollte, mit all seinen Schwächen. Die Proben warfen auch grundsätzliche Fragen auf. Wer will barock gereifte, schwere oder gar petrolige Rieslingsekte? Riesling steht für Frische, was sich im besten Fall auch beim Sekt finden sollte. Einer der ganz wenigen bemerkenswerten Sekte bei der Verkostung war der Patina vom Pfälzer Wein & Sekthof  Wilhelmshof: Feine Perlage, ein Duft aus Brioche und Birne, sehr animierend, nah am Champagner, ohne ihn zu kopieren. Überraschung auch beim eingeschmuggelten „Pirat“, einem holländischer Sekt Brut Nature Classic (Chardonnay & Pinot Noir) von Van Holset, der frisch, fröhlich und frei daherkam und das Fachpanel überzeugte.

Verkostungspanel: Christine Scharrer, Nicole Wolbers, Klaus Kneib, Oliver Maria Schmitt, Fienhold & Fienhold

Verkostungspanel: Nicole Wolbers, Klaus Kneib, Christine Scharrer, Oliver Maria Schmitt

Was macht einen guten Sekt aus? Für Niko Brandner (Bild oben) ist die Antwort glasklar: „Finesse, Leichtigkeit, Frische und Vielschichtigkeit.“ Er ist der voll Ideen sprudelnde Kopf von Griesel & Compagnie, der kometenhaft aufsteigenden Sektmanufaktur in Bensheim an der hessischen Bergstraße. Seiner Meinung nach hat man sich in Deutschland zu viele Jahre um Billigprodukte gekümmert und nicht um Qualität. Der Unterschied zwischen industriell hergestellten und handwerklich gemachten Sekten ist groß. „Wir haben in die Champagne geschaut und denken, dass wir dieses Niveau auch können, eben auf unsere Weise.“ Ein langes Hefelager verleihen dem Sekt komplexe Aromen und feinperlige Geschmeidigkeit. Bei Griesel dürfen sich die Spitzenprodukte zwischen 30 Monaten und sechs Jahren derart einbetten, in der Champagne ist eine Mindestzeit von 15 Monaten vorgeschrieben, die Spitzen reifen deutlich länger.

Von Griesel gibt es ein Dutzend Sorten, in verschiedenen Qualitäten zu unterschiedlichen Preisen (15 – 35 €). Der Blanc de Noirs Brut, ein Sekt aus den roten Trauben Pinot Noir und Pinot Meunier, die jedoch weiß gekeltert werden, ist ein Charmeur der Extraklasse. Cremig und beschwingt, weich perlend, mit saftigem Trinkfluss und den für viele Champagner typischen Noten von Nussbutter und Brioche, weckt er gleich beim ersten Schluck Begeisterung. Der Blanc de Blancs, eine Cuvée aus Chardonnay und Weißburgunder, animiert mit viel Stoffigkeit, zartem Schmelz und feiner Salzigkeit zu einem Glas mehr. Der würzig-wollüstige Rosé aus Spätburgunder und Schwarzriesling ist nach den Worten von Niko Brandner die „Cash Cow“ des Hauses, aber „ohne Kitsch“, wie so viele andere dieser Art. Die Grande Cuvée Zero Dosage bietet mit den Rebsorten Chardonnay, Pinot Noir und Pinot Meunier eine Melange nach Vorbild aus der Champagne, wobei dieses feinsinnige Meisterwerk viele Franzosen in den Schatten stellt.

Alexander Danner

Griesel, Krack, Barth oder Raumland zählen heute zu den besten deutschen Sektwinzern. Wie bei allen Spezies, machen aber vor allem die Entdeckungen abseits der Rebzeilen besondere Freude. Ganz oben dabei der Sekt vom Weingut Idler (den Christine Scharrer zu einer anderen Sektprobe mitbrachte). Der 2017 (!) Pinot Brut Nature aus Burgundertrauben ist ein Bio-Schaumweit erster Klasse – frisch, feinperlend, schöne filigrane Frucht bei geradliniger trockener Art. Jedes Glas macht Lust auf das nächste, gerade für die Gastronomie ein Must-have, weil man seine Gäste bei Laune halten und nicht schon beim ersten Glas satt machen sollte.

Einer unserer absoluten Winzer-Lieblinge ist Alexander Danner aus Durbach, der bei Fachtrinkern bekannt ist, aber aus privaten Gründen pausieren musste und vielleicht deshalb bei vielen aus dem Blickfeld geriet. Dieser seelenvolle Naturbursche macht herausragende Weiß & Rotweine und einen ganz besonderen Sekt. Er bringt so viel Geist aus der Champagne auf die Flasche, dass er bei einer Blindverkostung eher als Franzose wahrgenommen wird. Cuvée aus fünf Rebsorten, 70 Monate Reife auf der Hefe in der Flasche. Tiefsinnig, ausdrucksvoll, wollüstig. Nichts für Nipper, in großen Schlucken ein Ereignis.

 

Top Five

Sekt-Favoriten

 

Griesel, Bensheim an der Hessischen Bergstraße

www.griesel-sekt.de

 

Sekthaus Krack, Pfalz

www.krack-sekt.de

 

Wein & Sektgut Barth, Rheingau

www.weingut-barth.de

 

Reichsrat von Buhl, Pfalz

www.von-buhl.de

 

Sekthaus Raumland, Rheinhessen

www.raumland.de

 

Entdeckungen

 

Alexander Danner, Baden

www.danner-weingut.de

 

Marcel Idler, Württemberg

www.weingut-idler.de

 

Fotos: Barbara Fienhold

 

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