Restaurantkritik: Emma Metzler | BISS

Kategorie | 2017, Aktuelles, Archiv, August 2017

Restaurantkritik: Emma Metzler

Emma Metzler Titelbild

Die Leichtigkeit des

Anton de Bruyn

 

Neue junge Küche

 

Von Ludwig Fienhold

 

Das Essen in der neuen Emma Metzler hat etwas Schelmisches, die Teller grinsen einen geradezu an. Man wird kulinarisch gut unterhalten, kein Gericht langweilt. Selbst eine eingelegte Urkarotte hat hier noch Witz. Kommt ja nicht von ungefähr, Betreiber und Küchenchef Anton de Bruyn ist ein Schalk, dessen Pfiffigkeit aber mit Talent einhergeht.

Größe zeigt sich oft im angeblich Kleinen: Die hausgemachten Fenchelbratwürste mit Birnensenf aus eigener Herstellung sind fabelhaft. Wo findet man in Frankfurt etwas Besseres zu diesem Thema? Die knackigen und wunderbar gewürzten Würstchen mit feinem und dezent fruchtigem Senf stellen viele Luxusprodukte in den Schatten, die nicht unbedingt glänzen, aber durch einen hohen Preis beeindrucken möchten. Bei den Brandate-Kroketten mit schöner Bärlauchcreme gefällt ebenfalls das Ursprüngliche, das einfach ohne Wichtigtuerei mit vollem Geschmack überzeugen möchte. Neben raffinierten Derbheiten findet man in der Emma Metzler filigrane Glanzstücke, wie die ätherische, lauwarme kurzgegarte Lachsforelle in einem elegant schwebenden India-Sud nebst Zucchini und perfekt gewürzten Graupen (die vielen Köchen ja besser gelingen als Risotto). Das Freilandhuhn vom Bauer Klaus Mann aus dem Odenwald hat es der Küche angetan, es taucht oft und gerne in verschiedenen Varianten auf – es sind aber auch immer wieder Prachtstücke, die über den Pass fliegen. Die fleischigen, saftigen, mit krosser Haut servierten und obendrein entbeinten Geflügel, haben Klasse. Unser Favorit ist das Bauer-Huhn mit gerührter Polenta und Rübchen sowie einer Jus aus Petersilie und Raz el Hanout. Fabelhaft!

Emma Metzler

Feine Lachsforelle

Die guten, bestens gewürzten, fleischigen Chicken Wings werden nur mit Spitzkohl serviert, wobei Kohlehydrate in der Emma Metzler mit Absicht selten vorkommen, was den Gerichten und den Gästen zu Leichtigkeit verhilft. Geschmacklich steht nichts gegen ein Bärlauch-Risotto, man sollte es aber entweder à la minute oder gar nicht servieren. Hinter der kleinen Karte steckt grundsätzlich mehr als sich vermuten lässt, man muss hier auch Gerichte/Produkte probieren, die man vielleicht sonst als langweilig erlebt hat. Schön, dass Anton de Bruyn zudem mit eher selten zu erlebenden und gut gemachten Gerichten in die Offensive geht: Schweinskopfsülze mit Staudenselleriesalat oder gegrilltes Knochenmark mit geräucherter Butter und Sauerteilbrot.

Es ist völlig in Ordnung, dass die Emma das tolle hausgemachte Sauerteigbrot mit geräuchertem Schmalz, aufgeschlagenem Ziegenkäse und anderen Varianten mit drei Euro berechnet. Die Gäste sollen sich nicht wie so oft sinnlos mit Gratisbrot sattfuttern und es nur genießen, wenn es wie hier hochwertig ausfällt und etwas kostet. Überhaupt wird gerade in der Topgastronomie zu viel Brot aufgetischt, was kontraproduktiv ist, da die Gäste ja dadurch schon nach dem ersten Gang schlapp machen. Alle von uns in der Emma probierten Desserts und hausgemachten Kuchen waren sehr gut, doch die selbstgemachten warmen Buchweizen-Madeleines sind unwiderstehlich.

Emma Metzler

Super Bauer-Huhn

Betreiber & Küchenchef Anton de Bruyn kann sich mit seinen 28 Jahren auf erstklassige Berufsstationen stützen, die ganz offenbar seine Sinne geschärft haben, darunter die Sterne-Restaurants Piment (*) in Hamburg, das Victor´s von Christian Bau (***) in Perl Nennig oder das Steirereck (**) in Wien. In Frankfurt wurde er durch seine Mitarbeit im Chairs bekannt. Die Emma Metzler ist das erste eigene Restaurant von Anton de Bruyn

Schon erstaunlich, wie die Emma Metzler im gastronomisch vielfältigen Frankfurt eine Lücke finden und auf sinnvolle Art schließen konnte. Die Gäste sind noch nicht eindeutig zu identifizieren, von der Sandale bis zum Stiletto scheint vieles vertreten. Der junge und nicht nach Perfektion strebende Service ist sympathisch, wenn auch auf etwas unterschiedliche und nicht immer gleich erkennbare Weise. Die Emma Metzler ist für uns die neue Art einer Volksküche auf hohem Niveau. Die Preise haben Wohlfahrtscharakter, vor allem mittags. Es gibt schon ein paar gute Flaschen, aber keine erkennbare Handschrift bei der Weinkarte und eher selten jemand, der diese sachkundig zu erklären weiß. Aber bei der Professionalität von Anton de Bruyn wird sich noch alles steigern. Beim Wasser verhält man sich vorbildlich. Es gibt selbst aufbereitetes Wasser in Karaffen zu sozialen Preisen (1/2 Liter 1,50 €). Ein guter ökologischer Beitrag. Aber letztlich auch eine nachahmenswerte Alternative zu den in der Gastronomie oft unverschämt hohen Wasserpreisen. Und allemal besser als die geschmacklich flachen, allgegenwärtigen, Sponsoren-Wässerchen von S.Pellegrino/Acqua Panna.

Emma Metzler

Tolle Pilzknödel

 

Emma Metzler, Frankfurt, Schaumainkai 17,  Tel. (069) 83040094.

Di-So 12-23 Uhr, Essen 12-15, Kaffee & Kuchen 15-18 Uhr, Abendkarte ab 18 Uhr. Montag geschlossen.

www.emmametzler.de

Foto ganz oben: Anton de Bruyn und Jungköchin Nomie Lukat

Photocredit: Barbara Fienhold

 

 

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