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Schrader Cellars: Der sanfte Riese aus dem Napa Valley

Müssen gute Weine

teuer sein,

müssen teure Weine

gut sein?

 

 

Müssen gute Weine teuer sein, müssen teure Weine gut sein? Die Weinwelt ist voller Fragen, denen man sich nur schluckweise nähern kann. Die kalifornischen Cabernet Sauvignon von Schrader werden im Schnitt zwischen 360 und 418 Euro gehandelt, der amerikanische Wein Advokat Robert Parker hat sie mit hohen und höchsten Bewertungen gepusht.

Eine Probe der Weine im Sofitel an der Alten Oper in Frankfurt gab Einblicke in den hochpreisigen Schrader-Kosmos. Es war die erste Präsentation dieser Weine in Europa. Der Schrader T6 aus dem Jahrgang 2018 aus der Weinlage Beckstoffer To Kalon ist ein durchaus typischer und geschmeidiger Vertreter dieses speziellen Weinguts in Oakville. Er ist gut, gut gemacht. Gefällig, ein Everybodys Darling, nur nicht von jedem Darling bezahlbar. Ein mentaler Wein, der schon im Kopf entstand und so designt wurde. Eine gute Wahl für Society-Trinker. Er ist zwar schnell im Glas präsent, wird aber mit jeder Minute besser.

Auch beim Schrader RBS 2018 merkt man, dass er viel Luft benötigt oder noch besser gleich dekantiert werden muss. Der CCS gleichen Jahrgangs ist von ähnlicher Stilistik. Bei jedem Schluck fragt man sich, warum es ausgerechnet derart technische Buchstaben sein müssen, die als Titel auf dem Etikett zu sehen sind (sie stehen für Klone). Das weckt keine Sinnlichkeit.

Ein bedingt sinnlicher, vor allem aber sehr schicker Wein ist der Schrader CCS aus dem Jahrgang 2019. Feinfruchtig, elegant, harmonisch. Mehr Begeisterung löst der gereifte Schrader RBS aus dem Jahr 2014 aus. Ein sanfter Riese aus dem Napa Valley, wo ja viele Weine entstehen, die Kraft über Alkohol oder durch Booster-Aromatik beziehen. Laute Weine eben und keine dezenten feinsinnigen Vertreter. Der RBS 2014, die Wiederholung dieses Kürzels ist entsetzlich, aber notwendig, wirkt durchaus frisch und ist doch schön gealtert. Cassis, Maulbeere, saftige Zwetschge, schwarze Kirsche, ein Hauch orientalische Würze. Seidig, schlank, elegant und alles andere als fett.

Es gibt in Frankfurt kein Restaurant mit diesen Weinen und auch sonst sind sie nicht wirklich in der Gastronomie präsent. Die Kalkulation ist problematisch, selbst wenn man sie nur unwesentlich im Verkauf an den Gast im Preis aufschlagen wollte. Schrader Cellars Weine sind in erster Linie „Collectors Choice“, für Sammler bestimmt, die sie in privatem Kreis genießen.

Ludwig Fienhold