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Entdeckung auf der Weinsinel Lanzarote: Garagenweingut Tisalaya in Tinayo

Miguel Morales Moríns

Gespür für die Salzigkeit

der Erde

 

Ohne die genaue Adresse hat man keine Chance diese Bodega zu finden, nichts weist darauf hin, dass in einem solch kärglichen Gebäude Wein gemacht wird. Die Bodega Tisalaya von Miguel Morales Morín ist tatsächlich nur eine Garage. Die 65 Quadratmeter bieten gerade einmal Platz für sechs kleine Stahltanks, eine Traubenpresse und einen Klimaschrank. Hier werden noch Weinpressen verwendet, wie man sie nur noch aus dem Museum kennt. „Artesan“, meint Miguel, alles Handarbeit. Von der Lese bis zur Pressung. Die über 60 Jahre alten Reben werden in vier mal vier Meter großen Bodenlöchern gezogen und wurzeln in einer Erde aus Vulkangestein und von bröseliger Lavaasche überzogenen Lehm & Ton-Böden. Die knapp zwei Hektar große Rebfläche von Tisalaya, die wie meist auf der Insel keine Weinberge, sondern kleine zwei Meter tiefe Trichter sind, liegen im Nationalpark Timanfaya und im Naturpark Los Volcanes. Die Trichter werden von Vulkansteinmauern, sogenannten Zocos, als Windschutz umrahmt.

Lanzarote Weinlese

Die kleine Weinprobe bei Tisalaya mag in einem schlichten Raum stattfinden, um so spannender wirkt jedoch der Wein selbst, der nicht aus der dominanten Insel-Rebsorte Malvasia, sondern dem auf Lanzarote eher rar gesäten Diego stammt.  Ein verwegen mineralischer Wein mit dezentem und leicht kräuterwürzigem Aroma. Diese kühle Stilistik und salzige Frische ist durchaus typisch für Lanzarote, aber nicht unbedingt in dieser klaren und sehr trockenen Ausprägung. Der Tisalaya vermag aber noch viel mehr: Er fängt diese unglaubliche Stille und majestätische Ruhe ein, die wie eine schützende Glocke über der Weinregion von Lanzarote schwebt. Welch ein authentischer Inselwein, so schmeckt Lanzarote. Der letzte Schluck scheint immer noch ein Geheimnis zu bergen, etwas das nicht abschlossen ist und unbedingt eine zweite Flasche erfordert. Das wird deshalb nicht ganz so einfach, weil der Ertrag verschwindend gering ist. Der Jahrgang 2021 fiel wegen Trockenheit und Hitze minimal aus, es wurden gerade einmal 500 Flaschen abgefüllt. Aber auch in stärkeren Jahren sind es kaum mehr als 3000 Flaschen. Nur einige Restaurants auf Lanzarote haben den Tisalaya auf der Karte, etwa La Tegala, Coentro, El Risco, Lilium oder Dunas. Die eine oder andere Flasche fand aber auch den Weg in die Sternegastronomie nach Madrid.

Miguel Morales Morín

Neben Weißwein erzeugt Miguel Morales Morín einen Listan Negro, der völlig ungeschminkt, geradlinig, kühl und wildwürzig ausfüllt und durch seine schlichte Schönheit besticht. Viele Insel-Winzer forcieren bei ihren Rotweinen meist eine internationale Stilistik, die sie austauschbar machen. Auch beim Moscatel-Dessertwein setzt das Garagenweingut Tisalaya nicht auf stromlinienförmige Gefälligkeit, der Moscatel ist sehr feinfruchtig und kein plumper Süßprotz mit überzogener Selbstdarstellung. Es sind solche Weine wie die von Miguel Morales Morín, die Lanzarote und seine dramatisch schöne Weinwelt zu einer Art Trinkkulturerbe machen.

Ludwig Fienhold