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Restaurantkritik Lohninger: Alpenküche de luxe

Metropolengerichte

mit Heimatgefühl

 

Von Ludwig Fienhold

 

Es gibt nur ganz wenige Köche, die mit einer solch großen und vielfältigen Geschmackswelt überraschen können, dabei aber nie ihre Kernkompetenz vergessen. Das kulinarische Terroir von Mario Lohninger ist seine Heimat Österreich, wenn er Asiatisches, Französisches oder Italienisches einfließen lässt, so erscheint dies aber mit einer Selbstverständlichkeit, als hätte es das Gericht schon immer nur so gegeben. Selbst der größte Evergreen New Yorks, das legendäre Pastrami Sandwich, gelingt Lohninger in einer Qualität, die man in New York lange sucht und doch kaum findet. Jetzt beginnt eine neue Ära, Mutter Erika und Vater Paul, die großem Stützen des kleinen feinen Familienunternehmens, haben sich zurückgezogen. Dies hat sich nicht auf die Qualität der Küche ausgewirkt, sondern höchstens auf die Atmosphäre, denn Erika Lohninger schien allgegenwärtig. Auch die grandiosen Heurigen-Tage, bei denen Vater Paul Lohninger mit hausgemachten Leber- und Blutwürsten, gebackenen Steinpilzen mit wundervoller Remouladensauce oder saftigen Grill-Hendl mit Rosmarin-Erdäpfeln für Sternstunden der Gastronomie sorgte, werden wir arg vermissen.

Das legendäre Wiener

Eines der schönsten Gustostückerl aus dem Heurigen-Repertoire, das Bio-Schweinsbrat´l in Majoransaft mit Krautsalat (Bild ganz oben), hält hin und wieder auch Einzug in die Speisekarte des Restaurants Lohninger. Wann immer es dort auftaucht, sollte man es bestellen, sonst verpasst man ein Gericht von größter Lustbarkeit. Es gibt auch sonst weiterhin viele Gerichte in praller Fröhlichkeit, die wir persönlich zum Weltkulturerbe erklären: Das grandiose, saftig-zarte und perfekt soufflierte Wiener Schnitzel gehört dazu, ebenso das Pastrami-Sandwich und das unwiderstehliche Ochsenbackengulasch.

Einer der Hausklassiker bei Lohninger ist ein Tatar, das uns sonst nicht weiter berührt, hier aber ein Must-have ist. Das erstklassige und saftige Hereford Prime Filet Tatar wird à la minute frisch zubereitet. Perfekt gewürzt mit Essiggurken, Kapern, Sardellen, Schalotten und Sojasauce plus Olivenöl, Parmesansplittern und Dijon-Mayonnaise. Auf der ringförmigen angelegten Delikatesse thront ein gegarter Bio-Dotter, der beim Anschneiden sämig ins Fleisch fließt. Umwerfend gut.

Es gibt auch zwei asiatische Gerichte, die wegen ihrer Finesse von der Karte nicht wegzudenken sind: Alaska Black Cod, geräucherte Consommé, Rettich-Cannelloni, Süßkartoffel sowie gegrillter Miso-Lachs, Shiitake-Pilze, Orangen-Ingwer-Marinade, Wasserkressesalat. Wie alles bei Lohninger auf Zwei-Sterne-Niveau, was der Michelin aber nicht versteht.

Mario Lohninger

Bei Lohninger gibt es das für uns beste Pastagericht der Stadt: Chitarra-Spaghetti, in der Saison mit Alba-Trüffeln, sonst al gusto. Chitarra heißt das traditionelle Nudelschneidebrett mit saitenähnlichen Stahlfäden, mit denen vor allem in den Regionen Apulien und Abruzzen Pasta zubereitet wird. Aber nicht nur Italiener verstehen sich auf Pasta. Bei Mario Lohninger kann man eine vibrierende, fast schon fleischige und handgemachte Chitarra bekommen. Mit einer eigenen Mehlmischung, glutenfrei. „Wenn sich dies negativ auf den Geschmack auswirken würde, hätte ich es nicht gemacht“, meint Mario. Er serviert das äußerst harmonische Pastagericht als Standard mit geschmolzenen Tomaten, Peperoncini, Basilikum, Knoblauch und Olivenöl inklusive einer perfekten schmelzigen und feinen Parmesan-Fonduta. „So simpel es klingt, so schwierig ist es“, weiß der Spitzenkoch.

Schweinsbraten

Zu vielen Gerichten der alpinen Küche de luxe passen die Weine aus Lohningers Heimat, ein Grüner Veltliner geht oft gut, im Sommer eher ein leichter Federspiel, im Winter besser ein gehaltvoller Smaragd. Es gibt nach wie vor viele erstklassiger Weine und ganz besonders viele Champagner. Dennoch wird die Weinkarte gerade aufgefrischt und weiter ergänzt. Es wäre sicher gut, den Blick etwas mehr auf Newcomer und die jungen deutschen Winzer zu lenken. Das Serviceteam hat sich verjüngt. Natürlich ist eine erfahrene Gastronomin wie Erika Lohninger nicht leicht zu ersetzen, aber der Service gleicht viel mit großer Einsatzfreude aus.

Erika und Paul Lohninger sind inzwischen zwar meist in ihrem Domizil im Salzburger Land, kommen aber ab und an nach Frankfurt. Viele Gäste träumen davon, den ganzen Lohninger-Clan wieder einmal bei einem Heurigen-Tag im Lokal erleben zu können. Denn gerade solche außergewöhnlichen familiären Festessen gehören zu den letzten kulinarischen Großereignissen auf dieser Welt.

Fotos: Barbara Fienhold 

Bild ganz oben: Restaurant Lohninger mit Foto von Maria Alm im Salzburger Land, Heimat der Lohningers und Geburtsstätte einer kulinarischen Ausnahmefamilie

 

 

 

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