Villa Vinum: Endlich eine richtig gute Wein-Bar | BISS

Villa Vinum: Endlich eine richtig gute Wein-Bar

Villa Vinum

Und das auch noch

in Offenbach

 

Viele sehen in Offenbach einen Arbeiter- und Bauernstaat, der dauerhaft vom Bierdunst umnebelt ist. Tatsache aber ist, dass immer mehr von den angeblich so feindlich gesinnten Frankfurtern den Weg in die Nachbargemeinde finden. Dies hat vor allem kulinarische Gründe. Mit dem schauMahl gibt es ein handwerklich hochwertig aufgestelltes und authentisches Lokal, wie es selbst in Frankfurt eher selten zu erleben ist. Und der Markt auf dem Wilhelmsplatz mit seinen 70 heiteren und qualitativ guten Open-Air-Ständen ist schon lange eine Attraktion. Inzwischen haben sich um ihn herum einige interessante Lokale gruppiert, wobei die Wein-Bar Villa Vinum heraussticht.

Villa Vinum Im Großraum Frankfurt gibt es keine einzige richtige Wein-Bar. Die, welche es trefflich sein könnten, wie etwa die Heimat in Frankfurt, sind schon zu sehr Restaurant. Und die anderen vertreten vor allem ihre eigenen und zum Weingut gehörenden Tropfen. Was macht aber eine Wein-Bar aus? Ein sehr gutes Sortiment, gerade auch bei den offenen Weinen ist Voraussetzung. Grundsätzlich außerdem faire Preise und ein keineswegs zu gieriges Korkgeld für die Gäste, die nicht für Zuhause einkaufen, sondern gleich an Ort und Stelle ein Glas trinken möchten. Zu einer Wein-Bar gehört selbstredend ein Charakterkopf, der zu beraten weiß, aber all die nervigen Sommelier-Attitüden meidet. Eine große Theke und andere kommunikationsfördernde Plätze sind ebenso unabdingbar. Und ein gutgemachter Happen, der mehr als nur eine Grundlage sein will, ist nicht ganz unwichtig. Kurzum: Eine gute Wein-Bar aufzubauen klingt einfacher als ein Restaurant zu etablieren, erfordert aber wesentlich mehr Voraussetzungen als die meisten ahnen, weshalb es auch so wenige Vertreter dieser Spezies gibt. In Offenbach existiert aber seit gut einem Jahr mit der Villa Vinum eine Wein-Bar, die diesen Namen auch verdient.

Helgo Karrer

Helgo Karrer

Vorstand in dieser vor allem an Markttagen (Dienstag, Freitag, Samstag) sehr lebhaften Lokalität ist der Weinhändler und Gastronom Helgo Karrer, der bereits in Frankfurt zwei (Wein)-Lokale betrieb, aber mit der Lage in Bornheim und am Westhafen nicht die richtige Wahl treffen konnte. Jetzt hat er jedoch einen Volltreffer gelandet und darf sein Know-how am richtigen Platz einsetzen. Über 30 Weine sind allein glasweine zu haben, zudem kann man sich jede Flasche im Weinladen öffnen lassen – für 10 Euro Korkgeld, die zum Verkaufspreis dazugerechnet werden.

Zum Einstieg darf es ein Glas vom ordentlichen Crémant Langlois blanc für 4 € (0,1l) sein oder gleich etwas sehr Hochwertiges à la Bollinger Champagner für 14 € (0,1l). Fabelhaft ist allein schon die Auswahl an Weinen vom Weltklasse-Winzer Markus Molitor, der an Mosel und Saar Filigranarbeit leistet. Sein Schiefersteil vom aktuellen Jahrgang 2013 gehört zum Schönst-Süffig-Sagenhaften, was es überhaupt gibt. Und das auch noch für einen minimalen Einsatz von Geld, das man ohnehin flüssig machen sollte. In der Wein-Bar von Helgo Karrer kann man aber auch, und das ist besonders lobenswert, gereifte Weine glasweise genießen. Und zwar unbedingt das Erdener Treppchen von Molitor aus dem Jahr 2003. Da merkt man, wie aufregend solche Weine reifen können. Höhepunkt eines Besuchs in der Wein-Bar von Helgo Karrer dürfte aber zumindest für Spezialisten der schönste und schlankste Riesling der letzten Jahre sein: Der Kahlenberg von Dönnhoff von der Nahe. So leise und intelligent kommt kaum ein Wein auf die Welt. Es gibt davon auch nur 5000 Flaschen. Aber das für unglaublich animierende 32,50 € in der Villa Vinum in Offenbach. Wenn die Luft noch reicht, darf es auch noch ein Riesling Großkarlbacher Osterberg von Knipser aus der Pfalz sein, einer Rarität aus der Magnum. 5 € das Glas, 60 € die 1,5 Literflasche. Nur so auf ein Gläschen kommt niemand vorbei, die Gäste sind neugierig auf das stetig wechselnde Angebot.

Jules Möhrstädt

Jules Möhrstädt

Mag manchen die Marke Villa Vinum vielleicht als Gruppe mit sechs verschiedenen Filialen bekannt sein, Helgo Karrer führt sein Geschäft individuell und überzeugt auch mit seiner eigenen Weinauswahl. Jeden Dienstag, Freitag und Samstag werden zudem einige kleine Gerichte angeboten. Jules Möhrstädt kauft frisch vom Markt vor der Haustür ein, vor allem Gemüse, Salate und Kräuter. Dann gibt es Lammkoteletts mit Wurzelgemüse aus dem Ofen inklusive Kapernäpfel und Tahinapaste. Oder geröstetes Landbrot mit Filet und Kaviar von der Forelle. Und Retrogerichte, wie die Schnecken mit frischen Kräutern. Samstags, wenn schon eine gemäßigte Partystimmung herrscht, wird Helgo Karrer von seiner Frau und Pit Punda vom schauMahl unterstützt.

Offenbach, bis gestern noch als verbotene Stadt empfunden, wird so langsam selbst dem härtesten Gegner sympathisch. Die ersten Frankfurter haben bereits die Offenbacher Staatsbürgerschaft beantragt.

 

Ludwig Fienhold

 

Villa Vinum, Offenbach, Wilhelmsplatz 10, Tel. 069 88 21 84. Geöffnet: Montag 15 – 19, Uhr
, Dienstag – Freitag: 10 – 19 Uhr, 
Samstag: 10 – 17 Uhr. Jeden Dienstag, Freitag und Samstag Mittagstisch von 11.30 – 15.30 Uhr.  www.villavinum.de

 

 

 

 

 

 

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