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Neueröffnung: Restaurantkritik La Moraga in Frankfurt

Schnittige Tapas für den

Westentaschen-Gourmet

 

Es gibt Restaurants, die weit schlechter starten. Man kann im neuen La Moraga noch vieles verbessern, doch schon jetzt bedeuten Küche & Konzept eine unterhaltsame Belebung der Frankfurter Gastronomie. Wie oft irrt man durch die Innenstadt auf der Suche nach einem guten Happen für unter zehn Euro in unkomplizierter Atmosphäre und findet nur große Portionen und kostspielige Angebote oder Fast Food. Und wie oft verspürt man gerade zwischen 15 und 18 Uhr Lust auf eine kleine Mahlzeit und wird durch knallenge Küchenschlusszeiten ausgebremst. Das ist jetzt durch La Moraga anders, es gibt viele Tapas von 4,50 bis 9,50 € (daneben aber auch höherpreisige Offerten). Auch sonntags, wenn fast alle anständigen Lokale in Frankfurt schnarchen.

Lamoraga TitelDer lässige Schick des Lokals baut keine Schranken auf, jeder scheint willkommen, ob nur auf ein Glas oder einen ganzen Tapasreigen. In der Frankfurter City gibt es auf diesem Level nichts Gleichwertiges. Vor allem darin liegt die Chance des neuen gastronomischen Amüsierbetriebs.

Der Gast wird gleich freundlich am Stehempfang willkommen geheißen und zu einem freien Platz geführt. Blickfang ist die offene Showküche, an der Singles und Pärchen einen Platz in der ersten Reihe erhalten. Für eine größere Anzahl eignen sich eher die Tische. Die Plätze im lichtgedämmten Eck und die an der Küchentheke sind besonders beliebt. Das Lokal breitet einen heiteren Charme aus, hinter dessen Nonchalance eine schlüssige Idee steht: Die Gäste sollen sich in einem leichten und beschwingten Ambiente mit unbekümmert und fast kindlich erscheinenden Mobiliar ungezwungen wohl fühlen – denn wer sich entspannt, konsumiert auch mehr. Diese weltumspannende Idee der Tapas-Lokale wird im La Moraga auf moderne und etwas anspruchsvollere Weise interpretiert. Dies gilt auch für die Küche. Neben vielen Klassikern sind zeitgemäße Tapas zu haben, vor allem leichtere als in traditionellen Lokalen dieser Spezies.

Hot Gambas

Hot Gambas

Die Gambas al Ajillo sind viel besser als man dies sonst in ähnlichen Lokalen erlebt. Die knackigen Riesengarnelen von sehr guter Qualität werden in Olivenöl gebraten und mit Knoblauch, Chili und Petersilie schön scharf abgeschmeckt. Der gegrillte Oktopus mit Limette und schwarzem Salz ist tadellos, man fragt sich nur, in welcher Art die kleinen Limettenviertel das Gericht bereichern könnten, da man sie mit Schale nicht essen und durch ihre geringe Größe auch nicht auspressen kann. Eine Gedankenlosigkeit, die sich nicht selten an manchen Stellen wiederfindet. Bei einem Chorizo-Gericht erwartet man vor allem die rauchige Würze des Hauptprodukts. Hier werden Chorizo-Wurstscheiben zaghaft auf einer angeblich mit Ei gebratenen „Zwiebel-Focaccia“ nebst Tomaten-Emulsion eingesetzt. Dieses Gericht klingt besser als es ist, weil es letztendlich wie ein mäßiges Baguette wirkt. Die ohnehin zu wenig wahrnehmbare Chorizo sitzt auf einem matten und durchweichten längliches Brötchen, das mit einer absurd süßlichen Tomatensauce verwässert wird. Tapas-Lokale, egal wie modern sie sich geben mögen, sollten zudem wichtigkeitsheischende Begriffe à la  „Emulsion“ meiden, zumal sie gerade in diesem Fall einfach nicht passen und letztlich einer endlich vergangenen Ferran Adrià-Ära angehören. Warum eigentlich geben wir uns hier eine solch analytische Mühe? Weil auch ein Happen für dann immerhin doch 6,50  € einfach viel besser sein muss. Genau an dieser Stelle erscheint selbst ein Tapas-Lokal als unter allen Erwartungen und dabei als zu teuer. Hinzu kommt, dass Beilagen separat zu bestellen sind und extra berechnet werden. Das ist im Grunde gar nicht so nicht schlecht, denn die Tapas allein tun der Linie und dem Geldbeutel besser. Zudem muss man sehen, dass gerade die Beilagen eher größer dimensioniert sind und sich zm Teilen für mehrere Personen eignen. Diese „We love to share“-Idee zieht sich durch die Speisekarte.

Lamoraga Frankfurt Manche kreativ gemeinten Tapas können noch nicht handwerklich und geschmacklich überzeugen: Die an sich guten und fleischigen Tigres-Miesmuscheln werden hier in einer zu süßen Balsamico-Reduktion mit Bechamel-Schaum und Panko-Paniermehlbröseln kombiniert und wirken auf diese Weise nicht harmonisch, weil sie selbst als Hauptakteur überdeckt werden.

Pimientos gehören zu den einfachsten und doch leckersten Häppchen in einer Tapas-Bar, warum man aber in Frankfurt auf das zwingend wichtige grobe Meersalz zur Abrundung verzichtet, ist schwer nachzuvollziehen. Für solche Details fehlt der Küche noch die notwendige Einsicht – oder will man ausgerechnet daran sparen? Und wo wir schon beim Meckern sind: Warum gibt es kein Gericht als kulinarischen Hinweis auf die namensgebenden Moraga-Sardinen, die der Málaga-Maler Horacio Lengo Martinez de Baňos in seinem Bild vom Fest am Strand festgehalten hat? Genau dieses hatte ja den Koch und einstigen Moraga-Gründer Dani García zum Tapas-Lokal inspiriert.

Restaurantmanager Emrah Sütcü

Restaurantmanager Emrah Sütcü

La Moraga wurde also nicht in Frankfurt erfunden und basiert auf einer Idee aus Südspanien. Dani García vom Zwei-Sterne-Restaurant Calima in Marbella hatte gemeinsam mit Geschäftsfreunden die Idee, Tapas einmal etwas anders darzustellen. Inzwischen ist er nicht mehr bei dem Unternehmen und wurde durch andere kreative Köpfe ersetzt. Die Tapas-Lokale in Marbella und Málaga haben sich seitdem nicht wesentlich verändert, was für ein gut eingespieltes Team spricht. Gerade der Erfolg von Systemgastronomie hängt von der authentischen Art und der gleichbleibenden Qualität ab. Der Frankfurter Gastronom Madjid Djamegari hat sich gemeinsam mit Partnern die Lizenz (Deutschland, Schweiz, Österreich) für La Moraga erworben und will noch weitere Lokale dieser Art etablieren. Als Bar- und Club-Macher konnte er sich in Frankfurt einen guten Namen machen (früher Kameha Suite, jetzt Gibson), als kulinarisch orientierter Gastronom muss er sich erst noch beweisen.

Zu den Highlights der Moraga-Lokale gehören die Mini-Hamburger, allen voran der süffige und schön gewürzte Bull Burger  mit geschmortem Ochsenschwanz sowie der schlotzige Pig Burger mit Schweinebacke, Speck und Teriyaki-Mayonnaise. So zumindest in Spanien. Der Ibérico Burger alias Pig Burger fällt im Frankfurter La Moraga beherzter aus, der Bull Burger reicht trotz guter Machart nicht an das spanische Original heran. In Frankfurt schmeckt der Bull Burger wie ein besserer Hamburger, beim Original wird das Saftige und Eigenständige eines Ochsenschwanzes deutlicher herausgearbeitet. Der Lobster Burger mit Anis-Aioli und Wakame-Alge ist in der Frankfurter Dependance ebenfalls gut, sollte sich aber weniger auf vordergründige und zu intensiv eingesetzte Saucen verlassen. Dennoch zählen auch im Frankfurter La Moraga die drei Hamburger-Miniaturen zu den besonders begehrlichen Tapas (5,50 – 9 €,  als Trio 19 €), zumal selbst die Brötchen gut sind. Jedenfalls sind das die richtigen Happen für den Westentaschen-Gourmet.

Christian Heinenbruch

Christian Heinenbruch

Der Service unter der Leitung des aufmerksamen Emrah Sütcü besteht zum großen Teil aus Mitarbeiterinnen, die mit Freundlichkeit Defizite ausgleichen und sich noch orientieren müssen. Man darf nicht vergessen, dass hier ein Team zusammengewürfelt wurde, dass sich bislang nicht kannte. Gleiches gilt für die Küche von Christian Heinenbruch, der zuvor als Koch, Barkeeper und Eventmanager arbeitete. Zu La Moraga gehört außerdem noch eine Bar mit Lounge.

Bei den Weinen könnte es viel Spanischer zugehen. Immerhin gibt es mit Jané Ventura einen sehr ordentlichen Cava (auch glasweise), der gelistete Albariňo-Weißwein wurde bislang nicht geliefert. Die offenen Weine, die gerade in einer Tapas-Bar wichtig sind, haben noch erheblichen Nachbesserungsbedarf.  Im Flaschensortiment ist man mit deutschen Tropfen von Leitz, Diel, Rebholz, Breuer sowie einigen Spaniern gut, aber nicht optimal vertreten. Dort könnte man gerade mit Spaniern noch mehr Flagge zeigen. Wie etwa beim famosen Cava Gramonia „Ill Lustros“, Gran Reserva Brut Nature, der vielen Champagner auf der Karte überlegen ist. Auch der feinperlige Juve y Camps, Reserva de la Familia, Brut Nature, (48 €) bietet viel Frische, Finesse und Geschmeidigkeit.

Dem Moraga in Frankfurt fehlt noch etwas der Mut, auch der zu noch mehr Qualität. Aber langsam, das Lokal hat gerade eröffnet und wird weiter an sich arbeiten. Wir konnten nahezu täglich erleben, wie sich das Lokal Biss für Biss verbesserte. Mit unserer konstruktiven Kritik möchten wir erreichen, dass sich in Frankfurt ein bislang vermisstes Lokal gut etabliert.

Ludwig Fienhold

 

Lamoraga Frankfurt La Moraga, Frankfurt, Junghofstraße/ Alte Rothofstraße, schräg gegenüber der Frankfurter Kultkneipe Mutter Ernst. Tel. (069) 153 454 66. Geöffnet Montag – Donnerstag 11 – 1 Uhr, Freitag + Samstag 11 – 2 Uhr, Sonntag 11.30 – 23 Uhr.

Weitere Eröffnungen von Tapas-Lokalen in Madrid, Valencia, Naples/Florida, Budapest, Dubai. www.lamoraga.com Die Webseite gilt für das gesamte Unternehmen und bietet wenig Informationen.

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Photocredit: Barbara Fienhold