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Atelier Wilma: Insolvenz

Der Fall des Michael Riemenschneider

 

Ein unwürdiges gastronomisches Schauspiel geht langsam zu Ende. Nachdem Michael Riemenschneider bereits seine Lokale Tischlerwirt in Kitzbühel und Reinholds Enkel in Bad Homburg schließen musste, ging nun am 1. Mai auch sein Atelier Wilma in die Insolvenz.

Die Milliardärs-Witwe Flora Mascalo, mit der Riemenschneider während seiner Zeit in London privat und geschäftlich verbunden war, gab nicht eher Ruhe, bis sie ihren Expartner zur Strecke bringen konnte. Es ging immerhin um die Summe von über zwei Millionen Pfund. Schließlich konnte Flora Mascolo glaubhaft machen, dass Riemenschneider von ihr geliehenes Geld nicht nur in das Restaurant Atelier Wilma investierte, sondern auch in seinen protzigen Lebensstil. Bereits im Dezember letzten Jahres wurde Flora Mascolo vom Landgericht Frankfurt ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 2,13 Millionen Pfund zuerkannt. Schon seit Februar 2017 steht Riemenschneider unter Insolvenzverwaltung, am 1. Mai wurde das Insolvenzverfahren eröffnet (Geschäftsnummer: 8 IN 48/17). Zum Insolvenzverwalter wurde der Frankfurter Rechtsanwalt Christian Feketija bestellt.

Damit geht ein unappetitliches Gastronovenstück zu Ende. Die Blamage trifft aber nicht allein Michael Riemenschneider, den man schnell als Blender hätte entlarven können und der dreist vorgaukelte bei großen Sterneköchen wie Pierre Gagnaire gearbeitet zu haben. Das weit größere Unbehagen entsteht durch das Unvermögen des Michelin, ein gesundes Urteilsvermögen zu zeigen. Als im März 2016 das Atelier Wilma in Frankfurt eröffnete, blieben dem Michelin bis Redaktionsschluss nur höchstens sieben Monate Zeit. Der verantwortliche Chef-Tester Ralf Flinkenflügel hätte wissen müssen, dass sich bei Riemenschneider die Köche die Klinke in die Hand geben und man einem solch variablen und instabilen Restaurant nicht eilfertig einen Stern verleihen kann. Es gehört zum Verhaltenskodex des Michelin, so erklärte das auch deren Chef-Tester Ralf Flinkenflügel in einem Interview, dass man ein bislang unbekanntes Restaurant oder einen nicht bekannten Koch erst einmal über einen längeren Zeitraum von mindestens einem Jahr beobachtet, bevor man zu einer Wertung beziehungsweise der Vergabe eines Sterns kommt. Michael Riemenschneider war bislang ein völlig unbeschriebenes Blatt, zumindest was etwaige herausragende gastronomische Leistungen anbelangt. Ganz im Gegenteil hätte man aufhorchen können, denn wenn etwas über Riemenschneider bekannt gewesen ist, dann höchstens, dass er in England verbrannte Erde hinterließ und gastronomisch nichts zustande brachte. Wäre der Michelin nicht schon der Guide Rouge, müsste er rot vor Scham werden.

Ludwig Fienhold

Siehe auch BISS Artikel:

Außer Spesen nichts gewesen

Michael Riemenschneider verliert zwei Lokale

PS: Unter den Medien begleiteten nur das Handelsblatt sowie die Frankfurter Neue Presse und deren Regionalausgabe Taunus-Zeitung den Fall Michael Riemenschneider auf kritische Weise. FNP-Redakteur Marc Kolbe widmete dem Skandal gleich eine ganze Seite: Hier klicken Michael Riemenschneider, der Felix Krull der Sterneküche

Artikel FNP