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Die wunderbare Welt des Wirtshauses

Goldochsenbräu

So schmeckt Dorf

 

Spielbach würde beim Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ nicht unbedingt als Favorit gelten, aber der Gasthof Goldochsenbräu ist weit mehr als eine Dorfschönheit. Stattlich in der Statur, deutlich im Charakter, blickt man hier in ein 400 Jahre altes Gesicht, auf dem viele Geschichten geschrieben stehen. Eine solche Gaststätte mit Gemüt gilt selbst im gemütvollen Hohenlohe als Rarität.

Greise und Jugend teilen sich die blanken Holztische wie in einer Großfamilie. Beflissenheit und Trägheit, Lebensfreude und Melancholie mögen anderswo als Widerspruch gelten, hier werden sie zum Genius loci, der alles auf wundersame Weise vereint. Dass, die den Gasthof seit Ewigkeit betreibende Wirtsfamilie auf den Namen Unbehauen hört, hätte man sich nicht besser ausdenken können. Der verstorbene Hausherr, so wissen alteingetrunkene Gäste, hielt während des Betriebs auf einem Sofa neben der Theke oft ein Schläfchen. Wer es wagte, in dieser Zeit nach einem Bier zu verlangen, wurde nicht mehr bedient oder gleich vor die Tür gesetzt. Das hausgebraute Bier ist aber auch gefährlich süffig und macht schon beim Trinken Lust aufs nächste Glas. Mancher Bauer aus der Nachbarschaft holt sich seine Bierladung gleich mit der Schubkarre ab, manche kommen nur auf ein Glas vorbei, die meisten aber sitzen lange, sehr sehr lange und bereiten dem Haus durch ungebremste Bestellungen Freude. Es herrscht ein Grundton, wie er nur in alten Gasthäusern zu Ohren kommt, dessen Fachwerk und Holzdielen das Stimmengewirr warm abdämpft. Es ist lebendig, aber nicht laut. Und wer nach dem fünften Schoppen über sich hinauswächst, stößt gleich an die niedrige Decke und wird wieder auf gemütliches Sitzmaß gestutzt. „Do hocke die, die immer do hocke“ steht am Stammtisch, der zwischen Theke und Kachelofen strategisch besonders günstig liegt. Auch bekannte Gastronomen, die unweit hochdekorierte Restaurants betreiben, sind gerne zu Gast.

Wo an anderer Stelle sieht man Dorfjugend, die Alten und die ganz Alten so friedlich gemeinsam an langen Tischen sitzen. Kaum sonst auf dem Lande, und schon gar nicht in der Stadt. Der Gasthof Goldochsenbräu ist eine Stätte von sozialer Kompetenz. Hier werden selbst die von der heilig-heimeligen Grundstimmung geschluckt, welche sich durch ihre absichtsvoll kahlen Köpfe und breitbeinige Stiefel martialisch geben.

Brigitte Unbehauen brutzelt unermüdlich in der Küche. Sie wird wegen ihrer mit Semmelknödelmasse gefüllten Tauben geliebt, die es jedoch nur an Feiertagen gibt. Ente und Schnitzel schmecken aber ebenfalls deftig gut. Bratkartoffeln, Sülze und Grünkernsuppe kommen von Herzen. Klar, was es danach gibt: einen Schnaps aus der eigenen Brennerei.

LF

Brauereigaststätte Goldochsenbräu, Spielbach, täglich ab 18 Uhr und Sonntag auch am Mittag geöffnet. Tel. 07939 461. Wer nicht reserviert hat, sollte gleich um 18 Uhr kommen.

 Siehe auch BISS-Artikel Stammtische sind wieder modern