Gault & Millau 2014: Die besten Köche Hessens
Die Gewinner & Verlierer
Mit Ingo Bockler aus Herleshausen, Markus Medler aus Maintal und Adalbert Seebacher aus Oberursel steigen drei Köche auf, die nicht im Zentrum der kulinarischen Macht Frankfurt arbeiten, sondern auf dem Land.
Nach Meinung des Gault & Millau ging durch die Küche von Ingo Bockler vom Hohenhaus in Herleshausen, ein Ruck. Man schmeckt es demnach bei der gebratenen Rotbarbe mit schwarzer Olivenmarmelade und dezenten Zitronenzesten oder den Jakobsmuscheln mit geschwenkten Lauchzwiebeln und hauchdünnem Kalbskopf.
Markus Medler vom Hessler in Maintal, verstand es überzeugend „zarte gegrillte Calamaretti aromenreich auf cremigem, salbeiwürzigem und mit Paprika angereichertem Risotto samt gebackener Kapern oder geschmorten Schweinebauch mit Honiggurke, Feigen und Kreuzkümmel“ zuzubereiten.
Ein sehr genaues und harmonisches Abschmecken beeindrucke die Tester bei Adalbert Seebacher (Bild oben rechts) vom Kraftwerk in Oberursel, „dessen scheinbar unbekümmerte Leichtigkeit bei einer Cremesuppe von der Steckrübe mit Garnelen und Chorizo oder einer Komposition von Garnele, Jakobsmuschel, Tomate und Vanille nebst gebackener Parmesan-Risoni-Kugel zu erleben war.
Alle drei genannten Spitzenköche bekommen in der jetzt erscheinenden Gault & Millau Deutschlandausgabe 2014 jeweils 16 Punkte, die für einen „hohen Grad an Kreativität und Qualität“ verliehen werden.
Der Frankfurter Mario Lohninger, der neben seinem eigenen Restaurant auch das fünf Minuten entfernte Holbein’s kochend betreut, hob auch dessen Küche auf 16-Punkte-Niveau, beispielsweise durch „umwerfend gute, geschmorte Short Ribs vom US-Beef mit gedämpfter, leicht süßlicher tropischer Yams-Wurzel und nussig-buttrigen Edamame-Bohnen aus Japan und köstlicher Sauce aus Pflaumenwein“.
Auf 15 Punkte verbessern sich dank eindrucksvoller Gerichte: Ralf Dörr vom Bartmann’s Haus in Dillenburg („Bresaola vom Nebraska-Beef mit einer Variation von der Ochsenherztomate“), Thomas Haus vom Goldman in Frankfurt („auf einem kleinen Holzkohlegrill serviertes XXXL-Kalbskotelett mit schönem Kalbsjus, gerösteten kleinen Kartoffeln, jungem Knoblauch, Knollensellerie-Mus, glasiertem Gemüse und frischen, in peppiger Gremolata-Würze gebratenenWaldpilzen“), Alfred Friedrich vom Lafleur in Frankfurt („Taubensalat mit Entenleber-Omelette, jungem Lauch und Wildkräutern“).
Dieselbe Note erhalten auch Uwe Weber vom Restaurant Emma Metzler in Frankfurtund André Grossfeld vom Grossfeld – Gastraum Der Sinne in Friedberg, die damit aber jeweils einen Punkt weniger als im Vorjahr bekommen. Weber enttäuschte die Tester, weil „eine bläulich-grüne Kräuteressenz, in der ein gebackenes Hühnerei und ein Blauschimmelkäse-Honig-Crostino beeindrucken sollten, blass und nichtssagend wirkte oder Tsarskaya-Austern mit pink-krassem Wodkagelee ziemlich künstlich erschienen“. Bei Grossfeld fragen die Kritiker: „Ist die Küche bei Sinnen, wenn sie im Menü nach auf der Haut gebratenem Kabeljau in Holunderschaum, auf der Haut gebratenen Zander mit Radieschen, Rettich und Avocadomousse noch einmal auf der Haut gebratenen Dorsch mit Chicorée, Zitrusfrucht und Safranschaum bietet?“
Platz 1 der kulinarischen Hitparade des Gault & Millau in Hessen teilen sich mit jeweils 17 Punkten:
Carmelo Greco vom Restaurant Carmelo Greco in Frankfurt („Milchferkel mit Krusteln, karamellisiertem Apfel und Ananasconfit“), Patrick Bittner vom Restaurant Français in Frankfurt („die Kombination von Osietra-Kaviar, Gin und Gurke scheint auf den ersten Blick ungewöhnlich, harmoniert aber auf den ersten Biss“) sowie Andreas Krolik vom Tigerplast in Frankfurt („roh marinierte Gelbflossenmakrele, Taschenkrebssalat, Blumenkohlcreme und zartes Curry-Eis“). Mit in dieser Riege ferner dabei: Dirk Schröer von der Burg Schwarzenstein in Geisenheim („seltsam anmutende Allianzen wie Iberico-Schwein mit seinen Bäckchen à la rheinischer Sauerbraten und seinem Filet mit gerösteten Pumpernickelbröseln und einem mit Gruyère vermischten Rosinenragout erreichen eine ungeahnte Harmonie am Gaumen“). Matthias Schmidt von der Villa Merton in Frankfurt („ignoriert Hummer, Gänseleber und Co., bevorzugt heimische Produkte wie Sellerie und serviert ihn in Salatsaft und Johannisbeerstrauch-Emulsion gebadet, als gefrorenen Knollensellerie und sehr einreduzierten Saft mit Majoran und Knoblauchrauke “). Patrick Spies vom L’Etable in Bad Hersfeld („würzig angemachtes Tatar im Glas, darüber lauwarme gelierte Ochsenschwanzessenz , leicht aufgeschlagene Crème fraîche und hoch aromatischer Kräuterschaum“).
Christoph Rainer von der „Villa Rothschild“ in Königstein, der einen Punkt verliert, weil die Tester „heuer mit der bislang hochgelobten Küche nicht ganz glücklich“ waren. So ging die roh marinierte Entenstopfleber mit leicht bitterer Note keine glückliche Verbindung mit Tomatensorbet und Pinienkern-Emulsion ein“. Mit stattlichen 17 Punkten bleibt er dennoch mit an der Spitze in Hessen.
Die Tester beschreiben und bewerten dieses Jahr insgesamt 76 Restaurants in Hessen. 64 Küchenchefs zeichnen sie mit einer oder mehreren Kochmützen aus, wofür die Könner am Herd mindestens 13 von 20 möglichen Punkten erreichen müssen. Das schaffen auch die neu eröffneten oder erstmals bewerteten Lokale Heyligenstaedt in Gießen sowie Die Scheuer in Hofheim (jeweils 14 Punkte), Lindenallee in Bad Homburg und Marburger Esszimmer in Marburg (je 13 Punkte).
Im Vergleich zur Vorjahresausgabe serviert der Gault & Millau in Hessen acht langweilig gewordene Restaurants ab und nimmt sieben neu auf, zehn werden höher, 15 niedriger bewertet. Drei Küchenchefs verlieren die begehrte Kochmütze.
Die besten Restaurants des Gault&Millau in Hessen auf einen Blick
17 Punkte
Carmelo Greco, Restaurant Français, Tiger-Restaurant, Villa Merton in Frankfurt
Burg Schwarzenstein, Geisenheim
L’Etable, Bad Hersfeld
Villa Rothschild*** Königstein
16 Punkte
Kronenschlösschen, Eltville
Philipp Soldan, Frankenberg (Eder)
Erno’s Bistro, Holbein’s* und Lohninger in Frankfurt
Hohenhaus* Herleshausen
Hessler*, Maintal
Kraftwerk* Oberursel
Navette, Rüsselsheim
Ente, Wiesbaden
15 Punkte
Bartmann’s Haus* Dillenburg
Adler-Wirtschaft, Eltville
Biancalani, Emma Metzler***, Goldman*, Heimat, Lafleur*, Max on One und Weinsinn in Frankfurt
Grossfeld*** Friedberg
Schützenhof, Glashütten/Taunus
Hohenhaus, Herleshausen
Ox, Hilders/Rhön
Krone, Höchst/Odenwald
Sänger’s sowieSchellers in Bad Homburg
Landgut Falkenstein, Königstein
Schaumahl, Offenbach
*Aufsteiger **Newcomer ***Absteiger
Die Bestenliste auf einen Blick mit einem Klick
Gault & Millau Bestenliste 2014