Der bösartigste Cocktail der Welt | BISS

Der bösartigste
Cocktail der Welt

Moloko

Unter den bösartigen Charakteren der Filmwelt ist Alex De Large in A Clockwork Orange der vielleicht maliziöseste. Der zynische Menschenverachter zieht den Zuschauer in eine bizarre Welt der Gewalt. Stanley Kubrick inszenierte das düstere Treiben mit viel milchigem Weiß. Die weiß gekleidete Gang von Alex trifft sich stets in der Kolova-Bar (russisch Kuh) und trinkt Moloko (russisch Milch). Kein harmloser Drink, sondern ein Drogencocktail – Milch mit Amphetaminen. Weder im Buch von Anthony Burgess noch im Film von Kubrick werden zwar Rezepte zu diesem todbringenden und fiktiven Cocktail genannt, doch die Barwelt nahm „das Glas des Bösen“ auf und ließ der Phantasie freien Lauf. Meist bestehen die daraus entstandenen Drinks aus Milch und Wodka und einem Schuss Geheimnis. Einige Barkeeper mixen sie mit Absinth, Anisette, Irish Cream und Milch, manche versprechen nur die volle Dröhnung.

In Frankfurt gibt es sogar ein Lokal, das den bösen Geist im Namen führt – die Moloko-Bar. Eigentlich Moloko +, wie der diabolische Filmdrink. Der Szenestützpunkt, eine Kombination aus Café, Bar und Lounge (je nach Uhrzeit), ist der einzige Lichtblick in der öden Kurt-Schumacher-Straße. Weil man aber von hier aus auf die Alte Brücke blickt und den Main erahnen kann, nennt sich das Lokal selbstberauschend „Moloko am Meer“. Der monströse Film-Alex hatte zwar außer Gewalt und Beethoven keine weiteren Interessen, doch im Moloko geht es friedlich zu, purzelt eher Loungemusik aus dem Lautsprecher oder perlen südamerikanische Rhythmen (die aber nicht selten in gewaltiger Lautstärke). Das Lokal wird vom Retro-Design der sechziger und siebziger Jahre bestimmt, Kubricks Kultfilm kam 1971 in die Kinos. Selbstredend gibt es auch einen Moloko Plus, der hier aus Wodka, Milch und Guaranápulver besteht. Die kleinen roten koffeinhaltigen Früchte der Guaraná-Liane wurden schon von den Amazonas-Indianern zur Leistungssteigerung genutzt.

Im Moloko gibt es ausgesprochen viele Cocktails, beim Rum- und Whiskysortiment ist man auch passabel aufgestellt. Mit Saquella aus der Abruzzenstadt Pescara hat man sich keine gängige, aber eine gute Kaffeemarke ausgesucht. Vor allem samstags und sonntags quirlt das Leben im Moloko, scheint der Übergang vom ersten Frühstück bis zum letzten Absacker ohne Gästeschwund einherzugehen. Das Moloko ist vielleicht nicht der richtige Ort für anspruchsvolle Genießer, dennoch wird hier kein leichtfertiger Umgang mit Lebensmitteln betrieben, man gibt sich im bescheidenen Rahmen Mühe. Unter den oft sehr schlurfigen und unprofessionellen Szenelokalen ist das flott geführte und gut laufende Moloko jedenfalls eine der sympathischsten Adressen. Dies mag auch der Hauptgrund gewesen sein, warum die Betreiber jetzt den Zuschlag für die Gastronomie im Kunstverein im Steinernen Haus in prominenter Lage zwischen Römer und Dom bekommen haben (siehe Artikel „Des Kaisers neues Lokal“).

Peter Lunas
Moloko, Frankfurt, Kurt-Schumacher-Str. 1, Ecke Schöne Aussicht, Tel. 069 13 88 69 32. www.moloko-am-meer.de Täglich geöffnet von 10 – 1 Uhr, Freitag und Samstag 10 – 2 Uhr.
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