Restaurantkritik Brighella: Feine Küche & faire Preise
30 Jahre italienische Zuverlässigkeit in Frankfurt
Es war rührend, wie sich auch im hohen Alter Marcel Reich-Ranicki ins Brighella schleppte, um hier gemeinsam mit seiner Teofila zufrieden lächelnd gebratene Kalbsleber zu essen. Viele Künstler und Prominente sind dort zu Gast, dennoch gehört das Brighella keineswegs zur Spezies Promilokal und kommt ohne jegliches Ballyhoo aus. Und das seit nun schon 30 Jahren. Feine Küche, faire Preise, freundlicher Service und gute Weine bieten genug Gründe für einen Besuch.
Küche
Die duftige raffinierte italienische Küche wird mit moderner Leichtigkeit umgesetzt, weshalb auch bei Menüs der Magen locker bleibt. Es gibt einige Signature Gerichte, die man nicht missen möchte, etwa das famose saftig-zarte Charolais-Bullenfilet mit Schwarzer-Pfeffer-Salzkruste in samtiger Jus. Oft auf der Karte zu finden ist auch ein Wildfang-Steinbutt, mal in Ingwersauce, mal mit einer großartigen geschmeidigen Gincreme-Sauce. Der Steinbutt in Olivenkruste mit Mangold und Saubohnen im grazilen und milden Meerrettichsud zählt ebenfalls zu unseren Favoriten. Saucen jedweder Art fallen im Brighella delikat aus, die Gemüse werden nicht als Beilage behandelt. Gebeizter Lachs mit grünem Spargel mag nicht aufregend klingen, aber wenn er in einer solchen Qualität wie hier serviert wird, dann stellt sich pure Freude ein. Gleiches gilt für den perfekten Rehrücken in Rotweinreduktion.
An Pasta geht kein Gaumen vorbei. Die Spaghetti mit Seeteufel in einem Sugo mit Minze und Zitrone sind von jener schlichten Schönheit, für die man die italienische Küche liebt. Ausgezeichnet und leider in Frankfurt nicht oft zu bekommen, ist Pasta mit würziger Bottarga. Der gesalzene, gepresste und in der Sonne getrocknete Fischrogen gibt der Pasta eine pikante Pointe. Er würde auch auf Toasbrot oder Burrata schmecken, aber im Brighella wird er bevorzugt frisch über die Pasta gerieben. Tutto sommato: Feinfühlige Zubereitung ohne aromatische Nervosität, hochsolide Produktqualität, harmonische Kombinationen. Die Preise sind sehr moderat, ob à la Carte oder Menü: Abends 4 Gänge 58 €, mittags 2 Gänge 23 € . Wir sind mitten in der Trüffelsaison, im Brighella gibt es schon seit vielen Jahren in großer Zuverlässigkeit schöne Menüs mit der Edelknolle.
Service
Die Beliebtheit des Restaurants ist im starken Maß mit den stets präsenten Betreibern Leo Caporale und Mario Borazio verbunden, die sich in den letzten 30 Jahren mehr gesehen haben als ihre Frauen. Sie kommen ohne Wichtigtuerei aus und verzichten auf den lästigen kumpelhaften Auftritt, wie er bei vielen ihrer Kollegen üblich ist. Mario, der den Service führt, kennt die Küche seines langjähriges Freundes Leo sehr genau und weiß entsprechend gut zu beraten. Das Brighella ist ein Nachbarschafts-Italiener und für viele Anwohner ringsum längst zum Wohnzimmer geworden. Wo man aber auch immer zu Hause sein mag, einen solch aufrechten und qualitätsorientierten Italiener wird man nicht überall finden und deshalb auch aus anderen Ecken kommend gerne aufsuchen.
Ambiente
Das Gespür für Stil erkennt man bereits an der Tafelkultur, die feinen und weichen Tischdecken und Servietten aus Leinen und Baumwolle aus Mailand vermitteln optisch und haptisch die gleiche Freude, wie das sorgfältig zubereitete Essen. Das Brighella blendet nicht mit aufsehenerregender Optik und bietet eine gediegene Atmosphäre und eine Mischung aus gutbürgerlichem deutschen Lokal und italienischer Trattoria. Der mit unzähligen Flaschen geradezu möblierte Nebenraum bietet für sechs bis zehn Personen Platz und eignet sich besonders für Gruppen, die solche diskreten Orte schätzen. Die kleine Sommerterrasse wird erst wieder in einigen Monaten eröffnen.
Weine
Die Weinauswahl ist – wie das ganze Lokal – nicht exaltiert und bedient den Einsteiger und den Kenner gleichermaßen – der eine wird nicht überstrapaziert, der andere nicht enttäuscht. Ein saftiger, frischer und elastisch über die Zunge federnder Wein, wie der fabelhafte Langhe Arneis von Ceretto aus dem Piemont passt zum Einstieg, für zwischendurch und auch noch zum Abschluss. Auch der Valentino-Spumante Brut Zero, ein besonders feinperliger und dezent nach Birne duftender Edel-Schaumwein aus Chardonnay, weckt als Aperitif und Essensbegleiter Begeisterung und vermag jeden grantigen Gast zu sedieren. Preislich schlanker und ebenfalls eine Empfehlung ist der würzige, delikat fruchtige und strohgelbe sizilianische Weißwein aus der Rebsorte Catarrotta von Ferreri. Ornellaia in der Toskana gehört zu den berühmtesten Weingütern der Welt und ist eher bekannt für seine noblen Roten. Erstklassig ist aber auch der Poggio alle Gazze aus den Rebsorten Sauvignon Blanc, Vermentino, Viognier und Verdiccio – satt, vielschichtig, expressiv, aber nicht laut. Bei so vielen guten Weinen im Brighella tut man gut daran, den Wagen zu Hause zu lassen: Die U-Bahn fährt bis fast vor die Tür, außerdem sorgt das zum Restaurant gehörende Hotel eine Treppe höher für ein sicheres Ruhekissen.
Ludwig Fienhold
Brighella, Restaurant & Hotel, Frankfurt, Eschersheimer Landstraße 442, Tel. 069 53 39 92. Dienstag – Sonntag 12 – 14.30 Uhr sowie 18 – 22.30 Uhr, Montag geschlossen.