Pizza: That´s Amore | BISS

Kategorie | 2013, Aktuelles, August 2013

Pizza: That´s Amore

Faithless concert

Auch der Mond ist nur ein großer runder Teigfladen

 

Bemerkenswerte Pizza-Adressen rund um den Globus

 

Von Ludwig Fienhold

When the moon hits your eye
like a big pizza pie
that’s amore

Dean Martin

Für Dean Martin war der Mond eine Pizza mit „Amore“-Geschmack. Manch einer vermag sie auch wirklich mit Liebe zuzubereiten. Und mit Fantasie, wie der Österreicher Wolfgang Puck, der in seinem Hollywood-Restaurant Spago seit 30 Jahren die Stars mit ausgefallenen Teigfladen speist und dadurch ebenfalls berühmt wurde. Er belegt seine Pizzen nicht mit Käse und Tomaten, sondern mit zarter Entenbrust, feinstem Lamm und knackigen Schrimps. Puck gehört zu den erfolgreichsten Gastronomen der Welt und betreibt inzwischen 40 Lokale, darunter zwei recht attraktive Pizzerien. Auch dort gibt es nicht das Übliche, sondern Pizzen mit Lachs & Caviar oder Spicy Chicken.

The Mercer Kitchen in NYC

Die beste Pizza außerhalb Italiens haben wir in Dubai im Hotel Atlantis erlebt. Dort führt der großartige Giorgio Locatelli sein gleichnamiges Lokal (Bild oben rechts). Die Pizza Bufala wird zwar mit 18 € berechnet, schmeckt aber auch göttlich. Der knusprig-dünne und doch saftige Teig ist perfekt, es finden nur allerbeste Zutaten Verwendung: Büffel-Mozzarella, aromatische Tomaten, frisches Basilikum. In New Yorks Immer-noch-In-Lokal The Mercer Kitchen von Topkoch Jean Georges Vongerichten wird eine der leckeren Pizzen mit allerbestem rohen Tunfisch und einer nicht zu scharfen Wasabisauce serviert. Renner ist dort allerdings eine Pizza mit schwarzen Trüffeln.

Die so genannte weiße Pizza, die ohne Tomaten auskommt und nur mit frischen Steinpilzen belegt wird, ist in Deutschland meist nur auf besonderen Wunsch zu haben. Bei Mauro in Cavallino nahe Venedig kann man diese besonders schöne Variante genießen, während das Lokal Ae Oche in Venedig gleich über 90 verschiedene Pizza-Arten anbietet. Die beste Pizza in Deutschland gab es nicht bei einem Italiener, sondern beim Österreicher Mario Lohninger im ehemaligen Silk im Frankfurter Cocoon Club – die knusprigen und saftigen Fladen mit Südtiroler Speck sind unerreicht. Es war einmal.

Pizza mit Lachs & Caviar von Wolfgang Puck

Pizza Frankfurt

In Frankfurt beginnt die Geschichte der Pizza im Jahre 1966 mit der Eröffnung von Da Angelo in der Homburger Landstraße – kaum größer und schon gar nicht schöner als ein Schuhkarton. Die Pizzabäcker verrichteten reichlich brummig ihre Arbeit, kaum jemand von ihnen sprach ein Wort Deutsch. Dennoch pilgerten die Frankfurter aus allen Stadtteilen nach Preungesheim. Vor allem nachts kochte der Teufel mit, wenn sich beschickerte Zecher und bekiffte GI´s noch zu einem letzten Bissen aufrafften und mit extrascharfer Peperoni-Pizza den Kopf ein wenig klarer zu machen versuchten. Die amerikanischen Soldaten sind längst abmarschiert, doch bei Da Angelo wirbeln noch immer die Teigfladen durch die Luft. Der Laden wurde um das Dreifache vergrößert, ist aber noch immer klein. Trotz häufiger Besitzerwechsel schmeckt die Pizza fast wie früher und kommt aus dem Steinofen, speziell der Teig erscheint so ganz anders als die von anderen Mitbewerbern. Einigen gefällt sie gewiss auch deswegen, weil sie mit Erinnerungen gewürzt ist. Jedenfalls gehört diese Pizzeria zum Allerbesten, was Frankfurt auf diesem Gebiet zu bieten hat.

Scialpi

Das Lokal Scialpi in der Innenstadt ist beliebt und immer besucht. Zwischen Opernplatz und Freßgass in der Hochstraße gelegen, entwickelte sich diese vor über 20 Jahren noch schlichte Pizzeria zum ansehnlichen und doch immer noch rustikalen Treffpunkt. Scialpi könnte die beste Pizza der Stadt machen, wenn sie immer gleich ausfallen würde. Im Idealfall erlebt man sie so: Knusperzarter dünner Teig, der trotzdem so saftig-würzig ist, dass man sogar die Krusten-Enden gerne isst. Die Pizza Bunga mit Salsiccia Calabrese und Mozzarella hat Temperament und Finesse, die Pizza Diavolo mit Peperoniwurst ist noch würziger, aber nicht unbedingt besser. Neben einem enormen Qualitätsgefälle gibt es noch zwei Minuspunkte: Die Pizza wird nicht gut vorgeschnitten und muss mit Messer und Gabel nachgearbeitet und gegessen werden. Eine Pizza muss man aber aus der Hand essen können. Zudem wird der Belag meist etwas lieblos draufgeknallt. Das sieht nicht nur unschön aus, sondern lässt sich auch schwer handhaben, weil alles durcheinander rutscht. Die Pizza mit Tiroler Speck ist gut, man sollte nur auf Ruccola und alles andere verzichten. Puristen ziehen hier das Pizzabrot vor, es stört keinerlei Belag. Vielleicht lässt Eustacchio Scialpi endlich deutlich mehr Sorgfalt herrschen, Schnelligkeit ist nicht alles. Vor allem, wenn es zu Lasten der Qualität geht. Die letzte Diavolo-Pizza Ende Juli schmeckte wie eine schlechte Tiefkühlpizza – wir fühlten uns herzlich verarscht. Scialpi ist keine Billigpizzeria, zwei Personen werden mit zwei einfachen Pizzen und zwei Prosecchi nicht unter 40 Euro auskommen.

Pizza Spicy Chicken von Wolfgang Puck

Beliebt und billig ist Amalfi, die hektische Teigfabrik, in der man während der Wartezeit seinen Prosecco im Pappbecher schlürft. Tomaten-Käse-Pizza und Pizza Tito mit Tomaten, Speck, Spinat, Mozzarella sind hier preiswerter als überall, aber keineswegs schlecht. Das Zeremoniell an der Theke – links bestellen, rechts zahlen – ist eine wunderbare Studie der Wirrnisse, wie so vieles hier. Warum haben alle Pizzabäcker Kugelbäuche? Salvatore Rimonti kann sich enge T-Shirts leisten, denn sein Surfbrettbauch schlägt keine Wellen. Sollte bei ihm „Wegen Wind geschlossen“ an der Tür stehen, so weiß man, dass er wieder auf den Weltmeeren unterwegs ist, denn das Longboat-Surfen ist seit Jahrzehnten seine Leidenschaft, mit der er sich sogar schon für die Weltmeisterschaft qualifizierte. 1968 war „Salvatore“ noch eine Trinkhallen-Pizzeria, jetzt ist es eine möblierte Pizzeria; aus den 20 wurden über 80 Quadratmeter. Salvatore eröffnete etwa gleichzeitig mit dem damals nahe liegenden Musikclub Sinkkasten und bekam von dort auch einen guten Teil seiner Kundschaft. Zuvor hatte er als Barkeeper im Londoner Hilton und als Kellner im Schlosshotel Kronberg gearbeitet. Viele der alten Sinkkasten-Gäste kommen noch immer – damals Studenten, heute Professoren, Ärzte, Anwälte. Inzwischen finden noch mehr Junge, Schicke und Schöne zu Salvatore, da sein Lokal auf der Strecke zum Ausgehpflaster Hanauer Landstraße beziehungsweise dem Rückweg liegt. Die Pizza mit Mozzarella, Parmaschinken und Rucola ist ein schönes Stück von schlichter Lustbarkeit. Ein oft zu sehendes Gruppenerlebnis ist das zu später Stunde einsetzende Verputzen von Pizzabroten, deren Knoblauch offenbar mehr anregend als abschreckend wirkt. Der Begriff „Pizza“ leitet sich übrigens vom musikalischen „pizzicato“ ab, was so viel wie mit den Fingern gezupft, gerissen, gezwickt und gekniffen heißen kann.

In Frankfurt-Sachsenhausen ist die Pizza schon sehr lange zu Hause. Das über 35 Jahre alte Borsalino in der Kleinen Rittergasse zählt zu den Pionieren dieser Spezies. Die Pizzen werden mit Schmiss im Holzofen zubereitet, alle haben sie Saft und Kraft. Und sie besitzen auch etwas von dem stets freundlich lächelnden Pizzabäcker – eine heitere italienische Note. Die Pizza mit Südtiroler Speck ist ebenso gut, wie die mit Pancetta-Bauchspeck. Die Auswahl an bekannten und weniger bekannten Varianten ist enorm.

Kaum größer als ein Karton, doch Kult: Pizza-Petro in der Paradiesgasse gehört zu den Dinos des Genres. Beliebt ist diese schrumplige Italominiatur bei vielen Spätheimkehrern und Gastronomen. Der Teig ist dünn, knusprig und saftig zugleich. Dünngeschnittene Peperoniwurst, Salami, Schinken und Pilze sind jeweils für sich oder auch gemischt immer gut, schön und selten ist auch die Pizza mit türkischer Sucuk-Wurst. Der Wunsch „extra scharf“ wird mit einem milden Lächeln quittiert. Die Schärfe fällt angenehm würzig aus und lässt die Zunge nur leicht prickeln. Gewürzt wird die Pizza aber außerdem mit dem lebhaften Szeneleben von Alt-Sachsenhausen, wo mehr Merkwürdiges und Kurioses geschieht als an vielen anderen Orten der Stadt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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