Restaurantkritik: Vietnam-Küche Top & Flop | BISS

Restaurantkritik: Vietnam-Küche Top & Flop

V'uisine

Die vietnamesische Küche hat in der Beliebtheit längst die thailändische eingeholt. Doch genau wie diese, sind deren Vertreter sehr unterschiedlich in den Leistungen. Drei ausgesuchte Lokale in Frankfurt im Test. 

V´uisine enttäuscht

 

Dieses Lokal sollte noch einmal schließen, hinter den Kulissen ordentlich üben und erst wieder eröffnen, wenn man deutlich besser geworden ist. Derzeit dürfte man selbst ahnungslose Gäste nicht überzeugen, weil die nachlässigen Leistungen zu offensichtlich sind.

Das Essen kommt schnell und kaum lauwarm an den Tisch – und wirkt wie gerade einmal schnell aufgewärmt. Ein deutliches Indiz dafür ist auch das zu trockene Fleisch. Ente und Schweinebauch sollten zudem so spicy sein, wie man sich das von einer vietnamesischen Küche wünscht. Wenn man es nicht anders sehen könnte, würde man glauben, in der Küche stünde ein Koch ohne asiatischen Background.

Ente und Schweinebauch

Ente und Schweinebauch

Die Hühnchen-Satays waren frittiert, trocken und zu fest. Calamaris? Eine einzige Kalamität. Der Tintenfischspieß mit Zwiebeln und Paprika wirkte wie aus schlechter Vorzeit, die man überwunden glaubte. Besonders ärgerlich: Die Calamari waren einfach nur zäh und geschmacksneutral. Den akzeptablen Glasnudelsalat haben wir tausendmal gegessen – und immer besser als hier. Shrimps im Süßkartoffelmantel zu frittieren, macht keinen Sinn, wenn Garnelen und Kartoffel nur auf plumpe Weise miteinander verkleben.

V'uisine

Kartoffel-Garnelen

Dass ein Schälchen Reis 2 Euro kostet empfinden wir als kleinlich. Überhaupt erscheinen die Gerichte nur auf den ersten Blick preiswert, sind es aber in der Gesamtbetrachtung keineswegs. Der Gast zahlt für die asiatischen Tapas nicht wenig, kommt aber geschmacklich keineswegs auf seine Kosten. Der Betreiber, ein Banker, glaubt rechnen zu können. Doch wird seine Rechnung auf diese Weise nicht aufgehen. Die Idee, vietnamesische Küche häppchenweise zu präsentieren und nicht nur große Portionen anzubieten, ist gut. Doch außer dieser Grundidee stimmt hier einfach viel zu wenig.

Glasnudelsalat

Glasnudelsalat

Eine Weinkarte existiert nicht, die wenigen Tropfen, die es gibt, zwingen zum Wasserkonsum. Der sympathische Service und das nette Ambiente können das negative Bild leider nicht wesentlich verbessern. Schade, denn solche Vertreter einer vermeintlich vietnamesischen Küche sind keine guten Vertreter ihres Landes und seiner eigentlichen kulinarischen Finessen.

Im V´uisine, gleich gegenüber von Eis-Christina, war zuvor das Pasta- und Pizzalokal Amoroso zu Hause. Der Italiener betreibt einige Schritte weiter noch das Settimo Cielo und will (wie im Mai 2016 in BISS berichtet) im Sommer das jetzige Bistro am Opernplatz neu eröffnen.

LF

 

V´uisine, Frankfurt, Wielandstr. 61, Tel. (069) 98 95 99 85. Preise: Tapas 5,50, Gerichte 9,90 €. 

 

Góc Phô Street Food

Goc PhoWenn man das bezaubernde Lächeln von Phuong Anh Pham sieht, dann weiß man, was der Gastronomie am meisten fehlt: Lächeln. Die junge Frankfurterin mit vietnamesischen Wurzeln führt ihr Lokal gemeinsam mit den Eltern und hat einen guten Start hinbekommen. Die Lage neben dem Dominikanerkloster in dem höchstens bei alten Frankfurtern bekannten Schärfengässchen, ist zwar zentral, erfordert aber doch ein wenig Pfadfindergeist. Die wechselnden Vorgänger des Lokals waren nicht besonders erfolgreich, doch das Góc Phô ist vom ersten Tag an gut besucht, auch von auffällig vielen Asiaten.

Kleine Familienbetriebe genießen einen Sympathiebonus. Wenn aber eine gerade einmal 23 Jahre alte studierte Betriebswirtin ein Lokal führt, so ist dies schon etwas Besonderes. Vater und Mutter arbeiten in der Küche, die Tochter zeigt gemeinsam mit anderen aparten Mitarbeiterinnen wie man einen freundlichen Service führt. Das mag mitunter noch nicht professionell erscheinen, wer aber so herzlich arbeitet, dem sieht man kleine Fehler gerne nach.

Die Karte ist klar gegliedert und versucht erst gar nicht durch eine falsche Vielseitigkeit zu blenden. Die vietnamesischen Sommerrollen sind den Frühlingsrollen vorzuziehen, weil sie mehr Frische, Substanz und Aromen bieten. Doch hier schmecken beide Varianten. Die fingerdünnen Frühlingsrollen Tom Stick mit Garnelen, Mungobohnen, Frühlingszwiebeln und Nuoc Mam Sauce, der klassischen Fischsauce, sind ein leckerer Einstieg. Bei den Garnelen im Süßkartoffelteig darf man sich an Kartoffelpuffer erinnern, wobei der Kartoffelmantel zum Glück nicht zu dick ausfällt. Die Süßkartoffel war durch das Frittieren indes leider nicht mehr als solche wahrzunehmen, was das Gericht aber keineswegs abwertet. Für Freunde würzigen Rauch-Aromas ist Bun Cha Ha Noi richtig: Marinierte Frikadellen aus Schweinefleisch mit gegrillten Schweinebauchstreifen und Reisnudeln (siehe Bild).

Goc Pho

Pho (Faa gesprochen) steht für die traditionelle Suppe der vietnameischen Küche, die hier auch probiert werden sollte. Man könnte den Namen Góc Phô aber auch mit Stadt-Eck übersetzen. Interpretationen lässt auch der Stil des Lokals zu. Die Küche im neuen Góc Phô ist leicht rustikal und so gestrickt, dass sie Anfänger nicht erschreckt und Kenner nicht abschreckt. Das Lokal selbst sieht sich als einen Vertreter von Street Food.

Neben hausgemachten Limonaden und vietnamesischem Bier gibt es derzeit nur zwei Weine, diese aber immerhin von August Kesseler aus dem Rheingau –  Riesling und Rosé gehen gut mit der asiatischen Küche. Das einfache und ruhige Ambiente und die etwas triste Umgebung könnten all jene abschrecken, die Glamour suchen. Vielleicht ist das auch gut so.

LF

Góc Phô, Frankfurt, Schärfengässchen 6, Tel. (069) 29723639.

Geöffnet: Mo 17 bis 22 Uhr, Di-Do 11 bis 22 Uhr, Fr-Sa 11 bis 23 Uhr, So12 bis 22 Uhr. Preise: Vorspeisen 3,50 – 4,90 €, Hauptgerichte 7,50 – 14,90 €. 

 

 

Mit Weisheit gewürzt: Der Altmeister Toan

Die Nr. 1 unter den Vietnamesen

ToanToan zeigt zwanzig Jahren, wie man mit Zitronengras, Ingwer und Minze so umgeht, dass daraus kein wirres Crossover, sondern ein präziser abgeschmeckter Genuss von großer Harmonie wird. Die aromatische Bac-Ha-Suppe, die delikat-saftige und entbeinte Hähnchenkeule in Tamarinden-Sauce und die knusprige Ente in einer Sauce aus Ingwer und Soja gehören zu den Highlights von Toan. Immer ein Hochgenuss ist die knusprig geröstete Ente mit Crêpe, Lauch und Hoisinsauce.

Ingwer, Kokos, Curry, Minze, Basilikum und andere Kräuter und Gewürze mehr werden in den sensiblen Händen des vietnamesischen Küchenchefs Toan deutlich, aber nie überstrapazierend eingesetzt. Der kunstvoll gedrechselte Tintenfisch mit Knoblauch und würziger Saté-Kruste gehört zu den Klassikern der Küche. Die lackierte Ente auf heißer Platte möchten wir ebenso wenig missen, wie die gegrillten Garnelen im knusprigen Schinkenmantel mit Reispapier und Kräutern. Bei der Sommerrolle mit Schwein, Garnele, Minze und Koriander müssen die Gäste ein wenig mitarbeiten – wer Zigaretten drehen kann, hat es leichter. Im Sommer schmecken gegrilltes Hähnchenfilet mit frischem Zitronengras sowie Papaya- und Glasnudelsalat besonders gut. Für uns bleibt Toan weiterhin die Nr. 1 der vietnamesischen Küche in Frankfurt.

Toans Schwester Thi Ngoc-Anh erklärt die Speisen in bestem Deutsch. Das Lokal blüht im Sommer durch seine kleine Terrasse auf. Neben einigen bemerkenswerten französischen Weinen gibt es auch einen guten Prosecco sowie Lotus-Tee aus Vietnam.

Toan, Frankfurt, Friedberger Anlage 14, Tel (069) 44 98 44. Geöffnet: Di.-So. 12 – 14:30 & 18 – 23. Geschlossen: Samstagmittag, Montag.

Vorspeisen 4 – 8,50 €, Hauptgerichte 12 – 21 €.

LF

 

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