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Restaurantkritik Naná: Ein neuer Top-Italiener in Frankfurt

Starker Start eines neuen kreativen Restaurants

Individueller Sizilianer und kein Allerweltsitaliener

 

Von Ludwig Fienhold

 

Endlich ein neuer Italiener von Format, mit anderer Speisekarte, neuen Ideen und Küchenleistungen, die sich mit denen des ewigen Klassenbesten Carmelo Greco messen können. Das Restaurant Naná im Westend wird von Sizilianern geführt, die sich auf ihre Heimat besinnen und diese bestens kulinarisch verfeinert übersetzen. Im Grüneburgweg 95 wohnten einst der Struwwelpeter-Schöpfer Heinrich Hoffmann und der Komponist Engelbert Humperdinck, vor allem hat es aber Küchengeschichte geschrieben.

Das hausgemachte saftige Samenbrot mit aufgeschlagener, süchtig machender und in einem kleinen Kupfertöpfchen servierte Tomatenbutter wäre allein schon ein Grund wieder zu kommen, aber es gibt noch so viel mehr zu entdecken. Vor allem hat man bei dem erst vor wenigen Tagen eröffneten Restaurant Naná genau die Lücke erkannt, die kaum ein Italiener in der Stadt bislang schließen konnte. Es geht um die Besinnung auf Regionales und die Grundkompetenz der italienischen Küche: Pasta in Hochform.

Nana Bottarga

Im Restaurant Naná wird Pasta im Gegensatz zu vielen anderen Italienern nicht vorbereitet, sondern à la minute zubereitet. Eine Selbstverständlichkeit? Eben leider nicht. Man muss also schon 15 Minuten auf solch ein Pasta-Gericht warten. Aber dann erwartet den Gast geschmeidige Saftigkeit mit leichtem Biss. Bottarga di Tonno gehört zu den schönsten Spezialitäten der sizilianischen (und sardischen) Küche. Der geriebene, gesalzene und luftgetrocknete Fischrogen belebt gerade Pastagerichte mit einer würzigen Meeresbrise. Im Restaurant Naná wird ein fabelhafter Teller serviert, der jeden Cent seiner 28,50 Euro wert ist. Die eher dicken Spaghettone mit delikater Bottarga-Butter, fermentiertem Zitronensalat und Salicorne/Meeresspargel sowie feinsten dünnen Scheiben von erstklassigem Tonno machen daraus ein Gericht, wie man es besser nicht bekommen kann. Die Bottarga wird stets frisch aus Sardinien geliefert.

Bei Naná, eine Remineszenz an einen verstorbenen Freund, gibt es Gerichte á la carte und abends zusätzlich zwei  Menüs, die sich hier aber nicht so nennen, weil sie auch etwas anders präsentiert und preislich gewichtet werden. Man kann zwischen „Mare“ und „Terra“ wählen. Für 59,50 € pro Gast gibt es eine schöne Vielfalt an Feinkost bester Art. Bei beiden sind „Snacks“ der Einstieg: Butter-Blumenkohl-Brioche mit Auberginencreme alla Catanese, gefüllte Reisbällchen (Arancinetto), Foccacina mit Tomatenbutter, wunderbares Samenbrot und bestes Terraliva Olivenöl aus Sizilien. Danach geht es aber erst noch richtig los, erlebt man die Vielfalt dieser Küche, die gerne einen Twist zum Asiatisch-Japanischen sucht und spannende Kombinationen findet. Geräucherte Makrele mit delikater Gurken-Gazpacho und an Kaviar erinnernde Senfsamen sind Köstlichkeiten, wie man sie vielleicht schon ähnlich  kannte, aber nicht in dieser feinsinnigen Art. „Convivial Italien Kitchen“ steht als Motto, gesellige italienische Küche.

Mittags werden zusätzlich auch preiswerte Gerichte als Business Lunch (2. Teller) zwischen 16 und 25 € angeboten. Der Sonntagslunch bietet für 69,50 € sehr viel, sonntags gibt es nur das und keine anderen Offerten.  Das alles sind nette und preisfreundliche Leistungen. Die Qualität der Gerichte á la carte, die es immer gibt, sind jedoch der Grundpfeiler der Küche. Dort findet man mittags und abends richtig gute und selten zu erlebende Gerichte, gerade bei den Pasta-Tellern.

Salvo Maggiore (r.) und Team

Es sind ausschließlich italienische Weine aus unterschiedlichen Anbaugebieten zu haben, Gutes von Marramiero, Feudi di San Gregorio, Costaripa oder Kurtatsch. Cascina Chicco aus dem Piemont ist bekannt für seine autochthonen Rebsorten wie Arneis. Der Roero Arneis „Anteristo“ gehört zu den preiswertesten Weinen auf der Karte und passt ganz hervorragend zu lauen Sommerabenden. Die acht offenen Weine werden mit 9,50 € berechnet (0,15l), weshalb es sich in den meisten Fällen lohnt eine Flasche zu nehmen. Der Arneis von Cascina Chicco kostet 32,50 €. Man fährt nicht nur wegen des Preises damit besser, es immer vorteilhafter eine Flasche im Eiskühler am eigenen Tisch zu haben und sich selbst zu bedienen, weil grundsätzlich kein Service der Welt weiß, wie viel und zu welchem Zeitpunkt man den Wein eingeschenkt bekommen möchte. Die Weinkühler sind bestellt und auf dem Weg ins Restaurant.

William Vitale

Der Service im neuen Naná ist sympathisch und engagiert, aber erst seit wenigen Tagen im Einsatz und wird sich noch besser einspielen. Betreiber des Restaurants sind William Vitale, der den Service kompetent und locker leitet und in der Mendelssohnstraße gleich neben dem L´unico noch eine Weinbar führt, und Küchenchef Salvo Maggiore, der zuvor drei Jahre im Sternerestaurant Coria in Catania auf Sizilien arbeitete, das für seine ausgezeichnete moderne sizilianische Küche bekannt ist.

Das Humperdinck-Haus war schon immer eine der interessantesten Adressen im Westend, die Terrasse hat Klasse. wurde aber seinerzeit selten genutzt, weil dies für „Gourmet-Essen“ nicht unbedingt gewünscht war. Im neuen Naná wartet sie nur auf warme Tage. Das Interieur ist samtig und heiter, strahlt freundliche Atmosphäre aus. Die Tische stehen in gebührendem Abstand zueinander, was ja immer seltener wird. Das Restaurant Naná überrascht bereits in den ersten Tagen seines Bestehens mit einer Klasse, die sich vor allem in den Küchenleistungen ausdrückt. Wenn jetzt noch die Weinkarte etwas persönlicher wird und mit Offerten aufwartet, die man nicht überall findet, dürfte man noch mehr Freunde gewinnen und sich aus der Masse abheben. Wenn sich dann noch der Service auf dem Level der Küche einpegelt, haben wir es schon bald mit einem der allerbesten Restaurants in Frankfurt und darüber hinaus zu tun.

Naná, Frankfurt, Grüneburgweg 95, Di – Fr 12 – 14.30 und 18.30 – 22.30 Uhr, Sa 17 – 23 Uhr, So 12 – 17 Uhr. Mo geschlossen. Tel. 069/71436348

www.nanáconvivial.de

 

Photocredit: Fienhold/BISS Magazin

 

Ein Haus mit Küchengeschichte und Tops & Flops

 

Die letzten Jahre waren keine guten für das markante Haus im Westend. Nach zweijährigem Leerstand zog Christian Senff mit seinem Aureus vom Kettenhofweg in den Grüneburgweg um und gab dort nur ein kurzes Gastspiel, weil die Küche kaum jemand interessierte. An gleicher Stelle war davor das Crazy Kraken beheimatet, das nach nur einem Jahr Insolvenz anmelden musste. Der Betreiber Christian Mook machte dafür nicht die Küche, den Service, die Preise, das kuriose Ambiente oder den lächerlichen Namen verantwortlich, sondern gab den mangelnden Parkplätzen die Schuld, die indes im Westend schon immer Mangelware waren. Davor betrieb Mook an gleicher Stelle das Lokal Surf ´n Turf, das auch nicht weiter der Rede wert war.

Nana

Hochwertige Gastronomie gab es im Grüneburgweg 95 aber in den 80er und 90er Jahren des letzten Jahrhunderts. Edmund Teusch und Willi Tetz etablierten dort mit dem Humperdinck eines der besten Restaurants von Frankfurt und legten den Grundstein für das kulinarische Humperdinck-Haus. Die beiden kamen aus Berlins erstem Zwei-Sterne-Restaurant Maitre von Henry Levy. Fast zehn Jahre sorgten Tetz und Teusch für Topleistungen, wobei es nur Weine aus Frankreich und Deutschland gab (250 Positionen), was heute trendig wäre, damals aber außergewöhnlich anmutete. Küchenchef Willi Tetz starb als junges Talent im Frühjahr 1992. Sein Nachfolger Michael Grasel konnte mit der Qualität durchaus mithalten, doch den Betreiber Edmund Teusch zwang letztendlich die hohe Miete zur Aufgabe, wobei die schöne Terrasse nie genutzt wurde.

1996 übernahm Alfred Friedrich das Humperdinck und machte daraus Frankfurts bestes Restaurant, während der Brückenkeller, in dem er zuvor fünf Jahre Küchenchef war, auf Talfahrt ging. Alfred Friedrich übertraf alle Erwartungen und lief im Humperdinck zur Hochform auf, so feinsinnig und furios kochten nur wenige.