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Incantina: So schlecht kann doch kein Italiener sein

Ist das schon Fake

oder noch Essen?

 

Vom Interieur sieht das Lokal Incantina in der Frankfurter Taunusstraße wie eh und je aus. Man wähnt sich nach wie vor bei einem guten Italiener, der die Regionalküche und mehr noch die Weine der Emilia-Romagna mit Engagement vertritt. Es kommt aber leider alles ganz anders, endet in einem Fiasko und einer beispiellosen Missachtung jeglicher Gastlichkeit.

Wir haben die Mäntel noch an und werden im Stehen von der Kellnerin (auf englisch) nach den Getränkewünschen gefragt. Nach einem Blick auf die Weinkarte bestellen wir den Otello Nero Lambrusco von Ceci. Ein Kellner schenkt den Rest aus einer Flasche ein, der unübersehbar ausgesprudelt ist. Wir lassen ihn zurückgehen, was mit einer gewissen Ungläubigkeit quittiert wird. Auch beim zweiten Lambrusco handelt es sich um Resteverwertung, der Spumante hat keine Perlage mehr und ist so natürlich nicht zu genießen. Jetzt endlich wird eine neue Flasche geöffnet. Wir sind höchst misstrauisch geworden und fragen bei jeder weiteren Bestellung dreimal nach, ohne vernünftige Antworten zu bekommen.

Zunächst wird Weißbrot auf den Tisch gestellt, einfach so, ohne Olivenöl. Wir wollen, wie so oft zuvor, mit einer Aufschnittplatte starten, mit Parmaschinken, Coppa, Salami und Mortadella. Bislang stets von allerbester Qualität und eine wahre Freude. Vor allem: Immer zu haben. Nur heute nicht. Warum? „Gibt es nicht mehr“. Steht aber nach wie vor aktuell auf der Webseite und ist angeblich mittags und abends zu haben.

Die Karte ist sehr sehr klein, mittags darf man nicht viel erwarten, aber doch wenigstens Qualität? Richtig angelacht werden wir von kaum einer Position, wir wählen mehr verzweifelt als hoffnungsvoll Tortellini Bolognese (15 €) mit Käsesauce Parmigiano Reggiano. Unsere Frage, was hierbei „Bolognese“ genau zu bedeuten hat, kann vom Service nicht beantwortet werden. Wir fragen, ob hier ein Ragout/Hackfleisch dabei ist, was ohne weitere Erklärung bleibt. Die Tortellini kommen in einer belanglosen Käsesauce daher, das Gericht ist vollkommen gewürzfrei und ohne jegliches Leben. Wir probieren einige Happen und lassen den Teller in all seiner Freudlosigkeit stehen. Bei den Garganelli alla Puttanesca (17 €) mit Sardinen (statt Sardellen), Kapern und Oliven, die eigentlich Temperament haben müssten, erleben wir im Grunde das gleiche müde Schauspiel. Scharf-würzig oder zumindest pikant ist hier nichts. Von Knoblauch oder vielleicht Peperoncini keine Spur, einige wenige Kapern kullern dumpf auf dem Teller herum, Sardinen oder Sardellen, wie es eigentlich richtig wäre, sind nicht einmal in Spurenelementen vorhanden. Obendrein alles trocken und staubig. Angeblich soll Oregano vorhanden sein, was zum Glück aber nicht stimmt. Ein solches Häuflein Elend haben wir jedenfalls noch nie bei einem Italiener erlebt. Wir haben keine Lust darauf und lassen den Teller stehen.

Nur so nebenbei: Den aufgetischten Salat, nicht angemacht und leblos, würden wir nicht einmal an Hasen verfüttern. Völlig nekrotisch auch eine als „Minestrone“ angekündigte Suppe, die aus einer Brühe und einigen Gemüseschnitzen besteht. Was mag der Koch von Beruf sein? Schlechter italienisch gegessen haben wir weder in Frankfurt noch sonst auf der Welt noch nie. Der Service fragt, ob wir etwas anderes zu essen haben möchten, was wir verneinen. Sollen wir etwa noch weiter dermaßen schlecht essen? Alle Gerichte werden berechnet. Und sind doch keinen Cent wert.

Wir fragen beim männlichen Service hinter der Theke nach, ob hier und heute Italiener in der Küche stünden, weil so nie ein Italiener kochen würde. „Wir haben zwei Italiener in der Küche“, meint der Mitarbeiter. Kurz danach verlässt ein Mann mit Turban die Küche.

Das Lokal Incantina mag immer ein klein wenig chaotisch gewesen sein, aber nie schlecht, Massimo Ancarani hat in über 12 Jahren ein Lokal mit guter und klarer regionaler Ausrichtung aufgebaut. Und mit einem Schlag zerstört eine Handvoll Dilettanten alles. Was ist geschehen? Auf der Webseite ist immer noch der langjährige Betreiber Massimo Ancarani zu sehen, was Vertrauen schafft, sich aber als Etikettenschwindel herausstellt. Denn Geschäftsführer ist inzwischen Davide Frascari, der neue Präsident der „Enoteca Regionale Emilia-Romagna“ und Verantwortliche für die Absatzförderung der heimischen Weine. Er sollte schleunigst einmal nach Frankfurt kommen, um zu sehen, was in seinem Namen und mehr noch im Namen dieser wunderbaren Region Emilia-Romagna für Schindluder getrieben wird.

Ludwig Fienhold