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Aldi Weine im Test: Kylie Minogue süß-sauer

Der Discounter, in dem sich Hase und Ziege zuprosten

 

Außer Spesen

nichts gewesen?

 

Wir glauben gerne an das Gute im Discounter. Auch bei Aldi. Immerhin gibt es dort ein köstliches und mit Panna Cotta Creme gefülltes Croissant und auch eine ordentliche Milch. Kann Aldi aber auch Wein? Wir durchstöbern seit Jahren immer wieder das Sortiment nach guten oder zumindest brauchbaren Flaschen und werden regelmäßig enttäuscht.

Promis, deren Namen Wein-Etiketten schmücken sollen, gibt es mehr als genug. Jetzt mischt auch Kylie Minogue mit einem Rosé 2021 mit, der ein Vin de France genannt wird. Er besteht hauptsächlich aus Carignan und rund 20 Prozent Cabernet Sauvignon (5,99 €). Er soll „easy to drink“ sein, was wir ausdrücklich bezweifeln. Er ist so süßsauer, als wollte ihn ein China-Lokal als Sauce einsetzen. Man vermag ihn vielleicht mit Eiswürfeln so verkühlen, dass er sich atomisiert. Man kann natürlich auch das Gute-Laune-Video mit dem süffigen Hit Dancing von Kylie Minogue einspielen, um die alkoholhaltige Suppe vielleicht ohne Nebenwirkung runter zu bekommen. Man kann aber auch alles bleiben und den Wein im Regal stehen lassen.

Ein anderer rezeptfreier Rosé steht dieser Tage auch  in den Aldi-Regalen: The Grande Plage (Costières de Nîmes/Rhone, 3,99 €). Auch wieder ein armer Tropf ohne jegliche Substanz. Er brennt gleich ein Loch in den Magen und lässt die Bauchspeicheldrüse zucken. The Grande Plage fordert dazu heraus, den Namen deutsch auszusprechen.

Der Merlot-Rosé Fantini Calenta (2021) für 6,99 € gehört schon zum hochpreisigen Segment bei Aldi. Entsprechend schöne Flasche mit Glaskapsel. Die Verpackung kostet wahrscheinlich mehr als der Inhalt, jedenfalls drängt sich das beim Geschmack auf. Disharmonisch, penetrant stachelbeerig wie ein sauertöpfiger Sauvignon Blanc, sonst eher kaum Aromen, unbalanciert, unsauber. Er bezieht sein schwächliche Statur nur über den Alkohol von 13,5 %. Dafür gibt es von einem gewissen Luca Maroni 99 Weltklasse-Punkte. Luca Maroni? Ja, den gibt es wirklich. Dieser „Kritiker“ muss geschmackstaub sein.

Wir haben viele Rosé-Weine von Aldi probiert, irgendwann wird man müde, weil nichts dabei herauskommt. Akzeptabel war einzig der Rosé La Ferme Julien (der mit der sympathischen Ziege auf dem Etikett). Er stammt aus dem Familienbetrieb Perrin und weist wie die meisten Rosé 12,5% Alkohol auf. Ein robuster ländlicher Wein, aber ordentlich und ehrlich gemacht (4,99 €).

Johannes Leitz ist ja unbenommen ein Topweingut im Rheingau. Die Trauben für seinen Pinot Noir Rosé (4,99 €) werden aber aus Lagen in Rheinhessen eingesammelt. Sehr disharmonisch, saurer Grundwein wird aufgesüßt, man schmeckt beides gleichzeitig. Erst kratzt er am Gaumen und dann im Magen. Unangenehmer Zeitgenosse.

Verdicillo Rosé, Jumilla/Spanien (3,99 €): Gummibärchen-Alptraum, wie ein ganz übler klebriger Lippenstiftkuss. Organic und vegan protzt das Etikett, als ob es eine Auszeichnung wäre. Man sieht, dass diese Begriffe nichts mit Qualität zu tun haben.

Der Grüne Veltliner von Leo Hillinger (4,79 €) hat nichts von einem Grünen Veltliner, aber ganz viel von einem flachen Massenwein. Nicht mal als Schorle zu gebrauchen. Es gilt die Binsenweisheit: Es gibt keinen Porsche zum VW-Preis – und es gibt keine guten billigen Weine.

Der Sauvignon Blanc aus der Pfalz fällt durch seinen Preis von 2,99 € auf. Der Hase auf dem Etikett erscheint harmlos, er ahnt auch nicht, wie dieser Wein schmeckt. Er ist dünn und eigentlich so mager, dass selbst eine Schorle mit viel Wasser kräftiger wirkt. Der Sauvignon Blanc stammt auch nicht von einem bestimmten Winzer, sondern wird von der Großkellerei Zimmermann-Graeff & Müller in Zell an der Mosel abgefüllt. Über 1000 Winzer aus Rheinland-Pfalz liefern dort ihre Trauben ab. Auf dem Etikett des Hasen-Weins steht „klimaneutral“, was letztlich Augenwischerei ist. Einen „klimaneutralen“ Wein gibt es nicht. In Wahrheit können Unternehmen ihren eigenen Ausstoß an klimaschädlichen Gasen ausgleichen, in dem sie CO2-Zertifikate aus Klimaschutzprojekten kaufen. Dieses Freikaufen erinnert höllisch an die Kirche und die Absolution.

Ludwig Fienhold