Chardonnay: Slowenien-Edi überrascht mehr als der große Franzose
Verkostung in der
Vinothèque Michel Briedé
Es gab einmal das bissige Kürzel „ABC“: Anything but Chardonnay. Es entstand, weil man die üppigen und nach neuem Holz und Vanille schmeckenden Chardonnays einfach satt hatte. Sie kamen in erster Linie aus Kalifornien und dem Napa Valley. Dort ist man zwar auch schon längst schlanker und feiner im Auftritt geworden, neigt aber immer noch zu einer gewissen Überladung. Die Welt des Chardonnays ist aber weit vielseitiger und nicht so einfach einzuordnen. Gut, dass es Lokale wie Michel Briedés Vinothek in Frankfurt gibt, die Verkostungen ermöglichen, um das Geschmacksbild zu erweitern.
Bei der Blindverkostung blieben die Gäste ein wenig orientierungslos und konnten die Chardonnays nicht gleich einem Land zuordnen. Genau so war es auch beabsichtigt. Der Chassagne-Montrachet „Les Houillères“ der Domaine Bader-Mimeur war noch unschwer dem Burgund zuzuordnen und gefiel auf Anhieb durch seine klassische eleganten Art. Sonst war das meiste eher unerwartet. Die größte Überraschung gab es durch einen besonders charmanten, harmonischen, cremigen und feinen Chardonnay, der von burgundischer Statur war, aber aus Slowenien unweit der italienischen Grenze und der Weinregion Friaul stammte. Der Winzer Edi Simcic gehört zu den besten seines Landes und hat so viel Gutes zu bieten, dass Michel Briedé gleich sieben Weißweine in sein Sortiment aufnahm (alle auch glasweise zu haben).
Beim kalifornischen Indigo Eyes fühlte man sich kurz in die Anfangsjahre im Napa Valley erinnert – oaky, smokey. Ein ziemlich opulenter Bursche, der dann aber ganz sympathisch wurde, weil er mit der Fenchel-Salsiccia einen guten Pairing Partner fand. Zu allen acht Weinen gab es kleine und passende Happen. Solche amüsanten und spannenden Weinverkostungen gibt es nicht oft, vor allem nicht auf einem guten Niveau zum moderaten Preis. Michel Briedé lag daran sehr unterschiedliche Chardonnays zu zeigen und nicht nur eine allseits bekannte Art und Stilistik. Es lohnt sich auf seiner Seite nach solchen Verkostungen zu sehen, die es in lockerer Reihenfolge das ganze Jahr über gibt. Der fabelhafte Champagner von Breton Fils, der jetzt bei der Chardonnay-Verkostung zu erleben war, wird dann auch wieder auftauchen.
LF
Photocredit: Barbara Fienhold