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Die Entdeckung: Sorriso in Frankfurt

Gutes abseits der kulinarischen Wichtigtuerei

 

Von Ludwig Fienhold

 

Keine Instagram-Teller, keine Pinzetten-Küche. Im Sorriso in Frankfurt wird gekocht. Gut gekocht. Schöne Kombinationen, geschmackliche Finesse, klare kulinarische Aussagen mit durchdachten Komponenten. Die kreative junge Küche zeigt sich entspannt und will nicht mit der oft in den Spitzenküchen anzutreffenden Geschwätzigkeit durch Texturen, Sphären und Schäumchen blenden. Wie schön, dass es noch so etwas wie eine anspruchsvolle Küche gibt, bei der es einzig um das ungekünstelte Essen geht.

Für uns wird im Sorriso ein Stück verloren gegangenes geschmackliches Zuhause belebt, nach dem man nach all den Jahren des Reisens durch die Sterneküche Heimweh verspürte. Die Basis ist Old School, aber eine, die von jeglicher Trägheit befreit wurde. Im Sorriso weiß man noch, was eine richtige Jus ist und liebt Schmorgerichte. Die Speisekarte ist so klein gehalten, wie es sich für ein auf Qualität setzendes Restaurant gehört. Es sind viele Einflüsse aus aller Welt zu entdecken, ohne dass daraus eine Allerweltsküche wurde. Das Restaurant Sorriso geht ins dritte Jahr, hat sich aber erst mit der Zeit richtig entfalten können und musste zuvor gegen das schlechte Image des Vorgängers kämpfen.

Baozi vom Bigorre Noir Porc

Der kleine Familienbetrieb besteht aus Vater Robert, Tochter Stella und ihrem Mann Kiriakos. Bei dieser Mischung aus Griechenland und Kroatien könnte man eine mediterrane Küche erwarten, aber genau das will man nicht. Das Team möchte frei von jeglicher Nationalität arbeiten und sich nicht festlegen. Alles ist hausgemacht, auch das Brot. „Nichts auf den Tellern wird nur wegen der Optik eingesetzt, alle Komponenten und Details müssen auch schmecken“, sagt Kiriakos Tompolides, der gemeinsam mit seiner Frau Stella in der Küche steht. Die beiden haben nicht in Sternehäusern gearbeitet, sie lernten sich in ihrer Zeit im Kempinski Gravenbruch kennen.

Mais Dessert

Das Black Angus Rindertatar mit weißem Spargelmus, wildem Spargel, Senfsaat und Sauerteigchips ist eine schöne, in sich geschlossene und gut abgeschmeckte Kombination. Die Senfsaat setzt eine sanfte Pointe. Beim Baozi vom Bigorre Noir Porc findet ein chinesisches Dumpling sein Glück bei einer Füllung aus französischem Schwein, das sich von Eicheln, Kastanien und Oliven ernährt und ein würziges und nussiges Fleisch ergibt. Diese Edelschweine werden von einigen individuelle Züchtern fast wild gehalten und haben nichts mit den schnell gemästeten Industrieschweinen gemein. Die gedämpfte Teigtasche mit Bigorre Noir wird im Sorriso von auffrischenden Scheiben einer satten Ochsenherztomate, Röstschalotten, leicht salzigen japanischen Umibudo-Meerestrauben und einer Avocado-Kräuter-Emulsion feinfühlig begleitet. Ein gutes Seezungenfilet ist inzwischen beinahe schon eine Rarität. Im Sorriso wird eine pralle, saftige und perfekt gegarte Tranche mit Kerbel Beurre Blanc, Blumenkohl-Mousseline und weißem Spargel serviert. Das könnte man jeden Tag essen und sich schlank dabei fühlen.

Die Desserts sind Stellas Ressort  und ergänzen die Küche auf die gleiche durchgehend persönliche Weise: Passionsfrucht-Eis, gerösteter Babymais, weiße Schokolade, Kokos und Purple Curry ergeben einen köstlichen und elanvollen Nachtisch. Prima, dass es auch zubereitete Käsegerichte gibt, ein Paradebeispiel ist das Comté Souffle mit Maccadamia Crunch und Feigensenf. Man kann à la carte  bestellen, mit den Menüs erlebt man die Küche aber eher in ihrer Tiefe. Die Gänge sind optimal portioniert. Außerdem werden die Menus so gastfreundlich kalkuliert, dass man sich nicht gebremst fühlen muss. Die Teller sind von anspruchsvoller Optik, mehr noch, sie lächeln einen an. Passt ja auch, „Sorriso“ bedeutet im Italienischen das „Lächeln“.

Robert Bezjak, der für den Service und die Weinberatung zuständig ist, mag auf den ersten Blick etwas sperrig erscheinen. Aber er hat die ruhige Art französischer Service-Prägung, die nicht aufdringlich sein will und nur dezent beratend präsent sein möchte. Eigentlich sitzt ihm der Schalk im Nacken, seine Augen können mehr blitzen als jedes Messer. Wie das Lokal selbst, so kommt auch die Weinkarte ohne Wichtigtuerei aus, Robert setzt eher auf unbekannte Winzer und Newcomer, die preiswert zu kalkulieren sind. Es stehen 33 Positionen auf der Karte, alle überlegt ausgesucht. Der pikant gereifte Grüne Veltliner von Hofstetter passt zum Sommer und der Küche. Sauvignon Blanc kann laut und unerträglich exotisch sein, der von Russbach aus Rheinhessen ist von kühler Eleganz. Wenn es ein Rotwein sein soll, ist der „Incognito“ von Philipp Kuhn aus der Pfalz der absolute Hinschmecker. Wer solche Weine anbietet, weiß auch um die Tischkultur, die im Sorriso mit großen und dem Wein Raum zur Entfaltung bietenden Gläsern beachtet wird – auch bei guten Weißweinen und Champagner. Das Restaurant ist von anmutiger Gepflegtheit, aber einer, die nicht langweilig wirkt. Die Tische standen schon vor Corona in lauschfreiem Abstand zueinander. Auch die Terrasse wurde hübsch gestaltet, die hintere und von der Familie selbst gezimmerte Holzbankreihe wirkt besonders einladend. Ein solch stimmiges Paket aus Küche, Weinen, Service und Ambiente erlebt man als Gast nicht oft.

 

Sorriso, Frankfurt, Oppenheimer Landstr. 49, Tel. 069/ 66 40 88 61.

Dienstag bis Sonntag 18 – 23 Uhr, Montag geschlossen.

4 Gänge 59 €, 6 Gänge 78 €.

www.restaurantsorriso.de

Kiriakos, Stella, Robert (v.l.n.r.)

 

 

Rosa Kalbsrück

 

 

 

 

 

 

 

 

Black Angus Tatar

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Comté Souffle

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stella

Stella und Kiriako

 

Photocredit: Barbara Fienhold